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Das Phänomen Mobbing Handlungsräume der Schulsozialarbeit an Schulen

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Academic year: 2021

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Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Erziehung Studiengang Soziale Arbeit (B.A.)

Sommersemester 2020

Bachelorarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades Bachelor of Arts (B.A.)

Das Phänomen Mobbing –

Handlungsräume der Schulsozialarbeit an Schulen

vorgelegt von

Hedi Nepperschmidt

1. Gutachterin: Dr. Matilde Heredia

2. Gutachterin: Dipl.- Soz.- Päd. Kristine Waack

Abgabetermin: 20.07.2020

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Inhaltsverzeichnis

Einleitung ... 1

1. Schulsozialarbeit ... 2

1.1 Grundsätze der Schulsozialarbeit ... 3

1.2 Aufträge, Angebote und Methoden ... 5

1.2.1 Aufträge ... 5

1.2.2 Angebote ... 6

1.2.3 Methoden ... 7

1.2 Ziele und Zielgruppen ... 8

1.3 Rechtslage und Trägerschaft ... 10

2. Mobbing – spezielle Form der Gewalt ... 11

2.1 Formen von Mobbing ... 14

2.2 Phasen des Mobbings ... 15

3. Wer sind die Opfer? ... 17

4. Wer sind die Täter*innen? ... 19

5. Mobbing in der Schule ... 20

5.1 Innerschulische Einflussfaktoren... 22 5.2 Außerschulische Einflussfaktoren ... 23 5.2.1 Familie ... 24 5.2.2 Gleichaltrige Freunde ... 25 5.2.3 Medien ... 27 5.2.4 Stress ... 28

6. Folgen von Mobbing für Opfer... 29

7. Rechtliche Rahmenbedingungen in Bezug auf Mobbing ... 32

8. Präventions- und Interventionsmöglichkeiten ... 33

8.1 Eigeninitiative ... 34

8.2 Elternunterstützung ... 35

8.3 Maßnahmen durch die Schulsozialarbeit ... 36

8.3.1 Mediation ... 37

8.3.2 Anti-Mobbing-Programm nach Olweus ... 39

9. Zusammenfassung ... 40

10. Quellenverzeichnis ... 43

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Einleitung

Befasst man sich mit dem Thema Mobbing und verfolgt dementsprechend die Nach-richten zu diesem Thema, so fällt auf, dass fast täglich über Mobbingvorfälle an Schulen berichtet wird. Es sind nicht nur die Jugendlichen, die an weiterführenden Schulen zu Täter*innen oder Opfern werden, sondern Mobbing findet bereits schon in den Grundschulen statt.

Die Schulsozialarbeit trägt eine entscheidende Rolle bei der präventiven Vorbeugung von Mobbing an Schulen. Ihre Aufgabe ist es, junge Menschen in ihrer individuellen, sozialen, schulischen und beruflichen Entwicklung zu fördern und dazu beizutragen, dass Bildungsbenachteiligungen vermieden und abgebaut werden.

Doch in welchen Handlungsräumen kann die Schulsozialarbeit agieren, um aktiv ge-gen Mobbing an Schulen vorzugehen?

Diese Frage soll in dieser Bachelorarbeit beantwortet werden. Nach einem kurzen Überblick, über die Schulsozialarbeit im Allgemeinen mit ihren Grundsätzen, Aufträ-gen, Angeboten, Methoden, Zielen und Zielgruppen wird das Thema Mobbing, als spezielle Form der Gewalt, mit seinen Formen und Phasen beleuchtet. Im Anschluss daran wird sich genauer mit den Opfern und den Täter*innen befasst, um herauszu-finden, welche Persönlichkeitsmerkmale und charakteristische Eigenschaften sie be-sitzen. Danach folgt das Thema Mobbing an Schulen, es wird betrachtet welche in-ner- und außerschulischen Einflussfaktoren, Ursachen für Mobbing sein könnten und welche Folgen das Mobbing für die jeweiligen Opfer hat. Die rechtlichen Rahmenbe-dingungen für Opfer sollen kurz darstellen, welche Möglichkeiten die Opfer besitzen, um gegen das Mobbing vorzugehen. Abschließend wird darauf eingegangen, wie man sich selber gegen Mobbing schützen kann, wie man durch die Eltern unterstützt werden kann und welche Möglichkeiten die Schulsozialarbeit bietet, um präventiv gegen Mobbing vorzugehen bzw. intervenierend einzugreifen.

