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Juni 2009

Jetzt wird es ernst

Nun liegen sie also auf dem Tisch, die Vorlagen für die Drei-Stufen-Tests bei ARD, ZDF und DeutschlandRadio. Rund 30 Verfahren werden die Rundfunkräte in den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten in den kom- menden Monaten durchführen. Die Vorbereitungen der Aufsichtsgremien auf diese Aufgabe laufen seit geraumer Zeit: Gremienbüros wurden per- sonell erweitert, ihre Abgrenzung zu den Intendanzen verstärkt und Ar- beitsgruppen eingerichtet. Einige haben bereits Verfahren entwickelt, um die Drei-Stufen-Tests möglichst gut über die Bühne zu bringen.

Politische Vorgaben werden also erfüllt, obwohl sie eigentlich nicht ge- braucht würden. Denn der DGB hat diesen Test nie gewollt - und das gilt sicher auch für viele gewerkschaftliche GremienvertreterInnen. Bis zu- letzt hatten wir uns dafür eingesetzt, dass der öffentlich-rechtliche Rund- funk auch in Zukunft seinen Auftrag auf allen technischen Wegen umfas- send erfüllen kann. Wir wissen: Es kam anders - die Politik hat den Gre- mien Erbsenzählerei verordnet.

Jetzt müssen die im 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (RÄStV) fest- gelegten Regelungen ihre Realitätstauglichkeit beweisen. Es ist dabei nicht hilfreich, wenn gerade diejenigen, die über den Brüsseler Umweg die Bürokratie erst in Gang gesetzt haben, wieder einmal versuchen, mit polemischen Kommentaren die Arbeit der Gremien zu torpedieren. So kommentieren Vertreter der privat-kommerziellen Medien bereits vor Inkrafttreten des RÄStV durchgeführte Tests, beispielsweise beim NDR, als „Verfahren mit bestenfalls satirischem Charakter“. Solch unqualifizier- te Aussagen fallen wohl eher auf deren Urheber zurück als auf die Ad- ressaten.

Auch die Landesmedienanstalten üben Kritik an den bereits abgeschlos- senen Verfahren. Nicht alles daran muss falsch sein. Aber der Vorwurf, die Gremien würden aufgrund der Gutachten zu keinen sachlich fundier- ten Ergebnissen finden können, ist zu pauschal. Da kann leicht der Ver- dacht aufkommen, hier solle wieder einmal das Vertrauen in die Gremien und ihre Kompetenzen generell in Frage gestellt werden.

Für alle Beteiligten ist der Drei-Stufen-Test eine neue Erfahrung. Dabei sollte davon ausgegangen werden, dass auch in den Gremien qualifizier- te Menschen sitzen, die in der Lage sind, Gutachten und Verfahren ein- zuschätzen und durchzuführen - und sich für bestimmte Aufgaben pro- fessionelle Unterstützung zu organisieren. Auch die gewerkschaftlichen Mitglieder werden ihr Bestes tun, um das Verfahren so gut wie möglich zu bewältigen. Deshalb gilt für alle Kritik: Sachlich fundiert ist sie sicher willkommen, polemisch und pauschal diskreditiert sie sich selbst.

Michael Sommer

Themen:

DGB-Filmpreis 2

Bahn-PR 2

Crossmediale Wahl 3

LMA zu 3-Stufen-Test 3 Charta Pressefreiheit 4

Telemedienkonzepte 4

Wahlcity für Kinder 5

Pressefusionen 6

Frauen können’s 6

Journalismus-Studie 7

Personalien 8

Lesetipp 9

Veranstaltungen 9

Impressum 9

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Juni 2009 Seite 2/9

DGB-Filmpreis für „Deutschland nervt“

Das Publikum des 20. Internationalen Filmfestes Emden-Norderney hat entschieden: Der deutsche Regisseur Hans-Erich Viet erhielt in diesem Jahr den DGB-Preis für gesellschaftlich in besonderer Weise engagierte Filme. Die Schauspielerin Nina Kronjäger überreichte den Preis Mitte Juni in Emden an den gebürtigen Ostfriesen. Viets Film "Deutschland nervt" ist ein dokumentarisches Roadmovie quer durch Deutschland, in dem sich der Regisseur auf die Suche nach den Befindlichkeiten der Nation begibt. Die Reise geht von Norderney in die Alpen, von kämpfen- den Fabrikarbeitern zu deutschen Soldaten im Kosovo, vom Schützen- verein zur Geleebananenfabrik und von Schlagersänger Sanny auf dem Auricher Weihnachtsmarkt zur Cousine von Graf Stauffenberg. Der DGB hat die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung in diesem Jahr bereits zum zwölften Mal vergeben. Im Wettbewerb standen fünf Filme.

