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Eine klebrige Angelegenheit

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130 DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2021 | www.diepta.de

P

flaster sind bereits seit über 4000 Jahren im Einsatz und gehören damit zu den ältes- ten Therapiemöglichkeiten.

Gleichzeitig zählen Pflaster auch zu den komplexesten und modernsten Darreichungsformen. Hohe Anforde- rungen werden sowohl an den Wirk- stoff als auch an das Trägersystem gestellt. Sie bieten eine patienten- freundliche Möglichkeit der Dauerme- dikation, denn der Patient kann die Therapie leicht applizieren und im Notfall eigenständig unterbrechen.

Durch Umgehung der Magen- Darm- Passage können Magenbeschwerden verhindert werden und der Patient muss sich an keine besondere Art der Ernährung anpassen. Pflaster bieten eine gute Möglichkeit säurelabile Stoffe in den Körper einzuschleusen, die eventuell auch den First-Pass-Effekt nicht überstehen würden. Leider kann von diesen Vorteilen erst dann profi- tiert werden, wenn die galenischen Hürden überwunden sind.

Wirkstoffe, die in der Therapie nur eine lokale Wirkung erzielen sollen, reizen meist nur bestimmte oberfläch- liche Rezeptoren oder beseitigen uner- wünschte Hautveränderungen. Ihre chemische Struktur spielt nur eine un- tergeordnete Rolle. Wirkstoffe, die auf Dauer eine systemische Wirkung er- zielen sollen, müssen schon höhere Hürden überwinden. Zum einen müs- sen sie in der Lage sein die Hautbarri- ere durchdringen zu können. Poten- zielle Wirkstoffe sollten dafür eine hohe Lipophilie aufweisen und eine Größe von 500 Dalton nicht über- schreiten. Zusätzlich müssen die Wirk- stoffe schon in geringen Konzentratio- nen hoch wirksam sein. Nur wenige Substanzen erfüllen diese Anforderun- gen und haben sich einen festen Platz in der transdermalen Langzeittherapie gesichert. Um diese Wirkstoffe gleich- mäßig unter die Haut zu bekommen, stehen verschiedene galenische Me- thoden zur Verfügung.

Membran oder Matrix Eine Vari- ante bilden die Membransysteme.

Auch als Reservoirsystem bezeichnet, bildet ein Arzneistoffreservoir den

© Mike Watson Images / moodboard / Getty Images Plus

PRAXIS DARREICHUNGSFORMEN

Eine klebrige Angelegenheit

Hohe Anforderungen werden an transdermale therapeutische

Systeme (TTS) gestellt. Die unscheinbaren Pflaster sind Vertreter

einer hochmodernen Technologie.

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | April 2021 | www.diepta.de

Kern des Pflasters. In diesem Reser- voir liegt der Arzneistoff gelöst oder suspendiert in einem flüssigen oder festen Medium vor. Zur Außenseite hin befindet sich eine undurchlässige Folie. Der so entstehende Okklusions- effekt unterstützt die Wirkstoffpene- tration durch die Aufweichung der Hautbarriere. Zur Haut hin befindet sich eine spezielle Membran, die die Abgabe des Wirkstoffs an die Haut re- gelt. Je nachdem welche Materialien für diese Membran genutzt werden, können verschiedene Abgabege- schwindigkeiten erzielt und so die Dosiergenauigkeit gesteuert werden.

Wird diese Membran allerdings be- schädigt oder sogar zerstört besteht die Gefahr des „dose-dumping“. Die gesamte Wirkstoffmenge trifft unkon- trolliert auf die oberste Hautschicht.

Eine mitunter lebensgefährliche Überdosierung kann die Folge sein.

Deshalb dürfen Membransysteme nicht zerschnitten werden.

Eine zweite Variante bilden die ma- trixgesteuerten Systeme. Der Kern be- steht aus einer Gelmatrix, in der der Wirkstoff fein verteilt ist. Nach dem Aufkleben diffundiert der Wirkstoff durch die Matrix in Richtung Haut.

Der Vorteil: Auch bei einer mechani- schen Zerstörung der Matrix kommt es nicht zum dose-dumping. Trotz- dem sollte Kunden davon abgeraten werden die Pflaster eigenmächtig zu zerschneiden. Auf diese Weise wird die ärztliche Therapie stark gefährdet.

Abgesehen von der Patientensicher- heit begünstigen die im Vergleich zu anderen transdermalen Systemen dünneren Pflaster einen höheren Tra- gekomfort. Auch die Industrie profi- tiert von dieser Art Pflaster. Die Her- stellung zeigt sich wenig störanfällig.

