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Archiv "Entzündlicher Muskel- und Weichteilrheumatismus" (28.08.1995)

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Tabelle 1

Klinische muskuläre Symptome der Polymyositis/Dermatomyositis [6, 7]

MEDIZIN ZUR FORTBILDUNG

Entzündlicher Muskel- und

Dieter E. Pongratz Weichteilrheumatismus

Entzündlich-immunogene Myositiden sind selten und verlau- fen im wesentlichen unter dem Bild der idiopathischen Po- lymyositis, der Dermatomyositis oder der Einschlußkörper- myositis. Im klinischen Bild dominieren Paresen, gefolgt von Atrophien. Myalgien sind dagegen nicht obligat. Die diagno- stische Einordnung erfolgt über Labormethoden, die klini- sche Neurophysiologie sowie die Muskelbiopsie. Eine erwei- terte immunologische Diagnostik sowie bildgebende Verfah-

ren (insbesondere Kernspintomographie) sind fakultative ergänzende Verfahren. Nicht auf eine Myositis, sondern auf eine Riesenzellarteriitis zurückzuführen ist die Polymyalgia arteriitica. Seltene entzündlich-immunogene Fasziitiden zei- gen im akuten Stadium ein charakteristisches klinisches Gesamtbild. Der chronische Verlauf ist durch progrediente Lokalveränderungen wie brettharte tiefe Indurationen und die fakultative Entwicklung von Kontrakturen bestimmt.

p

robleme in der richtigen dia- gnostischen Einordnung im- munogener entzündlicher Muskelkrankheiten bereitet nicht selten ihr interdisziplinärer Aspekt. Als wichtige Vertreter ent- zündlicher Bindegewebserkrankun- gen gehören sie nosologisch zweifel- los in das Fachgebiet der Rheumato- logie. Das wesentliche diagnostische Vorgehen und die differentialdiagno- stische Abgrenzung gegenüber ande- ren neuromuskulären Erkrankungen wird durch neurologische Methoden bestimmt.

Idiopathische Polymyositis

Diagnostische Leitsymptome Jede entzündliche Reaktion be- ginnt im Gefäßbindegewebsapparat des Muskels. Hier werden durch Er- regung freier Nervenendigungen in Folge durch die entzündlichen Infil- trate gebildeter Gewebsmediatoren Muskelschmerzen generiert. Die My- algien im Rahmen einer Polymyositis sind tief in den Muskelbäuchen lokali- siert und werden meist als überstarker oder inadäquater Muskelkater cha- rakterisiert. Sie verstärken sich unter Belastung. Sowohl vom Schmerztyp als auch von der Lokalisation unter- scheiden sie sich deutlich von der nicht entzündlichen generalisierten Tendomyopathie. Sogenannte „ten- der points" werden bei der Polymyo- sitis vermißt.

Besonders betont werden muß allerdings, daß der Muskelschmerz kein obligates Symptom der entzünd-

Polymyositis gesamt (in Prozent)*

Muskelschwäche Proximale Muskeln

—untere Extremität 98

—obere Extremität 78

Distale Muskeln 33

—Nackenbeuger 66

—Dysphagie 54

—Gesichtsmuskulatur 11

—äußere Augenmuskeln 2

Muskelatrophien 52

Muskelschmerzen 58

Muskelkontrakturen 32

lichen Muskelkrankheiten darstellt und vor allem bei schleichenden be- ziehungsweise chronischen Formen ganz fehlen kann. Es gehört zum We- sen der Erkrankungen, daß die ent- zündlichen mesenchymalen Infiltrate von einem mehr oder weniger ausge- prägten Parenchymuntergang beglei- Friedrich-Baur-Institut (Leiter: Prof. Dr. med.

Dieter E. Pongratz( der Medizinischen Klinik (Leiter: Prof. Dr. med. Peter C. Scriba( und der Neurologischen Klinik (Leiter: Prof. Dr.

med. Thomas Brandt(, Klinikum Innenstadt der Universität München

tet werden. Dessen klinische Kardial- symptome sind Muskelschwäche, ge- folgt von Muskelatrophien.

