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Archiv "Ventrikelrekonstruktion bei ischämischer Kardiomyopathie" (27.02.2004)

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E

twa 1,6 Millionen Menschen leiden in Deutschland an einer Herzinsuffi- zienz (15). Die koronare Herzer- krankung (KHK) ist die häufigste Ursa- che für eine Herzinsuffizienz (14).

Kommt es zu einem Myokardinfarkt als Folge einer KHK, erleiden 20 Prozent der Überlebenden trotz sofortiger Be- seitigung der unmittelbaren Ursache des Infarktes (durch Lysetherapie oder An- gioplastie) eine zunehmende Vergröße- rung des Ventrikels, fünf Prozent ent- wickeln ein Aneurysma (12). Die Ventri- kelvergrößerung ist Bestandteil des so genannten Remodeling-Prozesses (23), welcher mit einer deutlichen Verschlech- terung der Pumpleistung des Herzens und einer Verschlechterung der Lang- zeitprognose assoziiert ist (19).

Die Behandlung von Patienten mit Herzinsuffizienz mit modernen Medi- kamenten (Betablocker, ACE-Hem- mer) konnte die Lebensqualität und die Lebenserwartung wesentlich ver- bessern. Für die Behandlung von Pati- enten im Endstadium dieser Erkran- kung gibt es jedoch nur wenige Thera- pieoptionen. Neben der dann meist

unzureichenden medikamentösen Be- handlung besteht häufig nur noch die Möglichkeit der Herztransplantation.

Die Herztransplantation, als Gold- standard in der Therapie der termina- len Herzinsuffizienz, ist aufgrund der bestehenden Organknappheit jedoch nur wenigen Patienten zugängig. Um

eine Transplantation zu ver- hindern, werden auch organ- erhaltende Therapieverfah- ren eingesetzt, die je nach Verfahren derzeit mehr oder weniger experimentellen Cha- rakter aufweisen. Zu die- sen Verfahren gehören die Implantation von Herzunter- stützungssystemen, ein Netz, das um das Herz gewickelt werden kann, um eine weite- re Dilatation zu verhindern (ACORN-support device), oder neuerdings die biventri- kuläre Stimulation des Her- zens. Ein bereits vielfach im klinischen Alltag getestetes Verfahren ist die modifizierte Ventrikelrekonstruktion nach Dor (2, 7). Hier wird bei Pa- tienten mit vergrößerter Herzkam- mer, die einer Bypassoperation unter- zogen werden, versucht, die physiolo- gische Form und Größe des Ventrikels wieder herzustellen. Die Operation soll ein Voranschreiten der Erkran- kung verzögern oder verhindern. In ei- ner internationalen Multicenterstudie

Ventrikelrekonstruktion bei ischämischer

Kardiomyopathie

Zusammenfassung

Nach einem Myokardinfarkt erleiden 20 Pro- zent der Patienten trotz sofortiger Behandlung eine zunehmende Vergrößerung der linken Herzkammer. Die Ventrikelvergrößerung (Re- modeling) führt zu einer deutlichen Verschlech- terung der Pumpleistung mit der Ausbildung ei- ner Herzinsuffizienz, die mit einer Sterblichkeit von etwa 20 Prozent pro Jahr einhergeht. Ne- ben der Herztransplantation werden zurzeit verschiedene organerhaltende Therapieverfah- ren bei schwerster Herzinsuffizienz propagiert.

Zu den organerhaltenden Verfahren zählt auch die modifizierte Ventrikelrekonstruktion nach Dor. Mit dieser Operation wird die physiologi- sche Geometrie und Größe der vergrößerten Herzkammer wiederhergestellt. Das Ziel der Operation ist es, die Pumpfunktion des Ventri- kels zu verbessern und den Umbauprozess zu stoppen. Die bisherigen klinischen Ergebnisse sind vielversprechend. Die Wirksamkeit dieser

Operation wird momentan in einer randomi- sierten, prospektiven, internationalen Multi- centerstudie an einem großen Patientenkollek- tiv überprüft (STICH Trial, Surgical Treatment of Ischemic Heart Failure). Das Universitätsklini- kum Freiburg nimmt als deutsches Zentrum an dieser Studie teil. In der vorliegenden Arbeit wird über die bisherigen Erfahrungen mit der Operationstechnik berichtet.

