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BESCHLUSS DES GERICHTS (Zweite Kammer) 29. September 1995 *

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BESCHLUSS DES GERICHTS (Zweite Kammer) 29. September 1995 *

In der Rechtssache T-381/94

Sindacato Pensionati Italiani,

Federazione Nazionale Pensionati,

Unione Italiana Lavoratori Pensionati,

Vereine italienischen Rechts, Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Massimo Severo Giannini und Massimo D'Antona, Rom, und Mario Chiti, Florenz, Zustel- lungsanschrift: Kanzlei der Rechtsanwälte Losch und Wolter, 11, rue Goethe, Luxemburg,

Kläger,

gegen

* Verfahrenssprache: Italienisch.

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Rat der Europäischen Union, vertreten durch Giorgio Maganza und Antonio Tanca, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter:

Bruno Eynard, Leiter der Direktion für Rechtsfragen der Europäischen Investitionsbank, 100, boulevard Konrad Adenauer, Luxemburg-Kirchberg,

Beklagter,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses 94/660/EG, Euratom des Rates vom 26. September 1994 über die Ernennung der Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses für die Zeit vom 21. September 1994 bis zum 20. September 1998 (ABl. L 257, S. 20), soweit er Filippo De Jorio ernennt,

erläßt

DAS G E R I C H T ERSTER INSTANZ

DER E U R O P Ä I S C H E N G E M E I N S C H A F T E N (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten B. Vesterdorf, der Richter D. P. M. Barrington und A. Saggio,

Kanzler: H . Jung

folgenden I I - 2744

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Beschluß

Rechtlicher R a h m e n

1 Nach Artikel 193 EG-Vertrag wird ein Wirtschafts- und Sozialausschuß der Euro- päischen Gemeinschaften (im folgenden: WSA) mit beratender Aufgabe errichtet, der aus Vertretern der verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens, insbesondere der Erzeuger, der Landwirte, der Verkehrsunternehmer, der Arbeitnehmer, der Kaufleute und Handwerker, der freien Berufe und der Allge- meinheit besteht.

2 Artikel 194 Absatz 1 EG-Vertrag teilt die Sitze des WSA unter den Mitgliedstaaten auf. Nach Artikel 194 Absatz 2 werden die Mitglieder des WSA vom Rat durch einstimmigen Beschluß auf vier Jahre ernannt. Wiederernennung ist zulässig. Nach Artikel 194 Absatz 3 sind die Mitglieder des WSA an keine Weisungen gebunden und üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Gemeinschaft aus.

3 Artikel 195 EG-Vertrag hat folgenden Wortlaut:

„(1) Zur Ernennung der Mitglieder des Ausschusses legt jeder Mitgliedstaat dem Rat eine Liste vor, die doppelt so viele Kandidaten enthält, wie seinen Staats- angehörigen Sitze zugewiesen sind.

Die Zusammensetzung des Ausschusses muß der Notwendigkeit Rechnung tragen, den verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens eine angemessene Vertretung zu sichern.

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(2) Der Rat hört die Kommission. Er kann die Meinung der maßgeblichen euro- päischen Organisationen der verschiedenen Zweige des Wirtschafts- und Soziallebens einholen, die an der Tätigkeit der Gemeinschaft interessiert sind."

Sachverhalt und Verfahren

4 Es ist unter den Parteien unstreitig, daß Italien im Hinblick auf die unmittelbar bevorstehende Ernennung der Mitglieder des WSA für die Zeit vom 21. September 1994 bis zum 20. September 1998 dem Rat gemäß Artikel 195 Absatz 1 EG-Ver- trag am 19. September 1994 eine Liste übermittelte, die doppelt so viele Kandida- ten enthielt, wie Italien Sitze vorbehalten sind, wobei die eine Hälfte der Namen in erster Linie, die andere Hälfte alternativ vorgeschlagen wurde. Nachdem die Kom- mission in einem Dringlichkeitsverfahren gehört worden war, erließ der Rat am 26.

September 1994 nach dem sogenannten Punkt-A-Verfahren den Beschluß 94/660/EG, Euratom über die Ernennung der Mitglieder des WSA für die Zeit vom 21. September 1994 bis zum 20. September 1998 (ABl. L 257, S. 20).

5 Zu den ernannten Personen gehörte Filippo de Jorio von der Alleanza dei pensio- nati.

6 Die Kläger, sämtlich Interessenvertretungen von italienischen Rentnern, haben die vorliegende Klage erhoben.

II - 2746

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7 Mit am 10. Februar 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat der Rat eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben. Die Kläger haben am 16. März 1995 zu dieser Einrede der Unzulässigkeit Stellung genommen.

8 Mit am 4. April 1995 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat Herr de Jorio beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen zu werden.