Polymyositis Polymyositis

akut chronisch

(in Prozent)** (in Prozent)**

94 91

79 62

35 28

72 43

43 7

2 1

0

42 92

63 50

Klinisches Bild

Im Vordergrund stehen Pa- resen, die später in Atrophien über- gehen. Topographisch entstehen die Paresen zuerst in der proximalen Muskulatur der unteren Extremitä- ten, gefolgt von der proximalen Muskulatur der oberen Extremitä- ten. Typisch und differentialdiagno- stisch wichtig ist die Mitbeteiligung der Nackenbeuger sowie bei der Schluckmuskulatur. Ein Übergriff auf distale Muskeln kommt in unge- fähr einem Drittel der Fälle vor.

*nach Pearson und Currie = 152), **eigene Fälle (n = 100)

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 34/35, 28. August 1995 (43) A-2253

(2)

Asymmetrien des Muskelbefalles sind nicht selten. Die Muskelschmer- zen treten bei den akuten Formen viel häufiger auf als bei den chronischen (7). Die wichtigsten muskulären Sym- ptome sind in Tabelle 1 aufgelistet.

Diagnostisches Vorgehen Seitens der Labordiagnostik sind die üblichen blutchemischen Parame- ter einer Entzündung (wie zum Bei- spiel BKS-Erhöhung, Dysprotein- ämie) bei der idiopathischen Poly- myositis keineswegs obligat vorhan- den. Die Kreatinkinase (CK) als we- sentlichster und empfindlichster Pa- rameter eines frischen Muskelparen- chymunterganges ist im akuten Stadi- um fast immer erheblich erhöht.

Schleichende Formen können zum Teil ohne CK-Erhöhung verlaufen.

Serologisch sind myositisassozi- ierte Antikörper nur in einem Teil der Fälie nachweisbar und werden vor al- lem bei Overlap-Syndromen, weniger dagegen bei den klassischen Formen der Poly- oder Dermatamyositis ge- funden (Tabelle 4). Tabelle 2 enthält die Diagnosekriterien (3, 4).

Die Elektromyographie (EMG) liefert typischerweise in etwa 70 Pro- zent der Fälle durch den Nachweis pa- thologischer Spontanaktivität in Ru- he, in Kombination mit einem "Myo- pathiemuster" bei Willkürinnervati-

on, in zahlreichen Muskeln einen weg-

weisenden Befund. In einem kleine- ren Prozentsatz werden pathologi-

Tabelle 2

Diagnostische Kriterien der Polymyositis/Dermatomyositis 1. Passendes klinisches Bild 2. Erhöhte Kreatinkinaseaktivität 3. Multifokale myopathische elek- tromyographische Veränderun- gen

4. Bioplischer Nachweis einer Myositis

5. Myositisassoziierte Antikörper (nach Bohan und Peter, modifiziert von Hudgson und Peter sowie A. G. Engel (4])

sehe, aber nicht so klare Befunde er- hoben. Ein normales EMG schließt das Vorliegen einer Polymyositis da- gegen nahezu aus.

ZUR FORTBILDUNG

Abbildung 1: Myopathologischer Nachweis einer aku- ten diffusen Polymyositis bei idiopathischer Poly- myositis. CDB-Lymphozyten umgeben und invadie- ren insbesondere endomysial nicht nekrotische Muskelfasern. lmmunhistochemie AP-AAP-Methode, Anti-CDB-Antikörper, 1 OOfache Vergrößerung

,.

