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Kapitel 1 Mathematische R¨aume

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(1)

Kapitel 1

Mathematische R¨ aume

(2)

Inhalt

1 Mathematische R¨aume Normierte R¨aume Euklidische R¨aume Metrische R¨aume

(3)

K¨ orper

Definition 1.1

Ein K¨orperist ein Tripel (K,+,·) bestehend aus einer MengeKund zwei inneren zweistelligen Verkn¨upfungen + und·mit folgenden Eigenschaften (K¨orperaxiomen):

(K1) (K,+) ist eine abelsche Gruppe (mit neutralem Element 0K).

(K2) (K\ {0K},·) ist eine abelsche Gruppe (mitneutralem Element 1K).

(K3) F¨ur alle a,b,c ∈K gilt dasDistributivgesetz:

a·(b+c) = (a·b) + (a·c).

(4)

Bezeichnungen in einem K¨ orper

Wir nutzen die ¨ublichen Bezeichnungen: F¨ur a∈Kist

−adasadditiv Inverse von aund a−1 dasmultiplikativ Inversevona.

Weiterhin definieren wir f¨ura,b ∈K dieDifferenz a−b :=a+ (−b) und den Quotienten

a

b =a/b :=a·b−1 =b−1·af¨ur b6= 0.

(5)

Rechenregeln f¨ ur K¨ orper

Wir wissen, dass in jedem K¨orperK die folgenden Rechenregeln gelten:

−(−a) =a, (−a) + (−b) =−(a+b),

(a−1)−1 =a, a−1·b−1= (a·b)−1 f¨ura,b 6= 0K, a·0K = 0K, a·(−b) =−(a·b),

(−a)·(−b) =a·b, a·(b−c) =a·b−a·c.

Jeder K¨orper ist nullteilerfrei:

a·b= 0K⇒a= 0K∨b= 0K. Regeln f¨ur das Bruchrechnen:

a c + b

d = a·d +b·c

c·d f¨urc,d 6= 0K a

c · b

d = a·b

c ·d f¨urc,d 6= 0K a/c

b/d = a·d

b·c f¨ur b,c,d 6= 0K

(6)

Vektorraum

Definition 1.2

Es seien V eine Menge, (K,+,·) ein K¨orper,⊕:V ×V →V eine innere zweistellige Verkn¨upfung, genanntVektoraddition und :K×V →V eine ¨außere zweistellige Verkn¨upfung, genanntSkalarmultiplikation.

Wir nennen (V,⊕,) einenK-Vektorraum, wenn die folgenden Eigenschaften erf¨ullt sind:

1 (V,⊕,) bildet eine abelsche Gruppe.

2 α(u⊕v) = (αu)⊕(αv)

3 (α+β)v= (αv)⊕(βv)

4 (α·β)v=α(βv)

5 1Kv=v (Neutralit¨at des Einselements)

f¨ur alle u,v∈V und α, β∈K.

(7)

Unterraum

Definition 1.3

Sei V einK-Vektorraum.

Eine Teilmenge U ⊆V heißt Untervektorraum (oder kurzUnterraum) von V, wennU mit den durch V induzierten Verkn¨upfungen selbst wieder ein Vektorraum ist.

Satz 1.4

Sei V ein K-Vektorraum.

Eine Teilmenge U ⊆V ist genau dann ein Unterraum von V , wenn gilt:

1 U 6=∅

2 F¨ur alle u,v∈U gilt: u+v∈U.

3 F¨ur alle α∈K,v∈U gilt: αv∈U.

(8)

Unterraumbeispiele

Beispiel 1.5

1 DerKernker(f) einer linearen Abbildungf :Rn→Rm ist ein Unterraum desRn. Seif definiert durch die Matrix

A=

1 2 3 4 5 6

.

Dann ist ker(f) ={x∈R3|Ax=0}. Insbesondere gilt 0∈ker(f).

F¨ur x,y∈ker(f) gilt

A(x+y) =Ax+Ay=0+0=0 und damit x+y∈ker(f). F¨ur x∈ker(f) und α∈R gilt

A(αx) =αAx=α0=0

(9)

Fortsetzung Beispiel.

2 DasBild

im(f) ={y∈Rm|∃x∈Rn:Ax=y}

einer linearen Abbildungf :Rn→Rm ist ein Unterraum des Rm.

3 Eine Hyperebene

H={x∈Rn1x12x2+· · ·+αnxn= 0}

durch den Ursprung desRn ist ein Unterraum des Rn.

4 Demgegen¨uber ist eine Hyperbene

H0 ={x∈Rn1x12x2+· · ·+αnxn=β}

f¨ur β6= 0 kein Unterraum.

(10)

Norm

Definition 1.6

Es sei Kein normierter K¨orper (d. h. ein K¨orper mit Betragsfunktion) und V einK-Vektorraum.

Eine Abbildung k · k:V →Rmit den Eigenschaften:

1 F¨ur alle x∈V gilt:

kxk= 0⇔x=0

2 F¨ur alle α∈Kgilt:

kαxk=|α|kxk

3 F¨ur alle x,y∈V gilt:

kx+yk ≤ kxk+kyk heißt Norm auf dem VektorraumV.

k · k) heißt

(11)

Diskussion Norm

Eine Norm gibt jedem Vektor eine eindeutige L¨ange.

Wegen

0 =k0k=kx+ (−x)k ≤ kxk+kxk= 2kxk folgt, dass diese L¨ange f¨ur alle x∈V nichtnegativ ist.

F¨ur Vektorr¨aume gibt es i. A. mehr als eine Norm.

