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Entscheidungen - Ablehnung des Erlasses einer eA, das 1998-04-29 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts teilweise für einen Übergangszeitraum auszusetzen - mangelnde Darlegung konkreter Gefährdung durch den Vollzug der Neur

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Academic year: 2022

Aktie "Entscheidungen - Ablehnung des Erlasses einer eA, das 1998-04-29 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts teilweise für einen Übergangszeitraum auszusetzen - mangelnde Darlegung konkreter Gefährdung durch den Vollzug der Neur"

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- Bevollmächtigte der Beschwerdeführer zu 1. und 2.:

Rechtsanwälte Dr. Peter Becker und Kollegen, Wilhelm-Roser-Straße 25, Marburg - Bundesverfassungsgericht

- 2 BVR 1646/98 - - 2 BVR 2257/98 -

In den Verfahren über

die Verfassungsbeschwerden 1. a) der Stadt C...,

b) der Stadt E..., c) der Stadt G...,

d) der Landeshauptstadt K..., e) der Stadt L...,

f) der Landeshauptstadt M..., g) der Stadt N...,

h) der Stadt S..., i) der Stadt W..., j) der Stadt W...

gegen §§ 3 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2, 7 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, 13 Abs. 1 Satz 1 und 14 des Art. 1, Art. 2 und § 3 Abs. 1 und 3 des Art. 4 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 (BGBl I S.

730)

hier: Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung - 2 BVR 1646/98 -,

2. a) der Stadt D..., b) der Stadt N...,

c) der Landeshauptstadt S...

gegen §§ 3 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2, 7 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, 13 Abs. 1 Satz 1 und 14 des Art. 1, Art. 2 und § 3 Abs. 1 und 3 des Art. 4 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 (BGBl I S.

730)

hier: Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung - 2 BVR 2257/98 -

hat die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richter Sommer,

Broß

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4 und die Richterin Osterloh

gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Be- kanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 9. September 1999 einstimmig beschlossen:

Die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung werden abgelehnt.

Gründe:

Die beschwerdeführenden Kommunen wenden sich mit ihren Verfassungsbe- schwerden gemäß § 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG gegen das Gesetz zur Neu- regelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 (BGBl I S. 730). Sie erbli- cken in einzelnen Vorschriften des Gesetzes eine Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG.

I.

1. Bis zum Inkrafttreten des durch die Kommunalverfassungsbeschwerden zur Überprüfung gestellten Gesetzes galt das Gesetz zur Förderung der Energiewirt- schaft (Energiewirtschaftsgesetz) vom 13. Dezember 1935 (RGBl I S. 1451).

Mit der Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts will der Gesetzgeber u.a. den als im internationalen Vergleich für zu hoch erachteten Strompreisen in Deutschland durch eine Liberalisierung und Deregulierung der nationalen Strommärkte begegnen;

das Gesetz soll zugleich der Umsetzung der Binnenmarkt-Richtlinie Strom der Euro- päischen Union (Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitäts- binnenmarkt, ABl EG 1997 Nr. L 27, S. 20) dienen.

War die Elektrizitätsversorgung bislang vor allem durch geschlossene Versorgungs- gebiete in der Folge von Demarkationsverträgen zwischen den Versorgungsunter- nehmen sowie durch ausschließliche Wegerechte in Konzessionsverträgen zwischen Versorgungsunternehmen und Kommunen geprägt, soll vor allem durch eine Beseiti- gung der geschlossenen Versorgungsgebiete die angestrebte Liberalisierung und Deregulierung sowie eine Stärkung des brancheninternen Wettbewerbs erreicht wer- den. Das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts strebt dieses Ziel u.a. durch eine Erleichterung des Zugangs zum Elektrizitätsversorgungsnetz für Elektrizitätsversorgungsunternehmen (Artikel 1 §§ 5 ff.), durch die Möglichkeit der Einrichtung von Direktleitungen zur Belieferung von Energieabnehmern (Artikel 1

§ 13) sowie durch die Abschaffung der bisherigen kartellrechtlichen Freistellung von Demarkations- und Konzessionsverträgen (Artikel 2) an. In Artikel 4 § 3 sieht das Ge- setz vor, daß die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Verstromung von Braun- kohle aus den neuen Bundesländern bei Netzzugangsbegehren, sei es im Wege der Durchleitung oder durch die Verlegung von Direktleitungen, besonders zu berück- sichtigen ist.