Abbildung 2: Morphologischer Nachweis einer akuten diffusen Polymyositis bei idiopathischer Polymyo- sitis, Detail: CDB-Lymphozyten invadieren noch nicht nekrotische Muskelfasern. lmmunhistochemie AP- AAP-Methode, Anti-CDB-Antikörper, 400fache Ver- größerung

Klinisches Bild und elektromyo- graphischer Befund sind der Wegwei- ser für eine geeignete Biopsiestelle. In Zweifelfällen wird insbesondere bei der akuten Polymyositis zusätzlich die Kernspintomographie eingesetzt, welche in diesen Fällen Signaler- höhungen ausschließlich in den T2-ge- wichteten Sequenzen erkennen läßt.

Letztere sind auf ein Muskelödem zu beziehen (7). Bei chronischen Myosi- tiden, welche mit entsprechenden Atrophien und interstitiellen Umbau- vorgängen einhergehen, liefern auch die einfacheren bildgebenden Verfah- ren (Myosonographie, Computerto- mographie) pathologische Resultate, verbunden mit interstitiellen, insbe- sondere lipomatösen Umbauvorgän- gen. Diese kann man sich für Ver- laufsbeobachtungen zunutze machen.

Tabelle 3 enthält die wichtigsten tech- nischen Methoden in der Reihenfolge ihres empfohlenen Einsatzes.

Die Muskelbiopsie erbringt in Abhängigkeit von der Sorgfältigkeil in der Auswahl der Biopsiestelle so- A-2254 (44) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 34/35,28. August 1995

wie der augewandten morphologi- schen Methodik in 60 bis 90 Prozent der Fälle ein diagnostisch relevantes Ergebnis.

Typisch ist das Bild der diffusen Polymyositis (Abbildung 1) mit en- domysial betonter lymphohistiozytä- rer zellulärer Reaktion und begleiten- dem diffusen Parenchymuntergang.

Immunhistologisch führen CD8-Lym- phozyten (Abbildung 2), welche auch in noch nicht nekrotische Muskelfa- sern invadieren (3).

Dermatamyositis

Bei der Dermatamyositis gesellen sich zu den muskulären Symptomen die allerdings nicht obligaten kutanen Veränderungen hinzu. Die Erstmani- festation ist häufig akuter als bei der idiopathischen Polymyositis, der Mit- befall innerer Organe durch begleiten- de vaskulitische Reaktionen kann we- sentlich bunter sein. Dies trifft beson- ders für Kinder und Jugendliche zu.

Jenseits des 40. Lebensjahres ist an die Möglichkeit eines paraneoplastischen Syndroms zu denken.

Der Untersuchungsgang ist, was den Muskel anlangt, der idiopathi- schen Polymyositis analog (Tabelle 3).

Er wird ergänzt durch dermatologi- sche und internistische Diagnostik.

Typische Hauterscheinungen sind:

~ Symmetrische flächenhafte heliotropfarbene Erytheme im Ge- sicht (Abbildung 3)

Tabelle 3

Diagnostischer Untersuchungs- gang bei Verdacht auf Poly- myositis/Dermatomyositis in der Reihenfolge ihres empfoh- lenen Einsatzes

1. Routinelabor einschließlich CK 2. Elektromyographie

3. Fakultativ bildgebende Verfah- ren (insbesondere Kernspinto- mographie)

4. Spezielle serologische Immun- diagnostik (nur selten insbeson- dere bei Overlap-Syndromen positiv!)

5. Muskelbiopsie (histologische, histochemische, eventuell im- munhistologische und elektro- nenmikroskopische Methodik)

(3)

.,.. Rötungen und Teleangiekta- sien im Bereich der Lider

.... Hautareale mit buntschecki- gem Bild, bedingt durch das Neben- einander von De- und Hyperpigmen- tierungen, Atrophien und Telean- giektasien mit Prädilektionsstellen im vorderen Halsdreieck und an den Streckseiten der Extremitäten.