Welche Norm in der Praxis verwendet wird, h¨angt von den Anforderungen an den Begriff der L¨ange ab.

(12)

Bekannte Normen f¨ ur den R

n

Euklidische Norm:

kxk2 :=

v u u t

n

X

i=1

xi2

Summennorm:

kxk1 :=

n

X

i=1

|xi|

Maximumsnorm:

kxk:=maxn

i=1 |xi| P-Norm:

kxkp:=

n

X

i=1

|xi|p

!1p

(13)

Veranschaulichung der Normen

k · k2

k · k

k · k1

k · kp=4

(14)

Norm¨ aquivalenz

Definition 1.7

Zwei in einem Vektorraum V definierte Normen k · k1 und k · k2 heißen

¨

aquivalent, wenn es zwei Zahlena,A>0 gibt, mit akxk1 ≤ kxk2 ≤Akxk1 f¨ur alle x∈V.

Beispiel 1.8

Wir zeigen, dass die Normenk · k2 und k · k imRn ¨aquivalent sind.

Einerseits gilt:

kxk22=|x1|2+· · ·+|xn|2≤n·

1≤imax≤n|xi| 2

=nkxk2

(15)

Beispiel 1.9 woraus folgt:

√1

nkxk2 ≤ kxk

Andererseits gilt:

kxk = max

1≤i≤n|xi|

= s

1≤imax≤n|xi| 2

= r

1≤i≤nmax |xi|2

≤ q

|x1|2+· · ·+|xn|2

= kxk2

(16)

Fakt 1.10

F¨ur einen endlichdimensionalen Vektorraum V sind alle Normen

¨

aquivalent.

Fazit:F¨ur endlichdimensionale Vektorr¨aume ist es i.d.R. unerheblich, welche Norm wir genau betrachten.

(17)

Konvergenz in normierten R¨ aumen

Definition 1.11

Es sei (V,k · k) ein normierter Raum, (xn) eine Folge inV und x∈V. Gilt

∀ >0∃n0∈N∀n ≥n0 :kxn−xk<

dann heißt x Grenzwertder Folge (xn).

Schreibweise:

n→∞lim xn=x

Vergleiche Analysis:k · k ersetzt | · | Weitere Begriffe ¨ubertragen sich analog.

(18)

Cauchy-Folge

Definition 1.12

Es sei (V,k · k) ein normierter Raum. Eine Folge (xn) in V heißt Cauchy-Folge, wenn gilt:

∀ >0∃n0∈N∀n,m≥n0 :kxn−xmk<

Analysis: F¨urFolgen im Rn gilt:

(xn) ist konvergent ⇐⇒ (xn) ist Cauchy-Folge Gilt dies auch f¨ur Folgen in beliebigen normierten R¨aumen?Nein!

Problem: Der vermeintliche Grenzwert liegt nicht mehr im Vektorraum.

(19)

Banachraum

Definition 1.13

Ein normierter Raum (V,k · k) heißt vollst¨andig, wenn jede Cauchy-Folge (xn) gegen ein x∈V konvergiert.

Einen vollst¨andigen normierter Raum nennen wir auch Banachraum.

Stefan Banach

polnischer Mathematiker (1892–1945)

Begr¨under der modernen Funktionalanalysis

(20)

Endliche normierte R¨ aume sind vollst¨ andig

Satz 1.14

Jeder endlichdimensionale normierte Raum ist ein Banachraum.

Um nicht-vollst¨andige normierte R¨aume zu finden, m¨ussen wir also unendlichdimensionale Vektorr¨aumebetrachten.

Dies f¨uhrt uns zuFunktionenr¨aumen.

(21)

Vektorraum der stetigen Funktionen

Definition 1.15

F¨ura,b ∈R mita<b bezeichne C[a,b]

dieMenge der auf dem abgeschlossenen Intervall [a,b] stetigen, reellwertigen Funktionen, also:

C[a,b] ={f|f : [a,b]→R,f ist stetig}.

Analog bezeichnet

C(R) die Menge derauf R stetigen, reellwertigen Funktionen, C(a,b) die Menge der auf dem offenen Intervall (a,b)stetigen, reellwertigen Funktionen.

(22)

C[a, b] als Vektorraum

Es seien f,g ∈ C[a,b] undα, β∈R. Dann gilt:

f +g ∈ C[a,b]

αf ∈ C[a,b]

(C[a,b],+) bildet eine abelsche Gruppe.

α(f +g) =αf +αg (α+β)f =αf +βf (αβ)f =α(βf) 1f =f

Folgerung 1.16

C[a,b]ist ein (unendlichdimensionaler)R-Vektorraum.

(23)

Funktionenraum

Definition 1.17

Eine Menge von Funktionen,

die alle denselben Definitionsbereich besitzen,

die mit einer Vektoraddition und Skalarmultiplikation versehen ist, so dass damit die Vektorraumaxiome erf¨ullt werden,

heißt Funktionenraum.

Bemerkungen:

Viele wichtige Funktionenr¨aume sind unendlichdimensional.

Funktionenr¨aume bilden einen wichtigen Untersuchungsgegenstand der Funktionalanalysis.

Ein Funktionenraum wird h¨aufig mit einer Norm versehen, so dass ein normierter Raumoder sogar ein Banach-Raumentsteht.

(24)

Weitere wichtige Funktionenr¨ aume

Definition 1.18

C1[a,b] bezeichnet den Funktionenraum der auf dem Intervall [a,b]

stetig differenzierbaren Funktionen.

F¨ur k ∈N0 bezeichnetCk[a,b] den Funktionenraum der auf dem Intervall [a,b]k-mal stetig differenzierbaren Funktionen.

