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Archiv "Tödliche Risiken in unserer Umwelt" (08.11.1979)

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(1)

d' 0 bis 5 Jahre

y

Tabelle

1.6227 106 1.5508 • 10 6 Lebende (Durchschnitt)

verstorben insgesamt (ICD Pos. No. 000—E 999)

verstorben durch Neubildungen der lymphatischen und blutbildenden Or- gane (ICD 200-209)

7.150 5.222

57 51

verstorben durch Kraftfahrzeugunfälle im Verkehr

(ICD 810-819)

176 129

verstorben durch Unfälle aller Art (ICD 800-849)

762 487

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen FORUM

„Instituts für biologische Sicher- heit" in Bremen bzgl. einer signifi- kanten Vermehrung von Leukämie bei Kindern im Umkreis von 80 km als ursächliche Folge des einstigen Kernkraftwerkes Lingen (Ems) wur- de durch die Bundesregierung im Deutschen Bundestag (RS 115-515 504/10) zurückgewiesen: „Die An- gaben wurden mit statistisch nicht vertretbaren Methoden gewonnen und sind somit nicht beweis- kräftig."

2. Warum Zunahme von Krebs?

Die Zunahme der absoluten Krebs- sterbeziffern seit 1900 ist unbestrit- ten; sie ist bedingt durch eine verän- derte Bevölkerungsstruktur und durch die exponentielle Zunahme der Krebssterberate mit dem Le- bensalter: Abbildung 1. Die alters- spezifische Krebssterblichkeit weist jedoch — mit Ausnahme des Lungen- krebses beim männlichen Ge- schlecht — seit 1900 keine entschei- dende Veränderung auf. Der Ver- gleich der altersspezifischen Krebs- sterbeziffern aus dem Jahr 1935 (Deutsches Reich) mit denen von 1976 (Bundesrepublik Deutschland) in Abbildung 2 und 3 (auf Seite 2990) zeigt eindeutig, daß die Krebssterb- lichkeit in den einzelnen Altersklas- sen beim weiblichen Geschlecht mit Sicherheit abgenommen hat. Beim Mann bewirkt die Zunahme des Lun- genkrebses in den hohen Altersklas- sen insgesamt in diesem Lebensab- schnitt eine Erhöhung, sonst eine annähernd konstante Krebssterb- lichkeit in den jüngeren und mittle- ren Lebensjahren.

(Ausführliche Darlegung in dem Buch: „Krebs — Schicksal oder Ver- schulden?" von H. Oeser unter Mit- wirkung von P. Koeppe, Thieme Ver- lag, 1979)

3. Das Tritium-Problem

Der betreffende Abschnitt bei Kater beginnt mit dem Satz: „Bei der Frei- setzung von Radioaktivität von kern- technischen Anlagen wird überdies das Tritium immer ausgeklammert."

Tödliche Risiken in unserer Umwelt

Eine Entgegnung auf den Beitrag von Dr. Hermann Kater in Heft 36/1979, Seite 2259

Heinz Oeser und Peter Koeppe

Der Beitrag fordert uns zu einer Ent- gegnung heraus, die zwecks Kürze nur auf Teile der Veröffentlichung Bezug nimmt:

1. Leukämie

durch Atomkraftwerke?

Das Statistische Bundesamt, Wies- baden, veröffentlichte für die Bun- desrepublik Deutschland 1979 fol- gende Zahlenwerte (s. Tabelle).

Die Zahlenwerte für die Todesfälle können als Mittelwerte einer Pois- son-Verteilung betrachtet werden.

Der ± 95%-Vertrauensbereich läßt sich nach statistischen Verfahren berechnen mit folgendem Ergebnis:

für die 57 d-Leukämie-Sterbefälle : 43,45 bis 72,66; für die 51

9-Leuk-

ämie-Sterbefälle : 37,67 bis 66,76.

Wird auf die Anzahl der Lebenden Bezug genommen, so betragen die Werte für den ± 95%-Vertrauensbe- reich:

d =

2,68/10 5 Lebende bis 4,48/10 5 Lebende;

y =

2,43/10 5 Le- bende bis 4,30/10 5 Lebende.

