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Archiv "Kinder mit Diabetes mellitus: Probleme der ambulanten Dauerbetreuung" (17.12.1993)

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Aus einer Diabetes-Schulungs-Broschüre für Kinder

E

POLITIK

J

ährlich erkranken in Deutsch- land rund 1 500 Kinder und Ju- gendliche an Diabetes mellitus Typ I. Die Therapie erfordert mehrfach tägliche Insulininjektionen, eine darauf abgestimmte Nahrungs- aufnahme und regelmäßige Stoff- wechselselbstkontrollen. Langfristig besteht das Risiko der Entwicklung neurovaskulärer Folgeerkrankungen, vor allem bei suboptimaler Stoff- wechsellage. Noch öfter als bei Er- wachsenen sind aber bei Kindern und Jugendlichen mit Diabetes melli- tus die Stoffwechselergebnisse weit vom angestrebten Optimum entfernt.

Dies hat biologische, aber auch psy- chosoziale Ursachen.

Wachstum und Entwicklung, häufige Infekte und wechselnder Be- wegungsdrang stehen bei Kindern und Jugendlichen einer festen „Ein- stellung" der Stoffwechsellage entge- gen. Altersbedingt eingeschränktes Verständnis für die therapeutischen Anforderungen, Ängste vor Hypo- glykämien und Folgeerkrankungen, die Notwendigkeit,

sich in vieler Hin- sicht anders als die Gleichaltrigen ver- halten zu müssen, und nicht selten auch soziale Vorur- teile können auf den Betroffenen und die ganze Familie zu- sätzlich belastend wirken. Die Berück- sichtigung dieser un- terschiedlichen Ein- flüsse in der Thera- pie erfordert eine spezielle pädia- trisch-diabetologi- sche Kompetenz.

Therapieplanung

und Beratung sind bei Kindern vor allem unter dem Aspekt des Lang- zeitverlaufs zu sehen. Da biologisch besonders die Zeit nach Einsetzen der Pubertät mit einer stärkeren Vul- nerabilität gegenüber der Entwick- lung neurovaskulärer Schädigungen einhergeht, kann das Ziel nicht ein kurzdauernder, dem Kinde von au- ßen aufgezwungener Therapiegehor- sam sein.

Vielmehr muß der Förderung der Krankheitsakzeptanz vermehrte

KURZBERICHTE

Aufmerksamkeit geschenkt werden, damit der Betroffene auch als Ju- gendlicher willens und in der Lage ist, seine Therapie verantwortungs- voll durchzuführen. Bei Kindern kann daher nicht allein der HbAlc- Wert zur Beurteilung des Betreu- ungserfolgs herangezogen werden.

Für die Praxis heißt dies, daß ei- ne zu komplexe, die individuellen Be- dürfnisse und Fähigkeiten überfor- dernde ebenso wie auch eine unter- fordernde, zu stark behütende The- rapiekonzeption vermieden werden muß. Seit langem wird deshalb in der

pädiatrischen Diabetologie darauf hingewiesen, daß auch eine altersan- gepaßte Schulung und eine psycholo- gisch-pädagogische Unterstützung von Kindern und Eltern von grundle- gender Bedeutung ist.

Dies ist zwar inzwischen allge- mein akzeptiert, steht aber vielerorts noch im krassen Gegensatz zur Rea- lität. So werden Kinder nach der Ma- nifestation ihrer Erkrankung in der Regel im nächstgelegenen Kinder- krankenhaus behandelt, unabhängig