.... Kleine runde porzellanfarbi- ge atrophische Hautareale, sogenann-

Tabelle 4

Myositisassoziierte Autoantikörper Bezeichnung Vorkommen

ZUR FORTBILDUNG

bung befinden sich Behandlungsver- suche mit monoklonalen Anti-CD4- Antikörpern oder T-Zellen-Vakzina- tion ( 4). Hypothetisch könnte man in Zukunft, insbesondere bei der idiopa- thischen Polymyositis, an eine Immu- nisierung mit dem T-Zell-Rezeptor- peptid denken.

Wichtig ist eine dem Schwere- grad der Erkrankung angepaßte The-

rapie, welche auf Grund von Rezidiv- Abbildung 3: Juvenile Dermatomyositis, heliotrop·

farbene Erytheme im Bereich der Wangen sowie der Augenlider

Mi-2 etwa 20 Prozent Dermatemyositis des Erwachsenen

neigung nicht voreilig beendet wer- den darf (Behandlungsdauer in der Regel zwischen minimal einem und fünf Jahren, gegebenenfalls länger). SRP ungefähr fünf Prozent Polymyositis des Erwachsenen

(schwerer Verlauf)

Seltenere Sonderformen Jo-1 zirka 30 Prozent Polymyositis, unter zehn Prozent Der-

matomyositis (häufig mit fibrosierender Alveolitis und Arthritis)

Einschlußkörpermyositis

Ul-nRNP 32 bis 79 Prozent Myositis bei mixed connective tissue disease

Eine extrem schleichend verlau- fende, schmerzlose Sonderform einer entzündlichen Muskelkrankheit stellt die Einschlußkörpermyositis dar. Sie betrifft vorwiegend Männer im mitt- leren Lebensalter. Der Vertei- lungstyp ist oft stark asymmetrisch, distale Muskeln sind mitbetroffen, können sogar im Vordergrund ste- hen. Schwache oder sogar fehlende Muskeldehnungsreflexe sowie ent- PmScl 43 bis 56 Prozent Myositis, etwa 45 Prozent Overlap-

Syndrome

Ku 36 bis 78 Prozent Myositis, 18 bis 78 Prozent Overlap- Syndrome

nach Genth et al. (5)

te Kollodiumflecke vorwiegend an den Streckseiten der Fingergelenke

.,.. Teleangiektasien und Hyper- keratosen am Nagelfalz, deren Zu- rückschieben als schmerzhaft emp- funden wird (sogenanntes Keinig- sches Zeichen).

Die Muskelbiopsie zeigt charak- teristischerweise eine Polymyositis vom perifaszikulären Typ mit vorwie- gend perimysialen Infiltraten, in wel- chen B- und CD4-Lymphozyten führen (Abbildung 4). Häufig findet man im Bereich der kleinen Muskel- gefäße vaskulitische Veränderungen (Abbildung 5) oder Endothelzell- nekrosen. Elektronenmikroskopisch sind in den Endothelien tubulovesi- kuläre Einschlüsse nachweisbar (3).

Bei der Polymyositis beziehungs- weise Dermatamyositis werden die zusammengefaßten therapeutischen Maßnahmen (Tabelle 5) allgemein ak- zeptiert. Noch im Stadium der Erpro-

Tabelle 5

Therapieprinzipien der Polymyositis/Dermatomyositis Mittel der Wahl

0 Kortikosteroide

& Azathioprin

8 Cyclophosphamid Methotrexat Ciclosporin A

In Erprobung:

intravenöse Immunglobuline nach Engel ( 4)

Erkrankungsform/Dosierung

Bei jeder floriden Polymyositis/Dermatamyositis er- forderlich. Initial hohe Dosierung, später langfristig niedrig dosierte Erhaltungstherapie.

Ergänzend zu den Glukokortikoiden gerade dann, wenn eine schwere klinische Verlaufsform mit Schluckstörungen vorliegt oder sich im Verlauf zeigt, daß die Glukokortikoiddosis längerfristig über der Cushing-Schwelle liegt.

Insbesondere bei schweren internistischen Begleitmanifestationen oder in Situationen, in denen man nicht auf den Wirkungseintritt von Azathioprin warten kann.