Schlüsselwörter: Kardiomyopathie, Kardiochir- urgie, Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Remodeling

Summary

Modified Ventricular Reconstruction after Myocardial Infarction

Despite of immediate therapy 20 per cent of patients who suffer a myocardial infarction will experience left ventricular enlargement. Ven- tricular enlargement (remodeling) leads in turn to deterioration in pump function and subse-

quent heart failure, accompanied by a 20 per cent annual mortality rate. Various organ- saving therapies for severe heart failure are now propagated in addition to heart trans- plantation. One organ-saving treatment is the modified ventricular reconstruction method according to Dor. This operation attempts to restore the physiological geometry and dimen- sions of the healthy heart. Its aim is to improve ventricular pump function and arrest the remo- deling process. So far clinical results have been promising. The efficacy of this operation is now being evaluated in a prospective randomized international multicenter trial involving a large number of patients (STICH Trial, Surgical Treat- ment of Ischemic Heart Failure). The University Clinic of Freiburg is a German site participating in this trial. The recent experiences with the Dor technique are presented.

Key words: cardiac surgery, heart failure, heart attack, pathophysiology, remodeling

Herz-Kreislaufzentrum Freiburg, Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie (Direktor: Prof. Dr. med. Friedhelm Beyers- dorf), Universitätsklinikum Freiburg im Breisgau

Torsten Doenst Christian Schlensak Friedhelm Beyersdorf

Schematische Darstellung des Remodeling-Prozesses nach Myokardinfarkt. Erleidet ein normales Herz (links) einen Herzinfarkt (Mitte), fällt das betroffene Areal als kontraktionsfähiges Gewebe aus. Darüber hinaus be- wirkt der Infarkt, dass das Restmyokard hypertrophiert und dilatiert (rechts).

Grafik 1

(2)

(STICH-Studie) wird die Wirksamkeit dieses Verfahrens in der Behandlung von Patienten mit ischämischer Kar- diomyopathie zurzeit untersucht (18).

Um die Prinzipien der Ventrikelre- konstruktion zu verstehen, ist es not- wendig, sich die Pathologie und die Pa- thophysiologie der Herzinsuffizienz, die auf dem Boden einer koronaren Herzerkrankung entsteht, vor Augen zu führen.

Pathophysiologische Aspekte

Als Folge eines Herzinfarktes stirbt Herzmuskelgewebe ab und wird durch Bindegewebe ersetzt. Dieses Bindege- webe kann als kompaktes Narbenge- webe oder diffus vermischt mit vitalem Myokard vorliegen. Das gemischte Bild entsteht, wenn die Reperfusion einsetzt bevor der gesamte Muskel ir- reversibel geschädigt ist. In der Echo- kardiographie zeigt sich eine Akinesie des betroffenen Areals. Der Umbau- prozess nach einem Myokardinfarkt kann aber auch zu einer Verdünnung und Aussackung der Wand führen (Aneurysma). Dies ist dann der Fall, wenn die Reperfusion des betroffenen Areals zu spät oder gar nicht stattfin- det und große Belastungen einwirken.

Die Ausbildung eines Aneurysmas kann innerhalb von wenigen Tagen oder auch im Verlauf von mehreren Monaten erfolgen und ist durch eine Dyskinesie in der Echokardiographie oder in der Ventrikulographie gekenn- zeichnet.

Eine entscheidende Beobachtung nach dem Infarkt ist die Vergrößerung der gesamten Herzkammer. Dieser Pro- zess, der auch als Dilatation mit sekun-

därer Hypertrophie bezeichnet wird, ist zunächst ein Kompensationsmechanis- mus des Herzens nach Myokardinfarkt (5, 23). Die Grafik 1 zeigt eine schema- tische Darstellung dieses Prozesses. Mit dem kontinuierlichen Fortschreiten des Remodeling-Prozesses bringt diese glo- bale Erweiterung der Herzkammer je- doch wesentliche Nachteile für die Funktion des Herzens mit sich, wo- durch die Prognose der Patienten we- sentlich verschlechtert wird (1).

Gaudron et al. (13) konnten in einer kürzlich veröffentlichten Studie nach- weisen, dass das Volumen des Ventri- kels, nicht aber die Ejektionsfraktion, mit der Sterblichkeit der Patienten kor- reliert.

Die Pumpleistung des Herzens wird vornehmlich durch zwei morphologi- sche Veränderungen im Rahmen des Remodeling beeinflusst.

