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Katharina Krause. Trauer in der Grundschule. Der Umgang mit trauernden Kindern im Schulalltag. Diplomica Verlag

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Trauer in der Grundschule

Der Umgang mit trauernden Kindern im Schulalltag

Katharina Krause

Diplomica Verlag

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Krause, Katharina: Trauer in der Grundschule: Der Umgang mit trauernden Kindern im Schulalltag. Hamburg, Diplomica Verlag GmbH 2013

Buch-ISBN: 978-3-8428-9552-2 PDF-eBook-ISBN: 978-3-8428-4552-7

Druck/Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2013

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Alle Rechte vorbehalten

© Diplomica Verlag GmbH

Hermannstal 119k, 22119 Hamburg

http://www.diplomica-verlag.de, Hamburg 2013 Printed in Germany

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ... 1

2. Der zeitliche Wandel im Umgang mit Tod und Trauer ... 4

2.1. Was bedeutet Trauer? ... 4

2.2. Ein Blick in die Geschichte der Menschheit ... 5

2.3. Der aktuelle Umgang mit Tod und Trauer ... 7

2.4. Gegenwärtige Entwicklungen – auf dem Weg der Enttabuisierung? ... 9

2.5. Bezüge zur Trauerarbeit mit Kindern ... 10

3. Die kindliche Konfrontation mit Tod und Trauer ... 12

3.1. Kinder und der Tod ... 12

3.1.1. Die Auseinandersetzung der Begleitperson mit dem Tod ... 13

3.1.2. Entwicklungspsychologische Todesvorstellungen im Kindesalter ... 15

3.1.3. Mögliche Vorerfahrungen der Kinder ... 17

3.2. Kinder und Trauer ... 18

3.2.1. Wie Kinder trauern ... 20

3.2.1.1. Verschiedene Ausdrucksweisen auf der Gefühlsebene ... 20

3.2.1.2. Phasen der Trauer ... 22

3.2.2. Aufgaben der Trauer und ihre grundsätzliche Bedeutung für die Psyche ... 25

4. Die präventive Thematisierung von Tod und Trauer im Schulalltag der Grundschule ... 28

4.1. Vorgaben des Rahmenplans Sachunterricht – ... 28

Ist Tod überhaupt ein Thema? ... 28

4.2. Das Projekt Hospiz macht Schule ... 30

4.2.1. Beschreibung des Projekts ... 30

4.2.2. Medienecho ... 31

4.2.3. Rückmeldungen der Lehrer ... 32

4.2.4. Rückmeldungen der Schüler ... 33

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4.3. Fazit der präventiven Konzepte ... 38

5. Die situative Konfrontation mit Tod und Trauer im Schulalltag der Grundschule ... 40

5.1. Maßnahmen auf der Ebene der Institution Schule ... 40

5.2. Die Rolle des Klassenlehrers als Trauerbegleiter und seine Grenzen ... 43

5.3. Formen der Konfrontation und Handlungsmöglichkeiten ... 47

5.3.1. Betroffenheit eines einzelnen Kindes ... 48

5.3.2. Betroffenheit der gesamten Klasse ... 56

5.3.2.1. Tod eines Mitschülers ... 57

5.3.2.2. Tod eines Kollegen ... 59

5.3.2.3. Problematische Reaktionsmuster der Lehrkraft ... 59

5.3.2.4. Schulische und außerschulische Rituale im Trauerprozess ... 61

5.3.2.5. Kinderbücher als Unterstützung im Umgang mit Tod und Trauer ... 64

5.3.3. Kontakt zu den Eltern ... 75

6. Fazit ... 78

I. Literaturverzeichnis ... i

II. Abbildungsverzeichnis ... iv

III. Anlagen ... v

a. Kurzfassung der Trauerphasen: Merkmale und Hinweise ... v

b. Evaluationsbogen der Schülerin Anna ... viii

c. Bild des Schülers Tim über den Ablauf der Projektwoche ... ix

d. Elternbriefe bei einem Todesfall ... x

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1. Einleitung

Kinder kommen in Berührung mit Sterben, Tod und Trauer – sind dies nicht Themen, vor denen sie in ihrem Alltag eher beschützt werden sollten? Ähnliche Gedanken mögen sich Er- wachsene häufig machen, wenn sie über die kindliche Konfrontation mit dem Tod nachden- ken. Doch was geschieht bei einem konkreten unvorhergesehenen Ereignis, beispielsweise wenn das Haustier eines Kindes oder auch ein geliebter Mensch aus der Umgebung stirbt?

