• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Nichtraucherschutz in Europa: Die letzten Rauchzeichen" (04.03.2005)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Nichtraucherschutz in Europa: Die letzten Rauchzeichen" (04.03.2005)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

A

A554 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 94. März 2005

D

as Empfinden von Normalität hat sich in kaum einem gesellschaftli- chen Bereich in den letzten Jahren so verändert wie beim Nichtraucher- schutz: nicht zu übersehende, drastische Warnhinweise auf jeder Zigaretten- schachtel, bundesweit Nichtraucher- bahnhöfe, das Recht auf einen rauch- freien Arbeitsplatz. Seit dem 10. Januar 2005 gilt in Italien ein sehr konsequen- tes Nichtrauchergesetz:Von Südtirol bis Sizilien ist das Rauchen in allen öffent- lich zugänglichen Räumen untersagt – ohne Ausnahme.

Strenges Rauchverbot und hohe Bußgelder

Die italienische Regelung gilt für Pizze- rien genauso wie für die Treppe in ei- nem Mehrfamilienhaus. Bußgelder bis zu 250 Euro drohen dem Uneinsichti- gen. Sind Kinder oder Schwangere in der Nähe, erhöht sich die Strafe. Gast- wirte sind dazu verpflichtet, die Unbe- lehrbaren anzuzeigen, die weiter ihrem Laster frönen. Tun sie das nicht, droht eine Strafe von bis zu 2 200 Euro. Nur in gekennzeichneten Räumen mit einem eigenen Belüftungssystem darf noch ge- raucht werden.

So streng mit den Rauchern war in Europa bisher kein Staat. Im vorigen Jahr hatte Irland noch eine Vorrei- terrolle im Nichtraucherschutz. Das Rauchverbot für Restaurants und Pubs trat damals in Kraft. Bei Nichtbeach- tung drohen auch hier Geldstrafen. Den

Iren ist außerdem der Nikotinkonsum am Arbeitsplatz und in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Kranken- häusern und Verwaltungen untersagt.

Es gibt allerdings einige Ausnahmen, so beispielsweise psychiatrische Anstalten und Gefängnisse. Norwegen folgte kurz darauf mit einer ähnlichen Regelung.

Auch Großbritannien plant ein vergleich- bares Verbot.

In Schweden gilt ebenfalls ein Rauch- verbot in öffentlichen Gebäuden. Allerdings

sind die Schweden etwas toleranter als ihre norwegischen Nachbarn: Die Ein- richtung von Raucherbereichen ist möglich. Arbeitgeber sind jedoch dazu angehalten, Angestellte vorm Passiv- rauchen zu schützen. In diesem Sommer will man ein Rauchverbot für Kneipen und Restaurants einführen. In abge- trennten Räumen kann demnach zwar weiter geraucht werden, aber nur ohne Speisen und Getränke. Die Schweden haben aber bereits vor-

gesorgt: „Snus“ heißt die Alternative. Es han- delt sich um Tabak, den man sich in Form von kleinen Portionen unter die Oberlippe steckt.

Auf Freiwilligkeit setzt Österreich. Zwar ist das Rauchen in öffent- lichen Einrichtungen nur in gekennzeichne- ten Raucherzonen er- laubt, in der Gastrono- mie aber geht der Staat ohne Zwang vor. Bis zum Jahr 2006 sollen 90 Prozent der Restaurants 40 Prozent ihrer Fläche für Nichtraucher reser-

vieren. Ausgenommen sind Gaststät- ten mit einer Fläche von weniger als 75 Quadratmeter und solche, die hauptsächlich Getränke verkaufen.

Die Niederlande haben eine ähnliche Regelung.

Frankreich schreibt zwar für Restau- rants und Bars die Einrichtung von aus- gewiesenen Raucher- inseln vor, bisher fehlt es aber an staatlicher Kontrolle und somit an Konsequenz.

Eher unbekümmert hinsichtlich des Nicht- raucherschutzes zeigt sich Spanien. Für Raucher gibt es so gut wie keine Be- schränkungen. Ein Gesetzentwurf wird aber auch hier vorbereitet.

Und die Lage in Deutschland? „Rau- cher unter Druck“, titelte jüngst der

„Spiegel“. Die Drogenbeauftragte der Union und MdB, Gerlinde Kaupa, und die SPD-Gesundheitsexpertin Dr.

med. Marlies Volkmer MdB wollten dem Bericht zufolge ein ähnliches Ver- bot wie in Italien für Deutschland durchset- zen. Gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt dementierte eine Spre- cherin Volkmers dies jedoch. Man setze zu- nächst auf Freiwillig- keit. Kaupa meinte, ge- setzliche Lösungen seien dann notwendig, wenn sich Selbstverpflichtungs- vereinbarungen als un- zureichend erwiesen. Si- cherlich würde man sich aber in diesem Fall am europäischen Trend ori- entieren.