Diese Schwankungsbreite wurde ausschließlich aufgrund der Zähl- statistik als ± 95%-Vertrauensbe- reich ermittelt. Regionale Unter- schiede in der Erfassung der _Kran- ken und viele andere Faktoren be- einflussen zusätzlich diese Zahlen- werte. Kleine Ausgangszahlen er- möglichen Extremwerte, ohne daß die Signifikanz bestätigt werden kann. Eine Zunahme der Leukämie- rate bei Kindern infolge der Atom- kraftwerke ist bisher nirgends erwie- sen. Die Behauptung des privaten

2988 Heft 45 vom 8. November 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(2)

Bereits dieser erste Satz zwingt, die Frage zu stellen, ob der Autor be- wußt die Unwahrheit verkünden will oder ob er es nicht weiß.

~ Die Dokumentation der Bundes- regierung "Zur friedlichen Nutzung der Kernenergie" geht im Abschnitt

"Radiobiologie der wichtigsten Ra-

dionuklide" auch ausführlich auf das Tritium ein. Es gibt weiterhin zahlreiche Zusammenstellungen, zum Beispiel des Bundesgesund- heitsamtes Berlin, über die Abgabe radioaktiver Stoffe aus den Kern- kraftwerken, die selbstverständlich auch Tritium berücksichtigen.

~ Tritium wirft zwar infolge der ge- ringen maximalen Energie der emit- tierten Elektronen meßtechnische Probleme auf, doch ist die Behaup- tung "Tritium kann nicht direkt ge- messen werden" unrichtig. Im übri- gen: Selbst wenn diese Behauptung richtig wäre: Wieso macht das eine Substanz "gefährlich im Inneren der Zellen"?

~ Falsch ist auch die Behauptung, daß Tritium nur in Abluft und im Ab- wasser gemessen wird. Wie im ein- zelnen dem Jahresbericht 1976

"Umweltradioaktivität und Strahlen- belastung" entnommen werden

kann, erfolgt vielmehr eine Überwa-

chung auch des Trinkwassers sowie von Niederschlägen oder auch von Milchproben.

~ Kater erwähnt nicht (oder weiß es nicht?), daß Tritium keineswegs ausschließlich beim Betrieb kern- technischer Anlagen erzeugt wird;

es ist vielmehr auch ein natürliches Radionuklid, das durch die Wech- selwirkung der kosmischen Strah- lung mit den Atomen und Molekülen der Lufthülle ständig erzeugt wird.

Pro Jahr werden auf diese Weise etwa 1,6 Mill. Curie Tritium produ- ziert! Dementsprechend enthält das Trinkwasser natürlicherweise etwa zwischen 6 und 24 pCi Tritium pro Liter.

~ Tritium hat zwar eine physikali- sche Halbwertszeit von 12,3 Jahren, doch beträgt die effektive Halb- wertszeit bei einmaliger Aufnahme

Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen Gefährdungen der Umwelt

Vorkommen bösartiger Neubildungen

1900 2000

Deutsches Reich Krebs pro Bundesgebiet 100.000

~

40

~

Einwohner

~ ~

300

Abbildung 1: Der Anstieg der Krebssterbefälle pro 100 000 Einwohner seit 1900 ist durch die veränderte Altersstruktur der deutschen Bevölkerung bedingt (die Abbildungen 2 und 3 finden Sie auf Seite 2990)

nur etwa 10 Tage. Auch reichert sich Tritium in den Nahrungsketten nicht an. Eine einmalige Aufnahme von immerhin 1 Mikrocurie Tritium führt zu einer Ganzkörper-Strahlenexpo- sition von nur etwa 0,2 Millirem.

Selbst wenn man mit einem Multipli- kator für eine mikroskopische Un- gleichverteilung rechnet, so ist die- ser Wert gering im Vergleich zur na- türlichen Strahlenexposition von et- wa 100 Millirem pro Jahr.

4. Die tatsächlichen Risiken in unserer Umwelt

Ein Blick auf die eingangs zitierten Sterbeziffern hätte einfach und rasch die tödlichen Risiken unserer Umwelt erkennen lassen:

~ Rund 10 Prozent unserer Kinder im Lebensalter von 0 bis 5 Jahren sterben an den Folgen sicherlich weitgehend vermeidbarer Unfälle.

~ Von 733 000 Toten im Jahr 1976 waren rund 31 700 Menschen aller Altersklassen die Opfer von Unfällen aller Art!

