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Archiv "Männergesundheitsbericht: Ablehnende Haltung" (21.03.2003)

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P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1221. März 2003 AA749

KOMMENTARE

zeitnahe Ablösung des Vorstands zu bit- ten. Auch der Rektor sieht keine Ver- trauensgrundlage mehr für eine Zusam- menarbeit zwischen Universität und Vorstand des Universitätsklinikums. Die Minister sind entsetzt. Haben die Her- ren Professoren denn die Zeichen der Zeit nicht erkannt? Wie kann ein Vor- stand eines Universitätsklinikums ent- lassen werden, der gerade diesem Klini- kum, als einzigem Universitätsklinikum in Deutschland, Gewinne in Millionen- höhe verspricht? Zwar misstrauen die meisten der Professoren diesen Zahlen, aber was verstehen sie schon davon.

Die Verwaltung ist nicht mehr ein Or- gan der Dienstleistung für Hochschul- lehrer, sondern erhebt das Primat der Richtlinienkompetenz. Anweisung des Kaufmanns: „Die von den Kranken- kassen angestrebten Preisabsenkungen können nur durch Mengensteigerungen kompensiert werden. Nur durch Fall- zahlsteigerungen bei gleich überpropor- tionalen Kostensenkungsmaßnahmen kann der Erhalt der Einrichtung auf Dauer gesichert werden.“ Ist das „Mo- dell Fließband“ die Zukunft der deut- schen Hochschulmedizin? Wer soll un- ter diesen ökonomischen und geistigen Rahmenbedingungen noch Freiräume finden, die Pathogenese von Erkran- kungen zu erforschen, diagnostische und therapeutische Verfahren primär los- gelöst von ökonomischen Überlegun- gen zu evaluieren, Ansprechpartner für seltene und komplizierte Krankheitsbil- der zu bleiben und Studenten im Klein- gruppenunterricht am Patienten für die Medizin zu begeistern. Die verantwort- lichen Politiker sollten überdenken, ob die Überführung der Universitätsklini- ken in neue Rechtsformen zur Lösung finanzieller Engpässe ein tragfähiges Konzept ist oder ob sie sich damit aus ihrer Verantwortung, für die Freiheit von Forschung und Lehre zu sorgen, stehlen. Der Markt wird es in der Tat entscheiden. Nicht mehr lange – dann werden zunehmend auch Universitäts- kliniken unbesetzte Weiterbildungs- stellen im Deutschen Ärzteblatt feilbie- ten. Der globale Markt wird es ent- scheiden. Schon jetzt heißt es, ein Drit- tel der von deutschen Drittmittelge- bern finanzierten Stipendiaten kehre nicht mehr aus den USA zurück.

Prof. Dr. med. Joachim Mössner Direktor der Medizinischen Klinik & Poliklinik II Universitätsklinikum Leipzig A.ö.R.

Ä

rzte kennen das Problem: Männer sind das kränkere Geschlecht. Sie sterben durchschnittlich 6,5 Jahre eher als Frauen. Sie begehen viermal öfter Selbstmord und sterben oft schon in jungen Jahren vor allem an Krank- heiten, die durch gesundheitsschädi- gendes Verhalten bedingt sind (Herz- Kreislauf-Erkrankungen, Lungenkrebs, Unfälle). Mannsein ist in unserer Ge- sellschaft einer der riskantesten Ge- sundheitsfaktoren. Männer sind weni- ger bereit, sich um ihre Gesundheit zu kümmern, und nehmen nur selten ärzt- liche Vorsorgeuntersuchungen in An- spruch.

Mediziner sind ratlos, alle Appelle scheinen nur wenig zu nützen. Sozial- wissenschaftler entwickeln Erklärungs- modelle, warum sich Männer so wenig um ihr gesundheitliches Wohlbefinden kümmern: Männerspezifische Sozialisa- tion und gesellschaftliche Rollenerwar-

tungen sind offenbar sehr wichtig. Hin- ter diesen wissenschaftlichen und auch hinter den zunehmenden praktischen Bemühungen steht die Erkenntnis, dass Männergesundheit ein gesellschaftlich wichtiges Thema ist.

Nur in den Ministerien scheint man das Problem noch nicht erkannt zu ha- ben, obwohl gezieltes gesundheitspoliti- sches Handeln Lebensdauer und -qua- lität der einen Hälfte der Bevölkerung verbessern könnten. Gleichzeitig ver- spricht Prävention Einsparpotenziale.

Seit mehreren Jahren versuchen en- gagierte Männer unterschiedlicher Pro- fessionen, das Thema Männergesund- heit in seiner gesellschaftlichen Brisanz bekannt zu machen und in den öffent- lichen Gesundheitsdiskurs einzubrin- gen. Im Oktober 2001 nahm eine Initia- tive, die von Wissenschaftlern und Mit- arbeitern von Männerinitiativen getra- gen wird, die Arbeit für einen bundes- deutschen Männergesundheitsbericht auf (www.maennergesundheit.dieg.org).

Die breite Resonanz, die diese Initia- tive fand, zeigt, dass die Zeit für ei- nen solchen geschlechtsspezifischen Be- richt reif ist.

Das Bundesgesundheitsministerium lehnte jedoch in Briefen vom 31. Mai 2002 und 24. Juli 2002 ein solches Weiß- buch zu Männergesundheit, das Proble- me und Handlungsmöglichkeiten dar- legt, ab. Ebenso verhielten sich die mei- sten Gesundheitsministerien der Län- der und die Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden, die um Unterstützung der Initiative ge- beten wurden. Es wurde lediglich ein Themenheft innerhalb der Gesund- heitsberichterstattung des Bundes von etwa zwanzig Seiten Umfang in Aus- sicht gestellt, obwohl man mit dieser Größenordnung dem Thema ganz of- fensichtlich nicht gerecht werden kann.

Es besteht deshalb der Verdacht, dass das angebotene Berichtsvolumen allen- falls eine Alibifunktion erfüllen soll.

Begründet wird die ablehnende Hal- tung nicht nur mit knappen finanziellen Ressourcen, sondern vor allem damit,

dass in der Gesundheitsberichterstat- tung der Aspekt der Männergesundheit bereits ausreichend berücksichtigt sei.

Der von der Europäischen Union ge- forderte Ansatz des Gender Main- streaming sei dort hinreichend umge- setzt, Unterschiede bei der Gesund- heitsversorgung von Frauen und Män- nern würden aufgezeigt. Dies geschieht derzeit aber völlig unzureichend.Außer- dem fehlt es an einem Referenztext, der erst der Ausgangspunkt für eine ernst zu nehmende geschlechtersensible Ge- sundheitspolitik sein könnte. In den Mi- nisterien scheinen weiterhin einseitige Vorstellungen vorzuherrschen, nach de- nen Männer als Profiteure geschlechts- spezifischer Ungleichheiten nicht ihrer- seits in Not sein können. Es ist zu be- fürchten, dass Deutschland auf diesem Feld den Anschluss an die Entwicklung in anderen Ländern (USA, Australien, Österreich) verliert, wenn nicht bald zu- mindest mit der angemessenen Analyse der Probleme begonnen wird. Es ist Zeit für einen Männergesundheitsbericht!

Dr. phil. Matthias Stiehler,Dresden Prof. Dr. phil. Martin Dinges,Stuttgart

Männergesundheitsbericht

Ablehnende Haltung

Referenzen

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