Kinder stellen Fragen und ihre natürliche Neugier macht auch vor schwierigen Themen nicht Halt, wie Abbildung 1 verdeutlicht:

Das kleine Meerschweinchen Herr Muffin ist gestorben. Fragen über Fragen stellen sich dem Kind, dem das Meerschweinchen gehörte, wie der Ausschnitt aus dem Kinderbuch Adieu, Herr Muffin zeigt (vgl. Nilsson/ Tidholm 2007, o.S.). Häufig ist der Verlust des geliebten Haustieres für Kinder der erste Kontakt mit dem Tod und kann bei ihnen zu vielen Fragen und zu einer anhaltenden Trauer führen, die sie verarbeiten müssen (vgl. Ennulat 2011, S. 26).

Erwachsene stehen in solch einer Situation häufig vor der Frage, wie sie das betroffene Kind Abbildung 1: Herr Muffin

Quelle: Nilsson/Tidholm 2007, ohne Seite.

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im Ernstfall trösten und mit ihm über das Geschehene sprechen können. Allgemein stellt hier- bei nicht nur das Zuhause, sondern auch die Schule einen Ort dar, an den Kinder jene Dinge mitbringen, die ihnen besonders am Herzen liegen – seien es positive oder negative Ereignis- se. Der Erzählkreis könnte zum Beispiel eine solche Situation sein, in der das Erlebte der Klasse und der Lehrkraft mitgeteilt wird. Besonders schwere, tragische Erlebnisse bringen die Lehrkraft hierbei in eine Situation, die nicht immer leicht zu bewältigen ist, da die psycholo- gische und pädagogische Forschung über kindliche Gefühle und Vorstellungen rund um das Thema Tod bisher noch nicht so weit fortgeschritten ist wie für Erwachsene (vgl. Jennessen 2007, S. 1 f.). Wie kann damit umgegangen werden, wenn ein Kind vom Tod eines Haustieres oder Familienmitgliedes erzählt und offenbar sehr davon betroffen ist? Wie fängt die Lehr- kraft die Klasse auf, wenn ein Schicksal die gesamte Gruppe betrifft? In solchen Situationen ändert sich der Schulalltag von einem auf den anderen Moment, entweder für einzelne Kinder oder für die Klassengemeinschaft als Ganzes.

Bereits die geplante, präventive Thematisierung der Themen Sterben, Tod und Trauer stellt Lehrkräfte vor eine pädagogische Herausforderung, doch der situative Kontext, also die plötz- liche Konfrontation mit dem Tod, macht es besonders schwer, die damit verbundene Trauer aufzugreifen und Hilfe in ihrer Bewältigung zu geben. Doch gerade dies ist wichtig, um späte- re Traumata zu vermeiden und den Kindern die Chance zu geben, das Erlebte auf ihre Art und Weise zu verarbeiten: „Trauern darf nicht länger als ‚Schwäche‘ betrachtet werden, sondern es ist ein psychologischer Prozess von höchster Wichtigkeit für die Gesundheit des Men- schen.“ (Kast 2000, S. 21). Da nicht alle Kinder den familiären Rückhalt bekommen, den sie gerade in einer solch schwierigen Phase bräuchten, kann die Schule für sie eine entscheidende Institution in Zusammenhang mit ihrer Trauer darstellen. Lehrkräften eröffnen sich in diesem Zusammenhang wichtige Fragen, wie sie bereits der griechische Psychologe Jorgos Canacakis formulierte:

„Welche vorbeugenden Maßnahmen für Trauerereignisse, die jeden von uns ohne Aus- nahme treffen werden, stehen uns zur Verfügung? Welches pädagogische Verhalten ist im Vorfeld nötig, damit wir zur Trauer fähig werden? Was sollen wir in Trauerkrisen unter- nehmen?“ (Canacakis 1992, S. 14 f.).