Anträge der Parteien

9 Die Kläger beantragen,

— den Beschluß 94/660 vom 26. September 1994 gemäß den Artikeln 173 und 174 EG-Vertrag für nichtig zu erklären, soweit mit ihm Filippo de Jorio von der Alleanza dei pensionati ernannt worden ist;

— dem Rat die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

1 Der Rat beantragt,

— die Klage als unzulässig abzuweisen;

— den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

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Zur Zulässigkeit

Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

1 1 Der Beklagte macht geltend, die Kläger seien vom streitigen Beschluß nicht im Sinne des Artikels 173 Absatz 4 EG-Vertrag individuell betroffen.

12 Zunächst würden die Mitglieder des WS A nach den Artikeln 193 und 194 EG-Ver- trag individuell als in voller Unabhängigkeit handelnde Vertreter von Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens und nicht als Vertreter der Vereinigungen, denen sie angehörten, ernannt. Daher könne eine Vereinigung nicht von einem Beschluß über die Ernennung eines Mitglieds des WSA individuell betroffen sein.

13 Außerdem hätten zum einen die fraglichen Vereinigungen keine Rolle bei der Ernennung der Mitglieder des WSA gespielt, und zum anderen sei eine Vereini- gung in ihrer Eigenschaft als Vertreter einer Gruppe von Personen nach ständiger Rechtsprechung nicht individuell von einer Handlung betroffen, die die allgemei- nen Interessen dieser Gruppe berühre.

1 4 Die Kläger heben demgegenüber die verfassungsrechtliche Bedeutung der Ernen- nung der Mitglieder des WSA für die Gemeinschaft hervor. Demgemäß bestehe ein allgemeines Interesse daran, daß die Mitglieder des WSA unter Einhaltung des EG-Vertrags ernannt würden.

II - 2748

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15 Sodann entbinde die Tatsache, daß die Gruppe der Rentner in Artikel 193 EG-Ver- trag nicht ausdrücklich vorgesehen, sondern der Allgemeinheit zuzuordnen sei, den Rat nicht von der Verpflichtung, eine angemessene Vertretung der Rentner zu sichern. Insbesondere müsse der Rat sich vergewissern, wenn er ein Mitglied zur Wahrung der Interessen der Rentner ernenne, daß der Ernannte zu deren angemes- senen Vertretung fähig sei. Ziel der Klage sei es nicht, die Ernennung eines Reprä- sentanten der Kläger zum Mitglied des WSA zu erreichen, sondern ein Mitglied auszuschließen, dem selbst ein Mindestmaß an Repräsentativität fehle. Durch die Klage sollten die Interessen der Rentner, deren legitime Vertreter sie seien, und nicht ihre eigenen Interessen geschützt werden. In diesem Zusammenhang weisen die Kläger darauf hin, daß sie zu dritt die Interessen von mehr als viereinhalb Mil- lionen italienischen Rentnern verträten.

16 Der Gerichtshof habe im Urteil vom 30. Juni 1988 in der Rechtssache 297/86 (CIDA u. a./Rat, Slg. 1988, 3531) nicht entschieden, daß Gruppen reprä- sentierende Organisationen nie zur Erhebung einer Klage gegen die Ernennung von Mitgliedern des WSA befugt seien, sondern nur festgestellt, daß sich die Orga- nisation, um die es in dieser Rechtssache gegangen sei und die auf nationaler Ebene nur einen Teil der Gruppe der Arbeitnehmer und nicht die Gesamtheit dieser Gruppe vertreten habe, nicht in einer Lage befunden habe, die ihr ein Recht verlie- hen hätte, vom Rat bei seiner Entscheidung berücksichtigt zu werden. Die Rechts- sache CIDA u. a./Rat unterscheide sich von der vorliegenden dadurch, daß in jener Rechtssache dem WSA ein weiteres Mitglied als Vertreter derselben Grappe ange- hört habe. In der vorliegenden Rechtssache sei Herr de Jorio jedoch die einzige Person gewesen, die von der Gesamtheit der Mitgliedstaaten zur Vertretung der Interessen der Rentner ernannt worden sei.

17 Im übrigen sei die Gemeinschaft eine Rechtsgemeinschaft; die größtmögliche Beteiligung natürlicher und juristischer Personen an den Verfahren der gerichtli- chen Kontrolle sei eine der unverzichtbaren Voraussetzungen für die Wahrung der Demokratie eines Rechtssystems. Nichtigkeitsklagen hätten den Zweck, die Beach- tung des Rechts sicherzustellen, und diesem Zweck liefe es zuwider, wenn die Sachurteilsvoraussetzungen eng ausgelegt würden (Urteil des Gerichtshofes vom 11. November 1981 in der Rechtssache 60/81, IBM/Kommission, Slg. 1981, 2639).

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18 Überdies sei der in Anspruch genommene Rechtsbehelf der einzige, der italieni- schen Rentnern zur Verfügung stehe, um geltend zu machen, daß die Ernennung von Herrn de Jorio mit dem EG-Vertrag nicht vereinbar sei. Wenn die vorliegende Klage für unzulässig erklärt würde, sei der Rat jeder gerichtlichen Überprüfung dieser Ernennung entzogen. Nach italienischem Recht könnten die Kläger die Liste der von der italienischen Regierung vorgeschlagenen Kandidaten nicht anfechten, da diese Liste nur Vorbereitungshandlung sei.