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1. Schulsozialarbeit

Die Schulsozialarbeit soll als „ […] ein Angebot der Jugendhilfe (im Sinne der §§11 und 13 SGB VIII/KJHG) verstanden werden, bei dem sozialpädagogische Fachkräfte kontinuierlich am Ort Schule tätig sind und mit Lehrkräften auf einer verbindlich ver-einbarten Basis zusammenarbeiten, um junge Menschen in ihrer individuellen, sozia-len, schulischen und beruflichen Entwicklung zu fördern, ferner dazu beitragen, Bil-dungsbenachteiligungen zu vermeiden und abzubauen, Erziehungsberechtigte und Lehrer(innen) bei der Erziehung und dem erzieherischen Kinder- und Jugendschutz zu beraten und zu unterstützen sowie zu einer schülerfreundlichen Umwelt beizutra-gen.“1

Die Schulsozialarbeit gilt als eigenständiges Handlungsfeld der Kinder- und Jugend-hilfe. Die Schulsozialarbeiter*innen arbeiten im Bereich der Sozialen Arbeit und be-nötigen einen (sozial)pädagogischen oder erziehungswissenschaftlichen Hochschul-abschluss, um in der Schulsozialarbeit tätig sein zu können. In der Regel sind sie bei öffentlichen oder freien Trägern der Jugendhilfe angestellt. Ihre Tätigkeiten unter-scheiden sich durch verschiedene Aufträge, Fachkompetenzen, Arbeitsweisen, Schwerpunkte und Methoden von den der Lehrkräfte. Schulsozialarbeiter*innen be-nötigen zudem fachliche Kenntnisse und Erfahrungen in Bezug auf ihr Arbeitsgebiet sowie eine gute Kommunikationskompetenz, denn mit ihrer Profession sind die ein-zigen im System Schule.2

Da sich die Schulsozialarbeit ihrem Bildungsverständnis nach an den Kindern und Jugendlichen sowie deren Bedürfnissen, deren Wünschen und Interessen orientiert, kann sie an allen vorhandenen Schulformen stattfinden. Ihr Auftrag ist es, junge Menschen dabei zu unterstützen und zu begleiten, wie sie sich mit ihrer eigenen Umwelt auseinandersetzen. Die Schulsozialarbeit schafft zudem Orte und Möglich-keiten, bei denen die Kinder und Jugendlichen durch Selbstbildungsprozesse ihren Bildungshorizont erweitern können aber auch dazu befähigt werden, sich gesell-schaftlichen Entwicklungen kritisch gegenüber zu stellen und diese zu bewerten.3 Des Weiteren sollte die Schulsozialarbeit für Schüler*innen immer eine Anlaufstelle für Probleme und Fragen sein. Bei Konfliktsituationen bzw. Problemen, sollte sie durch pädagogisches Wissen, die Schüler*innen bei ihren individuellen Anliegen un-terstützen und ihnen Zuwendung zeigen. Die Schulsozialarbeit ist in dieser Form ein

1 zit. nach Speck 2008, S. 340

2 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 15 3 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 6

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präventives Angebot für alle und handelt dabei beabsichtigend, präventiv, anpas-sungsfähig und situativ.4

Allerdings ist anzumerken, dass Schulsozialarbeit nicht zwingend an einer Schule vertreten sein muss. Sie muss gewollt sein. Die Schule, die Schulverwaltung, die Träger der Jugendhilfe oder andere Stellen können darüber entscheiden, ob sie an einer Schule eine Schulsozialarbeit einrichten oder nicht. Die offizielle Beantragung erfolgt durch ein Votum von Jugendhilfe- und Schulausschüssen auf kommunaler- oder Kreisebene.5

Die Schulsozialarbeit an sich, wird auf Grundlage eines Fachkonzeptes durchgeführt, welches sich an den Bedarfen der Schüler und Schülerinnen orientiert und zusam-men mit der Schule entwickelt wurde. In einem Kooperationsvertrag werden die An-forderungen und Erwartungen von Schule und Schulsozialarbeit festgehalten, wobei parallel die fachliche Entwicklung des Handlungsfeldes berücksichtig wird. Die Ju-gendhilfe und die Schule tragen für alle Handlungen der Schulsozialarbeit die Ver-antwortung.6

1.1 Grundsätze der Schulsozialarbeit

Das Handeln der Schulsozialarbeit ist für alle jungen Menschen, deren Bezugsper-sonen und alle am Schulleben beteiligten pädagogischen Fachkräfte transparent und zuverlässig erreichbar. Durch das offene Handeln und dem professionellen Umgang mit allen Beteiligten, erhält die Schulsozialarbeit viel Vertrauen. Innerhalb ihrer Arbeit verfolgt sie unterschiedliche Grundsätze:

x Diversität, Inklusion und Chancengleichheit: Die Schulsozialarbeit folgt dem Grundsatz, dass alle jungen Menschen die gleichen Chancen haben soll-ten. Durch einen diversitätsbewussten und inklusiven Arbeitsansatz sollen un-terschiedliche Bildungserfahrungen, Lebenslagen oder Lebensvorstellungen, familiäre Geschichten, Migrationserfahrungen, religiöse Zugehörigkeiten, so-ziale Herkunft, körperliche oder psychische Beeinträchtigungen oder sexuelle Identitäten keinen Einfluss auf Bildungsbeteiligungen oder gesellschaftliche In-tegrationen haben. Erfahrungs- und Handlungsräume bieten die Möglichkeit