❃Aufgrund der Erweiterung des In- nendurchmessers der Herzkammer steigt die Wandspannung an. Das be- deutet, dass der Herzmuskel für die Er- zeugung des gleichen Druckes mehr Energie aufwenden muss, weil bei jeder Kontraktion zunächst die Wandspan- nung überwunden werden muss. Zu- dem sinkt die Arbeitslast im dilatierten, insuffizienten Herzen nicht wie normal mit jeder Systole ab sondern steigt an (20). Der Herzmuskel verliert an Effizi- enz und ist damit weniger leistungs- fähig. Dieses einfache physikalische Prinzip trägt kombiniert mit dem Funk- tionsausfall des infarzierten Gewebes zum Teil wesentlich zur Beeinträchti- gung der Herzfunktion bei. Es gibt überzeugende Hinweise aus der Litera- tur, dass Patienten mit vergrößerten Herzkammern eine schlechtere Lang- zeitprognose haben als solche mit der gleichen Grunderkrankung aber kleinerer Herzkammer (1, 13).

❃Der Remodeling-Prozess der linken Herzkammer geht mit einer Umorientierung des Muskelfaserverlaufes einher (4). Das Herz verliert seine konische Erscheinung und nimmt eine rundliche Form an (Grafik 2). Die Muskelfasern laufen jetzt mehr zirkulär an- statt von Herzspitze zur Herz- basis. Die physiologische Ori-

entierung der Herzmuskelfasern ist von entscheidender Bedeutung für die Ge- neration eines angemessenen Pumpvo- lumens (4). In der Grafik 3 wird dieses Prinzip verdeutlicht. Unter normalen Bedingungen beträgt die Ejektions- fraktion (EF) des Herzens 60 Prozent.

Diese Auswurfleistung wird erreicht, obwohl sich die Muskelfasern nur um 15 Prozent ihrer Länge verkürzen. Ver- ändert man die normale, spiralförmige Faseranordnung und orientiert sie zir- kulär (ohne dabei die Verkürzung der Muskelfasern zu verändern), verringert sich die EF bis auf 30 Prozent (4).

Ventrikelrekonstruktion modifizierte nach Dor

Die modifizierte Ventrikelrekonstruk- tion nach Dor (2) („surgical anterior ventricular restoration“, SAVER) ist das zurzeit meistversprechende, organer- haltende Konzept der chirurgischen Be- handlung einer Herzinsuffizienz. In der Grafik 2 wird das Prinzip der Operation an einem vereinfachten Schema erläu- tert. Die Operation hat das Ziel, den Remodeling-Prozess zu stoppen oder A

A572 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 927. Februar 2004

Schematische Abbildung eines Längsschnitts durch eine gesunde linke Herzkammer (links), durch die eines Herzens nach Vorderwandinfarkt und Remodeling (Mitte) und nach Rekonstruktion des erkrankten Herzens mithilfe der Dor- Operation (rechts). Durch die Operation wird die normale Form und Größe wieder hergestellt.

Grafik 2

Schematische Darstellung der Auswirkung der Muskelfaseranordnung des Herzmuskels auf die Ejektionsfraktion (EF). Bei gleicher Mus- kelfaserverkürzung (hier 15 Prozent) ist die EF bei spiralförmiger Anordnung der Muskelfa- sern doppelt so hoch wie bei zirkulärer Anord- nung der Muskelfasern. Die Form des Muskels bei zirkulärer Anordnung ist von der beim dila- tierten Ventrikel (Grafik 2) verschieden. Adap- tiert von Buckberg et al. (4)

Grafik 3

(3)

zumindest zu verlangsamen. Das Prin- zip dieser Operation beruht auf der bestmöglichen Wiederherstellung der physiologischen Größe und der Form der Herzkammer (3).

Präoperative Evaluation der Patienten Die Grafik 4 zeigt den diagnostischen Al- gorithmus, der für die Operationspla- nung in Freiburg angewendet wird. Ne- ben der Standardnarkosevorbereitung, einer Echokardiographie zur Beurtei- lung von Klappenfunktion und Kontrak- tilität und einer Koronarangiographie, ist es wichtig, Informationen über die drei- dimensionale Struktur des Ventrikels sowie die regionalen Kontraktionsver- hältnisse zu erhalten. Im einfachsten Fall erhält man diese Informationen aus der biplanen Ventrikulographie.Andere Me- thoden sind die dreidimensionale Echo- kardiographie oder Radionuklidverfah- ren wie SPECT, „single photon emission computed tomography“. Die neueste und informationsträchtigste Methode ist die Magnetresonanztomographie des Herzens (CMR). In Freiburg werden alle Kandidaten für eine Ventrikelrekon- struktion vor und nach der Operation hiermit untersucht. Die hieraus abgelei-

teten Daten erlauben eine ge- naue Operationsplanung und die Überprüfung des opera- tiven Ergebnisses. Im Rah- men der STICH-Studie wer- den diese Daten mit dem kli- nischen Verlauf der Patien- ten korreliert, um Aussagen über den Zusammenhang des Operationsergebnisses und der Prognose der Patienten zu er- halten.