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9 Das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts ist gemäß seinem Art. 5

Abs. 1 am 29. April 1998 in Kraft getreten.

2. Die Beschwerdeführerinnen fühlen sich durch einzelne Vorschriften des Geset- zes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG verletzt. Die kommunale Energieversorgung gehöre wegen ihrer historischen Entwicklung, ihrer Bedeutung für das wirtschaftliche und soziale Wohl der Einwohner sowie ihres spezifischen Bezugs zum kommunalen Wegeeigentum, zur kleinräumigen Siedlungsstruktur und zur Bauleitplanung als in der örtlichen Gemeinschaft wurzelnde Angelegenheit der Daseinsvorsorge zu den verfassungsrechtlich geschützten Selbstverwaltungsangelegenheiten der Kommu- nen. Die vom Gesetz bewirkte Marktöffnung führe dazu, daß die Kommunen die Auf- gabe der örtlichen Energieversorgung nicht mehr wirksam wahrnehmen könnten.

Das bisherige Konzessionsabgabenaufkommen sei durch den Wegfall der Aus- schließlichkeit der mittels Konzessionsvertrags eingeräumten Wegenutzung gefähr- det. Die kommunalen Energieversorgungsunternehmen seien dem durch das Gesetz ausgelösten hemmungslosen Wettbewerb nicht gewachsen. Insbesondere die wirt- schaftlich wichtigen Sondervertrags-(Industrie-)Kunden wechselten in der Folge des durch die gesetzliche Neuregelung ausgelösten aggressiven Preiswettbewerbs ihr Energieversorgungsunternehmen. Dadurch sinke der Wert der kommunalen Ener- gieversorgungsunternehmen; diese würden Objekte von Übernahmen oder Koopera- tionen. Das Sinken der Erlöse gefährde die Finanzierung öffentlicher Aufgaben, die bislang durch die Erträge im Energiegeschäft im Wege des Querverbunds geleistet worden sei. Wegen der sinkenden Strompreise komme es zu einer Gefährdung der besonders umwelt- und ressourcenschonenden Energieerzeugung durch Kraft- Wärme-Kopplungsanlagen. Zwei der Beschwerdeführerinnen, Städte in den neuen Bundesländern, sehen sich durch die Braunkohleschutzklausel in Artikel 4 § 3 Abs. 1 des Gesetzes am preisgünstigen Bezug von Strom gehindert.

Die Beschwerdeführerinnen haben in der Hauptsache zuletzt beantragt, wie folgt zu erkennen:

Die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 mit Abs. 2, 7 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, 13 Abs. 1 Satz 1 und 14 des Artikels 1, Artikel 2 und § 3 Abs. 1 und 3 des Artikels 4 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24. April 1998 (BGBl I S. 730) ver- stoßen gegen die kommunale Selbstverwaltungsgarantie im Sinne des Artikels 28 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes im Zusammenwirken mit dem Gleichbehand- lungsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts in Artikel 3 Abs. 2 EGV. Ferner verstößt das Gesetz gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, soweit eine Übergangsregelung zugunsten der Gemeinden fehlt. Das Gesetz ist auch im übrigen nichtig.

3. a) Zugleich mit den Verfassungsbeschwerden haben die Beschwerdeführerinnen Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG gestellt. Sie be- fürchten, daß ohne den Erlaß einer einstweiligen Anordnung vollendete Tatsachen

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14 15 geschaffen würden; die Ordnung der kommunalen Energieversorgung in Deutsch-

land werde irreparabel umgestaltet. Der durch die gesetzliche Neuregelung des En- ergiewirtschaftsrechts initiierte hemmungslose Preiswettbewerb wirke zu Lasten der kommunalen Eigenversorgungen und zu Lasten der kommunalen Energieversor- gung im Falle einer Fremdversorgung. Wettbewerber könnten aufgrund technischer Gegebenheiten Stromkunden im jeweiligen Gemeindegebiet mit geringem Aufwand erreichen. Die Verbändevereinbarung über die Durchleitungsentgelte beim verhan- delten Netzzugang und die Schutzklausel für regenerative Energiequellen und für die Kraft-Wärme-Kopplung (Art. 1 § 6 Abs. 3 des Gesetzes) seien unpraktikabel und we- nig wirksam. Aufgrund der Abwanderung zahlreicher Kunden infolge des Preiswett- bewerbs ("Rosinenpicken") werde die allgemeine Versorgung zusammenbrechen.