4 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 7 5 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 6 6 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 7

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individuelle Interessen, Potentiale und Ressourcen zu erkennen bzw. selbst-bestimmt zu handeln und zu entscheiden.7

x Prävention: Eines der wichtigsten Grundsätze, bei dem gemeinsam mit allen am Schulleben beteiligten Personen das Aufwachsen der jungen Menschen beobachtet wird. Ausgrenzungen oder Benachteiligungen sollten rechtzeitig erkannt werden und dementsprechend frühzeitig abgebaut bzw. verhindert werden.8

x Vertraulichkeit: Die Inhalte vertraulicher Gespräche und erlangtes Wissen, werden nicht ohne ausdrückliche Genehmigung durch die entsprechenden Schüler*innen weitergegeben.9

x Freiwilligkeit: Kein Schüler*in wird zu etwas gezwungen. Alle Angebote und Maßnahmen zur Unterstützung sind freiwillig.10

x Ganzheitlichkeit: Die Schulsozialarbeit geht an alle Lebenssituationen und Problemlagen der Schüler*innen gleich heran. Alle Lebensäußerungen und Lebensweisen werden ernst genommen. Zusätzlich werden Hilfestellungen gegeben, um die Lebensäußerungen und –weisen zu vertreten.11

x Partizipation: Durch die gezielte Förderung der Selbstbestimmung und der Kritik- bzw. Entscheidungsfähigkeit der Schüler*innen, wird die Teilhabe an gesellschaftlicher Mitverantwortung und sozialem Engagement vorausgesetzt. Die Schüler*innen und ihre Bezugspersonen werden dabei unterstützt, pas-sende Partizipationsmöglichkeiten im Lern- und Lebensraum zu entfalten. Als Orientierung dafür dient der §8 Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, der das Ziel verfolgt, vorhandene demokrati-sche Formen von Mitsprache und Beteiligung zu entwickeln und zu praktizie-ren.12

x Lebensweltbezug: Durch die individuelle Orientierung an den Ressourcen und Zielen der Schüler*innen und deren Bezugspersonen, sucht die Schulso-zialarbeit nach individuellen Stärken der Schüler*innen. Dabei werden Unter-stützungsmöglichkeiten aus dem Umfeld (Familien, Schule, Freunde, Hobbys,

7 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 8 8 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 9 9 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 9 10 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 9 11 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 9 12 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 9

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Arbeit, Medien usw.) der Schüler*innen miteinbezogen. Jegliche Sichtweisen, Lebensentwürfe oder Ziele der Schüler*innen werden akzeptiert.13

x Niedrigschwelligkeit: Alle Angebote, Maßnahmen und der Zugang zu der Schulsozialarbeit sind niedrigschwellig, direkt und unmittelbar möglich. Jeder-zeit ist die Schulsozialarbeit offen für Probleme und Anliegen.14

x Leistungsanerkennung: Alle Leistungen, die durch die Schüler und Schüle-rinnen erbracht wurden, werden unterstützt und anerkannt.15

1.2 Aufträge, Angebote und Methoden

Diese drei Bereiche der Schulsozialarbeit hängen von den jeweiligen Schulformen und von den Schulstandorten ab. Konzeptionelle Rahmenbedingungen, vertragliche Auftragslagen, Ausstattungen der Schule und das Selbstverständnis der Träger wer-den bei wer-den Aufträgen, wer-den Angeboten und wer-den Methower-den berücksichtigt.16

Die folgenden Aufträge, Angebote und Methoden haben sich am besten sinnhaft etabliert und fachlich bewährt. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an weiteren Mög-lichkeiten für Aufträge, Angebote oder Methoden.