Bemerkung:C0[a,b] =C[a,b]

(25)

Normen f¨ ur Funktionenr¨ aume

Definition 1.19 Sei f ∈ C[a,b].

kfk1 :=

Z b a

|f(x)|dx

kfk2:=

s Z b

a

f2(x)dx kfk:= max

x∈[a,b]|f(x)|

Beweis der Normeigenschaften f¨urk · k:.Tafel

(26)

Cauchy-Schwarze Ungleichung f¨ ur Integrale

F¨ur den Beweis, dassk · k2 die Normeigenschaften erf¨ullt, ben¨otigen wir die Cauchy-Schwarze Ungleichung f¨ur Integrale.

Lemma 1.20

Z b a

f(x)g(x)dx

2

≤ Z b

a

f2(x)dx · Z b

a

g2(x)dx

Wir beweisen sp¨ater eine allgemeinere Form dieser Ungleichung.

(27)

Definition 1.21 Sei f ∈ Ck[a,b].

kfk:=

k

X

j=0 x∈[a,b]max

f(j)(x)

(28)

Beispiele: k · k f¨ ur Funktionen

Beispiel 1.22

Wir betrachten f(x) =x2−5x+ 6 im Funktionenraum C[0,5].

kfk1 = Z 5

0

|x2−5x+ 6|dx

= Z 2

0

x2−5x+ 6dx− Z 3

2

x2−5x+ 6dx+ Z 5

3

x2−5x+ 6dx

= 1

3x3−5

2x2+ 6x x=2

x=0

− 1

3x3−5

2x2+ 6x x=3

x=2

+ 1

3x3−5

2x2+ 6x x=5

x=3

= 21.5

(29)

Fortsetzung Beispiel.

kfk2 = s

Z 5 0

(x2−5x+ 6)2 dx

= s

Z 5 0

x4−10x3+ 49x2−60x+ 36dx

= s

1 5x5−5

2x4+49

3 x3−30x2+ 36x

x=5 x=0

≈ 23.11 kfk = 6

(30)

Ein nicht-vollst¨ andiger Funktionenraum

Beispiel 1.23

Wir betrachten den Funktionenraum (C[0,2],k · k2).

Sei

fn(x) =

0 f¨ur 0≤x≤1 n(x−1) f¨ur 1<x≤1 +1n 1 f¨ur 1 +1n <x ≤2 Skizze: .Tafel

Die Folge (fn) ist eine Cauchy-Folge in diesem Funktionenraum. Seim≥n:

kfn−fmk22 =

Z 1+m1 1

(m(x−1)−n(x−1))2dx +

Z 1+1n 1+1

(n(x−1)−1)2dx

(31)

Fortsetzung Beispiel.

= (m−n)2 3m2 + 1

3n

m−n m

3

−→0 Als Grenzfunktion erhalten wir

f(x) =

0 f¨ur 0≤x ≤1 1 f¨ur 1<x ≤2 Begr¨undung:

kfn(x)−f(x)k22= Z 1+1n

1

(n(x−1)−1)2dx = 1 3n →0 Aber: f(x)∈ C[0,/ 2].

Also: (C[0,2],k · k2) ist nicht vollst¨andig.

(32)

Beispiel 1.24

Wir betrachten nun den Funktionenraum (C[0,2],k · k).

Behauptung: In (C[0,2],k · k) ist die Folgefn(x) von Beispiel 1.23 keine Cauchy-Folge.

Beweis: W¨ahle= 12. Sei n0∈Nbeliebig.

W¨ahlen=n0,m= 2n0,x0= 1 + m1. Damit erhalten wir:

fm(x0) = 1 fn(x0) = n(1 + 1

m−1) = n m = 1

2 und damit

kfn(x)−fm(x)k≥ |fn(x0)−fm(x0)|= 1

(33)

Ein vollst¨ andiger Funktionenraum

Allein mit Beispiel 1.24 k¨onnen wir nat¨urlichnicht folgern, dass (C[0,2],k · k) ein Banachraum ist.

Zur Erinnerung:

punktweise Konvergenz einer Funktionenfolge (fn) gegen f:

∀x ∈D∀ >0∃n0 ∈N∀n≥n0 :|fn(x)−f(x)|<

gleichm¨aßige Konvergenz einer Funktionenfolge (fn) gegen f:

∀ >0∃n0 ∈N∀n≥n0∀x∈D :|fn(x)−f(x)|<

Wir zeigen nun, dass Konvergenz bzgl. der Norm k · k gleichm¨aßiger Konvergenz entspricht.

(34)

Lemma 1.25

Es sei(fn)⊆ C[a,b]eine Funktionenfolge mit der Funktion f als Grenzwert bzgl. der Norm k · k.

Dann konvergiert (fn) gleichm¨aßig gegen die Grenzfunktion f . Beweis.

n→∞lim fn=f

⇒ ∀ >0∃n0∈N∀n ≥n0 :kfn−fk<

⇒ ∀ >0∃n0∈N∀n ≥n0 : max

x∈[a,b]|fn(x)−f(x)|<

⇒ ∀ >0∃n0∈N∀n ≥n0∀x ∈[a,b] :|fn(x)−f(x)|<

(35)

Lemma 1.26

Es sei(fn)⊆ C[a,b]eine Funktionenfolge mit der Funktion f als Grenzwert bzgl. der Norm k · k.

Dann ist auch die Grenzfunktion f stetig.

Beweis.

Es sei x0 ∈[a,b] und >0 beliebig. Sei0= 3 >0.