LobbyControl: Mehr Information zu Bahn-PR

Lobbycontrol hat Anfang Juni in einem offenen Brief an die Mitglieder des Verkehrsausschusses sowie an die Fraktionsvorsitzenden der Par- teien im Bundestag gefordert, die notwendige Aufklärung über die PR- Affäre bei der Deutschen Bahn durchzusetzen. Das Unternehmen müsse endlich die schriftlichen Unterlagen zu der Affäre offen legen. Notwendig sei außerdem ein verpflichtendes Lobbyistenregister, um zukünftig für Transparenz zu sorgen. Der Fall der verdeckten PR-Arbeit bei der Deut- schen Bahn zeige, dass dringend verpflichtende Transparenzregeln für Lobbyisten gebraucht würden. Die Nonprofit-Organisation hatte im ver- gangenen Monat aufgedeckt, dass die Deutsche Bahn AG in der Tarif- auseinandersetzung 2007 mit verdeckter PR versucht hatte, die öffentli- che Meinung in ihrem Sinne zu beeinflussen. Auch während der Ausein- andersetzung um die Privatisierung ließ die Bahn von einer Agentur ver- deckte Pro-Privatisierungs-Propaganda durchführen. Bei den so genann- ten no badge-Aktivitäten handelt es sich um Meinungsumfragen, Leser- briefe, Beiträge in Online-Foren, vorproduzierte Medien- und Blog- Beiträge, bei denen Urheber oder Auftraggeber nicht erkennbar sind.

Der neue Bahnchef Rüdiger Grube ließ die Wirtschaftsprüfungsgesell- schaft KPMG die Vorgänge überprüfen. Inzwischen musste der Marke- tingchef Ralf Klein-Bölting den Konzern verlassen. Nach schriftlicher Auskunft der Bahn, so LobbyControl, war die Lobby-Agentur "European Public Policy Advisers GmbH" (EPPA) im Umfang von 1,3 Mio. Euro beauftragt. Die EPPA beauftragte wiederum die Denkfabrik berlinpolis e.V. mit PR-Maßnahmen. In der Vergangenheit habe berlinpolis Bezie- hungen zur Deutschen Bahn AG bestritten. Berlinpolis publizierte Mei- nungsumfragen zur Bahnprivatisierung und zum GDL-Streik, die zu bahnfreundlichen Ergebnissen führten und so in den Medien aufgegriffen wurden, schreibt LobbyControl. So sei versucht worden, Öffentlichkeit

Mehr zur verdeckten Lobbyarbeit der Bahn auf www.lobbycontrol.de mit Kommentar zur berlinpo- lis Stellungnahme www.berlinpolis.de/press e/pressemitteilungen Mehr zum DGB-Filmpreis und zum Filmfest

http://tinyurl.com/mj6lgz www.filmfest-emden.de/

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und politische Debatte dadurch zu beeinflussen, dass vermeintlich unab- hängige Dritte im Sinne der Bahn in die öffentliche Debatte eingriffen.

Crossmediales Projekt zur Bundestagswahl

Im Endspurt zur Bundestagswahl am 27.September 2009 bieten ZDF, ZEIT ONLINE sowie meinVZ/studiVZ gemeinsam insbesondere Jung- und Erstwählern die Möglichkeit, sich direkt mit den Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien auszutauschen. Geplant ist, auf den Webportalen von ZDF, ZEIT ONLINE und meinVZ/studiVZ Fragen zu sammeln, die von den Nutzern selbst ausgewählt und gerankt wer- den. In der Sendung sollen zusätzlich auch per Live-Zuschaltung weitere Fragen gestellt werden können. Das interaktive Projekt sieht vor, die Spitzenkandidaten im Laufe eines Tages nacheinander zu befragen. Die Live-Sendung wird parallel auf den Online-Plattformen der drei Partner gestreamt, im ZDFinfokanal ausgestrahlt und in einer abendlichen Zu- sammenfassung im ZDF-Hauptprogramm gezeigt. Über die VZ-Gruppe könnten etwa 70 Prozent aller Erst- und Jungwähler in Deutschland er- reicht werden, teilte das ZDF mit.