Durch den Einsatz verschiedener Subtypen können matrixgesteuerte Pflaster an verschiedene Bedürfnisse der Wirkstoffe angepasst werden. So gibt es Pflaster, die nur aus einer wirk- stoffhaltigen Klebematrix bestehen, Matrixsysteme mit zusätzlichen Pols- terschichten oder nicht klebende Ma- trixsysteme, die durch einen sie um- schließenden Klebering auf der Haut angebracht werden. Ein weiterer Sub-

typ ist das mehrschichtige Matrixsys- tem. Dieser ist darauf ausgelegt den wichtigsten Nachteil der Matrixpflas- ter zu kompensieren. Es penetriert nämlich niemals der gesamte Wirk- stoffanteil in die Haut. Wenn circa 30 Prozent der Ausgangsdosis erreicht sind, nimmt die Penetrationsrate ab.

Der Arzneistoffspiegel im Körper sinkt. Diese Problematik wird in der Produktion durch die Einarbeitung zusätzlichen Wirkstoffs kompensiert.

Was in der Regel für den Apotheken- alltag ohne Relevanz zu sein scheint, kann bei Wirkstoffen zu Problemen führen, die unter das Betäubungsmit- telgesetz fallen. Rabattverträge geben beispielsweise den Austausch fenta- nylhaltiger, matrixgesteuerter Pflaster vor. Die Problematik in der Offizin besteht darin, dass die verschiedenen Firmen zwar die gleiche Wirkstoff- menge pro Zeiteinheit anbieten. Un- einsehbar ist aber die Gesamtmenge an Fentanyl, die verarbeitet wurde, um die Freisetzungsrate für den ge- wünschten Zeitraum gleichmäßig zu halten. So kann es sein, dass durch einen Firmenaustausch unbeabsich- tigt mehr Fentanyl an den Kunden ab- gegeben wird, als auf dem Rezept ver- ordnet wurde. In diesem Fall können auf Grundlage des Betäubungsmittel- gesetzes pharmazeutische Bedenken geltend gemacht werden. Mikroreser- voirsysteme als dritte Variante der transdermalen Systeme verbinden die Eigenschaften der Membran- und matrixgesteuerten Systeme. Mikro- arzneimittelreservoire werden in eine feste Matrix eingebettet. Diese Reser- voire diffundieren als Einheit durch die Matrix zur Haut und penetrieren dort. Potenziell können so Pflaster produziert werden, die mit einer ein- zigen Applikation verschiedene Wirk- stoffspiegel erzeugen oder sogar ver- schiedene Wirkstoffe in den Körper einbringen.

Anwendungshinweise Alle gale- nischen Errungenschaften sind hin- fällig, wenn der Patient nicht ausrei- chend aufgeklärt wird. Auch bei Pflastern sollten Hinweise gegeben werden. So ist zu klären, ob eine be-

stimmte Hautstelle vorgegeben wird.

Gute Stellen bilden die obere Rücken- partie oder die Außenseite der Ober- arme. Zu beachten ist die Unversehrt- heit der ausgewählten Stelle. Vor der Applikation reicht es aus, wenn die Stelle mit Wasser abgewaschen wurde.

Seife oder andere Reinigungspro- dukte sollen nicht verwendet werden.

Nach der Applikation sollte der Pati- ent das Pflaster für circa 30 Sekunden leicht andrücken, um ein Verrutschen zu vermeiden. Dann werden die Hände gewaschen. Ebenfalls sollte er- wähnt werden, dass übermäßige Hitze durch Saunabesuche, Wärmflaschen oder Sonnenbaden zu vermeiden ist.

Durch die Hitze kann der Wirkstoff schneller aufgenommen werden.

Schwimmen und Duschen sind in der Regel unproblematisch. Bei einem Pflasterwechsel sollte immer auch die Stelle gewechselt werden. Sieben Tage reichen in der Regel aus, bis sich die genutzten Stellen wieder erholt haben und neu genutzt werden können.  n

Manuel Lüke, Apotheker und PTA-Lehrer für Gefahrstoffkunde

BERATUNGSHINWEISE

+Membransysteme dürfen nicht zerschnitten werden. Gefahr des

„dose-dumping“

+Der Austausch von matrixge- steuerten Fentanylpflastern kann durch pharmazeutische Bedenken auf Grundlage des Betäubungsmittelgesetzes unterbunden werden.

+Die überwiegend eingesetzten Polyacrylatpflaster und Silikon- kleber benötigen keine speziellen Lagerungsbedingungen.

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