1.2.1 Aufträge

Zu den Aufträgen zählen:

x Bildungschancen erhöhen: Jede*r Schüler*in hat das Recht auf Bildung, ohne Einschränkungen. Gemeinsam, durch einen diskriminierungsfreien Zu-gang, soll miteinander und voneinander gelernt werden.17

x Übergänge gestalten: Die Schüler*innen sollen bei den Übergängen von der Kindertagesstätte zur Grundschule, von Grundschule zu Sekundarschule oder eine andere weiterführende Schule sowie von der zuvor genannten Schule bis zum Beruf begleitet werden. Dies gelingt optimal, wenn die Schulsozialarbeit die Schulsysteme und deren Aufnahmebedingungen gut kennt und alle Schü-ler*innen eine individuelle Begleitung erhalten.18

x Vernetzung realisieren: Ressourcenorientiert vernetzt sich die Schulsozial-arbeit im sozialen und administrativen Umfeld der Schule. Durch Partnerschaf-ten kann ein umfangreiches Netzwerk mit einer großen Angebotsvielfalt und 13 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 10 14 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 10 15 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 10 16 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 11 17 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 11 18 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 11

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Angebotsintensität entwickelt werden. Innerhalb der Schule arbeitet die Schulsozialarbeit eng mit allen Beteiligten zusammen, beispielsweise in Bera-tungs- oder Planungsgremien. Regelmäßig finden Besprechungen mit Kol-leg*innen anderer trägerinternen Jugendhilfeeinrichtungen statt. Außerhalb der Schule arbeitet die Schulsozialarbeit mit regionalen Kooperations-partner*innen zusammen, wie z.B. mit den städtischen Behörden, anderen Jugendhilfeeinrichtungen oder dem Jugendamt.19

x Schulentwicklung unterstützen: Durch den engen Kontakt mit Schü-ler*innen und den Fachkräften der jeweiligen Schule, transportiert die Schulsozialarbeit wichtige Belange aus deren Systeme in schulische Gremien. Dadurch leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Schule und zur Verbesserung des Schulklimas.20

x Sich politisch einmischen: Die Schulsozialarbeit hat die Möglichkeit, durch die Weiterleitung ihrer Belange an trägerverantwortliche Entscheider*innen, politisch Einfluss zu nehmen bzw. die Partizipation zu nutzen. Die Träger der Schulsozialarbeit sollten gemeinsam mit anderen Bereichen der Politik zu-sammenarbeiten.21

x Gesundheit fördern: Die Schulsozialarbeit sollte auf psychische und physi-sche Komponenten achten, um ihre Gesundheit zu fördern. Dazu gehören auch die Förderung des Selbstvertrauens, das Erkennen von Grenzen, die Fähigkeit Probleme zu lösen, die Auseinandersetzung mit Suchtrisiken und – verhalten, die Beobachtung der Ernährung und die Bewältigung von Stress.22 x Schulabsentismus vermeiden: Gemeinsam mit den Schüler*innen, deren

Bezugspersonen und den Beteiligten am Schulleben, möchte die Schulsozial-arbeit die Ursachen für schulabsentes Verhalten ausmachen und folgend nach Wegen für einen Abbau der Ursachen suchen.23

1.2.2 Angebote

Die Angebote, die sich in der Praxis am besten bewährt haben, sind Angebote des Sozialen Lernens, Angebote in Zusammenarbeit mit Bezugspersonen und offene Angebote für junge Menschen.

19 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 11f 20 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 12 21 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 12 22 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 12 23 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 13

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Schulklassen und klassenüberreifende Gruppen erhalten Angebote des Sozialen Lernens, bei denen alle pädagogischen Fachkräfte, die am Schulleben beteiligt sind, eingebunden werden. Soziales Lernen z.B., wenn das Verhalten anderer imitiert wird, die Eltern oder gleichaltrige Freunde Einfluss auf die eigenen Möglichkeiten haben oder wenn man etwas durch explizites Beibringen lernt. Die Fachkräfte, unter Beteiligung der Schulsozialarbeit, sorgen dafür, dass Soziales Lernen kontinuierlich stattfinden kann.24

Bei der Zusammenarbeit mit Bezugspersonen der Schüler*innen, haben die Eltern die Möglichkeit, dass sie begleitet oder beraten werden. Es finden u.a. Themen-abende, Schulungen, Vermittlungsangebote, Elterncafés, Elterncoachings oder Pro-jektarbeiten statt.25

Durch die Offenen Angebote wie Freizeit- oder Beratungsangebote für die Schü-ler*innen werden das Soziale Lernen sowie die Bildungsbedingungen und die Bil-dungschancen verbessert.26

1.2.3 Methoden

Die Schulsozialarbeit bedient sich unterschiedlicher Methoden, um die Grundsätze in der Praxis umzusetzen und zur Verbesserung des Schulklimas beizutragen. Folgen-de MethoFolgen-den werFolgen-den am häufigsten verwenFolgen-det:

x Beratung: Schüler*innen, deren Bezugspersonen sowie die Lehrkräfte wer-den durch die Schulsozialarbeit bei der Bewältigung von Schwierigkeiten un-terstützt. Dadurch gehört Beratung zur Kernaufgabe der Schulsozialarbeit und muss auf Bedarfe der Schüler*innen, unter Berücksichtigung der Lebenswelt, abgestimmt sein. Strukturelle Rahmenbedingungen und die systematische Orientierung an der Einzelfallhilfe machen die Beratung zu einer komplexen und anspruchsvollen Aufgabe der Schulsozialarbeit.27

x Gruppenarbeit: In Begleitung durch die Schulsozialarbeit findet die Gruppen-arbeit in Kleingruppen oder im Klassenverband statt. Aufgrund der sozialisati-onsrelevanten Funktion, werden durch die Gruppenarbeit Gemeinschaften eingeübt bzw. praktiziert. Die Schüler*innen lernen miteinander und voneinan-der, wie sie mit ihren Mitschüler*innen umgehen und wie sie gemeinsam Ziele