LMA bemängeln Drei-Stufen-Tests

Die Landesmedienanstalten (LMA) haben in einem Positionspapier Ab- lauf, Durchführung und Ergebnisse der ersten Drei-Stufen-Tests bemän- gelt. Nach Auffassung der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstal- ten (DLM) sind die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages noch nicht hinreichend umgesetzt. So sei eine sachlich ausgewogene Ergebnisfin- dung bei den vorliegenden Gutachten nicht gegeben, die Ergebnisse könnten zum Vorteil der Auftraggeber beliebig gesehen werden. Gleich sei etwa bei allen Gutachten, dass öffentlich-rechtliche Angebote per se als höherwertig einzustufen seien als private Angebote. Eine Experten- gruppe der LMA hatte sich mit den Verfahren und Gutachten zur NDR- Mediathek und zu den geplanten Online-Angeboten kikaninchen.de und KiKa.plus beschäftigt.

Neben handwerklichen Fehlern kritisiert die DLM auch falsche und un- begründete Schlüsse und Interpretationen zu den ökonomischen Aus- wirkungen auf die privaten Angebote, Erlösaussichten sowie Werbe- märkte und deren Entwicklung. Bei der Marktdefinition ermitteln die Lan- desmedienanstalten eine Beliebigkeit bei der methodischen Vorgehens- weise. Dazu sehen die Landesmedienanstalten teilweise mangelnde Repräsentativität bei der Datenerhebung.

Positionspapier unter www.alm.de

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Juni 2009 Seite 4/9

Europäische Charta für Pressefreiheit unterzeichnet

Rund 50 Chefredakteure und leitende Journalisten aus 19 Staaten ha- ben Ende Mai in Hamburg die „Europäische Charta für Pressefreiheit“

beschlossen und unterzeichnet. Sie formuliert in zehn Artikeln Grundsät- ze für die Freiheit der Medien gegenüber staatlichen Eingriffen, insbe- sondere für den Schutz vor Überwachungen, Lauschaktionen und Durchsuchungen von Redaktionen und Computern sowie für den freien Zugang von Journalisten und Bürgern zu allen in- und ausländischen Informationsquellen. Das Ziel soll sein, der Charta in ganz Europa Gel- tung zu verschaffen und ihre Anerkennung zur Bedingung bei EU- Erweiterungsverhandlungen zu machen. Journalisten in allen Teilen Europas sollen sich bei Konflikten mit dem Staat und staatlich beein- flussten Institutionen darauf berufen und Unterstützung ihrer ausländi- schen Kollegen einfordern können.

ARD und ZDF legen Konzepte für Telemedien vor

ARD und ZDF haben Ende Mai ihre Telemedienkonzepte an die Auf- sichtsgremien versandt. Darin sind sämtliche Telemedien-Angebote be- schrieben, die die Sender bisher bereitgestellt haben und auch in Zu- kunft anbieten wollen. Diese werden nun von den Gremien in den so genannten Dreistufentests geprüft, wie sie der 12. Rundfunkänderungs- staatsvertrag verlangt.

Die elf Konzepte für die gemeinschaftlichen Angebote der ARD be- schreiben im Detail, wie die ARD mit ihren Telemedienangeboten auch in Zukunft ihren Auftrag erfüllen will. Hierzu zählen bekannte langjährige Internetangebote wie ARD.de, DasErste.de, tagesschau.de, sport- schau.de und boerse.ARD.de sowie die Webseiten der drei Digitalkanäle EinsPlus, EinsExtra, EinsFestival und - in Abstimmung mit dem ZDF - das Onlineangebot des KI.KA. Die Telemedienkonzepte von 3sat und Phoenix werden federführend durch den Fernsehrat des ZDF geprüft.

Außerdem umfassen die Bestandsbeschreibungen auch den Teletext und die elektronischen Programmführer. In ihren Telemedienkonzepten beschreibt die ARD auch die künftigen maximalen Verweildauerfristen für verschiedene Inhalts- und Darstellungsformen. Die Landesrundfunk- anstalten legen für ihre Angebote jeweils eigene Telemedienkonzepte vor.