Besonders bei Dermatamyositis

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 34/35, 28. August 1995 (45) A-2255

(4)

MEDIZIN

sprechende Mischbilder im Elek- tromyogramm sind Hinweis auf eine Mitbeteiligung des peripheren Ner- vensystems. Muskelbioptisch finden sich in zahlreichen Muskelfasern Va- kuolen. In diesen sowie auch in den Muskelkernen lassen sich elektro- nenmikroskopisch filamentäre Ein- schlüsse nachweisen, welche Analo- gie zu Virionen haben. Das Krank- heitsbild spricht auf übliche thera- peutische Maßnahmen (vergleiche Therapieprinzipien) nicht oder nur geringfügig an (3).

Polymyositis granulomatosa bei Sarkoidose

Eine ebenfalls meist schmerzlos verlaufende, proximal beinbetonte Muskelschwäche und Atrophie cha- rakterisiert die Polymyositis granu- lomatosa bei Vorliegen einer Sarkoi- dose. Sie betrifft hauptsächlich Frau-

Abbildung 4: Myopathologischer Nachweis einer Po lymyositis vom perifaszikulären Typ bei Derma tomyositis: Perivaskuläre und perimysiale Infiltrati an mit einem hohen Anteil an B- und CD4-Lympho zyten Immunhistochemie AP-AAP-Methode, Anti CD4-Antikörper, 100fache Vergrößerung

en mit mittleren oder höheren Le- bensalter und entspricht einer schlei- chend verlaufenden extrapulmona- len Organmanifestation des Krank- heitsbildes, die therapeutisch schwer zu beeinflussen ist. Im Verlauf dieser Erkrankung entwickeln sich immer wieder Kontrakturen, Faszien wer- den mitbefallen.

Eosinophile Polymyositis Die eosinophile Polymyositis ist selten. Sie stellt eine Organmanifesta- tion des hypereosinophilen Syndroms dar. Die meist schlechte Prognose wird im wesentlichen durch den Mit- befall der Herzsmuskulatur bestimmt.

ZUR FORTBILDUNG

Tabelle 6

Klinische Kriterien der Poly- myalgia arteriitica

- Bilateraler Schulterschmerz oder -steifheit

- Erkrankungsbeginn in weniger als zwei Wochen

- Anfängliche BKS-Beschleuni- gung über 40 mmHG

- Morgensteifigkeit länger als eine Stunde

- Alter 65 oder darüber

- Depression und/oder Gewichts- verlust

- Bilaterale Schmerzempfindlich- keit der Oberarme

nach Bird (1)

Polymyalgia arteriitica (rheumatica)

Nicht auf einer Myositis, sondern auf einer Riesenzellarteriitis basiert das Krankheitsbild der Polymyalgia arteriitica. Die Diagnose wird über- wiegend anhand klinischer Kriterien gestellt (Tabelle 6). Die Untersuchung der Muskulatur selbst ergibt dagegen in der Regel keine pathologischen Be- funde. Die histologische Sicherung kann nur durch die Biopsie der Arte- ria temporalis erfolgen.

Therapeutisch ist eine Monothe- rapie mit Glukokortikoiden das Mit- tel der Wahl. Die initiale Dosierung erfolgt im komplikationslosen akuten Stadium mit zirka 30 mg Prednison pro Tag. Die Behandlung ist langfri- stig und sollte mit sehr vorsichtiger Reduktion des Glukokortikoids nach Erreichen niedriger Dosen durchge- führt werden.

Fasziitiden

Mitbeteiligungen der Faszien kommen selten im Rahmen primär myositischer Prozesse (beispielswei- se Polymyositis bei progressiver Sklerodermie, Polymyositis granulo- matosa) vor. Primär fasziitische Krankheitsbilder sind noch seltener.

Im wesentlichen sind zwei zu nennen:

die eosinophile Faszitiitis und das Eo- sinophilie-Myalgie-Syndrom.