Da (fn) gleichm¨aßig konvergiert, existiert ein n0∈N, so dass f¨ur alle n ≥n0 und allex ∈[a,b] gilt:

|fn(x)−f(x)|< 0 und |fn(x0)−f(x0)|< 0.

Da fnstetig ist, existiert zu 0 einδ >0, so dass f¨ur alle x ∈[a,b] gilt:

|x−x0|< δ⇒ |fn(x)−fn(x0)|< 0.

(36)

Fortsetzung Beweis.

Damit folgt f¨ur|x−x0|< δund n ≥n0:

|f(x)−f(x0)| = |f(x)−fn(x) +fn(x)−fn(x0) +fn(x0)−f(x0)|

≤ |f(x)−fn(x)|+|fn(x)−fn(x0)|+|fn(x0)−f(x0)|

< 0+0+0

= .

Also ist f stetig an der Stellex0 und somit (weilx0 beliebig) auf [a,b].

Folgerung 1.27

(C[a,b],k · k) ist ein Banachraum.

(37)

Skalarprodukt

Definition 1.28

Es sein V einR-Vektorraum.

Eine Abbildung h·,·i:V ×V →R, die f¨ur alle x,y,z∈V und alleα∈R die folgenden Eigenschaften erf¨ullt, heißtSkalarproduktf¨ur den

R-Vektorraum V.

1 hx,xi ≥0 (nicht negativ)

2 hx,xi= 0⇔x=0 (definit)

3 hx,yi=hy,xi (symmetrisch)

4 hx, αyi=αhx,yi (linear im zweiten Argument bzgl. ·)

5 hx,y+zi=hx,yi+hx,zi (linear im zweiten Argument bzgl. +)

(38)

Lemma 1.29

Sei h·,·i:V ×V →R ein Skalarprodukt f¨ur denR-Vektorraum V . Dann gilt:

1 hαx,yi=αhx,yi (linear im ersten Argument bzgl. ·)

2 hx+y,zi=hx,zi+hy,zi (linear im ersten Argument bzgl. +) Beweis.

1

hαx,yi=hy, αxi=αhy,xi=αhx,yi

2

hx+y,zi=hz,x+yi=hz,xi+hz,yi=hx,zi+hy,zi

(39)

Beispiele f¨ ur Skalarprodukt

Beispiel 1.30

1 Das klassisches Skalarprodukt f¨ur denRn ist:

hx,yi=

n

X

i=1

xiyi

2 Eine symmetrische Matrix A∈Rn×n ist positiv definit, wenn gilt:

xTAx>0 f¨ur alle x∈Rn\ {0}.

Jede positiv definite MatrixA definiert dann ein Skalarprodukt:

hx,yiA =xTAy=

n

X

i=1 n

X

j=1

aijxiyj

F¨ur die Einheitsmatrix ergibt sich wieder das klassische Skalarprodukt.

(40)

Skalarprodukt f¨ ur Funktionen

F¨ur f,g ∈ C[a,b]:

hf,gi= Z b

a

f(x)g(x)dx

Dies ist das“klassische Skalarprodukt” f¨ur denC[a,b].

Man beachte:

hf,fi=kfk22

Ahnlich wie bei den positiv definiten Matrizen im¨ Rn k¨onnen wir aber auch ein gewichtetes Skalarprodukt f¨ur denC[a,b] definieren.

F¨ur p ∈ C[a,b] mitp(x)>0 f¨ur alle x ∈[a,b] ist auch hf,gip=

Z b a

p(x)f(x)g(x)dx

(41)

Beispiel 1.31

Wir betrachten den C[−1,1].

1 Seien

f(x) =x2−1 und g(x) = 2x+ 5.

Dann gilt:

hf,gi = Z 1

−1

(x2−1)(2x+ 5)dx

= Z 1

−1

2x3+ 5x2−2x−5dx

= 1

2x4+5

3x3−x2−5x

x=1 x=−1

= −20 3

(42)

Fortsetzung Beispiel.

2 Sei h(x) = 3x. Dann gilt:

hf,hi = Z 1

−1

(x2−1)3x dx

= 3 Z 1

−1

x3−x dx

= 3 1

4x4−1 2x2

x=1 x=−1

= 0

Die Funktionen f und h stehen also “senkrecht”aufeinander.

(43)

Euklidischer Vektorraum

Definition 1.32

Ein euklidischer Vektorraumist ein R-Vektorraum mit Skalarprodukt.

Bemerkungen:Wir werden noch sehen, dass durch das Skalarprodukt sowohl

einL¨angenbegriffals auch einWinkelbegriff

f¨ur die Vektoren definiert wird.

(44)

Cauchy-Schwarzsche Ungleichung

Satz 1.33

Es sei V ein euklidischer Vektorraum.

Dann gilt f¨ur alle x,y∈V :

hx,yi2 ≤ hx,xi · hy,yi

Beweis.

F¨ury=0 folgt hx,yi= 0 undhy,yi= 0. Damit ist die Ungleichung erf¨ullt.

Sei also y6=0und somit auch hy,yi 6= 0. F¨ur jedesλ∈Rgilt dann:

0≤ hx−λy,x−λyi = hx−λy,xi −λhx−λy,yi

= hx,xi −2λhx,yi+λ2hy,yi

(45)

Fortsetzung Beweis.

Wir w¨ahlen nun:

λ= hx,yi

hy,yi =hx,yi Damit erhalten wir:

0 ≤ hx,xi −2hx,yi2

hy,yi + hx,yi2 hy,yi

= hx,xi −hx,yi2 hy,yi

Daraus folgt die Ungleichung.

(46)

Skalarprodukt und Norm

Satz 1.34

Es sei V ein euklidischer Vektorraum mit einem Skalarprodukt h·,·i.