davon, ob dies über entsprechend er- fahrenes und geschultes Personal verfügt. Die Umstände der ersten Konfrontation der Kinder und ihrer Eltern mit Diagnose und Therapie dieser Erkrankung wirken aber für viele Jahre prägend. Der Umgang mit der Erkrankung wird durch inad- äquate Therapiekonzepte, nicht al- tersgemäße Schulung und Beratung (zum Beispiel veraltet rigide Diätvor- schriften, Erzeugung irrationaler Ängste vor Folgeschäden) ungewollt erschwert. Innere Abteilungen sind auf die Betreuung von Kindern noch weniger vorbereitet. Die Erstbehand- lung vieler Kinder in Deutschland er- folgt daher — trotz meist beachtlichen individuellen Engagements — subop- timal. Da bei der insgesamt geringen Anzahl neuerkrankender Kinder auf die einzelne Institution nur wenige Patienten entfallen, ist es auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten für viele Abteilungs- und Verwaltungs- leiter wenig sinnvoll, Stellen für spe- zialisiertes Personal — etwa eine Dia- betesberaterin — einzurichten. Nur wenige große Kinderkliniken konn- ten in den letzten Jahrzehnten spe- zialisierte Arbeitsgruppen bilden und sich zu regionalen Zentren entwik- keln. Aber auch bei räumlicher Nähe zu einem solchen Zentrum werden die Kinder aus anderen Kinderklini- ken nur in Ausnahmefällen dorthin transferiert.

Ähnliche Probleme begleiten auch die Organisation der ambulan- ten Dauerbetreuung: Die zeitauf- wendige Beratung wird in keiner Weise adäquat vergütet. Allein für die ärztliche Untersuchung und Be- ratung eines Kindes oder Jugendli- chen mit seinen Eltern müssen im Schnitt etwa 30 Minuten angesetzt werden. Darin sind nicht die noch zeitaufwendigeren Spezialberatun-

Kinder mit Diabetes mellitus

Probleme der ambulanten

Dauerbetreuung

A1-3360 (24) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 50, 17. Dezember 1993

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gen und Schulungen zu einzelnen therapeutischen Maßnahmen wie et- wa Spritzen, Blutzucker-Selbstkon- trolle, Ernährungsplanung oder etwa Beratungen bei sozialen oder psychi- schen Problemen enthalten.

Dieser erhebliche personelle und zeitliche Aufwand ist in den Pra- xen niedergelassener Kollegen kaum zu leisten. So werden viele Kinder in Polikliniken von Universitätskliniken oder an kommunalen oder konfessio- nellen Kinderkrankenhäusern unter Heranziehung der institutionellen Ressourcen behandelt. Auch hier kann aber nicht annähernd kosten- deckend gearbeitet werden. Kran- kenhaus- und Universitätsverwaltun- gen sind angesichts der angespann- ten finanziellen Situation immer we-

POLITIK KURZBERICHTE

niger bereit und in der Lage, ambu- lante Betreuung im größeren Umfang aus Geldern für die stationäre Ver- sorgung oder aus Mitteln für Lehre und Forschung zu finanzieren.

Mit den vorhandenen Struktu- ren lassen sich chronisch kranke Kin- der nur punktuell, aber keineswegs flächendeckend angemessen versor- gen. Eine mit Augenmaß vorgenom- mene Regionalisierung der Betreu- ung, wie sie etwa im Bereich der päd- iatrischen Onkologie bereits üblich ist, wäre denkbar und wünschens- wert. Mögliche Modelle für die am- bulante Versorgung wären speziali- sierte, eng an universitäre oder regio- nale Krankenhäuser gekoppelte Zen- tren, zum Beispiel in Gestalt von Schwerpunkt-Praxen oder sozialpäd-

iatrischer Zentren, wie sie sich bisher vor allem für die Betreuung neurolo- gisch entwicklungsgestörter Kinder und Jugendlicher etabliert haben.

Voraussetzung für die langdauernde Effizienz solcher Einrichtungen ist eine kompetente Ausbildung und permanente Weiterbildung des Per- sonals, die bei der insgesamt kleinen Gesamtzahl der Patienten adäquat geplant und geregelt werden muß.

Anschrift der Verfasser.