Wegen der rechtlichen Unsicherheiten bezüglich bisheriger Energiebezugsverträge und wegen befürchteter Repressionen seitens vorgelagerter Energieversorgungsun- ternehmen komme es zu Kooperationen und Fusionen der kommunalen Energiever- sorgungsunternehmen, die diese zu bloßen "Verteilerknechten" der großen Energie- versorger degradierten.

b) Die Beschwerdeführerinnen haben zuletzt beantragt,

im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 32 BVerfGG die Anwendung von Artikel 1 § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2, Artikel 2, soweit mit der Streichung des § 103 GWB in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Februar 1990 (BGBl I S. 235) auch das Recht zur ausschließlichen Versorgung von Tarifkunden gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 1 GWB beseitigt wurde, sowie von Artikel 4 § 3 bis zum 10. August 2000 auszusetzen.

Da der Wettbewerb den Bereich der Sondervertragskunden schon in vollem Um- fang erreicht habe und ein stornierendes Eingreifen insoweit allenfalls noch theore- tisch vorstellbar sei, würden die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung in- haltlich beschränkt. Den Bereich der Tarifkunden habe der Wettbewerb im wesentlichen noch nicht erreicht, so daß mit einer Suspendierung von Artikel 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts insoweit die alten kartell- rechtlichen Freistellungsklauseln wieder aufleben und das Monopol zurückkehren würden. Die Frist orientiere sich an der europarechtlichen Verpflichtung Deutsch- lands zur Umsetzung der Gas-Richtlinie der Europäischen Union.

4. Die Bundesregierung hat sich zu den Verfassungsbeschwerden und den Anträ- gen auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung geäußert.

II.

Die Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung bleiben ohne Erfolg.

1. a) Da eine Entscheidung des Senats über die Annahme der Verfassungsbe- schwerden bislang nicht ergangen ist, ist die Kammer für alle die Verfassungsbe- schwerden betreffenden Entscheidungen zuständig (§ 93d Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

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19 ren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.

b) Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies u.a. zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegrif- fenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig oder offensichtlich unbegründet.

Bei offenem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache muß das Bundesverfas- sungsgericht die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen wür- de, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre. Dabei ist ein be- sonders strenger Maßstab anzulegen, wenn eine gesetzliche Regelung außer Voll- zug gesetzt werden soll (BVerfGE 82, 310 <313>; 96, 120 <128 f.>; stRspr).

2. a) Die Verfassungsbeschwerden sind weder unzulässig noch offensichtlich unbe- gründet.

b) Den Darlegungen der Beschwerdeführerinnen über die Nachteile, die sie für den Fall des Nichtergehens einer einstweiligen Anordnung befürchten, fehlt es an einer hinlänglichen, auf den jeweiligen Einzelfall bezogenen Konkretisierung. Sie sind des- halb nicht geeignet, den Erlaß der hier beantragten einstweiligen Anordnungen nach dem oben dargelegten Maßstab zu rechtfertigen.