Im ZDF-Telemedienkonzept werden die inhaltliche Ausrichtung von zdf.de, heute.de, sport.zdf.de, ZDFmediathek, tivi.de, theaterkanal.de, unternehmen.zdf.de und ZDFtext beschrieben. Außerdem findet sich dort ein differenziertes Verweildauerkonzept, in dem dargelegt wird, wel- che Inhalte für wie lange zum Abruf vorgehalten werden sollen. Es ent-

www.pressfreedom.eu/de /index.php

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spreche zwar nicht dem Wesen des Internets, Inhalte nach einem kalen- darischen Muster wieder zu entfernen. Das ZDF habe aber ein in sich schlüssiges Konzept vorgelegt, publizistisch wertvolle Inhalte für festge- legte Fristen im Netz zu belassen, sagte ZDF-Intendant Markus Schäch- ter. Schwer verständlich bleibe, warum beispielsweise wertvolle Rechte für Sportereignisse nur 24 Stunden im Internet genutzt werden dürften:

"Das hat Brüssel nie verlangt und auch nicht gewollt."

Wie im neuen Staatsvertrag gefordert, nehmen ARD und ZDF bestimmte Inhalte und Einzelelemente aus den Angeboten heraus, die unter die so genannte Negativliste fallen, etwa einzelne Spiele oder Tarifrechner.

Der ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust bittet die Nutzer um Verständnis, dass künftig weniger Inhalte der ARD im Netz zu finden sind: " Es geht nicht um den Anspruch, eine Enzyklopädie des Wissens zu sein. Aber es schmerzt nicht nur uns, sondern auch die Nutzer, die - ganz untypisch für das Internet - künftig wohl häufiger bei ihrer Suche erfolglos bleiben."

Onlinespiel "logo!Wahlcity" zieht Kinder an

"logo!Wahlcity" - das neue interaktive Onlinespiel der ZDF tivi-Kinder - Nachrichtensendung "logo!" verzeichnete in der ersten Woche bereits 2197 registrierte Nutzer und über 800 Parteigründungen. Die meisten Parteigründungen entfallen bislang auf die Bereiche "Umwelt und Klima"

und "Tiere", teilte das ZDF Anfang Juni mit. "Diese Zahlen sowie die Einträge im Gästebuch und im Forum beweisen, dass die Verbindung aus Wissensvermittlung und spielerischer Unterhaltung bei unseren Zu- schauern und Nutzern gut ankommt", so Barbara Biermann, Leiterin der Hauptredaktion Kinder und Jugend.

"logo!Wahlcity" bietet im Superwahljahr 2009 Kindern einen spieleri- schen Zugang zur Welt der Politik und der Wahlen. Sie können eine virtuelle Partei gründen oder einer solchen beitreten. Sie begleiten diese dann von der Namensgebung über die Gestaltung von Inhalten bis hin zur Werbung, und führen sie zu einer oder auch mehreren Wahlen.

Durch die Teilnahme an verschiedenen Aktionen, inhaltlichen Diskussio- nen und Spielen sammeln sie Punkte und versuchen ihre Partei an die Spitze von "logo!Wahlcity" zu bringen. Vervollständigt werden die spiele- rischen Elemente durch Videos und Erklärstücke der Kindernachrichten- sendung "logo!". Diese bieten einen Bezug zum aktuellen politischen Geschehen und erklären Begriffe und Hintergründe verständlich und für Kinder nachvollziehbar.

www.ARD.de/intern/dreistuf entest

www.unternehmen.zdf.de www.fernsehrat.zdf.de

"logo!" gibt es bereits seit 20 Jahren. Die Sendung will Kindern zwischen acht und zwölf Jahren das politisch-

gesellschaftliche Ge- schehen nahe bringen.

"logo!" läuft immer sams- tags um 08.50 Uhr in ZDF tivi, dem Kinder- und Jugendprogramm des ZDF; im KI.KA montags bis freitags um 15.50 Uhr sowie montags bis don- nerstags um 19.50 Uhr.

www.tivi.de

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ver.di: Keine Erleichterung von Pressefusionen

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) spricht sich für die Sicherung der Zeitungsvielfalt aus und erteilt damit Änderungswünschen am Pressefusionsrecht eine klare Absage. „Eine weitere Erleichterung von Pressefusionen verschlechtert die Zukunftsperspektive für den bun- desdeutschen Zeitungsmarkt. Notwendig ist stattdessen eine aktive Si- cherung der Zeitungsvielfalt“, erklärte der stellvertretende ver.di- Vorsitzende Frank Werneke Ende Mai in Berlin.

