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Archiv "Niedergelassene Ärzte fordern wahre Kooperation" (03.12.1986)

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TAGUNGSBERICHT

Niedergelassene Ärzte fordern

wahre Kooperation

NA V-Hauptversammlung kontert "Systemveränderer"

Die mehrdeutigen gesundheitspo- litischen Schlagwörter von mehr Kooperation, Zusammenarbeit und Arbeitsteilung im Gesund- heitswesen haben auch bei den Berufspolitikern und den Delegier- ten des NAV- Verband der nieder- gelassenen Ärzte Deutschlands - Hochkonjunktur. Die dringend- sten Zukunftsaufgaben im Ge- sundheitswesen könnten nur noch

"multidisziplinär und in Kooperati-

on verschiedener Berufsgruppen"

bewältigt werden. Die Ärzteschaft müsse dabei eine wichtige Leit- funktion übernehmen - auch bei der Verwirklichung der vom NAV bejahten Ziele der Weltgesund- heitsorganisation in deren Pro- gramm "Gesundheit für alle im Jahre 2000".

Die aktuelle Bestandsaufnahme der sozial- und gesundheitspoliti- schen Probleme und die Lösungs- ansätze, die die Bundeshauptver- sammlung 1986 des NAV (vom 14.

bis 16. November in Köln) aufzeig- te, hoben sich allerdings zum Teil diametral von den Forderungen des Verbandes der angestellten Ärzte und der seit November als , , Bundeskranken hauskonferenz'' formierten "Pressure Group" von Bundesverbänden der Kranken- häuser und der Krankenhausberu- fe ab.

Die Offensive der Krankenhaus- lobby, das stationäre und semista- tionäre Terrain zu Lasten der nie- dergelassenen Ärzte zu erweitern, hat den Nerv der Berufspolitiker des NAV getroffen. Offene Konter und scharfe Zurückweisung vor al- lem der Forderungen des Marbur- ger Bundes standen denn auch im Mittelpunkt der Hauptversamm- lung '86 des NAV.

Zwei Themen standen im Mittelpunkt der Hauptversammlung 1986 des NA V-Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands- Mitte November in Köln: die Diskussion des Programms der Weltgesundheitsorganisation "Gesundheit für alle im Jahr2000"

und die Forderungen der Krankenhaus-Pressure Groups Foto: Klaus Schmidt

Der in seinem Amt auf weitere vier Jahre bestätigte NAV-Vorsitzende, Dr. Erwin Hirschmann, Kinderarzt aus München, machte die Fronten klar: "Wenn jetzt der Vorwurf kommt, ,Insuffizienz' der draußen allgemeinärztlich praktizierenden Ärzte und Fehlsteuerung führten zu unnötigen Krankenhausaufent- halten und lösten dort eine Ko- stenlawine aus, die eine Anbin- dung der Spezialärzte an die Kran- kenhäuser und damit ihre Liqui- dierung als freie niedergelassene Ärzte erfordere, dann allerdings müssen die Alarmsirenen aufheu- len!"

Der "Konkurrenz"

gewachsen

Wenn der Verband für mehr Ko- operation und Integration im Ge- sundheitswesen eintrete, könne dies nicht plötzlich mißverstanden werden, als wolle der NAV die Se- gel gegenüber dem Krankenhaus streichen und die Klinik als prädo- minanten Erstbehandler akzeptie- ren. Ganz im Gegenteil! Der NAV will auch künftig für die Erhaltung des Sicherstellungs- und Gewähr- leistungsauftrages der niederge- lassenen Ärzte für die ambulante Versorgung der Bevölkerung kämpfen.

... Die Behandlungskompetenz zeitgemäß weitergebildeter nie- dergelassener Ärzte sei, so beton-

te Hirschmann, ebenso hoch wie die der angestellten Krankenhaus- ärzte. Klinikambulatorien und die totale Öffnung der Krankenhäuser als Institution seien das Gegenteil dessen, was als patientennahe ko- stensparende Krankenversorgung allseits gefordert werde.