Eosinophile Fasziitis

Das von L. E. Shulman 1975 erst- mals beschriebene Krankheitsbild (10) beginnt meist akut bis allenfalls subakut mit einer erythematösen Schwellung der Haut vorwiegend an den Extremitäten, verbunden mit ei- nem Schwere- oder Steifigkeitsgefühl.

Von Anfang an ist eine Bluteosino- philie wechselnder Ausprägung und eine Hypergammaglobulinämie nach- weisbar. Im Verlauf kommt es zu ei- ner brettharten Induration der Haut mit negativer Venenzeichnung sowie zu zunehmender Bewegungsein- schränkung, häufig kombiniert mit Kontrakturen.

Histologisch findet sich eine ent- zündliche Reaktion vorwiegend der Faszie mit konsekutiver, sklerotischer Verdickung der Faszie. Ein Übergrei- fen auf das subkutane Bindegewebe kommt häufiger vor, gelegentlich auch in geringem Umfang auf die Muskulatur. Die Infiltrate bestehen aus Lymphozyten, Histiozyten, Plas- mazellen und eosinophilen Leuko- zyten.

Die Ätiologie ist unbekannt. Pa- thogenetisch wird ein Defekt der Im- munregulation vermutet. In der Re- gel zeigt das Krankheitsbild ein promptes Ansprechen auf Kortikoide mit insgesamt guter Prognose. Spon- tanremissionen sind möglich.

Eosinophilie-Myalgie-Syndrom Erstmals im Jahre 1989 wurde in den Vereinigten Staaten das bis da- hin unbekannte Krankheitsbild be- schrieben (2) und zu einem späteren Zeitpunkt mit der Einnahme von L-

Abbildung 5: Myopathologischer Nachweis einer Po lymyositis vom perifaszikulären Typ bei Derma tomyositis, Detail: Entzündliche Reaktion im Bereich kleiner perimysialer Muskelgefäße, HE-Färbung, 400fache Vergrößerung

A-2256 (46) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 34/35, 28. August 1995

(5)

MEDIZIN

tryptophanhaltigen Präparaten in Zusammenhang gebracht (9).

Die akute Verlaufsform zeigt ne- ben einer Fasziitis und begleitenden Myositis ein breites Spektrum visze- raler Beteiligungen.

Bei der chronischen Manifestati- on steht die chronische Fasziitis mit Beteiligung des subkutanen Gewebes und der subfaszialen Muskulatur im Vordergrund. Zusätzlich entwickelt sich nicht selten eine periphere Neu- ropathie.

Eine hohe Bluteosinophilie über einmal 109 pro Liter wird obligat beob- achtet. Ätiologisch ist ein Zusammen- hang mit der L-Tryptophan-Einnahme als gesichert anzusehen. Pathogene- tisch wird ein Einfluß von Tryptophan oder seinen Metaboliten auf Zytokin produzierende Zellen angenommen

Therapeutisch reicht nur bei ei- nem kleinen Teil der Betroffenen das Absetzen von L-troptophanhaltigen Präparaten, meist sind Glukokorti- koide, teilweise aber auch in Kombi-

ZUR FORTBILDUNG

nation mit Methotrexat und Hydroxy- chloroquin erforderlich (9).

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1995; 92: A-2253-2257 [Heft 34/35]

Literatur

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6. Pearson CM, Currie S: Polymyositis and Related Disorders. In: Walton JN: Disor- ders of Voluntary Muscle. Third Edition.