In Deutschland ist Nichtraucherschutz in P O L I T I K

Nichtraucherschutz in Europa

Die letzten Rauchzeichen

In Italien gilt seit Anfang des Jahres ein striktes Nikotinverbot.

Die Bundesregierung dagegen setzt zunächst auf Prävention und freiwillige Regelungen.

Sie werden vermutlich den Ab- satz von Zigarettenetuis stei- gern: abschreckende Fotos der EU-Kommission.

Nach EU-Schätzungen sterben mehr als 650 000

Europäer pro Jahr an den Folgen des Rauchens.

Fotos:EU-Kommission

(2)

erster Linie Arbeitnehmerschutz. Ar- beitgeber sind verpflichtet, ihre An- gestellten vor dem Passivrauchen zu schützen, Gaststätten ausgenommen.

Im Gegensatz zu den meisten EU- Ländern gibt es in Deutschland keine bundeseinheitlichen Regelungen zum Nichtraucherschutz in öffentlichen Einrichtungen. Aber auf Länderebene tut sich etwas: Als erstes Bundesland hat Hessen ein gesetzliches Rauchver- bot für Schulen erlassen. Niedersachsen und Bayern wollen folgen. In Berlin, Hamburg und Bremen gelten bereits ähnliche Regelungen, aber nicht als Gesetze.

Die Drogenbeauftragte der Bundes- regierung, Marion Caspers-Merk, SPD- MdB und Staatssekretärin im Bundes- ministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung, führt zurzeit Verhandlungen mit dem Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Caspers-Merk forderte die Gastronomie auf, mindestens 40 Pro- zent der Kapazitäten als Nichtraucher- plätze auszuweisen, einschließlich Knei- pen. Eine Einigung wird im März erwartet. Erst wenn eine freiwillige Regelung misslinge, wolle die Bundesre- gierung eine Gesetzesinitiative starten.

Selbstverpflichtung und Prävention

Neben Selbstverpflichtungen baut die Bundesregierung auf Prävention. Im Jahr 2005 sollen die Gelder im Ver- gleich zum Vorjahr um ein Drittel auf- gestockt werden, auf drei Millionen Euro. Davon sollen 600 000 Euro für Aufklärungskampagnen über die Ge- fahren des Passivrauchens ausgegeben werden. Die Bundesregierung geht da- von aus, dass jährlich 110 000 Menschen in Deutschland an den Folgen des Niko- tinabusus sterben. Genauso schockie- rend wie diese Zahl sind die Bilder, die die EU-Kommission künftig auf Zigaret- tenschachteln sehen will. Im Gegensatz zu den bereits üblichen Warnhinweisen sollen hier die Mitgliedsstaaten über den Einsatz selbst entscheiden. Be- schlossene Sache ist hingegen die Strei- chung der Tabak-Subventionen, die der EU immerhin bisher eine Milliarde Euro pro Jahr wert waren. 2010 laufen sie aus. Dr. med. Birgit Hibbeler

P O L I T I K

A

A556 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 94. März 2005

J

ede vierte stationäre Einrichtung wird bis 2020 vom Markt gefegt“, lautet eine der zentralen Thesen einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- gesellschaft Ernst & Young zum deut- schen Gesundheitsmarkt. Von den der- zeit rund 2 200 Akutkrankenhäusern würden nur etwa 1 500 übrig bleiben, so Nils Söhnle von Ernst & Young bei der Vorstellung der Ergebnisse in Ber- lin. Gründe für den Konzentrationspro- zess seien vor allem der wirtschaftliche Druck durch die Einführung der dia- gnosebezogenen Fallpauschalen, die zu- nehmende Vernetzung der ambulanten und stationären Versorgung sowie der wachsende technologische Fortschritt.

Die durchschnittliche Verweildauer wer- de in den nächsten 15 Jahren von 8,9*

auf 6,2 Tage sinken. Auch die Betten- zahl werde von derzeit 660 Betten je 100 000 Einwohner auf 293 Betten schrumpfen.

Besonders betroffen von der progno- stizierten Entwicklung sind der Studie zufolge die öffentlich-rechtlichen Ein- richtungen: Bis zum Jahr 2020 müssten aufgrund mangelnder technologischer Ausstattung, begrenzt vorhandener Innovationsbereitschaft sowie der weit unterdurchschnittlichen Wirtschaftlich- keit zwei von drei Krankenhäusern schließen, sodass sich die Zahl der Einrichtungen bis 2020 von 543 auf 225 Einrichtungen reduziere. Zum Markt- führer würden hingegen die privaten Krankenhäuser: bis 2020 werde es statt der derzeit 545 Kliniken 675 geben.