Dann wird durch

kxk:=p hx,xi

eine Norm auf V definiert.

Beweis.

1 Folgt aus der Nicht-Negativit¨at und der Definitheit des Skalarproduktes.

2 Folgt aus der Linearit¨at des Skalarproduktes:

kαxk=p

hαx, αxi= q

α2hx,xi=|α|p

hx,xi=|α|kxk

(47)

Fortsetzung Beweis.

Man beachte: F¨ur die definierte Norm folgt aus der Cauchy-Schwarzen Ungleichung:

|hx,yi| ≤ kxkkyk

Damit ergibt sich:

kx+yk2 = hx+y,x+yi

= hx,xi+ 2hx,yi+hy,yi

= kxk2+ 2hx,yi+kyk2

≤ kxk2+ 2|hx,yi|+kyk2

≤ kxk2+ 2kxkkyk+kyk2

= (kxk+kyk)2

Wurzelziehen auf beiden Seiten ergibt dann die Dreiecksungleichung.

(48)

Induzierte Norm und Winkel

Die in Satz 1.34 definierte Norm nennen wir diedurch das Skalarprodukt induzierte Norm.

Mit der Cauchy-Schwarzen Ungleichung folgt f¨ur die induzierte Norm:

−1≤ hx,yi kxkkyk ≤1 Mittels

cos(α) = hx,yi kxkkyk

k¨onnen wir so zwei Vektoren in einem euklidischen Vektorraum einen Winkelα zuordnen.

Ein Vektorraum mit einem Skalarprodukt verf¨ugt somit ¨uber einen L¨angen- und Winkelbegriff.

(49)

Orthogonalit¨ at

Ein ganz spezieller Winkel ist der rechte Winkel (π/2).

Definition 1.35

Es sei V ein euklidischer Vektorraum.

Zwei Vektoren x,y∈V heißenorthogonal, wenn gilt:

hx,yi= 0.

F¨ur einen UnterraumU ⊆V heißt

U={v∈V|∀u∈U :hv,ui= 0}

der Orthogonalraumvon U in V.

(50)

Beispiele f¨ ur orthogonale Funktionen

Beispiel 1.36

Die Funktionen 1,sin(x),cos(x) sind inC[−π, π] paarweise orthogonal.

Z π

−π

sin(x) cos(x)dx = 1

2sin2(x)

x=π x=−π

= 0 Z π

−π

1·cos(x)dx = sin(x)|x=πx=−π = 0 Z π

−π

1·sin(x)dx =−cos(x)x=πx=−π = 0

(51)

Orthogonalsystem

Definition 1.37

Eine Menge M ={a(1), . . . ,a(m)} von Vektoren eines VektorraumsV heißt Orthogonalsystem, wenn die Vektoren paarweise zueinander orthogonal sind.

Ein OrthogonalsystemM, das Basis vonV ist, heißt Orthogonalbasis.

Gilt zus¨atzlich ka(i)k= 1 f¨ur i = 1, . . . ,m, dann istM ein

Orthonormalsystem bzw. eineOrthonormalbasis, wenn M eine Basis von V ist.

(52)

Gram-Schmidt-Orthogonalisierung

Aufgabe: Man finde zu einem

Vektorraum mit BasisB eine zugeh¨orige Orthogonal- bzw. Orthonormalbasis.

In der Zeichnung rechts gilt:

kbak = kbkcosϕ

= kbk ha,bi kak · kbk

= ha,bi kak

Also:

I Normierea.

I Bilde b:=bba =b− ha,bia

I Normiereb.

(53)

Gram-Schmidt-Algorithmus

Algorithmus 1.38 r1,1:=ka(1)k q(1):= r1

1,1a(1) for j := 2 tom do

q(j):=a(j)

for i := 1toj −1 do ri,j :=

q(i),a(j) q(j) :=q(j)−ri,jq(i) end

rj,j :=kq(j)k q(j):= r1

j,jq(j) end

(54)

Orthogonalisierung eines Funktionenraums

Beispiel 1.39

Wir betrachten P2[0,1], den Vektorraum der Polynome mit Grad≤2 auf dem Intervall [0,1].

Die Funktionen 1,x,x2 bilden eine Basis von P2[0,1], aber keine Orthogonal- bzw. Orthonormalbasis.

Wir nutzen den Gram-Schmidt-Algorithmus f¨ur die Berechnung einer Orthonormalbasis.

Es gilt:

Z 1 0

1dx = 1.

Also:q1(x) = 1.

Wir orthogonalisieren:

Z 1 1

(55)

Fortsetzung Beispiel.

Wir normieren:

x−1 2

= s

Z 1 0

x2−x+1

4dx = 1

√ 12 Also:q2(x) =√

12 x− 12 . Wir orthogonalisieren:

x2− h1,x2i

| {z }

=13

·1− h√

12(x−1 2),x2i

| {z }

=1

12

·√

12(x−1 2)

= x2−x+ 1 6

(56)

Fortsetzung Beispiel.

Wir normieren:

x2−x+1 6

= s

Z 1 0

x4−2x3+4 3x2−1

3x+ 1

36dx = 1

√ 180 Also:q3(x) =√

180 x2−x+16 . Damit bilden die Funktionen

q1(x) = 1, q2(x) =

√ 12

x− 1

2

, q3(x) =

√ 180

x2−x+1 6

eine Orthonormalbasis des P2[0,1].

(57)

Umrechung zwischen kanonischer und anderer Orthonormalbasis

Sei b1,b2, . . . ,bn ∈Rn eine Orthonormalbasis des Rn. Wie stellen wir ein x∈Rn als Linearkombination derbi dar?