24 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 13 25 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 13 26 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 13 27 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 13f

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und Aufgaben umsetzten. Wichtig dabei ist, dass die Schüler*innen die Grup-penarbeit reflektieren um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen.28

x Einzelfallarbeit: Voraussetzung für die Einzelfallarbeit ist ein diagnostisches Fallverstehen. Die Schulsozialarbeit muss in der Lage sein, weiterführende Unterstützungsmaßnahmen, angepasst an den jeweiligen Fall, anzubieten. Gemeinsam mit dem Schüler*in und deren Bezugsperson wird eine zuverläs-sige Hilfsmaßnahme geplant. Die Schulsozialarbeit dient als Unterstützer in-dem sie über Angebote informiert, die betroffenen Personen bei der Auswahl passender Angebote unterstützt und sie während der Maßnahme begleitet und deren Wirksamkeit prüft.29

x Krisenintervention: Durchlaufen die Schüler*innen persönliche Krisen, so bietet die Schulsozialarbeit situationsangemessene Unterstützung und Hilfe bei der Bewältigung der jeweiligen Krisen. Verfügt die Schulsozialarbeit nicht über ausreichende Mittel, so werden professionelle Dienste, wie Jugendamt, Polizei und der ärztliche oder psychologische Notdienst einbezogen.30

x Deeskalation und Konfliktlösung: Kommt es zum Streit zwischen Schü-ler*innen, so bemüht sich die Schulsozialarbeit, um Schlichtung der Auseinan-dersetzung. Eine gute Methode der Konfliktlösung ist die Mediation, die mit geringem Aufwand durchgeführt werden kann. Schüler*innen haben weiterhin die Möglichkeit eine Konfliktlotsen Ausbildung zu absolvieren, bei der sie ler-nen, gewaltfreie Problemlösungsstrategien zu entwickeln und umzusetzen. Dadurch können Konflikte und Auseinandersetzungen präventiv vorgebeugt werden.31

1.2 Ziele und Zielgruppen

Die wichtigsten Zielgruppen der Schulsozialarbeit sind die Kinder und Jugendlichen, alle Schüler*innen, die täglich die Schule besuchen. Dabei spielt es keine Rolle wie alt sie sind, auf welche Schule sie gehen oder ob sie überhaupt noch zur Schule ge-hen. Leider können nicht immer alle Belange der Schüler*innen bearbeitet werden, da Schulsozialarbeit personell begrenzt ist und sie deshalb Prioritäten setzten muss.32 28 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 14 29 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 14 30 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 14 31 vgl. Kooperationsverbund 2015, S. 14 32 vgl. Pötter/Spies 2011, S. 46

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Nach §13 SGB VIII begrenzet sich die Zielgruppe auf „sozial benachteiligte und indi-viduell beeinträchtigte Jugendliche“.33

In der Praxis sollte sich die Schulsozialarbeit auf Schüler*innen konzentrieren, die Unterstützung bei der Bewältigung von schulischen, familiären und/oder gemein-schafts- bzw. gemeinwesensbezogenen Problemen benötigen. Bei dieser Zielgruppe steht der Bedarf nach Hilfe im Vordergrund, der in der Regel bei jedem Schüler oder jeder Schülerin im Laufe seiner oder ihrer Schulzeit auftritt.34

Aber auch die Bezugspersonen der Schüler*innen sowie die Lehrkräfte der Schule gehören zu der Zielgruppe der Schulsozialarbeit. Sie können sich ebenfalls mit Fra-gen, Problemen oder Anliegen an die Schulsozialarbeit wenden und enthalten dem-entsprechende Unterstützung.