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7. Pongratz DE: Atlas der Muskelkrankhei- ten. München, Wien, Baltimore: Urban &

Schwarzenberg, 1990

8. Pongratz DE: Primäre und sekundäre Myopathien. In: Pongratz DE (Hrsg): Kli- nische Neurologie. München, Wien, Balti- more: Urban & Schwarzenberg, 1992;

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9. Schnabel A, Arlt AC, Gross WL: Behand- lung des chronischen Eosinophilie-Myal- gie-Syndroms — Wirksame Therapieregi- me werden erkennbar. Z Rheumato11992;

51: 55-157

10. Shulman LE: Diffuse fasziitis with hyper- gammaglobulinaemia and eosinophilia: A new syndrome? J Rheumatol 1974; 5:

569-570

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Dieter E. Pongratz Friedrich-Baur-Institut

der Medizinischen Klinik und der Neurologischen Klinik Ludwig-Maximilians-Universität München

Ziemssenstraße 1 a 80336 München

Präoperative Radiotherapie beim Rektumkarzinom

Ob eine präoperative externe Strahlentherapie bei Patienten mit Rektumkarzinom von Nutzen ist, wur- de in einer prospektiven kontrollierten Studie aus Schweden untersucht. Von 1980 bis 1987 wurden 684 Patienten mit Rektumkarzinom kurativ reseziert, die Hälfte der Patienten wurde eine Woche präoperativ mit 25 Gray bestrahlt. Im Beobachtungszeitraum kam es bei den vorbestrahlten Patienten zu einer signi- fikanten Senkung der lokalen Rezidiv-

rate (61 versus 120 Patienten) wie auch der tumorbezogenen Letalität. Auf- grund der deutlich erhöhten Frühleta- lität der vorbestrahlten Patienten (8 Prozent versus 2 Prozent) ergab sich insgesamt gesehen kein Vorteil durch die Bestrahlung.

Die Autoren geben als Er- klärung für diese eher enttäuschen- den Ergebnisse ein möglicherweise zu groß gewähltes Bestrahlungsfeld sowie eine erhöhte postoperative Le-

talität vor allem bei Patienten über 75 Jahren an. Erste Ergebnisse aus ihrer Folgestudie mit verkleinertem Be- strahlungsfeld und Ausschluß von Pa- tienten über 80 Jahren deuten auf ei- ne nunmehr gleichhohe postoperati- ve Letalität mit signifikant geringerer Rate an Lokalrezidiven und einer Verlängerung des tumorfreien sowie Gesamtüberlebens hin. acc Cedermark B et al.: The Stockholm I Trial of preoperative short term radiotherapy in ope- rable rectal carcinoma. Cancer 1995; 75:

2269-2275.

Dr. Wilking, Oncologic Center Karolinska Hospital, S-17176 Stockholm, Schweden.

Osteoporose nach Gastrektomie

Eine Magenresektion führt bei et- wa 50 bis 70 Prozent der Patienten zur Osteoporose oder Osteomalazie. Die Autoren untersuchten prospektiv 20 Patienten, bei denen eine totale Gastr- ektomie durchgeführt wurde, inner- halb von drei Monaten und erneut nach drei Jahren, wobei die absolute und re- lative Knochendichte gemessen wurde.

Während sich bezüglich alkalischer

Phosphatase und Serumkalzium kein Unterschied ergab, bestand eine enge Korrelation zwischen postoperativem Gewichtsverlust von durchschnittlich 6,26 Kilogramm und der Knochendich- te. Bereits innerhalb der kurzen Zeit- spanne von drei Jahren ließ sich ein si- gnifikanter Knochenverlust nachwei- sen, der mit einem 1,25 OH-Vitamin- D-Mangel korreliert war.

Insbesondere der Gewichtsverlust, so die Autoren, ist ein wichtiger Hin- weis darauf, daß sich im Rahmen einer Steatorrhoe mit Vitamin-D-Mangel ei- ne Knochenentkalkung anbahnt. W

Wetscher G, Redmond E, Watfah C, Perdikis G, Gadenstätter M, Pointner R: Bone Disor- ders Following Total Gastrectomy — Dig Dis Sci 1994; 39: 2511-2515

2. Abteilung für Chirurgie, Universitätskli- nik Innsbruck, Anichstraße 35, A-6020 Inns- bruck

Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 34/35, 28. August 1995 (47) A-2257

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