Wir suchen also α1, . . . , αn ∈Rmit:

x=

n

X

i=1

αibi

Hierzu bilden wir die Projektion vonx auf jedes bi. Die L¨ange dieser Projektion ist gerade das Skalarprodukt!

Also:

αi =hbi,xi

(58)

Beispiel 1.40

Unsere Orthonormalbasis desR3 sei:

b1 = 1

√14

 1 2 3

, b2= 1

√5

−2 1 0

, b3= 1

√70

 3 6

−5

und unser Vektor sei:

x=

−1 7 2

Wir erhalten:

α1 =hb1,xi= 19

14, α2 =hb2,xi= 9

5, α3=hb3,xi= 29

√ 70 Probe: Tafel .

(59)

Hilbert-Raum

Definition 1.41

Ein R- oderC-Vektorraum mit einem Skalarprodukt heißtPr¨ahilbertraum.

Ein Pr¨ahilbertraum, der vollst¨andig bzgl. der durch das Skalarprodukt induzierten Norm ist, heißt Hilbertraum.

David Hilbert

deutscher Mathematiker (1862-1943)

Gilt als einer der bedeutendsten Mathematiker der Neuzeit.

(60)

Metrik

Definition 1.42

Es sei M eine Menge. Eine Abbildungd :M×M →Rmit den Eigenschaften

d(x,y)≥0 undd(x,y) = 0⇔x=y, d(x,y) =d(y,x),

d(x,y)≤d(x,z) +d(z,y) f¨ur alle x,y,z∈M heißt Metrik.

Das Paar (M,d) nennen wir metrischer Raum.

Bemerkung: Einmetrischer Raum ist also eine Menge mit einem Abstandsbegriff.

(61)

Norm als Metrik

Satz 1.43

Sei (V,k · k) ein normierter Raum. Dann wird durch d(x,y) =kx−yk

eine Metrik auf V induziert und mit dieser Metrik ist(V,d)ein metrischer Raum.

Beispiel 1.44 Durch

d(f,g) = Z b

a

|f(x)−g(x)|dx wird eine Metrik auf dem C[a,b] definiert.

(62)

Weitere Beispiele f¨ ur Metriken

Beispiel 1.45

1 Es seiM eine beliebige Menge. Dann wird durch d(x,y) =

1 fallsx 6=y 0 fallsx =y

eine Metrik auf M definiert (die sogenanntediskrete Metrik).

2 Es seiM die Menge aller beschr¨ankten Folgen. Dann ist d((an),(bn)) = sup

i∈N

|ai −bi|

eine Metrik auf M.

(63)

Fortsetzung Beispiel.

3 Es seiM eine endliche Menge. Dann wird durch d(A,B) =|A∪B| − |A∩B|

eine Metrik auf P(M) definiert.

4 Es sei Σ ein Alphabet.

F¨ur s,t∈Σ sei d(s,t) die minimale Anzahl an L¨oschungen, Einf¨ugungen oder Ersetzungen einzelner Zeichen ∈Σ die notwendig ist, ums in t zu ¨uberf¨uhren.

Dies ist die sogenannteLevenshtein-Metrik.

(64)

-Umgebung, offene und abgeschlossene Menge

Wir f¨uhren nun einige Begriffe ein, die typischerweise in normierten R¨aumen verwendet werden, f¨ur deren Definition aber nur ein Abstandsbegriff notwendig ist.

Definition 1.46

Es sei (M,d) ein metrischer Raum. F¨ur x∈M und >0 heißt die Menge U(x) :={y∈M|d(x,y)< }

-Umgebung von x.

Eine Menge A⊆M heißt offen, wenn gilt:

∀x∈A∃ >0 :U(x)⊆A.

Eine Menge A heißtabgeschlossen, wenn ihr KomplementAC :=M\A

(65)

Inneres, ¨ Außeres und Rand einer Menge

Definition 1.47

Es sei (M,d) ein metrischer Raum undA⊆M.

x ∈Aheißt innerer Punkt vonA, wenn >0 existiert mit U(x)⊆A.

A bezeichnet dieMenge der inneren Punkte vonA (dasInnerevon A).

x ist ein¨außerer Punktvon A, wennx innerer Punkt vonAC ist. Die Menge der ¨außeren Punkte ist das Außere¨ von A.

x ist einRandpunktvon A, wenn f¨ur alle >0 gilt:U(x) enth¨alt

I einyM mity/Aund

I einz M mitz A.

∂Abezeichnet die Menge der Randpunkte und heißtRand von A.

A:=A∪∂Aist der Abschlussvon A.

(66)

Lemma 1.48

Es sei (M,d) ein metrischer Raum und A⊆M.

A ist genau dann offen, wenn A=A gilt.

A ist genau dann abgeschlossen, wenn A=A gilt.

Lemma 1.49

Der Schnitt beliebig vieler abgeschlossener Mengen ist wieder abgeschlossen.

(67)

Konvergenz in metrischen R¨ aumen

Die Begriffe Grenzwertund Konvergenz k¨onnen leicht auf metrische R¨aume verallgemeinert werden.

Definition 1.50

Es sei (M,d) ein metrischer Raum und (an) eine Folge in M.

Ein a∈M heißt Grenzwertder Folge (an), wenn gilt:

∀ >0∃n0 ∈N∀n≥n0 :d(an,a)<

Eine Folge, die einen Grenzwert besitzt, heißt konvergent.

(68)

Konvergenz und punktweise Konvergenz

Das folgende Beispiel zeigt, dass aus der Konvergenz einer Funktionenfolge in einem metrischen Funktionenraum nicht die punktweise Konvergenz folgen muss.