Die Schulsozialarbeit im Sinne eines systemischen Ansatzes, verfolgt folgende Ziele: x „die Verbesserung der Kooperation und die Vernetzung zwischen den

profes-sionellen Helfern und Instanzen (LehrerInnen, SchulsozialarbeiterInnen, El-ternhäuser, Jugendamt, Schulamt),

x die Verbesserung der Infrastruktur des Systems Schule (z.B. Verbesserung der Schulatmosphäre, Schaffung von Kommunikationsräumen und – strukturen, Öffnung der Schulen zum Gemeinwesen, Ausgleich von Defiziten im Lebensfeld Schule, Abbau von Dysfunktionalitäten),

x die Verbesserung der Kooperations- und Kommunikationsbeziehungen zwi-schen LehrerInnen und SchülerInnen miteinander und untereinander,

x die Stützung und Integration der schwächsten Mitglieder (u.a. sozialbenachtei-ligte SchülerInnen),

x die Stärkung der Selbsthilfepotentiale (z.B. Teamarbeit unter LehrerInnen, Fortbildung der LehrerInnen und SozialarbeiterInnen, Förderung von Gruppen- und Projektarbeit, Unterstützung der demokratischen Mitarbeits- und Selbst-verwaltungsstrukturen wie SchülerInnenmitverwaltung, Elternbeirat),

x die Förderung einer besseren Funktionalität der Schule in dem Sinne, dass Schule ihre gesellschaftlichen Aufgaben (Bildung und Erziehung; vgl.

33 vgl. §13 SBG VIII Abs. 1, Nomos 2018 34 vgl. Pötter/Spies 2011, S. 46

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ger Schulgesetz 1993) besser und für die SchülerInnen „individuell verträgli-cher“ erfüllt (9. Jugendbericht 1994, 471).“35

1.3 Rechtslage und Trägerschaft

Die Schulsozialarbeit, als Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule, ist mit ihren Aufgaben und Aufträgen in der Kinder- und Jugendhilfe verankert. Diese ba-siert auf den Kinder- und Jugendhilfegesetzen, die im SGB VIII formuliert sind. In §1 Abs. 1 SGB VIII ist der grundsätzliche Auftrag, junge Menschen in ihrer Entwicklung zu fördern und sie zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persön-lichkeit heranzuziehen.36

In §1 Abs. 3 SGB VIII wird nochmal genauer auf die Aufträge eingegangen. Die Ju-gendhilfe besitzt die Pflicht und die Verantwortung, dass sie sich in alle gesellschaft-lichen und sozialen Bereiche, die das Leben der Kinder und Jugendgesellschaft-lichen beeinflus-sen, einmischt, sodass verhindert werden kann, dass die Entwicklungen ihrer Per-sönlichkeiten bedroht werden.37

Da die Schulsozialarbeit keinen eigenen Gesetzesabschnitt besitzt, findet alles auf der Rechtsgrundlage der Paragraphen im SGB VIII statt. Darin wird z.B. geregelt wie die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freien Jugendhilfen abläuft, was die Jugendarbeit und was die Jugendsozialarbeit ist, wie der Umgang mit den Eltern der Kinder und Jugendlichen stattfindet und viele weitere Dinge.

Bei der Trägerschaft gibt es drei wesentliche Trägermodelle, die schulischen Träger, die Träger der Kinder- und Jugendhilfe (unterteilt in öffentliche und freie Träger) und die privat-gewerblichen Träger. Freie Träger sind z.B. Wohlfahrtsverbände (Arbeiter-wohlfahrt (AWO) oder Deutscher Caritas Verband (DCV)), öffentliche Träger sind in der Regel Jugendämter, und auf schulischer Ebene sind vor allem Kultusministerien, Bezirksregierungen oder Schulverwaltungsämter Träger der Schulsozialarbeit.38 Die Dienst- und Fachaufsicht der Schulsozialarbeiter*innen sollte bei dem jeweiligen Träger liegen, der sozialpädagogisches Wissen besitzt und außerhalb der Schul-struktur agiert. Eine gute Möglichkeit, die in der Praxis am meisten Erfolg haben könnte, ist die Trägerschaft von Jugendhilfe und Schule gleichzeitig. Schulsozialar-beitsprojekte könnten dementsprechend eine bessere Kooperation mit der Schule gewährleisten. Denn sowohl die Ressourcen der Jugendhilfe als auch die

35 zit. nach Chassé/von Wensierski 2004, S. 82 36 vgl. §1 Abs. 1 SGB VIII, Nomos Gesetze 2018, S. 90 37 vgl. Pötter/Spies 2011, S. 59

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cen der Schule, fließen von Beginn an des Projektes mit hinein. Es würde zu einer internen Kooperation, zwischen Jugendhilfe und Schule, kommen.39

2. Mobbing – spezielle Form der Gewalt

Mobbing ist ein gesellschaftliches Phänomen, welches viele Gesichter hat. Der Be-griff „Mobbing“, so wir wie ihn heute in seiner Bedeutung kennen, wurde Ende der 70er Jahre eingeführt. Auf Grund der vielen existierenden Definitionen, ist es schwie-rig eine einheitliche Definition zu bestimmen, da Mobbing eine Vielzahl verschiede-ner Aspekte miteinschließt.40