19 Nach dem Urteil des Gerichtshofes vom 23. April 1986 in der Rechtssache 294/83 (Les Verts/Parlament, Slg. 1986, 1339) seien die in Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag genannten Voraussetzungen immer dann weit auszulegen, wenn die Klage betroffener Dritter zum Ziel habe, das ordnungsgemäße Funktionieren eines in die institutionelle Struktur der Gemeinschaft eingegliederten Organs sicherzu- stellen.

Würdigung durch das Gericht

20 Nach Artikel 111 der Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn eine Klage offensichtlich unzulässig ist, ohne Fortsetzung des Verfahrens durch Beschluß ent- scheiden. Da die sich aus den Akten ergebenden Angaben ausreichen, beschließt das Gericht, das Verfahren nicht fortzusetzen.

21 Die Kläger sind nicht Adressaten des streitigen Beschlusses und können daher nur dann gemäß Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag eine Nichtigkeitsklage gegen diesen Beschluß erheben, wenn er sie unmittelbar und individuell betrifft.

II - 2750

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22 W e r nicht Adressat einer E n t s c h e i d u n g ist, k a n n n a c h ständiger R e c h t s p r e c h u n g n u r d a n n geltend m a c h e n , v o n dieser E n t s c h e i d u n g im Sinne des Artikels 173 E G - Vertrag individuell betroffen z u sein, w e n n diese i h n w e g e n b e s t i m m t e r p e r s ö n l i - cher Eigenschaften o d e r besonderer, i h n aus d e m Kreis aller ü b r i g e n P e r s o n e n her- a u s h e b e n d e r U m s t ä n d e b e r ü h r t u n d i h n d a h e r in ähnlicher Weise individualisiert w i e d e n Adressaten (siehe z u l e t z t U r t e i l des Gerichts v o m 6. Juli 1995 in d e n v e r b u n d e n e n Rechtssachen T-447/93, T-448/93 u n d T-449/93, A I T E C u. a . / K o m m i s s i o n , Slg. 1995, II-1971).

23 Nach den Artikeln 193 und 194 EG-Vertrag werden die Mitglieder des WSA als Vertreter verschiedener Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens nicht zur Vertretung der Interessen der Vereinigungen ernannt, denen sie möglicherweise angehören. Artikel 194 Absatz 3 schreibt unzweideutig vor, daß die Mitglieder des WSA an keine Weisungen gebunden sind und ihre Tätigkeit in voller Unabhängig- keit zum allgemeinen Wohl der Gemeinschaft ausüben.

24 Daher berührt der streitige Beschluß die Kläger nicht wegen persönlicher Eigen- schaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände. Sie sind daher von diesem Beschluß nicht individuell betroffen.

25 Die Klage ist auch nicht deshalb zulässig, weil die Kläger eine große Zahl italieni- scher Rentner vertreten. Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus dem Schutz allgemeiner Interessen keine Befugnis einer Vereinigung, Nichtigkeitsklage zu erheben (Urteil AITEC u. a./Kommission, a. a. O.).

26 Zudem hat der Gerichtshof besonders zur Ernennung der Mitglieder des WSA festgestellt, daß eine Organisation, die auf nationaler Ebene nur einen Teil einer in

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Artikel 193 EG-Vertrag genannten Gruppe und nicht die Gesamtheit dieser Gruppe vertritt, sich nicht in einer Lage befindet, die ihr ein Recht verleihen würde, vom Rat bei seiner Entscheidung über die Ernennung berücksichtigt zu werden, und daher nicht als individuell betroffen im Sinne des Artikel 173 Absatz 4 EG-Vertrag angesehen werden kann (Urteil CIDA u. a./Rat, a. a. O., Randnr. 11).

27 D i e Kläger aber, auch w e n n sie die Interessen einer großen Z a h l italienischer R e n t - n e r vertreten, k ö n n e n d o c h nicht geltend machen, daß sie in Italien die G e s a m t h e i t der in Artikel 173 E G - V e r t r a g genannten G r u p p e „Allgemeinheit" repräsentieren.

Infolgedessen sind sie n a c h d e m v o m Gerichtshof i m Urteil C I D A u. a./Rat aufge- stellten G r u n d s a t z auch aus diesem G r u n d e nicht i m Sinne des Artikels 173 E G - Vertrag individuell betroffen.

28 D i e vorliegende Klage ist daher als offensichtlich unzulässig abzuweisen.

Zum Streithilfeantrag

29 Unter diesen Umständen braucht das Gericht über den Streithilfeantrag von Herrn de Jorio nicht zu entscheiden.

Kosten

30 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger mit ihrem Vorbringen II - 2752

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unterlegen sind, sind ihnen die Kosten einschließlich der Kosten ihrer Stellung- nahme zum Streithilfeantrag sowie der Kosten des Rates aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen

hat

DAS G E R I C H T (Zweite Kammer)

beschlossen:

1) Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2) Die Kläger tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Beklagten.

Luxemburg, den 29. September 1995

Der Kanzler

H. Jung

Der Präsident B. Vesterdorf

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