Beispiel 1.51

Wir betrachten die Menge M =C[a,b] mit der Metrik d(f,g) =

Z b

a

|f(x)−g(x)|dx.

Eine Folge (fn) konvergiert in M gegen eine Funktionf gdw.

n→∞lim d(fn,f) = lim

n→∞

Z b a

|fn(x)−f(x)|dx = 0.

(69)

Fortsetzung Beispiel.

Wir betrachten nun speziell den C[0,1] und darin die Funktionenfolge (fn) mit

fn(x) =

nx f¨ur 0≤x ≤ 1n 1 f¨ur 1n <x ≤1 sowie die Funktion f(x) = 1. Nun gilt:

Z 1 0

|fn(x)−f(x)|dx = Z 1

n

0

(1−nx)dx = 1

2n →0 f¨urn→ ∞.

Also gilt in diesem metrischen Raum fn→f.

Aber es gilt auchfn(0) = 0 f¨ur alle n∈Nund f(0) = 1. Damit liegt keine punktweise Konvergenz vor.

(70)

Eine punktweise konvergente Funktionenfolge muss aber auch nicht konvergent im metrischen Funktionenraum sein.

Beispiel 1.52

Wir betrachten die Funktionenfolge (fn) mit

fn(x) =

0 f¨urx = 0 n f¨ur 0<x ≤ 1n 0 f¨ur 1n <x ≤1

Die Folge (fn) konvergiert punktweise gegen die Funktionf(x) = 0. Aber Z 1

0

|fn(x)−f(x)|dx = Z 1

0

fn(x)dx = Z n1

0

n dx = 1.

Bzgl. der gew¨ahlten Metrik liegt also keine Konvergenz im Funktionenraum vor.

(71)

Cauchy-Folgen

Auch f¨ur den Begriff der Cauchy-Folge ben¨otigen wir nur eine Metrik.

Definition 1.53

Es sei (M,d) ein metrischer Raum.

Eine Folge (an) inM heißtCauchy-Folge, wenn gilt:

∀ >0∃n0 ∈N∀n,m≥n0:d(an,am)<

Lemma 1.54

Jede konvergente Folge in einem metrischen Raum (M,d) ist auch eine Cauchy-Folge in diesem Raum.

(72)

Beweis.

Sei (an) eine konvergente Folge im metrischen Raum (M,d) mit Grenzwert a. Sei >0 beliebig.

N.V. existiert f¨ur 0:= 2 einN0 ∈N, so dass gilt:

d(an,a)< 0 undd(am,a)< 0 f¨ur alle n,m≥N0

W¨ahlen0 :=N0. Dann gilt f¨ur alle n,m≥n0:

d(an,am)≤d(an,a) +d(am,a)< 0+0=

(73)

Vollst¨ andigkeit in metrischen R¨ aumen

Schon von den normierten R¨aumen kennen wir Beispiele, dass eine Cauchy-Folge nicht konvergent sein muss.

Beispiel 1.55

1 Mit M =Qund der Metrikd(x,y) =|x−y|ist (M,d) ein metrischer Raum.

Wir wissen, das die Folge

1,1.4,1.41,1.414,1.4142, . . . gegen √

2 konvergiert und damit eine Cauchy-Folge ist. Sie konvergiert aber nicht gegen einen Grenzwert inM.

(74)

Fortsetzung Beispiel.

2 Sei M =C[0,1] mit der Metrik d(f,g) =

Z 1 0

|f(x)−g(x)|dx f¨ur f,g ∈ C[0,1].

Wir definieren die Folge (fn)n≥2 durch

fn(x) =





0 f¨ur 0≤x ≤ 121n n x−12

+ 1 f¨ur 121n <x ≤ 12 1 f¨ur 12 <x≤1 (fn) ist eine Cauchy-Folge, denn:

d(fm,fn) = Z 1

0

|fn(x)−fm(x)|dx Z 1

2 Z 1

2 1

1 1

(75)

Fortsetzung Beispiel.

Wir nehmen an, es gibt eine Funktionf ∈ C[0,1] mitd(fn,f)→0. Wegen d(fn,f) =

Z 1

21

n

0

|f(x)|dx+ Z 1

2 1 21n

|fn(x)−f(x)|dx+ Z 1

1 2

|1−f(x)|dx und d(fn,f)→0 folgt:

Z 1

2

0

|f(x)|dx = 0 und Z 1

2

0

|1−f(x)|dx = 0 Dies ist aber ein Widerspruch zur Stetigkeit von f.

Definition 1.56

Ein metrischer Raum heißt vollst¨andig, wenn jede Cauchy-Folge auch konvergent ist.

(76)

Stetigkeit

Definition 1.57

Es seien (M,d) und (M0,d0) metrische R¨aume,x0 ∈M und f :M →M0. Die Funktion f heißtstetig in x0, wenn f¨ur alle Folgen (xn), die inM gegen x0 konvergieren, die Folgen (f(xn)) inM0 gegenf(x0) konvergieren.

Satz 1.58 (-δ-Kriterium)

Eine Funktion f ist genau dann stetig in x0, wenn gilt:

∀ >0∃δ >0∀x ∈M :d(x,x0)< δ⇒d0(f(x),f(x0))< .

(77)

Gleichm¨ aßige Stetigkeit

Definition 1.59

Es seien (M,d) und (M0,d0) metrische R¨aume,f :M →M0 und S ⊆M. Die Funktion f heißtgleichm¨aßig stetig aufS, wenn gilt:

∀ >0∃δ >0∀x,y ∈M :d(x,y)< δ⇒d0(f(x),f(y))< . Bei der gleichm¨aßigen Stetigkeit h¨angt dasδ nur von, nicht aber von der Stetigkeitsstelle x0 ab.