Damit stellt sich ver.di gegen die aktuellen Forderungen von Verlegern, Fusionen von Nachbarverlagen zu erlauben und dazu kurzfristig das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) zu ändern. Die Koa- litionsparteien prüfen derzeit die Umsetzung einer entsprechenden Ver- leger-Initiative, die auf den Zeitungsverlegerverband Nordrhein- Westfalen zurückgeht. Danach soll der Paragraph 36 GWB so geändert werden, dass Nachbarverlage fusionieren können, sofern diese zehn Jahre lang nicht miteinander konkurriert haben. Das Kriterium werde voraussichtlich von vielen Zeitungsverlagen erfüllt, da auf dem Zei- tungsmarkt zunehmend feste Grenzen abgesteckt würden, erklärte Wer- neke. „Diese scheinbar kleine Veränderung im GWB würde die bisherige Pressefusionskontrolle weitgehend aushebeln. Wenn sich die Verleger mit ihrer Forderung nach einer Gesetzesänderung durchsetzen, hätte dies eine noch stärkere Herausbildung von regionalen Zeitungsmonopo- len und damit eine Abnahme der publizistischen Vielfalt zur Folge.“

Intrigantenstadl in Zeiten des Turbokapitalismus

Von Dieter Pienkny

Falls die ARD-Programmdirektion nach einem Maskottchen sucht, ich schlage die Pechmarie vor. Bruce Darnell war bereits eine mediale Zu- mutung. Doch die Vorabendserie „Eine für alle - Frauen können’s bes- ser“ gibt sich redlich Mühe, ihm als peinliche bis dämliche Produktion den Rang abzulaufen. Drei Schweißerinnen plus eine Sekretärin in ei- nem Metallwerk, der Firma Wetzmann mit ca. 500 Beschäftigten, das am Rande des Konkurses unter dem Damoklesschwert der Zerschlagung arbeitet, bilden das Kleeblatt in einer 200(!)-teiligen Serie. Diese gibt sich zwar emanzipatorisch, surft aber mit Wonne auf allen Klischees: der arbeitsscheue Jungmanager, die durchtriebene Karrieristin, der Drücke- berger vom Arbeitsamt, die Schweißerin und Aushilfsmanagerin Lilly, die mit ihren Qualitäten den DDR-Vorzeigearbeiter Hennecke in den Schat- ten gestellt hätte und natürlich auch als Managerin eine Naturbegabung besitzt. Stille Tage im Klischee, würde Kabarettist Martin Buchholz for-

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mulieren. Kein Wunder, dass die Einschaltquote mit rund 4 Prozent noch unter der des Börsentickers liegt.

Der Zuschauer spürt, dass diese Serie seine Lebenswirklichkeit kaum streift. Der Regisseur der „Dramedy“ (ein Zwitter aus Drama und Come- dy), Gerald Grabowsky sagt allen Ernstes in einem ARD-Interview: „Die Serie spielt direkt in der Arbeiterschicht“. Ohne soziologisch spitzfindig zu werden, wie sich heute Facharbeiter definieren, nämlich als Mittel- schicht: In den ersten Folgen wird zum Beispiel verschleiert, ob so ein großes Werk einen Betriebsrat besitzt. Laut Betriebsverfassung müsste es 11 Betriebsräte haben, aber nur einer scheint mitzuspielen. Der neue Manager (ein Trojanisches Pferd, der den Betrieb gegen die Wand fah- ren soll) schlägt blauäugig regelmäßige Betriebsversammlungen vor und der dabei sitzende „Belegschaftsvertreter“ schweigt dazu. Laut Gesetz lädt der Betriebsrat zu max. vier Versammlungen ein, auch die Ge- schäftsleitung. Wann hat der Regisseur zum letzten Mal Menschen im Blaumann gesehen und gesprochen? Bei Arztserien holt man sich doch auch Experten wie Pathologen an die Seite, das lässt sich bei „Arbeiter- filmen“ bestimmt auch machen. Das scharfkantige Gut und Böse der Figuren mag ja hilfreich sein, um komplexe Zusammenhänge im Film zu erfassen. Hier wirkt es nur aufgesetzt, wenn sich Freundinnen auf ver- schlungenen Erzählpfaden mit unzähligen Zweierbeziehungen, Abi- Stress und üblen Vorgesetzten herumschlagen.

