• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Tödliche Risiken in unserer Umwelt: Irreführend" (08.05.1980)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Tödliche Risiken in unserer Umwelt: Irreführend" (08.05.1980)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Aufsätze Notizen

Referates angekommen ist. Je mehr Kolleginnen und Kollegen zu dem Referat Stellung nehmen, desto bes- ser. Selbstverständlich muß es die Aufgabe des Vorsitzenden und mit ihm des Referenten sein, System in die Diskussion zu bringen. Der Nei- gung mancher Zuhörer, Gespräche über irgendwelche Spezialforschun- gen mit Hin- und Herrede zu begin- nen, muß unbedingt Widerstand ge- leistet werden. Außerdem wäre es nett, wenn Vortragende darauf Be- dacht nehmen könnten, daß sie nicht bei der Beantwortung jeder Diskussionsbemerkung einen zwei- ten Vortrag halten. Dadurch wird die Zeit, die für die Diskussion vorgese- hen ist, viel zu lange vergeudet. Die Zuhörer werden müde und können ihre Bemerkungen nicht mehr an- bringen.

Durchsichtige Entschuldigungen Am Tage nach einem interessanten Vortrag trifft man einen Kollegen und fragt ihn, warum er die Veran- staltung, die auch ihn sicher interes- siert hätte, nicht besucht hat. Als Entschuldigung gilt: „Keine Zeit",

„Vortrag war zu fachfremd" und schließlich der Hinweis, daß sich der Kollege im stillen Kämmerlein allein fortbildet. Nun, der dritte Punkt ist nicht nachprüfbar, man muß ihn eben glauben. Aber mit den anderen Entschuldigungen hapert es. Eine Zeit von zwei Stunden wird wohl je- der Kollege für seine Fortbildung wöchentlich erübrigen können. Au- ßerdem kann es niemandem scha- den, auch einen fachfremden Vor- trag zu hören.

Die Klagen über die Zersplitterung der Medizin und über die Schwierig- keit, ein ärztliches Gespräch zwi- schen verschiedenen Fachvertretern zustande zu bringen, sind so allge- mein, daß gerade an der Basis ihrer Berechtigung die Grundlage entzo- gen werden müßte.

Die ideale Veranstaltung

Nachdem ich solange das Leid des Vorsitzenden geschildert habe, muß

Leid und Lust eines Fortbilders

ich auch noch auf die Lust einge- hen. Worin besteht die Freude an der Fortbildung, die viele Vorsitzen- de erkennen lassen. Sie soll in ein- zelne Punkte aufgegliedert wer- den:

C) Der Referent hat alle die vorge- nannten Fehler vermieden. Er hat sich an die Zeit gehalten. Er hat sein Thema gut geschilded und außer- dem eine sehr rege Diskussion pro- voziert.

© Der Vortrag war ausgezeichnet besucht. Insbesondere konnte der Vorsitzende einige Kolleginnen und Kollegen entdecken, die sonst nie- mals in Veranstaltungen erscheinen.

Die Zahl der Nicht-Teilnehmer ist, wie alle Veranstalter wissen, sehr groß und fast konstant.

C) Der Vorsitzende hatte die Gele- genheit, vielen sympathischen Kolle- gen wiederzubegegnen und mit ih- nen vor dem Vortrag und nach der Veranstaltung einige Worte zu wechseln.

C) Die Kollegenschaft hat am Schluß der Veranstaltung in einem spontanen Beifall dem Vorsitzenden für seine Mühen gedankt. Manchmal hört er auch in einem privaten Ge- spräch Worte des Lobes und pro- grammatische Hinweise auf zukünf- tige Veranstaltungen.

® Es gab eigene Wissensbereiche- rung und Hinweise auf neu aufge- tauchte wissenschaftliche Proble- me.

Wie so immer ist auch bei diesen Darlegungen rein räumlich das Gute nur kurz und das weniger Gute sehr breit abgehandelt worden. Dies soll keine Wertung bedeuten. Die Tatsa- che, daß der Schreiber dieser Zeilen schon mehr als 40 Jahre sein Ge- schäft mit Leidenschaft ausübt, dürfte eine eindeutige Antwort auf etwaige Fragen sein.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Karl Hartl Grünstraße 18 5800 Hagen

FORUM

Tödliche Risiken in unserer Umwelt

Zu dem Beitrag

von Dr. med. Hermann Kater in Heft 36/1979, Seite 2259 ff.

Zu dem Artikel sind bereits zwei Zuschriften (von Prof. Dr.

med. Heinz Oeser/Prof. Dr.- Ing. Peter Koeppe sowie von der Gesellschaft zur Wieder- aufbereitung von Kernbrenn- stoffen GmbH) in Heft 45/1979, Seite 2988 ff., wiedergegeben worden.