„Wir sehen in dieser Entwicklung aber keine negativen Folgen für die Ge- sundheitsversorgung“, betonte Söhnle.

Schließlich bedeute hohe Quantität nicht gleichzeitig hohe Qualität.

Die Autoren der Studie kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Grund- strukturen im Gesundheitswesen bis zum Jahr 2020 gravierend verändert haben werden. Statt der derzeit über- wiegend separat agierenden Kranken- häuser gebe es dann nur noch Klinik- verbünde: Diese „vernetzten Einhei- ten“ bieten von der ambulanten über die stationäre bis hin zur präventiven Versorgung alles „unter einem Dach“

an. Zu den größten dieser „360-Grad- Anbieter“ zählten künftig Aktien- gesellschaften. Im Szenario der Studie werden aus Ärzten, die in solchen Ein- richtungen arbeiten, nicht nur „Dienst- leister“, sondern aus Patienten auch

„Kunden“, deren indivduellen Bedürf- nissen Rechnung getragen wird. Da der Patient den Leistungen gegenüber künftig kritischer geworden ist, spielen Behandlungs- und Versorgungsqualität eine große Rolle. „Aus diesem Grund sehen wir in der Zertifizierung einen Haupttrend der Zukunft“, sagte Söhnle.

Staat gibt nur Rahmen der Gesundheitsversorgung vor

Dem Bild der Dienstleistungsgesell- schaft entsprechend, stünde die Ge- sundheitsversorgung 2020 unter einer geringeren Einflussnahme durch den Staat. „Der Staat versteht sich in Zu- kunft mehr als Controller, der nur noch den Rahmen vorgibt“, glaubt Rudolf Böhlke, Branchenexperte bei Ernst &

Young. „Planwirtschaftliche“ Methoden wie die Krankenhausbedarfsplanung gebe es dann nicht mehr. Die Gesetz- liche Krankenversicherung werde nur noch in Form einer Grundversicherung bestehen, die weder den Vorstellungen der politischen Parteien von einer Kopfprämie noch denen von einer Bür- gerversicherung entspricht. „Darüber hinausgehende Leistungen werden mit individuellen Policen, die sich an Alter, Geschlecht und Lebensverhältnissen orientieren, abgedeckt.“ Der Anteil der privaten Haushalte an den Gesund- heitskosten werde dementsprechend von zurzeit zwölf auf 30 Prozent stei- gen. Die Gesamtausgaben für Gesund- heit beliefen sich im Jahr 2020 auf 500 Milliarden Euro – doppelt so viel wie heute. Martina Merten

Krankenhäuser

„Vernetzte Einheiten“

In den nächsten 15 Jahren wird die Zahl stationärer Einrichtungen um ein Viertel sinken.

* Alle „Ist-Angaben“ sind vorläufige Zahlen des Statisti- schen Bundesamtes von 2003.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

1 RStV, ihre kommerziellen Tätigkeiten nur unter Marktbedingungen zu erbringen und die Beziehungen zu ihren kommerziell tätigen Tochterunternehmen marktkonform zu

Das Institut für Rundfunkrecht zu Köln wurde 1967 durch Beschluss der Rechtswissenschaftlichen Fakultät und des Senats der Universität zu Köln als Institut an der

Wird der Gesamtbetrag, der im Kanton Bern zur Verbilligung der Krankenkassenprämien für Personen in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen zur Verfügung steht,

Zwei Alternativen, die beide kaum akzeptabel sind Besonders betroffen sind in- des die niedergelassenen Ärz- te, weil es ihnen in der Re- gel nicht gelingen wird, den Betriebswagen

Besonders betroffen von der progno- stizierten Entwicklung sind der Studie zufolge die öffentlich-rechtlichen Ein- richtungen: Bis zum Jahr 2020 müssten aufgrund

Viele Waldbesitzer haben aber mittlerweile erkannt, dass die Fichte immer mehr zum Problem wird und dass es sich nicht lohnt, langfristig gegen die Natur zu arbeiten.. Nach

Veranstalter: Kampagne für saubere Kleidung Bremen (CCC), Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt,

Da davon ausgegangen werden muss, dass sich durch den erhöhten Treibhauseffekt extreme Wetterereig- nisse wie beispielsweise Hitzewellen öf- ter ereignen, kann von