Operative Technik

Eine schematische Darstel- lung der Operationstechnik zeigt die Grafik 5. Die Operati- on wird an der Herz-Lungen- Maschine und in den meisten Fällen am schlagenden Herzen durchgeführt. Der Ventrikel wird im akinetischen oder dys- kinetischen Bereich inzidiert.

Mit dem Finger wird der kon- traktile Bereich ertastet. Es er- folgt die Anlage einer Tabaks- beutelnaht am Innenrand des Herzmus- kels am Rand des nicht mehr kontrahie- renden Muskelgewebes. Diese Naht (so genannte „fontan-neck-suture“) ist ent- scheidend für die Rekonstruktion des Ventrikels. Sie wird so angelegt, dass das betroffene Areal exkludiert wird und dass sich eine neue Herzspitze ausbildet (3). Durch die Rekonstruktion der Herz- spitze wird die physiologisch konische Form des Ventrikels näherungsweise wieder hergestellt. Die Tabaksbeutel- naht wird soweit zugezogen, dass das Kammervolumen die angestrebte phy- siologische Größe aufweist (circa 60 mL/m2enddiastolischer Volumenindex).

In den Ventrikel kann zur Volumenbe- stimmung ein Ballon oder ein spezieller Formgeber („shaper“) eingebracht wer- den, der mit Wasser gefüllt wird. Die ver- bleibende Öffnung wird, je nach Größe entweder direkt oder mit einem Kunst- stoffpatch verschlossen. Der Kunststoff- patch ist vor allem dann notwendig, wenn große Teile des Ventrikelseptums von dem Infarkt betroffen sind. Die Ven- trikelwand wird anschließend über dem Patch vernäht. Die Operation sollte durch eine komplette Revaskularisation mittels Anlegen von aortokoronaren Bypässen ergänzt werden (11).

Postoperative Therapie

Die postoperative Therapie unterschei- det sich nicht von der Behandlung der- jenigen Patienten, die nur einer Bypass- operation unterzogen wurden. Die un- mittelbare postoperative Phase steht im Zeichen einer Stabilisierung der Hämo- dynamik durch angemessene Volu- mentherapie und, wenn nötig, Unter- stützung der Pumpfunktion mittels Ka- techolaminen bis hin zur mechanischen Unterstützung (beispielsweise intraaor- tale Ballongegenpulsation). Die Ventri- kelrekonstruktion erfordert keine Anti- koagulation. Ab dem ersten postopera- tiven Tag wird, soweit kein Grund zur

Präoperative Diagnostik bei Patienten mit ischämischer Kardiomyopathie am Universitätsklinikum Freiburg.

FDG-PET, Positronen-Emissions-Tomographie mit Fluoro- desoxyglukose; 3-D-TEE, dreidimensionale, transösopha- geale Echokardiographie; CMR, Magnetresonanztomo- graphie des Herzens; SPECT, „single photon emission computed tomography“

Grafik 4

Schematische Darstellung der modifizierten Ventrikelrekonstruktion nach Dor

Grafik 5

Die Operation wird am schlagenden Herzen durch- geführt. Der Ventrikel wird im akinetischen oder dys- kinetischen Bereich inzidiert. Mit dem Finger wird der kontraktile Bereich ertastet. Es erfolgt die Anla- ge einer Tabaksbeutelnaht am Innenrand des inzi- dierten Herzmuskels. Diese Naht wird so angelegt, dass das betroffene Areal exkludiert wird und dass sich eine neue Herzspitze ausbildet. Hierdurch ent- steht die physiologisch konische Form des Ventri- kels. Die Tabaksbeutelnaht wird soweit zugezogen, dass das Kammervolumen die angestrebte physio- logische Größe aufweist. Die verbleibende Öffnung wird je nach Größe entweder direkt oder mit einem Kunststoffpatch verschlossen. Anschließend wird die Ventrikelwand übernäht.