aa) Nachdem die Beschwerdeführerinnen ihre Anträge auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung beschränkt haben, sind ohnehin grundsätzlich nur solche Nachteile be- rücksichtigungsfähig, die bis 10. August 2000 aus der Anwendung von Artikel 1 § 13 Abs. 1 Satz 1 (Ermöglichung des Baus von Direktleitungen durch Verpflichtung der Gemeinden zur diskriminierungsfreien Zurverfügungstellung der öffentlichen Ver- kehrswege durch Vertrag), Artikel 2 (auf den Bereich der Tarifkunden beschränkte Aufhebung der kartellrechtlichen Freistellung vom Kartellverbot) und Artikel 4 § 3 (Berücksichtigung der besonderen Schutzwürdigkeit der Braunkohleverstromung in den neuen Bundesländern bei energie- und kartellrechtlichen Entscheidungen über den Netzzugang) des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts er- wachsen würden. Insoweit - wie aber auch im übrigen - haben sich die Beschwerde- führerinnen jedoch im wesentlichen darauf beschränkt, mit allgemeinen Ausführun- gen ihre Befürchtungen über die Auswirkungen des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts im kommunalen Bereich vorzutragen, ohne dabei konkret ihre jeweils individuelle Betroffenheit und die energieversorgungsrechtliche Situation im jeweiligen Gemeindegebiet im Einzelfall darzulegen. Der Sachvortrag enthält - be- zogen auf die jeweils individuelle energiewirtschaftliche Situation der einzelnen Be- schwerdeführerinnen - keine konkreten, durch Tatsachen belegte Anknüpfungspunk- te für konkrete Gefährdungen. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, daß durch das hier zur Überprüfung gestellte Gesetz die bisher im Zuge der Daseinsvor-

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21 sorge wahrgenommene Aufgabe der örtlichen Energieversorgung und die damit

jeweils verfolgte energiepolitische, energiewirtschaftliche, volkswirtschaftliche, be- triebswirtschaftliche, haushaltsrechtliche, ökologische und stadtentwicklungspoliti- sche Konzeption vereitelt werde. Wiederholt tragen die Beschwerdeführerinnen in- soweit vor, daß die bisherigen Konzessionsverträge mit Ausschließlichkeitswirkung der "Feinsteuerung" der örtlichen Energieversorgungskonzeption gedient hätten. Für keine der Beschwerdeführerinnen wird jedoch beispielsweise konkret dargelegt, wie sich ihre jeweils eigene örtliche Energieversorgungskonzeption darstellt, in welcher Organisationsform ihre gemeindeeigenen Energieversorgungsunternehmen geführt werden, welchen rechtlichen und vertraglichen Bindungen sie unterworfen sind, wel- che konkreten Abmachungen in bestehenden Konzessionsverträgen der "Feinsteue- rung" der örtlichen Energieversorgungskonzeption dienen und wie sich die Neurege- lung des Energiewirtschaftsrechts hierauf jeweils auswirkt.

bb) Anderes ergibt sich auch nicht aus der dem Bundesverfassungsgericht mit Schriftsatz vom 28. April 1999 vorgelegten, bloß tabellarischen und unkommentierten Auswertung einer Umfrage unter den Beschwerdeführerinnen. Die darin aufgeliste- ten Ergebnisse deuten nicht nur auf teilweise unterschiedliche bzw. widersprüchliche Erfahrungen der einzelnen Beschwerdeführerinnen hin. Sie sind auch allgemein ge- halten, weisen in den mitgeteilten Prozentsätzen der Sondervertragskundenverluste und Minderung von Konzessionsabgabenabführung teilweise nicht nachvollziehbare Bandbreiten auf und sind damit in jeder Hinsicht unterschiedlichen Auslegungen oh- ne weiteres zugänglich. Der Tabelle lassen sich insbesondere keine Hinweise darauf entnehmen, daß es sich bei den mitgeteilten Veränderungen oder auch bloßen - zu- dem häufig nicht näher quantifizierten - Einschätzungen der Beschwerdeführerinnen jeweils um unmittelbare und notwendige Folgen der Energierechtsreform handelt. So wird beispielsweise für die Beschwerdeführerin zu 1. g) im Verfahren 2 BvR 1646/98 eine Minderung des Konzessionsabgabeaufkommens um 10 bis 50 Prozent (schon diese rechnerische Bandbreite ist - ohne weitere Erläuterung - nicht nachvollziehbar) mitgeteilt. Deren gemeindeeigenes Unternehmen erzeugt angabegemäß zu hundert Prozent selbst die gelieferte Energie und beklagt keine Verluste von Sondervertrags- und Tarifkunden. Im Sondervertragskundenbereich wird die Erlösminderung mit nur 3 Prozent beziffert und insgesamt eine Gewinnminderung um 10 Prozent beklagt. Es läßt sich der Tabelle aber nicht entnehmen, worauf diese Minderung beruht. Bei die- ser Sachlage läßt sich allenfalls darüber spekulieren, worauf die geltend gemachten Einbrüche beim Konzessionsabgabenaufkommen zurückzuführen sind; in Betracht kämen beispielsweise Absatzrückgang oder auch Nachlässe der Beschwerdeführe- rin selbst gegenüber ihrem gemeindeeigenen Energieversorgungsunternehmen bei einem neu ausgehandelten Konzessionsvertrag.