Auch wenn diese Fragen aus der Sicht des Trauernden gestellt sind, so können sie auch auf die Begleitung trauernder Personen übertragen werden. Dies würde bedeuten, dass sich die

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3 Begleitperson fragt, was sie bereits vor oder auch während einer Trauerkrise für den Betroffe- nen tun kann, um ihn zur Trauer zu befähigen.

Es geht allgemein darum, die Tabus des Gesprächs über den Tod und des Trauerns aufzuhe- ben und bereits Kindern deutlich zu machen, wie wichtig und hilfreich Trauer zur Verarbei- tung von persönlichen Verlusten ist. Auf welche Art und Weise dies geschehen kann, wird im Verlauf der vorliegenden Untersuchung thematisiert. Dafür gilt es, zunächst einige theoreti- sche Hintergründe näher zu beleuchten, die insbesondere den Umgang mit Tod und Trauer im Laufe der Zeit aufzeigen und dabei das Augenmerk auf die gegenwärtige Situation legen. Zu- sätzlich wird sich dem Begriff der Trauer angenähert, um ein Verständnis dafür zu vermitteln, was Trauer kennzeichnet.

Mit diesem Hintergrundwissen werden anschließend die kindlichen Erfahrungen mit dem Tod und Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Trauer dargelegt, um festzustellen, ob und in- wiefern die Enttabuisierung dieser schwierigen Themen in der Zusammenarbeit mit Kindern möglich ist. Ein Blick darauf, wie Kinder trauern und welche Bedeutung Trauer für die menschliche Psyche hat, dient als Grundlage dafür.

Hierauf aufbauend werden die Erkenntnisse über die kindliche Trauer in den schulischen Kontext eingebettet. Die Projektwoche Hospiz macht Schule zeigt exemplarisch ein Präven- tivkonzept, welches vor einem auftretenden Ernstfall mit Kindern durchgeführt werden kann.

Grundlegend hierfür ist der Blick in den Teilrahmenplan Sachunterricht des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, um zu erfahren, inwiefern Tod und Trauer hierin verankert sind. Dennoch soll die situative Konfrontation mit dem Tod fokussiert werden, um beispielhaft aufzuzeigen, welche Handlungsmöglichkeiten Lehrkräfte haben, wenn sie einem trauernden Kind in ihrer Klasse begegnen oder in einem besonders schlimmen Fall die gesamte Klasse trauert. Somit wird das Hauptaugenmerk des vorliegenden Buches darauf gerichtet, verschiedene Hand- lungsmöglichkeiten vorzustellen, welche es insbesondere innerhalb des schulischen Kontextes ermöglichen, dem oben zitierten Aufruf von Verena Kast nachzukommen, Trauer nicht als Schwäche zu betrachten, sondern im Sinne der Gesundheit zuzulassen (vgl. Kast 2000, S. 21).

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2. Der zeitliche Wandel im Umgang mit Tod und Trauer

Mit dem Wandel der Gesellschaft im Laufe der Zeit hat sich auch die Einstellung zum Tod und zur Trauer verändert, da diese immer aus der Wechselwirkung zwischen Individuum und Umwelt entsteht.

„Jede Gesellschaft hat Versuche unternommen, den Tod unter Kontrolle zu halten und mit ihm fertig zu werden.“ (Mischke 1996, S. 26). Doch konnte beziehungsweise kann der Mensch den Tod und die daraus resultierende Trauer wirklich kontrollieren wie es das Zitat andeutet? Menschen haben stets versucht, den Tod in Bildern und Metaphern darzustellen, da es sich um ein für Menschen kaum zu verstehendes Phänomen handelt. Das Bild vom Tod und die Formen von Trauer wandeln sich folglich parallel zur veränderten Einstellung der Menschen. Abwehrhaltungen ziehen sich jedoch durch die ganze Menschheitsgeschichte, da der Tod das Symbol für die Endlichkeit des menschlichen Lebens ist (vgl. ebd., S. 1 ff.). Den- noch hat sich der allgemeine Umgang mit dem Tod im Laufe der Zeit teilweise geändert, was im Laufe dieses Kapitels schematisch aufgezeigt wird. Zunächst gilt es jedoch, die Frage zu stellen, was Trauer als Folge von Tod und Verlust bedeutet, um eine Grundlage für den Ver- lauf der Untersuchung zu bilden. Das nächste Kapitel wird daher eine metaphorische Annä- herung an den Begriff schaffen.