Warum also in die Ferne schwei- fen ... ? Der Beitrag von H. Kater mag durch ein humanitäres Anlie- gen ausgelöst worden sein. Aber weder emotionale Voreingenom- menheit noch ein politischer Stand- punkt ersetzen Wissen und ein sach- liches Abwägen von Argumenten und Tatbeständen.

0

Anschrift der Verfasser:

em. o. Prof. Dr. med. Heinz Oeser

Prof. Dr.-lng. Peter Koeppe Klinikum Steglitz, Berlin 45 Hindenburgdamm 30

Tritium-Sachkompetenz

Der ... Beitrag beschäftigt sich u. a.

ausführlich mit den Emissionen ra- dioaktiver Stoffe aus kerntechni- schen Anlagen und enthält eine Rei- he von Aussagen, die einer Berichti- gung bedürfen. Stellvertretend für die Vielzahl derartiger Behauptun- gen in dem Artikel seien hier nur die Ausführungen zum Thema "Tritium"

DEUTSCHES ARZTEBLATT

Heft 45 vom 8. November 1979 2989

(3)

Anzahl der Krebstoten/10 5 Lebende in 1976 Anzahl der Krebstoten/10 5 Lebende in 1935

1.5-

1.0

0.5 ,Nq

30-40 -50 -60 -70

1.11.1.1

-80 [Jahre] Alter

•41!//, .10.110.21

Mittelwert +/-95%

Vertrauensbereich

Abbildung 2 (zu dem Beitrag auf den Seiten 2988 und 2989): Verhältnis der Anzahl der Krebssterbeziffern in 1976 zur Anzahl in 1935, aufgeteilt in 5 Alters- klassen und getrennt nach Männern und Frauen (Deutsches Reich bzw. Bun- desrepublik Deutschland)

Krebstote/10 5 Lebende in 1976 /ohne Todesfälle an Krebstote/10 5 Lebende in 1935 \ Bronchus—Krebs

1.5

30

-

40 -60 -70 -80 [Jahre] Alter

0.5

1.0 —50

Abbildung 3 (zu dem Beitrag auf den Seiten 2988 und 2989): Wie Abbildung 2, jedoch ohne Berücksichtigung der Todesfälle an Bronchus-Krebs (Deutsches Reich bzw. Bundesrepublik Deutschland, nur Männer)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Gefährdungen der Umwelt

aufgegriffen, für die wir für uns eine unmittelbare Sachkompetenz in An- spruch nehmen:

So wird zunächst behauptet . .„es gäbe keine Möglichkeit, Tritium aus- zuscheiden, auszufiltern oder zu- rückzuhalten". Das ist unrichtig: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Tritium in den Emissionen praktisch vollständig zurückzuhalten. Eine da- von ist das Auskondensieren in einer entsprechenden kryotechnischen Anordnung. Der Bau einer solchen Anlage im großtechnischen Maßstab beginnt in den nächsten Monaten bei der Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe.

Weiter wird im Zusammenhang mit Kernkraftwerken erläutert,

„durch Neutroneneinfang entstehe aus Wasserstoff über Deuterium der überschwere Wasserstoff (Tri- tium)".

Dies ist reaktorphysikalisch völlig falsch: Das im Kernkraftwerk auftre- tende Tritium entsteht nicht durch Neutroneneinfang aus Wasserstoff, sondern durch ternäre Spaltung.

Schließlich meint der Autor noch,

„Tritium könne nicht direkt gemes- sen werden". Dies ist gleichfalls un- richtig. Tritium kann, wenn es vor- handen ist, sehr wohl in allen Abga- beformen und demnach auch in den gasförmigen Emissionen aus kern- technischen Anlagen gemessen werden. Bei der Wiederaufarbei- tungsanlage Karlsruhe geschieht das seit vielen Jahren routinemä- ßig, nach Meßverfahren, die schon seit Jahrzehnten Stand der Technik sind.

Das Verfahren selbst, sowie die Ergebnisse werden selbstverständ- lich unter Beteiligung externer Gut- achter und Landesbehörden auf Weisung der atomrechtlichen Ge- nehmigungsbehörden ständig kon- trolliert.

Gesellschaft

zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen mbH Postfach 220

7514 Eggenstein-Leopoldshafen 2

2990 Heft 45 vom 8. November 1979 DEUTSCHES ARZI. EBL ATT

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