Der NAV will nicht noch weiteres Terrain preisgeben, denn der Ge- setzgeber habe bereits vor zwei Jahren durch die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante psychiatrische Versorgung einen Testballon gegen die Niedergelas- senen gestartet. Der NAV mahnte den Gesetzgeber: Bei der Struk- turreform müsse sich der Staat in einem pluralistisch-föderativen System darauf beschränken, le- diglich einen Ordnungsrahmen zu schaffen. Bevormundende Eingrif- fe und eine weitere Redressierung der Befugnisse der Selbstverwal- tung werden abgelehnt.

...,. Der NAV tritt auch künftig für eine große Zahl von kompetenten Krankenhausärzten ein, die eine Niederlassung in freier Praxis an- streben. Eine patientennahe Ver- sorgung durch einen frei gewähl- ten Arzt erfordere den Arzt jeder Fachrichtung in freier Praxis.

Was das "Konkurrenzverhältnis"

zur Institution Krankenhaus be- trifft, so erinnerte Dr. Hirschmann an die Tatsache, daß etwa 90 Pro- Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 49 vom 3. Dezember 1986 (23) 3443

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

NAV-Hauptversammlung

zent aller Fälle durch niedergelas- sene Ärzte zu einer inzwischen so- gar gesunkenen Ausgaben-Quote der Krankenkassen versorgt wür- den. Dank der Bemühungen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Kassen und Kassenärzten sei es gelungen, eine qualitativ hoch- stehende ärztliche Versorgung aufrechtzuerhalten und gleichzei- tig den Ausgabenanstieg in ver- tretbaren Größenordnungen zu halten. Es sei deshalb unverständ- lich, so betont ein NAV-Beschluß, wenn jetzt unter der Forderung nach „mehr Marktwirtschaft" aus- gerechnet diese Erfolge aufs Spiel gesetzt werden sollten und tief- greifende Eingriffe in das System der ambulanten Medizin gefordert würden. Eine Schwächung der Verantwortung oder gar Auflö- sung der Kassenärztlichen Verei- nigungen, wie sie von puristischen Marktwirtschaftlern (Prof. Peter Oberender, Frank E. Münnich u. a.) gefordert wird, ist nach Mei- nung des NAV „ein Rückschritt und würde eine erhebliche Ge- fährdung dieser Verpflichtung darstellen". Jedenfalls seien nie- derländische und skandinavische Verhältnisse nicht wünschens- wert. Eine Beschränkung der pri- märärztlichen Versorgung auf All- gemeinärzte und die Konzentra- tion fachärztlicher Leistungen am Krankenhaus will der NAV der Be- völkerung keinesfalls zumuten.

Nicht im geringsten goutiert der NAV die vom Marburger Bund pro- pagierte Version, die spezialärzt- liche Versorgung „schwerpunkt- mäßig" durch am Krankenhaus sowohl ambulant als auch statio- när tätige Ärzte zu übernehmen.

Auch wird die Forderung abge- lehnt, künftig den Zugang zum Spezialisten „in der Regel" durch Überweisung eines „Primärarz- tes" zu veranlassen. Dies könne allzu schnell zu einem totalen Krankenhausambulatorium und in absehbarer Zeit zu einem verstaat- lichten Gesundheitswesen führen, wie selbst prominente Berufspoli- tiker des MB auf dessen Hauptver- sammlung befürchteten. Eine in- teressenbezogene Aufgabenver-

teilung — hier der „niedergelasse- ne Barfußarzt", dort der „hoch- kompetente Klinikspezialist" — führe letztlich zu einer „Zweiklas- senmedizin", mutmaßt der NAV unisono mit dem Bundesverband der Belegärzte (BDB), deren pro- minente Vorstandsmitglieder dem NAV Schützenhilfe boten. Präde- stiniert für die kombiniert ambu- lante und stationäre spezialärzt- liche Versorgung ist, so der NAV, ein kooperatives Belegarztsystem, das eine durchgängige und durch- lässige Krankenversorgung durch einen frei gewählten niedergelas- senen Spezialisten garantiere. Der NAV will seine Anstrengungen auch künftig auf die Förderung der Allgemeinmedizin konzentrie- ren und sich mehr als „Kampfver- band" geben.