cc) Konkrete schwere Nachteile für die jeweilige einzelne Beschwerdeführerin durch den Vollzug der Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts verstehen sich nicht von selbst; eine individualisierte Darlegung konkreter Nachteile als Folge der gesetzlichen Neuregelung ist insbesondere nicht wegen deren Offensichtlichkeit ent-

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23 behrlich. So liegt es insbesondere nicht auf der Hand, daß und warum es trotz der

Weitergeltung der bisherigen Konzessionsverträge (Artikel 4 § 1 des Gesetzes) und trotz der unberührt bleibenden kommunal- und/oder gesellschaftsrechtlichen Beherr- schung der kommunalen Energieversorgungsunternehmen durch die jeweilige Be- schwerdeführerin zu den befürchteten Nachteilen kommen sollte.

Die Darlegungen der Beschwerdeführerinnen gründen sich zudem im wesentlichen auf bislang unbestätigte Prognosen über erwartete Schwierigkeiten beim Gesetzes- vollzug; insbesondere wird die Wirksamkeit von Schutz- und Abwägungsklauseln bei zukünftigen energie- und kartellrechtlichen Entscheidungen der hierzu berufenen Be- hörden und Gerichte pauschal in Zweifel gezogen. Derartige mögliche Vollzugsdefizi- te führen jedoch dann nicht zu den befürchteten Nachteilen, wenn und soweit sie sich durch eine am Gesetzeszweck orientierte gesetzes- und verfassungskonforme Aus- legung und Anwendung ausschließen lassen. Dies gilt beispielsweise auch für die - ebenfalls nur pauschal vorgetragene - Gefährdung von kommunaleigenen Stromer- zeugungsanlagen in der Technik der Kraft-Wärme-Kopplung. Schon der Wortlaut der Schutzklausel für u.a. Anlagen in Kraft-Wärme-Kopplung in Artikel 1 § 6 Abs. 3 des Gesetzes läßt erkennen, daß der Gesetzgeber entsprechende Anlagen für beson- ders schützenswert erachtet. Dies gilt allerdings nicht in jedem Fall, sondern nur dann, wenn sie technisch-wirtschaftlich sinnvoll sind. Hierzu haben die Beschwerde- führerinnen keine konkreten und auf ihren jeweiligen Einzelfall bezogenen Ausfüh- rungen gemacht. Mangels substantiierten Vortrags läßt sich jedenfalls nicht aus- schließen, daß es sich bei den Anlagen, die die Beschwerdeführerinnen für gefährdet erachten, um solche handelt, die bereits wirtschaftlich abgeschrieben, technisch überaltert oder auch von vornherein unwirtschaftlich dimensioniert sind. Würde die Unmöglichkeit des wirtschaftlichen Weiterbetriebs solcher Anlagen aber nur "bei Ge- legenheit" des Angriffs auf das Gesetz zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts geltend gemacht, so fehlte es von vornherein an einer für die Annahme eines schwe- ren Nachteils im Sinne des § 32 Abs. 1 BVerfGG erforderlichen kausalen Verknüp- fung zwischen der gesetzlichen Neuregelung und der behaupteten Gefährdung.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Sommer Broß Osterloh

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Bundesverfassungsgericht, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. September 1999 -

Zitiervorschlag BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Septem- ber 1999 - - Rn. (1 - 23), http://www.bverfg.de/e/

rk19990909_2bvr164698.html

ECLI ECLI:DE:BVerfG:1999:rk19990909.2bvr164698

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