(4)

Antikoagulation mit Cumarinderiva- ten besteht, eine Thrombozytenaggre- gationshemmung mit 100 mg Acetylsa- licylsäure täglich durchgeführt. Für die Prävention von Koronarspasmen kann entweder Nitroglycerin oder Diltia- zem in niedriger Dosierung verabreicht werden. Nach der Stabilisierung der Hämodynamik sollte mit der Gabe von Betablockern begonnen werden (21).

Die weitere Therapie dieser Patien- ten richtet sich nach den Vorgaben für die Behandlung einer Herzinsuffizienz, das heißt Diuretika und ACE-Hemmer sollten ebenfalls in den ersten Tagen nach der Operation mit in das Thera- pieregime aufgenommen werden. Die Dosierungen sollten dabei zunächst niedrig sein und später gesteigert wer- den (16).

Vorgehen bei Dyskinesie und Akinesie

Unter Kardiochirurgen und Kardiolo- gen besteht weitgehende Übereinstim- mung über die Behandlung von Patien- ten mit einem ausgeprägten Vorder- wandaneurysma: Es soll operiert wer- den, und zwar entweder mittels Aneurysmektomie oder mittels Ventri- kelrekonstruktion nach Dor. Im Ge- gensatz dazu besteht bisher kein Kon- sens bezüglich der Behandlung von Pa- tienten mit einem dilatierten Ventrikel und einer ausgeprägten Akinesie in der Vorderwand ohne Aneurysma. Dor und Kollegen postulieren, dass die beiden Befunde ein einheitliches Krankheits- bild darstellen und daher auch gleich behandelt werden sollten, also durch ei- ne Ventrikelrekonstruktion (9). Diese These wird durch ein beträchtliches Maß an klinischen Daten untermauert (10). Sie findet indirekt Unterstützung durch Studien anderer, die einen inver- sen Zusammenhang zwischen Prognose und Ventrikelvolumen nachweisen (13). Die Ergebnisse der RESTORE- Gruppe beruhen ebenfalls unter ande- rem auf der Behandlung von Patienten mit aneurysmatischen, das heißt dyski- netischen und narbigen (akinetischen) Arealen der Vorderwand (2). Auch hier konnte keine Unterschied zwischen den beiden Patientengruppen aufge- zeigt werden. Die derzeitige Datenlage

unterstützt daher die Gleichbehand- lung dieser Patientengruppen. Erste Er- gebnisse aus einer randomisierten Stu- die werden nach Abschluss der STICH- Studie erwartet.

Pilotstudie

Die Autoren haben die Auswirkungen der Dor-Operation auf Größe und Funktion des linken Ventrikels im Rahmen einer internationalen Studie untersucht (RESTORE-Gruppe, Re- construction of Elliptical Shape and Torsion of the Ventricle) (1). In dieser Pilotstudie wurden 662 Patienten in 13 Zentren weltweit einbezogen.Alle Pati- enten litten an einer koronaren Herzer- krankung und hatten nach einem Myo- kardinfarkt entweder ein Aneurysma der linksventrikulären Vorderwand ausgebildet oder zeigten einen dilatier- ten Ventrikel mit ausgeprägter Akine- sie in der Vorderwand. Die Ergebnisse waren überzeugend (Tabelle). Die Pati- enten zeigten eine Verbesserung in der EF um durchschnittlich 10 Prozent, so- wie eine Verkleinerung der Kammer- größe um mehr als 30 Prozent. Die Krankenhausletalität lag mit 7,7 Pro- zent sehr niedrig für diese schwer kran- ken Patienten. Die Überlebensrate nach drei Jahren betrug 89,4 Prozent. In Freiburg beträgt die Krankenhaus- sterblichkeit der bisher operierten 109 Patienten 6,4 Prozent und das Lang-

zeitüberleben nach einem Beobach- tungszeitraum von durchschnittlich 37 Monaten (3 bis 88 Monate) liegt bei 84,4 Prozent. Die überdurchschnittlich gute Langzeitprognose dieser Patienten bestätigt die Erfahrung von Dor (8, 9) und deutet darauf hin, dass der Remo- deling-Prozess durch eine frühe Rekon- struktion der Ventrikelgeometrie zu- sammen mit einer Revaskularisation tatsächlich verlangsamt oder eventuell sogar gestoppt werden kann.