Irreführend

... Der kurze Abschnitt „Ackerbau und Chemie" auf Seite 2261 enthält schon in der ersten Hälfte acht gro- be Fehler:

1. Kater sagt sinngemäß: Die orga- nische Düngung erlaube eine ge- naue Dosierung, die „chemische"

Düngung dagegen nicht. Das Ge- genteil ist richtig. Die organischen Dünger unterscheiden sich je nach Tierart erheblich. Ihre Zusammen- setzung entspricht nur in Ausnah- mefällen dem Bedarf der an be- stimmten Standorten angebauten Pflanzen.

2. Kater sagt: Durch Bodenuntersu- chung müsse festgestellt werden, welche Düngemittel in welcher Men- ge der Boden braucht, das würde jedoch nur selten gemacht. Richtig ist, daß in der Bundesrepublik Deutschland pro Jahr mehr als eine halbe Million Bodenproben unter- sucht werden.

3. Kater sagt: Es würde nach der Methode „Viel hilft viel!" chemisch gedüngt und damit oft überdüngt.

Bei der organischen Düngung sei dieser Fehler geringer. Das Gegen- teil ist richtig. Beim Einsatz minerali-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 19 vom 8. Mai 1980 1275

(2)

Aufsätze • Notizen

Gefährdungen der Umwelt

scher Dünger überlegt der Landwirt in der Regel sehr genau, welche Mengen lohnen, weil jedes Kilo be- zahlt werden muß. Beim Einsatz or- ganischer Dünger drücken die Ko- sten für den Einkauf nicht. Fehler- haft zu hohe Nährstoffversorgung gibt es deshalb in der Praxis nach organischer Düngung nachweislich eher als nach mineralischer Dün- gung.

4. Nach Zahlenangaben von Kater soll von dem mit Dünger zugeführ- ten Stickstoff mehr ins Wasser ab- laufen, als die Pflanzen aufnehmen.

Diese Aussage ist falsch!

5. Kater sagt, daß Bauern und auch Hobbygärtner zunehmend ihren Ei- genbedarf aus dem chemiefreien Anbau gewinnen. Richtig ist, daß z. Z. in der Bundesrepublik nur 0,1 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche nach sog. „alternativen Methoden" bewirtschaftet wird.

6. Kater sagt, mit Sicherheit er- bringt die „biologische Düngung"

gesündere pflanzliche Nahrungsmit- tel. Der 90. VDLUFA-Kongreß, der sich mit der Frage „Düngen wir rich- tig?" unter Teilnahme von 600 Wis- senschaftlern beschäftigte, kam zum Ergebnis, daß eine Überlegen- heit der Nahrungsmittelqualität nach sog. „biologischer Düngung"

bisher nicht nachgewiesen werden konnte.

7. Kater sagt, es sei schwierig, die einmal eingeführte und offenbar be- queme Monokultur wieder durch ein vernünftiges Ökosystem abzulösen.

Richtig ist, daß in der Bundesrepu- blik weniger als 1 Prozent der Acker- flächen mit Monokulturen bewirt- schaftet wird. Nicht wenige Wissen- schaftler befürworten vielgestaltige- re Fruchtfolgen, als sie heute einge- halten werden. Das Mühen um viel- gestaltigere Ackerwirtschaft kann je- doch nicht durch dilettantisches Re- den über die in der Bundesrepublik übliche „bequeme Monokultur" ge- fördert werden.

8. Kater sagt: Zum ökologisch rich- tigen Landbau gehört auch die Nutz- viehhaltung, die einen großen Teil

der wirtschaftseigenen organischen Düngemittel liefert. Diese Aussage klingt so, als gäbe es heute weniger Vieh und weniger organische Dün- ger als früher. In Wirklichkeit ist der Anfall an. organischem Dünger im Verlauf der letzten hundert Jahre in- folge der stärkeren Mineraldüngung auf das Fünffache gestiegen ...

Pofessor Dr. H. Vetter Verband Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und

Forschungsanstalten (VDLUFA) Bismarckstraße 41 a

6100 Darmstadt

Utopie

. Gegen die von Herrn Kollegen Kater gewünschte Belebung der Umwelt-Diskussion in der Ärzte- schaft ist nichts einzuwenden.

Das von ihm bereits im Heft 8 (1979) dieser Zeitschrift rezensierte Buch

„Seveso ist überall" ist aber be- stimmt kein guter Aufhänger dafür.