Vorwärtsstrategien

Die Forderungen der niedergelas- senen Ärzte zur Bewältigung neu- er Aufgaben, die er nicht als eine Verteidigung des Status quo miß- verstanden wissen will, lauten:

C) Prävention, kurative Medizin und Rehabilitation müssen eine unauflösliche Einheit bilden. Wer mehr Prävention propagiere, müs- se auch die existentiellen und fi- nanziellen Voraussetzungen für eine konsequente Verbreiterung schaffen. Die strenge Trennung von primär- und sekundär-ärzt- licher Versorgung habe in einem solchen Verbund keine Berechti- gung.

C) Der Arzt müsse bei einer weit- gefächerten Kooperation aller Be- rufe im Gesundheitswesen weiter die Rolle des „primus inter pares"

übernehmen. Selbst in verstaat- lichten Gesundheitssystemen (z. B. Kuba) werde dem kooperati- ven, zur Teamarbeit bereiten Arzt eine führende Rolle zugestanden.

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Die ärztlichen Versorgungs- strukturen müßten nach Maßgabe der erweiterten Tätigkeitsfelder und der Kooperationserfordernis- se angepaßt werden. Der NAV

sucht die Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen, Sozialstatio- nen und sogenannten komple- mentären Heilberufen. Zeitgemä- ße fachübergreifende und fachver- bindende Gruppenpraxen auf pri- vatrechtlicher Ebene könnten die- sen Erfordernissen eher als Solo- praxen Rechnung tragen — insbe- sondere bei der Versorgung und ärztlichen Betreuung chronisch und psychisch Kranker. Die neuen Kooperationsformen und Arbeits- gemeinschaften sollten finanziell gefördert werden (auch aus der Gesamtvergütung). Bei der zuneh- menden Überalterung der Bevöl- kerung sollten auch neue Finan- zierungswege eröffnet werden;

dabei dürfe man Tabus nicht aus dem Wege gehen. Jedenfalls könnten neue präventive Aufga- ben nicht bei weiter begrenzten oder stark reduzierten Ressourcen bewältigt werden.

C) Der NAV tritt für eine rationale Arzneimitteltherapie unter Auf- rechterhaltung der Therapiefrei- heit des Arztes ein. Behandlungs- bedürftigkeit bedeute nicht immer Arzneimittelbedürftigkeit. „Dirigi- stische Maßnahmen" des Gesetz- gebers (Positiv-/Negativliste) wur- den ebenso wie verbindliche Preisvergleichslisten abgelehnt.

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Eine angemessene Vergütung der ärztlichen Tätigkeit sei Vor- aussetzung, um die Leistungsfä- higkeit der ambulanten Versor- gung aufrechtzuerhalten. Die Steuerungsfunktion der Gebüh- renordnungen müsse als Mittel für die Durchsetzung gesundheitspo- litisch notwendiger und er- wünschter Strukturen stärker als bisher eingesetzt werden. Die in Angriff genommene Reform des Einheitlichen Bewertungsmaßsta- bes Ärzte (EBM) wird als „im Kern richtig erkanntes Reformvorha- ben" der Selbstverwaltung unter- stützt. Der NAV empfiehlt aber auch, „neue Bausteine" („modifi- zierte Grundvergütungen" und Einzelleistungshonorare) ergän- zend zum geltenden Instrumenta-

rium zu erproben.

Dr. Harald Clade 3444 (24) Heft 49 vom 3. Dezember 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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