Priv.-Doz. Dr. med. Walter Burger Prof. Dr. med. Bruno Weber Klinikum Rudolf Virchow der Freien Universität Berlin, Standort Charlot- tenburg, Kinderklinik (KAVH) Heubnerweg 6, 14059 Berlin

Reaktionen auf Spendenbitten

Große Hilfsbereitschaft für das ehemalige Jugoslawien

In regelmäßigen Abständen veröffentlicht das Deutsche Ärzteblatt in der Rubrik „Spenden- bitten" die Anliegen verschiedener Hilfsaktionen, darunter die Aufrufe bekannter Organisa- tionen, vor allem jedoch Initiativen, die auf privater Ebene Medikamente, medizinische Ge- räte und Geld für Menschen in Not sammeln. Die Reaktionen auf die „Spendenbitten" sind unterschiedlich, generell ist die Hilfsbereitschaft jedoch trotz der Wirtschaftskrise groß.

Die Kriegsnot im ehemaligen Ju- goslawien beherrscht seit Monaten die Berichterstattung in den Medien, und zahlreiche Organisationen bitten um Spenden für Bosnien und Kroa- tien. Der Vizepräsident Europa der Internationalen Ärzte für die Verhü- tung des Atomkrieges (IPPNW), Prof. Dr. med. Ulrich Gottstein, be- richtete im Deutschen Ärzteblatt, Heft 27/1992, über zerschossene und niedergebrannte Dörfer in Kroatien und die täglich wachsende Zahl der Vertriebenen und Flüchtlinge.

Bischof Dr. Anton Tamarut bat im selben Heft um finanzielle Unter- stützung für 100 000 Vertriebene und Flüchtlinge, die von der Caritas des Bistums Rijeka betreut wurden. Der Mülheimer Arzt Dr. med. Ivo Mance, der die deutschen Spenden nach Ri- jeka weiterleitete, schrieb an die Re-

daktion: "Auch in diesem Jahr konn- te ich von Kollegen, die damals ge- spendet haben, wiederholt eine Hilfe bekommen Zusammen mit anderen Quellen habe ich wieder 100 000 DM an die Halb- und Vollwaisen vertei- len können." Insgesamt seien rund 310 000 DM an Spenden eingegan- gen (Informationen: Bischöfliches Generalvikariat, Postfach 10 04 64, 45004 Essen; Bankverbindung: Dar- lehnskasse im Bistum Essen eG, Konto 66 401 022, BLZ 360 602 95)

Der Verein „Children's Relief - Hilfe für Kinder in Not", der ein Waisenhaus in der Nähe von Saraje- wo unterstützt, verzeichnete eben- falls eine „tolle Resonanz" auf die Spendenbitte (Deutsches Ärzteblatt, Heft 18/1993). Mitarbeiterin Ute Bai- er sagte, daß innerhalb von 14 Tagen aufgrund verschiedener Zeitungsarti-

kel rund 90 000 DM bei ihrer Organi- sation eingegangen seien (Informa- tionen: Hilfe für Kinder in Not e.V., Hildesheimer Str. 139, 30173 Hanno- ver, Bankverbindung: Dresdner Bank AG Hannover, Konto 726 482 300, BLZ 250 800 20).

Doch nicht nur für das ehemali- ge Jugoslawien ist die Spendenbe- reitschaft ungebrochen. Die Organi- sation „Lichtbrücke e.V." unterstützt mobile Augenbehandlungslager in Bangladesch. Dort werden Patien- ten, die an Grauem Star leiden, ope- riert und nachbehandelt. Nach Anga- ben von Friedl Knipp, Geschäftsfüh- rer der „Lichtbrücke", sind aufgrund eines Beitrages im Deutschen Arzte- blatt, Heft 27/1992, „viele Spenden"

eingegangen. Besonders erfreut ist er über die „sehr guten Kontakte, die Ärzte mit uns geknüpft haben"

(Lichtbrücke e V., Leppestraße 48, 51766 Engelskirchen; Bankverbin- dung: Postgiroamt Köln, Konto 21 99 49-501; BLZ 370 100 50).

Ganz andere Erfahrungen machte dagegen der Arzt Dr. med.

Hans Georg Jester mit einem Hilfe- A1-3362 (26) Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 50, 17. Dezember 1993

Referenzen

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