Abgesehen von der einseitigen und reißerischen Darstellung enthält es so zahlreiche sachliche Mängel, daß es dem am Umweltschutz interes- sierten Laien noch weniger als dem um diese Materie bemühten Arzt zur Lektüre empfohlen werden kann. So mancher dürfte durch das Buch un- nötigerweise in Angst und Schrek- ken versetzt werden. Sind seine Ausführungen über möglicherweise nicht genügend berücksichtigte ra- dioaktive Emissionen von Kernkraft- werken noch als interessante Spe- kulationen zu akzeptieren, so ruft das bunte Durcheinander von Kunst- dünger, Bioziden und Kunststoffen — zumal unter der Überschrift „Tödli- che Risiken" — bei einem toxikolo- gisch geschulten Arzt nur noch Kopfschütteln hervor.

Liest man dann auch von der „be- rechtigten Sorge, daß die Zahl von Lebererkrankungen durch Polyvi- nylchlorid zunehmen wird", kann man auf die Quellen schließen, aus denen Herr Dr. Kater seine Informa- tionen bezieht. Die Differenzierung

von schädlichem Vinylchlorid und dem inerten Polyvinylchlorid gelingt heute sogar den meisten Medizin- Journalisten.

Daß ausgerechnet ein Arzt die der- zeit im Handel befindlichen Chemi- kalien pauschal als giftige Substan- zen bezeichnet, ist schon beschä- mend. Der toxikologische Grund- satz, daß erst die Dosis einen Stoff zu einem Gift macht, dürfte eigent- lich nur noch von Homöopathen an- gezweifelt werden. Nicht jede Che- mikalie ist ein Fremdstoff oder sogar ein Schadstoff. Umgekehrt ist auch zu hoffen, daß Herr Dr. Kater nicht jeden Naturstoff für unschädlich an- sieht!

Selbst wenn man einigen der von Herrn Dr. Kater aufgestellten Postu- late zustimmen muß, bleiben doch die Forderungen nach umfassenden toxikologischen Prüfungen aller auf dem Markt befindlichen Substanzen und allein schon aller neuen Chemi- kalien Utopie. Bedenkt man den fi- nanziellen und zeitlichen Aufwand für die Prüfung nur einer Sub- stanz, so stößt man schon bald auf ökonomische und kapazitative Grenzen. Und selbst bei noch so um- fangreicher toxikologischer Prüfung verbleibt ein Restrisiko, das wir ak- zeptieren müssen. Wie in anderen Bereichen unseres Lebens muß die Verhältnismäßigkeit von Nutzen, Ri- siko und Aufwand auch im Umwelt- schutz gewahrt bleiben.

Der in der Praxis tätige Arzt dürfte den meisten seiner Patienten durch Hinweise auf die gesicherten Scha- densfaktoren, denen sich diese in der Regel freiwillig aussetzen, einen besseren Dienst erweisen als da- durch, daß er mit Spekulationen über mögliche Umwelteinwirkungen unheilbare „Umweltkranke" indu- ziert.

Dr. med. Rainer Schiele Wissenschaftlicher Assistent am Institut

für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg Schillerstraße 28 a

8520 Erlangen

1276 Heft 19 vom 8. Mai 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Auch da ist einiges in Schwung gekommen vom Wissenschaftlichen Arbeitskreis für den wissenschaftlichen Nachwuchs, dem WAKWIN, bis hin zur Vollmitgliedschaft für die Kolleginnen

Dieser Wandel hat für die DGAI eine ganz besondere Bedeutung, und zwar in dem Sinne, dass nicht nur unsere Fachgesellschaft und der Berufsverband der deutschen Anästhesisten,

[r]

Strikte Zuordnungen von Methoden zu Verfahren und/oder zu Grundorientie- rungen werden immer schwieriger oder gehen vielleicht bald ganz verloren“ (S. 149)

„Gefahren aus der Retorte" und ei- ner wissenschaftlichen Analyse des Bundesumweltamtes „Seveso – In- formationen über eine Umweltkata- strophe". In ihrem gemeinsamen

es ist vielmehr auch ein natürliches Radionuklid, das durch die Wech- selwirkung der kosmischen Strah- lung mit den Atomen und Molekülen der Lufthülle ständig erzeugt

Abgesehen von der einseitigen und reißerischen Darstellung enthält es so zahlreiche sachliche Mängel, daß es dem am Umweltschutz interes- sierten Laien noch weniger als dem um

Doré: «Die grosse Mehr- zahl der im menschlichen Darm leben- den Spezies ist nur dort lebensfähig und lässt sich ausserhalb des Organismus nicht anzüchten.» Damit sind die