Diese Melange aus GZSZ, Schöner Wohnen und „Der zauberhaften Welt der Amelie“ scheint weder Fisch noch Fleisch. Dabei schmort doch ein Vorbild aus der Reihe „Filme über Werktätige“ seit 1972 in den Archiven des WDR: Rainer Werner Fassbinders unerreichte „Acht Stunden sind kein Tag“ muss ja nicht gleich kopiert werden. Aber Inspiration könnte auch heute noch von ihr ausgehen. So bleibt der Intrigantenstadl in Zei- ten des Turbokapitalismus nur ein hilfloser Versuch, nette „Lebenshilfe“

verpackt in ein Dramedy zu liefern. Hat die Welt darauf gewartet?

Studie: Journalismus in der Vertrauenskrise

Der Journalismus in Deutschland ist in einer Vertrauenskrise. Lediglich 35 Prozent der deutschen Bürger sagen, dass sie Journalisten vertrau- en. Damit liegt der Berufsstand weit hinter anderen Berufen zurück, so- gar Meinungsforschern wird mehr Vertrauen entgegengebracht. Zu die- sem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Technischen Universität Dresden. Mit einer telefonischen Repräsentativbefragung haben die Kommunikationswissenschaftler unter Leitung von Professor Wolfgang Donsbach ein umfassendes Bild von der öffentlichen Wahrnehmung des Journalismus in Deutschland erstellt. Neben einer zunehmenden Politik- verdrossenheit stellt Donsbach in einem Pressetext auch eine Journa- lismusverdrossenheit fest.

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Die Ursachen für die Vertrauenskrise des Journalismus seien vielfältig.

Der erste ausschlaggebende Aspekt sei das ethische Verhalten der Journalisten. Hier zeige sich, dass eine distanziertere und feinfühligere Berichterstattung gewünscht wird. „Für die Bürger wiegen Respekt und Pietät schwerer als das öffentliche Interesse", erläutert Donsbach. So würden sich etwa acht von zehn Bürgern dagegen aussprechen, in den Medien zivile Kriegsopfer abzubilden. Ein weiterer Faktor sei der enorme Einfluss von Journalisten in vielen Bereichen des Lebens. "Für mehr als die Hälfte der Befragten sind Journalisten mächtiger als Politiker. Und fast alle finden das nicht gut.“

Auch die wirtschaftliche Abhängigkeit der Branche sei ein Problem. "Die deutliche Mehrheit der Deutschen hält Journalisten für käuflich. Rund zwei Drittel glauben, dass bezahlte Recherchen häufig vorkommen oder, dass die Interessen von Anzeigenkunden auch in der redaktionellen Berichterstattung berücksichtigt werden", so der Forscher. Auch die zu- nehmend um sich greifende Boulevardvisierung der Nachrichtenbericht- erstattung sei ein wesentlicher Faktor. Laut Donsbach wünscht sich die übergroße Mehrheit eine sachlichere Berichterstattung, die sich stärker an Fakten orientiert und Ereignisse und Entwicklungen ausführlich und objektiv darstellt. Eine weitere Ursache für die Vertrauenskrise sei, dass die Bevölkerung mittlerweile keine klare Vorstellung habe, was Journa- lismus ist und was nicht. Dieses Problem betreffe vor allem die Unter- scheidung zwischen Journalismus und PR und werde durch das Internet noch verschärft.

Ähnlich wie die Politikverdrossenheit sei auch die gegenwärtige Glaub- würdigkeitskrise des Journalismus ein Phänomen, das die Demokratie untergrabe. "Die Bürger fordern zentrale Leistungen des Journalismus ein und zeigen sich in vielerlei Hinsicht von dem enttäuscht, was ihnen geboten wird", stellt Donsbach fest. Gerade in der heutigen Internetge- sellschaft seien die Menschen aber auf Journalisten als kommunikative Vermittler angewiesen.

Jan Metzger neuer Radio Bremen-Intendant

Der Journalist Jan Metzger wird neuer Intendant von Radio Bremen. Er folgt damit auf Prof. Dr. Heinz Glässgen, der dieses Amt seit Oktober 1999 und bis 30. Juni 2009 innehat. Metzger wird sein neues Amt zum 01. August 2009 antreten. Der Rundfunkrat sprach sich einstimmig für seine Berufung aus.