2.1. Was bedeutet Trauer?

Generell neigt der Mensch dazu, Bilder und Metaphern zu verwenden, um den Tod und alles mit ihm thematisch Verbundene für sich zu erklären. Einen Versuch hierzu wagt auch der griechische Psychologe Jorgos Canacakis in seinem Werk Ich sehe deine Tränen, um eine verbildlichte Vorstellung des Phänomens Trauer zu vermitteln (vgl. Canacakis 1992, S.25).

Durch die Vielseitigkeit, die der Begriff Trauer mit sich bringt, ist es grundsätzlich schwierig eine genaue Definition festzulegen, sowie Merkmale und Eigenschaften von Trauer abzugren- zen. Dennoch ist es wichtig, grob einordnen zu können, was sich hinter Trauer verbirgt und welches Verständnis von Trauer im Folgenden zugrunde gelegt wird. Canacakis verwendet folgendes Bild, um Trauer zu beschreiben: Er vergleicht die Vielfalt der menschlichen Trauer mit einem Gebirgssee inmitten einer schönen Berglandschaft, der von verschiedenen Jahres- zeiten, von Regenfällen, die seinen Pegel ändern und von kleinen Bächen, die ihm zulaufen, beeinflusst wird. Übertragen auf den Mensch stellt der See unsere Gefühlswelt dar, in der sich alle Arten von Gefühlen vermischen, wobei die zufließenden Bäche die verschiedenen Wege

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5 sind, durch die er seine Gefühle ausdrückt. Blockiert der Mensch nun einen dieser Wege, so wird – wieder bildlich gesprochen – einer der Bäche blockiert, was das Gleichgewicht des Sees als harmonisches Ganzes zerstört. Der Mensch erstickt in diesem jeweiligen Gefühl; es bedrückt ihn und verursacht Schmerzen. Im Falle des Sees würde es zu einem Deichbruch kommen, der alles um sich herum zerstört. So kann es auch mit einem trauernden Menschen geschehen: Brechen die angestauten Gefühle aus ihm heraus, kann es dazu kommen, dass auch er seine Umgebung zerstört. Außerdem zerstört er sich selbst, da sich die Gefühle wie Schlamm im See ablagern, Abflüsse blockiert werden und der See seine Lebensfähigkeit ver- liert (vgl. ebd., S. 25 ff.).

Da das Gefühl der Trauer immer durch einen vorangehenden Verlust entsteht, ist es besonders intensiv wahrzunehmen. Dies ist besonders schmerzlich, wodurch sie sich immer auch in kör- perlichen und seelischen Reaktionen zeigt (vgl. ebd., S. 27). Das Bild stellt ansatzweise dar, wie sich dem Phänomen Trauer angenähert werden kann. Es versucht, verständlich zu ma- chen, was in einem trauernden Menschen in der Regel passiert und vorgeht. Auch Canacakis‘

abschließende Definition von Trauer fasst zusätzlich zu seiner Metapher noch einmal zusam- men, was trauern bedeutet: „Trauer ist also eine spontane, natürliche, normale und selbstver- ständliche Antwort unseres Organismus, unserer ganzen Person auf Verlust.“ (ebd., S. 28).

Im späteren Verlauf wird somit zusätzlich zu dieser grundlegenden Annäherung an den Be- griff Trauer auf ihre Aufgaben und ihre Bedeutung für die Psyche eingegangen, wobei die beschriebene Metapher eine hilfreiche Darstellung sein kann.

Doch zunächst wird im Folgenden ein Blick auf die Vergangenheit geworfen, um Aufschluss darüber zu bekommen, ob und inwiefern sich der Umgang mit Tod und Trauer im Laufe der Zeit verändert hat: Wie sind die Menschen in der Vergangenheit mit persönlichem Verlust umgegangen? Wie haben sie das Sterben eines Menschen, seinen Tod und die Trauerphase danach erlebt? Einen Überblick darüber gibt das kommende Kapitel.

