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Archiv "Deutsches Zentrum für Alternsforschung" (26.04.1996)

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iner Studie* des Kriminolo- gischen Forschungsinstitutes Niedersachsen zufolge werden alte Menschen vor allem in en- gen sozialen Beziehungen Opfer von Gewalt. 1991 wurden in den alten Bundesländern mehr als 300 000 Fälle registriert, in denen Menschen im Al- ter von 60 bis 75 Jahren Gewalt am ei- genen Leibe miterlebten – womit nicht nur körperliche Gewalt gemeint ist, sondern auch seelische Mißhand- lungen und Vernachlässigung durch Angehörige.

Die Autoren der Untersuchung weisen darauf hin, daß ältere Men- schen sich in erster Linie davor fürch- ten, Opfer einer kriminellen Hand- lung durch Fremde zu werden.

Tatsächlich gelte jedoch: „Insbeson- dere älteren Menschen widerfährt dies ungeachtet ihrer Verletzlichkeit

vergleichsweise selten.“ Opfererfah- rungen in engen sozialen Beziehun- gen seien viel häufiger, doch würde diesem Aspekt bislang weniger Be- achtung geschenkt.

Ursachen der Gewalt sind vielfältig

Die Gründe für Vernachlässi- gung und Mißbrauch sind so vielfältig wie die Lebensverhältnisse, denen sie entspringen. Oft ist die Ursache die große Belastung, der die Betreuer pflegebedürftiger Senioren ausge- setzt sind. Hinzu kommt, daß die Si- tuation häufig von beiden Seiten als unbefriedigend und perspektivlos an- gesehen wird. Wenn dann noch schwierige äußere Lebensbedingun- gen – wie beispielsweise finanzielle

Nöte, Arbeitslosigkeit oder beengte Wohnverhältnisse – vorliegen, ist der Ausbruch der Gewalt nur noch eine Frage der Zeit und der körperliche Ausdruck einer schwelenden Unzu- friedenheit, wie in der Studie weiter ausgeführt wird.

Ein Problem ist, daß das Vorge- fallene oft verschwiegen wird – eine Folge der Privatheit enger Beziehun- gen. Nach Auffassung der Autoren der Studie wird über die Vernachlässi- gung oder die Mißhandlung Still- schweigen bewahrt, solange ein Inter- esse daran besteht, die Beziehung aufrechtzuerhalten.

Wunsch: Netz von Hilfsangeboten

Auf die Wechselwirkungen zwi- schen Pflegebedürftigen und Pflegen- den und die Gefahr einseitiger Schuldzuweisungen wies Gertrud Dempwolf, Parlamentarische Staats- sekretärin beim Bundesseniorenmini- sterium, während der Fachtagung hin:

„Es ist nicht damit getan, den Schuldi- gen zu suchen und nach Bestrafung zu rufen. Statt Anklage sind entlastende Hilfe, Betreuung und Rat gefragt.“

Dazu bedürfe es einer intensiven und vor allem sachlichen Auseinanderset- zung mit dem Thema.

„Wir müssen angemessene Hilfe und Unterstützung bereitstellen“, so Frau Dempwolf weiter, „ich denke dabei an personelle Entlastungen, technische Hilfen und Selbsthilfe- gruppen. Ideal wäre ein engmaschiges Netz von ambulanten und teilsta- tionären Angeboten.“ Besonders wichtig sei es, die professionelle Bera- tung möglichst frühzeitig in Anspruch zu nehmen, um es gar nicht erst zur Eskalation kommen zu lassen, beton- te die Staatssekretärin. Um Empfeh- lungen und Ideen schneller realisie- ren zu können, bereitet das Bundesse- niorenministerium jetzt ein Modell- projekt zur Prävention von Gewalt gegen Ältere vor. Frank Burger

A-1100 (30) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 17, 26. April 1996

T H E M E N D E R Z E I T BERICHTE

Kriminologische Studie

Gewalt gegen Senioren – ein vernachlässigtes Thema

Am 12. März 1996 fand in Bonn eine vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend initiierte Fachtagung „Gewalt gegen ältere Menschen zu Hause“ statt. Dabei diskutierten in- und ausländische Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis über die Ursachen dieses Phäno- mens und suchten nach Möglichkeiten zur Vorbeugung und Intervention.

Deutsches Zentrum für Alternsforschung

„Innovative Grundlagenforschung, die interdisziplinär die verschiedenen For- schungsbereiche des Alterns zusammenführt“ erwartet der baden-württembergi- sche Wissenschaftsminister Klaus von Trotha vom Deutschen Zentrum für Al- ternsforschung (DZFA) in Heidelberg, das er am 20. März 1996 gemeinsam mit Bundesseniorenministerin Claudia Nolte offiziell eröffnete. Das Forschungszen- trum ist eine von Bund und Land gemeinsam finanzierte Stiftung des öffentlichen Rechts an der Universität Heidelberg. Wissenschaftlicher Stiftungsvorstand des DZFA wird Professor Dr. Dr. h.c. Ursula Lehr sein. Sie lehrt seit 1986 Gerontolo- gie an der Universität Heidelberg. Bis zum Jahr 2000 soll das Institut rund 60 Mit- arbeiter in vier Abteilungen – Entwicklungsforschung, soziale und ökologische Gerontologie, Epidemiologie körperlicher Erkrankungen, Versorgungsforschung – beschäftigen.

Wie Nolte bei der Eröffnung erklärte, müsse eine zukunftsorientierte Alten- politik in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik Wirkung entfalten. Dazu seien fun- dierte wissenschaftliche und praktische Erkenntnisse über die Potentiale altern- der Menschen vonnöten, aber auch über die für sie bestehenden Probleme bei der

Alltagsbewältigung. BR

* Die Ergebnisse der Studie „Kriminalität im Leben alter Menschen“ sind als Band 105 der Schriftenreihe des Bundesseniorenministeri- ums erschienen. Der Band kann angefordert werden beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Postfach 20 15 51, 53145 Bonn.

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