Metzger, derzeit Leiter der Redaktion "heute-journal" beim ZDF wurde 1956 in Bonn geboren. Nach dem Abitur studierte er Geschichte, Politik und Soziologie, absolvierte 1983 ein Volontariat beim Hessischen Rund- funk (hr) und arbeitete dort anschließend als Redakteur, Moderator und Reporter. Von 1988 bis 1994 war Jan Metzger ARD-Hörfunk-Korrespon- dent. Ab 1995 leitete er das Programm "hr1 - Das Informationsradio", ab 1997 das "hessen Fernsehen", bis er 2004 zum Leiter der erweiterten Hauptabteilung Programmmanagement Fernsehen des hr berufen wur- de. Zudem engagierte sich Metzger in den Bereichen Digitalisierung und Online. 2006 wechselte er vom Hessischen Rundfunk zum ZDF. Berufs- begleitend absolvierte er in den Jahren 2005 bis 2008 eine Ausbildung zum Coach und Organisationsberater.

Wolfgang Donsbach, Mathi- as Rentsch, Anna-Maria Schielicke, Sandra Degen

Entzauberung eines Berufs.

Was die Deutschen vom Journalismus erwarten und wie sie enttäuscht werden 2009, UVK

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Haberbusch verlässt Zapp

Kuno Haberbusch, Leiter von „Zapp“/„extra 3“ beim NDR, verlässt die Abteilung Mitte Juli 2009. Er wechselt in den Programmbereich Kultur und Dokumentation und wird sich dort dem weiteren Ausbau der aktuel- len Dokumentationen widmen. Nach sieben Jahren als Redaktionschef des renommierten NDR Politmagazins „Panorama“ und im Anschluss fünf Jahren an der Spitze des einzigen wöchentlichen TV-Medienmaga- zins „Zapp“ möchte sich Haberbusch neuen Herausforderungen stellen.

„Er wird seine große journalistische Erfahrung nun für investigative politi- sche Dokumentationen und Reportagen für den Hauptabend im Ersten und im NDR Fernsehen einbringen“, teilte der Sender mit.

Nachfolger von Kuno Haberbusch bei „Zapp“ und „extra 3“ wird Steffen Eßbach. Der 40-Jährige wurde 1999 nach seinem NDR Volontariat zu- nächst Redakteur bei „Panorama/extra 3“. 2007 ging er als Redaktions- leiter zur Sendung „Markt“ im NDR Fernsehen. Der gebürtige Thüringer übernimmt seine neue Aufgabe zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Lesetipps für Medieninteressierte

Mitbestimmte Medienpolitik

Mit Gewerkschaften, Gremien und Governance in Hörfunk und Fernse- hen beschäftigt sich die Studie „Mitbestimmte Medienpolitik“, die jetzt im VS Verlag erschienen ist. Mitglieder gesellschaftlich relevanter Gruppen repräsentieren in dem, weltweit einmaligen, deutschen Aufsichtsmodell der Rundfunkräte die Allgemeinheit. Auch die Gewerkschaften können Vertreter in diese Gremien entsenden. Gewerkschaftliche Medienpolitik und die Arbeit der Aufsichtsgremien in öffentlich-rechtlichen Sendern und Landesmedienanstalten wurden bisher von der Forschung kaum unter- sucht. Wie gehen die Organisationen mit dieser Aufgabe um, welche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen gibt es und wie steht es um Information, Transparenz und Vernetzung? Diesen Fragen geht die Stu- die zu Zustand und Zukunft der arbeitnehmerorientierten Medienpolitik nach. Sie untersucht vor dem Hintergrund des politik-, medien- und kommunikationswissenschaftlichen Diskurses deren Grundlagen und Chancen. Dabei liegt ein Fokus auf den Anforderungen an Governance in den Medien.

Veranstaltungen

Lokalrundfunktage

Veranstalter: Bayrische Medien-Servicegesellschaft mbH mit Unterstüt- zung der Bayrischen Landeszentrale für neue Medien

7.-8. Juli 2009-06-12 Nürnberg

CongressCenter Ost der NürnbergMesse

Infos und Anmeldung unter: www.lokalrundfunktage.de

Herausgeber:

DGB-Bundesvorstand, Referat Medienpolitik, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin.

Redaktion:

Dr. Sabine Nehls

Tel: 02129-959644 SabineNehls@aol.com

Der medien-newsletter kann abonniert werden über:

www.dgb.de/mediennews letter/

Sabine Nehls

Mitbestimmte Medienpolitik.

Gewerkschaften, Gremien und Governance in Hörfunk und Fernsehen

Hamburg 2009, VS-Verlag

Referenzen

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