2.2. Ein Blick in die Geschichte der Menschheit

In diesem Kapitel werden einige Grundzüge des Umgangs mit Tod und Trauer in der Vergan- genheit dargestellt. Dies soll im weiteren Verlauf helfen, zu verstehen, wie und warum der Tod in der heutigen Zeit häufig noch tabuisiert wird und von der Gesellschaft unbeachtet bleibt, und ob ein Blick in die Vergangenheit unserer Geschichte gegebenenfalls sogar helfen kann, dem Tod gegenüber wieder offener zu werden.

Der Tod befand sich im Grunde genommen immer zwischen Integration und Ausschluss: Ei- nerseits sollte er integriert werden, um ihn für den Menschen greifbarer zu machen und ihn als

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Teil des Lebens zu akzeptieren, andererseits war dies gerade zur Zeit der Aufklärung nicht mit dem gesellschaftlichen Leben vereinbar, denn der Tod konnte nicht mit dem Verstand erklärt werden. Doch auch bei Ausschluss bleibt er ein Störfaktor, der nicht kontrolliert werden kann.

Im Laufe der Geschichte wurden die Grenzen in Bezug auf das Wissen über den Tod nicht geringer und er kann weiterhin weder vollständig ins Leben integriert noch vollständig ausge- schlossen werden (vgl. Mischke 1996, S. 2 f.).

Bis ins 19. Jahrhundert war der Tod nicht zuletzt durch die geringe Lebenserwartung der Menschen alltäglich. Die Sterberate bei Säuglingen und Kindern war hoch und vierzigjährige Menschen galten für damalige Verhältnisse als alt. Der Gedanke, jeden Tag mit dem Tod rechnen zu müssen, war zur Zeit des Mittelalters folglich wesentlich stärker präsent und we- niger leicht zu verdrängen als heutzutage. Es ist wenig über die Gefühle von Sterbenden die- ser Zeit bekannt, aber es ist anzunehmen, dass die tägliche Auseinandersetzung mit dem Tod zwar nicht zu dessen Verdrängung führen konnte, wie es heutzutage häufig der Fall ist, aber dafür zu einer Art Abstumpfung und Normalität, was für den Trauerprozess ebenso wenig förderlich ist wie die Verdrängung (vgl. ebd., S. 26 ff.). Trotzdem wurde der Tod im Mittelal- ter in aller Regel akzeptiert und Teil des sozialen Lebens. Sterbende erfuhren oftmals große Unterstützung ihrer Mitmenschen und wurden durch Rituale begleitet. Eine mittelalterliche Hausgemeinschaft war geprägt von Solidarität, da jeder auf jeden angewiesen war. Aus die- sem Grund gingen auch Ereignisse wie Geburt, Krankheit und Tod alle etwas an und wurden von jedem miterlebt. Diese soziale Sicherheit vermochte sicherlich in vielen Fällen, die Angst vor dem eigenen Tod beziehungsweise Sterben zu mindern (vgl. ebd., S. 35 ff.). Geprägt von der christlichen Todesvorstellung war der Tod zu dieser Zeit zusätzlich die Folge der Erbsün- de und die Befreiung aus dem leidvollen Erdenleben. Das Sterben wurde somit zu einer öf- fentlichen Zeremonie, bei der sich eine ganze Gemeinschaft, zu der nicht selten Fremde ge- hörten, am Sterbebett versammelte und betete. Der Tod und das Sterben wurden öffentlich gemacht und nahezu vertraut und ohne Furcht erlebt (vgl. ebd., S. 41 f.). So wurden folglich auch Kinder automatisch mit Tod und Sterben konfrontiert. Zum Trauerverhalten sei beispiel- haft gesagt, dass während der Trauerphase nicht gefeiert oder getanzt werden durfte und die Pflicht bestand, schwarze oder bleiche Kleidung zu tragen. Je nach finanziellen Verhältnissen dauerte diese Phase bei wohlhabenden Menschen bis zu einem Jahr, bei ärmeren circa einen Monat; die Witwe war in der Pflicht am längsten zu trauern. Ähnlich wie heutzutage war die Trauerphase auch mit Besuchen verbunden (vgl. ebd., S. 50 f.). Aus dieser Beschreibung des mittelalterlichen Umgangs mit dem Tod sei die Phase der Pest ausgeklammert, da es in dieser Phase galt, sich von Toten fernzuhalten. Der Tod hatte in dieser Phase eine hoffnungslose

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