Lemma 1.60

Ist eine Funktion f gleichm¨aßig stetig auf S , dann ist f auch stetig auf S (also in jedem Punkt von S ).

(78)

Fixpunkt

Definition 1.61

Es sei M eine nicht leere Menge undf :M →M.

Ein x ∈M mitf(x) =x heißt Fixpunktder Abbildung f. Beispiel 1.62

Jede stetige Funktionf : [0,1]→[0,1] hat einen Fixpunkt.

Beweis: Man betrachte die Funktion g(x) :=f(x)−x und wende den Zwischenwertsatz an.

(79)

Banachscher Fixpunktsatz

Satz 1.63

Es sei (M,d) ein nicht leerer und vollst¨andiger metrischer Raum, 0<q <1 und f :M →M eine Abbildung, f¨ur die gilt:

d(f(x),f(y))≤q·d(x,y) f¨ur allex,y ∈M.

Dann hat f einen eindeutigen Fixpunkt und die Folge (xn)definiert durch xn+1=f(xn)

konvergiert f¨ur jeden beliebigen Startwert x0.

Abbildungen wie in der Voraussetzung f¨ur den Banachschen Fixpunktsatz heißenkontrahierend bzw. Kontraktion.

Die Zahlq heißt auchKontraktionszahl oderLipschitz-Konstante.

(80)

Beweis.

1 Wir zeigen, dass f gleichm¨aßig stetig aufM ist.

Sei >0 beliebig. Wir w¨ahlen δ=. Damit gilt:

d(x,y)< δ⇒d(f(x),f(y))≤q·d(x,y)<qδ <

2 Wir zeigen, dass (xn) eine Cachy-Folge ist. Seim≥n:

d(xn,xm) ≤ qnd(x0,xm−n)

≤ qn(d(x0,x1) +d(x1,x2) +· · ·+d(xm−n−1,xm−n))

= qn

m−n

X

k=1

d(fk−1(x0),fk(x0))

≤ qnd(x0,f(x0))

m−n−1

X

k=0

qk

< qn

d(x0,f(x0))−→0

(81)

Fortsetzung Beweis.

3 Da (xn) eine Cauchy-Folge ist und der Raum (M,d) vollst¨andig ist, hat die Folge (xn) einen Grenzwert z ∈M.

4 Die Folgef(xn) hat auch den Grenzwert z, denn wegenxn+1=f(xn) ist sie eine Teilfolge der konvergenten Folge (xn).

5 Aus der Stetigkeit von f folgt dannf(z) =z.

6 Es seiz0 ebenfalls ein Fixpunkt. Dann folgt:

d(z,z0) =d(f(z),f(z0))≤qd(z,z0).

Wegen q<1 ist dies f¨ur d(z,z0)>0 und somitz 6=z0 ein Widerspruch.

Somit gilt z =z0, der Fixpunkt ist also eindeutig.

(82)

Anwendungen des Banachschen Fixpunktsatzes

Beispiel 1.64

Es sei f :R→R eine differenzierbare Funktion mit|f0(x)| ≤q und q ∈[0,1). Dann hatf einen eindeutigen Fixpunkt.

Beweis: Mit dem Mittelwertsatz folgt f¨ur alle x <y ∈R: f(y)−f(x) =f0(ξ)(y−x) mit ξ∈(x,y). Daraus ergibt sich

|f(x)−f(y)| ≤q|y−x|

f ist also kontrahierend.

Mit dem Banachschen Fixpunktsatz folgt dann die Aussage. Dabei bildet R mit der Betragsfunktion als Metrikden metrischen Raum.

(83)

Beispiel 1.65

Die Cosinusfunktion hat im Intervall 0,π2

einen Fixpunkt (folgt mit dem Zwischenwertsatz). Wie k¨onnen wir den Punkt x ∈

0,π2 mit cos(x) =x berechnen?

Leider istcos(x) auf dem Intervall 0,π2

nicht kontrahierend (warum nicht?).

Aber dort, wo die Funktion cos(x) einen Fixpunkt hat, hat auch die Funktion cos(cos(x)) einen Fixpunkt.

Es gilt (cos(cos(x)))0= sin(cos(x)) sin(x)≤sin(1)∈(0,1). Damit ist cos(cos(x)) kontrahierend.

Mit dem Banachschen Fixpunktsatz folgt, dass die Folge x0= 0,xn+1 = cos(cos(xn))

gegen den Fixpunkt konvergiert. +Java-Programm.

(84)

Zusammenfassung

Ein euklidischer Raumist ein Vektorraum mit Skalarprodukt.

Durch das Skalarprodukt wird eine Winkel- und L¨angenfunktion definiert.

Jeder euklidische Raum ist ein normierter Raum.

Ein normierter Raumist ein Vektorraum mit einer L¨angenfunktion f¨ur die Vektoren (Norm).

Jeder normierte Raum ist ein metrischer Raum.

Ein Banachraumist ein vollst¨andiger normierter Raum, d. h. jede Cauchy-Folge ist auch konvergent.

Endlichdimensionale normierte R¨aume sind stets vollst¨andig.

Funktionenr¨aumesind wichtige und meist nicht endlichdimensionale normierte R¨aume.

Ein metrischer Raumist eine Menge mit einer Abstandsfunktion f¨ur die Elemente.

Banachscher Fixpunktsatz:Kontrahierende Abbildungen in

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