Oft werden die Begriffe Aggression, Gewalt und Mobbing fälschlicherweise im All-tagskontext verwechselt. Aggressionen sind ein übergeordneter Begriff, dem die Be-griffe „Gewalt“ und „Mobbing“ untergeordnet werden. Zeigt eine Person ein aggressi-ves Verhalten, so möchte diese Person durch ein spezifisches und zielgerichtetes Verhalten, mit Absicht einer anderen Person schädigen. Dieses Verhalten kann so-wohl gegenüber Menschen, als auch gegenüber Gegenständen gezeigt werden. Die Täter*innen sind sich in diesen Fällen ihrem Handeln bewusst und können dement-sprechend die Konsequenzen ihrer Tat voraussehen, sowie davon ausgehen, dass ihre Tat Erfolg haben wird.41

Interpersonelle Gewalt, als Unterpunkt der Aggression bedeutet, dass eine Person einer anderen Person oder mehreren Personen absichtlich eine spezifische, zielge-richtete physische und/oder psychische Verletzung zufügen möchte. Dabei besitzt der Täter*in eine größere körperlichere und/oder soziale Stärke. Diese Stärke ist ein Merkmal der Gewalt.42

Mobbing weist viele Überschneidungen mit den Themen Aggression und Gewalt auf, jedoch beinhaltet der Begriff Mobbing einzelne Merkmale, die ihn von den anderen Begriffen distanzieren. Für den Begriff gibt es keine einheitliche Definition, denn je nach wissenschaftlicher Fachdisziplin werden beispielsweise Juristen, Mediziner, Soziologen oder Psychologen den Begriff aus ihrer Sicht unterschiedlich definieren.43 Es gibt folgende vier Merkmale, die grundlegend den Charakter des Mobbings be-stimmen: Mobbing ist ein aggressives Verhalten. Mobbing richtet sich systematisch gegen eine oder mehrere Personen. Mobbing ist ein Gruppengeschehen. Mobbing 39 vgl. Pötter/Spies 2011, S. 64 40 vgl. Mirian 2020, S. 7 41 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 2 42 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 3 43 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 21

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ist keine Einzeltat, sondern wiederholt sich über einen längeren Zeitraum (von W o-chen bis zu Jahren) hinweg.44

Es muss darauf geachtet werden, dass jede Tat einzeln betrachtet wird, denn z.B. ein vereinzelter Angriff eines Schüler oder einer Schülerin darf nicht als Mobbing ein-gestuft werden, denn es handelt sich hierbei um ein aggressives Verhalten.45

Mobbing kann überall vorkommen, wo Menschen in Kontakt miteinander treten, sei es in der eigenen Familie, in der Schule, auf der Arbeit, in einem Sportverein, in der Nachbarschaft oder auch im Internet.

Man unterscheidet beim Mobbing verschiedene Personengruppen. Es gibt die Tä-ter*innen (ausschließlich Täter*in), die TäTä-ter*innen-Opfer (sowohl Täter*in als auch Opfer) und die Opfer (ausschließlich Opfer). Neben diesen drei Hauptgruppen, gibt es noch weitere Personengruppen. Die „Anhänger“ der Täter*innen, unterstützen aktiv das Mobbinggeschehen. Die „passiven Unterstützer“ sind ebenfalls positiv ge-genüber dem Mobbing und unterstützen dies ausschließlich durch Lachen oder Zuru-fen. Die „unparteilichen Schüler“ sind vorwiegend neutral. Die „potenziellen Verteidi-ger“ sind Mobbing gegenüber negativ eingestellt, lehnen ein Einschreiten in das Mobbinggeschehen aber ab. Die „Verteidiger“ sind ebenfalls negativ Mobbing ge-genüber, greifen aktiv dagegen ein und unterstützen die Opfer.46

Mobbing kann sowohl direkt, als auch indirekt auftreten. Die verletzenden Handlun-gen können verschiedene Formen annehmen und treten nicht zufällig oder einzeln auf. Sie treten wiederholt, aggressiv und systematisch gegenüber dem Opfer auf. Des Weiteren bezeichnet man Mobbing auch als Gewaltform, die in einer Gruppe entsteht und von einer Gruppe aufrechterhalten wird (sogenannte Gruppenprozes-se), was zur Folge hat, dass man Mobbing nicht immer gleich erkennt. Die Anzahl der am Mobbing beteiligten Personen können von Handlung zu Handlung variieren.47 Kommt es zu einer Mobbing Situation, so besteht immer ein Ungleichgewicht zwi-schen Täter und Opfer. Innerhalb der Beziehung zwizwi-schen mindestens zwei Perso-nen, herrscht ein asymmetrisches Kräfte- bzw. Machtverhältnis. Der Täter besitzt dabei immer die größeren Kräfte bzw. Mächte.48

Schon im Kindesalter lernen die Kleinen, wie sie sich bei Konflikten durchsetzen können oder wo sie nachgeben müssen. Es ist wichtig, dass man ihnen so früh wie 44 vgl. Petermann 2013, S. 56 45 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 3 46 vgl. Petermann 2013, S. 57 47 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 4 48 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 4

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möglich beibringt, wo die Grenzen ihrer Handlungsräumen liegen, was erlaubt ist und was nicht.