Prospektiv randomisierte Multicenterstudie

Die Ergebnisse dieser Pilotstudie ha- ben dazu geführt, dass die National In- stitutes of Health, USA, mehr als 40 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt haben, um die Wirksamkeit dieser The- rapieform mithilfe einer randomisier- ten, prospektiven, internationalen Mul- ticenterstudie zu überprüfen (STICH- Trial, Surgical Treatment of Ischemic Heart Failure). Es soll getestet werden, ob die Ventrikelrekonstruktion nach Dor einen Überlebensvorteil im Ver- gleich zur konventionellen Bypassope- ration oder alleiniger medikamentöser Therapie bietet. Es werden Patienten mit Symptomen der Herzinsuffizienz eingeschlossen, die eine bypassfähige koronare Herzerkrankung und eine Ejektionsfraktion von weniger als 35 Prozent aufweisen. In zwei Therapiear-

A

A574 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 927. Februar 2004

´ Tabelle ´

Zusammenfassung der Ergebnisse der RESTORE-Studie, in der bei 662 Patienten eine Ventrikelrekonstruktion nach Dor bei ischämischer Kardiomyopathie vorgenom- men wurde (1)

Alter (Jahren) 25–89 (63 ± 11)

Bypassoperation 92 %

Mitralklappenoperation 25 %

IABP-Unterstützung 8,4 %

Letalität (Krankenhaus) 7,7 %

Überlebensrate (3 Jahre) 89,4 ± 1,3

vor der Operation nach Rekonstruktion

EF (%) 29,7 ± 11,3 40,0 ± 12,3

LVESVI (ml/m2) 96 ± 63 62 ± 39

NYHA-Klasse III–IV I–III

IABP, intraaortale Ballonpumpe; EF, Ejektionsfraktion; LVESVI, linksventrikulärer endsystolischer Volumenindex; NYHA, New York Heart Association

(5)

men werden die Hypothesen überprüft, dass die Bypassoperation einen Über- lebensvorteil gegenüber der medika- mentösen Therapie aufweist und dass die Ventrikelrekonstruktion die Pro- gnose der Patienten mit dilatierten Ven- trikeln verbessert. Das Herz-Kreislauf- Zentrum Freiburg nimmt als deutsches Zentrum an dieser Studie teil. Die Stu- die hat im Juli 2002 begonnen und soll im Jahr 2009 abgeschlossen werden.

Schlussfolgerung

Es ist festzuhalten, dass sich die Ergeb- nisse der operativen Behandlung von Patienten mit dyskinetischem oder aki- netischem Myokard und dilatiertem Ventrikel im Laufe der letzten Jahre deutlich gebessert haben. Patienten, die im Begriff sind, eine ischämische Kar- diomyopathie zu entwickeln, sollten be- reits relativ frühzeitig operiert werden, wobei die Revaskularisation mit der Rekonstruktion der Ventrikelgeome- trie verbunden wird. Hierdurch kann ein Voranschreiten des Remodeling- Prozesses möglicherweise verlangsamt oder gestoppt werden, bevor es zu einer weiteren Schädigung des gesamten Herzmuskels kommt.

Unser Dank gilt Herrn Prof. Hanjörg Just, Herrn Prof. Vin- cent Dor and Herrn Prof. Gerald Buckberg für viele hilf- reiche Kommentare und praktische Tipps. Dr. Doenst wurde durch das Emmy Noether-Programm der Deut- schen Forschungsgemeinschaft gefördert (Do602/2).

Manuskript eingereicht: 27. 5. 2003, revidierte Fassung angenommen: 28. 10. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 570–576 [Heft 9]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet unter www.aerzteblatt.de/lit0904 abrufbar ist.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Torsten Doenst Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Straße 55 79106 Freiburg

E-Mail: doenst@ch11.ukl.uni-freiburg.de

AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT

MEDIZINGESCHICHTE(N) )

Genussmittel Kaffee

Titelblatt der ersten deutschen Kaffeehaus-Schrift von 1698, als Verfasser gilt Sinold Balthasar von Schütz.Im frühen 17. Jahrhundert wurden Tabak und Kaffee durch Importe auf dem Seeweg aus der Neu- en Welt beziehungsweise dem Orient (insbesondere Ostindien) in Europa verbreitet. 1645 wurde das erste öf- fentliche Kaffeehaus Europas in Venedig eröffnet, kurze Zeit darauf entstanden auch in anderen europäischen Metropolen ähnliche Einrichtungen. Mit freundlicher Genehmigung: Harenberg Verlag

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