Marcus Patzer
Der Film "Jeder für sich und Gott gegen alle" von Werner Herzog. Kaspar Hauser als Symbolfigur der Moderne
Magisterarbeit
Germanistik
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Copyright © 2012 GRIN Verlag ISBN: 9783668535442
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Marcus Patzer
Der Film "Jeder für sich und Gott gegen alle" von Wer- ner Herzog. Kaspar Hauser als Symbolfigur der Moderne
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Verfasser Marcus Patzer
Magisterarbeit
Kaspar Hauser – eine tragische Symbolfigur der Moderne im Spannungsfeld von Bildungsdilettantismus und Nützlichkeitsden- ken – analysiert an dem Film „Jeder für sich und Gott gegen alle“
(1974) von Werner Herzog
Eingereicht im Fachbereich Neuere Deutsche Literaturwissenschaft der Philosophischen Fakultät an der Universität Erfurt
Inhalt
1 Zur Begründung der Thematik ... 1
2 Der kriminalistische, der symbolische und der exemplarische Kaspar Hauser: Zur Verarbeitung der Grundlage des Kaspar Hauser Stoffs bei Werner Herzog ... 8
3 Kaspar Hauser als tragische Symbolfigur der Moderne: Bildungsdilettantismus und Nützlichkeitsdenken in der Verfilmung von Werner Herzog ... 14
3.1 Zur Begründung der Moderne: Eine Diskussion des Peritexts ... 14
3.2 Kaspars Lebensräume: Zum Verhältnis von Gefangenschaft und Freiheit als symbolhafter Konflikt zwischen Natur und Kultur ... 19
3.3 Zur Sprache als Instrument gesellschaftlicher Macht ... 30
3.4 Zur Funktion der Träume Kaspars oder der Wunsch nach einer anderen Welt ... 36
3.5 Zur Rückbesinnung auf die eigene Individualität: Die Montage und die Entschleunigung als zentrale filmgestalterische Mittel ... 40
3.6 Zur Funktion der Musik und ihrer Abwesenheit ... 45
4 Natur und Kultur als Maximen der modernen Bildung ... 51
5 Erkenntnisse und Ausblick ... 55
6 Literaturverzeichnis ... 60
6.1 Primärliteratur... 60
6.2 Sekundärliteratur ... 61
7 Anhang ... 65
7.1 Sequenzprotokoll: Jeder für sich und Gott gegen alle ... 65
7.2 Einstellungsprotokoll: Vorspann ... 67
7.3 Transkriptionen ... 69
7.3.1 Die Begutachtung im Stall (0:22:13 – 0:25:57) ... 69
7.3.2 Das Gespräch mit den Pastoren (0:58:38 – 0:59:55) ... 71
7.3.3 Das Logik-Rätsel (1:09:30 – 1:13:42) ... 71
7.3.4 Das Klavierspiel im Salon (1:19:15 – 1:21:01) ... 73
7.4 Bildmaterial ... 74
7.4.1 Der Vorspann (0:00:00 – 0:03:00) ... 74
7.4.2 Das Klavierspiel im Salon (1:19:15 – 1:21:01) ... 78
7.5 Tonmaterial Bildnisarie aus Mozarts Zauberflöte (0:00:04-0:01:28 / 1:44:16-1:45:23) ... 80
1 Zur Begründung der Thematik
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1 Zur Begründung der Thematik
„Vor allen Dingen soll man nie vergessen, daß die Gesellschaft lieber unterhalten als unterrichtet sein will […]“1 Auf keine Gesellschaft trifft diese Aussage deutlicher zu, als auf die gegenwärtige. Nützlichkeitsdenken und Bildungsdilettantismus erscheinen omnipräsent und erschaffen eine Realität, die wirkliche, echte Bildung gesellschaftli- cher Macht und kulturellem Wachstum unterordnet. Dies konstatiert auch Thomas Rietzschel in seinem Buch Die Stunde der Dilettanten. Wie wir uns verschaukeln lassen:
„Dass sich das Wissen um die freiheitsstiftende Bedeutung der Bildung allerdings auch ver- lieren kann […] müssen wir gegenwärtig erfahren. Unter dem selbst auferlegten Druck be- schleunigter Wohlstandsvermehrung durch forciertes Wachstum sind wir unversehens in den Zustand einer Bildungsverwahrlosung geraten […]“2
Doch wäre es nicht erstrebenswerter, wenn wieder das Sein das Bewusstsein bestimmt, ganz im Sinne von Karl Marx, und nicht der bloße Schein gesellschaftlich aufgebauter Strukturen?3 Ist es ausreichend, wenn ein Gros der Gesellschaft sich aus reinem Nütz- lichkeitsdenken an diese Strukturen anpasst und das System mit stützt, nicht ahnend, dass Menschen, die scheinbar nicht in diese Strukturen passen, eine gesellschaftliche Integration verwehrt bleibt? Ist es am Ende sogar möglich, dass wir in einer solchen Kultur unsere eigene Individualität, das, was uns in unserer Natürlichkeit ausmacht, gänzlich verlieren? Zur Debatte steht hier also die Frage nach dem Prozess der „[…]
Bildung, Kultivierung und Zivilisierung, als kritische Frage nach der Autonomie des Einzelnen in der Gesellschaft mit ihren symbolischen Ordnungen, die zugleich Herr- schaftsordnungen sind.“4 Mit diesen Worten fasst die Literaturwissenschaftlerin Mo- nika Schmitz-Emans treffend die aktuelle Diskussion um das Verhältnis von Gesell- schaft und Individuum, aber auch von Bildungsdilettantismus und Nützlichkeitsden- ken zusammen. Ursprünglich beziehen sich die Worte Schmitz-Emans‘ jedoch, und das ist in besonderer Weise interessant, nicht auf jene aktuelle kulturkritische Debatte,
1 Knigge (2002): S. 26, Z. 31/32.
2 Rietzschel (2012): S. 189, Z. 19-24.
3 Vgl. Marx/Engels (2010): S. 26.
4 Schmitz-Emans (2007): S. 243, Z. 31-34.