Böhmer (2020) befasst sich in seinem Buch mit mehreren Studien zum Thema Mob-bing, unter anderem mit der Studie von Glover et al. (2000). Glovers Studie wurde an 25 Sekundarschulen mit 4700 Schülern durchgeführt und kam zu dem Ergebnis, dass 75% der Befragten Schüler*innen innerhalb eines Jahres Mobbing erfahren hat-ten und 7% die Rolle eines Täters oder Opfers eingenommen hathat-ten.49

Jedoch fängt Mobbing nicht erst in den weiterführenden Schulen an, sondern es gibt auch jegliche Arten von Mobbing, die bereits in den Grundschulen auftreten. Böhmer (2020) beschäftigte sich mit einer weiteren Studie von Fekken et al. (2004), die sich ebenfalls mit dem Thema Mobbing, an Grundschulen, auseinander setzt. 2766 Grundschüler im Alter von 9 bis 11 Jahren wurden befragt und als Ergebnis kam heraus, dass bereits 16% der Befragten mehrmals im Monat von Mobbing erfuhren, das 7% der Befragten mehrmals pro Woche gemobbt wurden, das 4% der Befragten andere Kinder mehrmals im Monat mobben und 1,5% der Befragten andere Kinder mehrmals die Woche mobben. Mobbing bei kleinen Kindern tritt beispielsweise auf, wenn Gegenstände anderen Kindern weggenommen oder versteckt werden. Den Kindern ist es in diesen Augenblicken jedoch nicht bewusst, dass sie Formen von Mobbing anwenden. Des Weiteren wurde ermittelt, dass vorwiegend Jungen sich in der Rolle des Täters befanden und es keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Opfer gab.50

Mobbing ist also unabhängig vom Alter der Kinder und Jugendlichen und von der Art der Schule. Denn egal in welche Schulform man gehen würden, von der Grundschu-le bis hin zum Gymnasium oder HochschuGrundschu-len, überall wäre Mobbing existent. Ist man nicht direkt daran beteiligt, so wäre es wahrscheinlich schwer Mobbing zu erkennen, von daher ist es sehr wichtig, dass man wachsam ist und Dinge oder Aktivitäten, die einem komisch vorkommen, hinterfragt, sodass im Falle eines Falls, Mobbing recht-zeitig erkannt wird und man Maßnahmen dagegen ergreifen kann.

Zusammengefasst ist Mobbing also „Ein aggressives Verhalten, das systematisch gegen eine Person gerichtet ist und wiederholt und über einen längeren Zeitraum in einer Gruppe entsteht und vorkommt.“51

49 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 5 50 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 5 51 zit. nach Böhmer/Steffgen 2020, S. 4

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2.1 Formen von Mobbing

Wie schon an anderer Stelle kurz erwähnt wurde, kann Mobbing in unterschiedlichen Formen auftreten. Die Handlungen können von einer einzelnen Person oder einer ganzen Gruppe ausgehen. Auf Basis verschiedener Aspekte, kann man unterschied-liche Formen von Mobbing zusammenfassen:

x Physisches Mobbing: Ist eine direkte Form von Mobbing (kann aber auch in-direkt vorkommen z.B. durch das manipulieren der Fahrradbremse). Die Handlungsabsichten einer Person, zielen auf die körperliche Schädigung des Opfers ab. Auf der einen Seite können sie harmlos sein und auf der anderen Seite aber auch lebensbedrohlich. Direkte physische Formen sind beispiels-weise Schlagen, Treten, Schubsen, Beißen, Kratzen, an den Haaren ziehen, Quälereien, Gefangennahmen oder Verletzungen.52

x Verbales Mobbing: Ist ebenfalls eine direkte Form von Mobbing (kann aber auch indirekt vorkommen z.B. durch Lästern mit einer dritten Person über das Opfer) und ist am häufigsten vertreten. Zudem ist ihr Vorkommen auch an Schulen am höchsten. Direkte verbale Formen äußern sich durch Worte, Ges-ten, Drohungen, Beschimpfungen, Belästigungen, Auslachen, Anschreien o-der ironischen Kommentaren.53

x Relationales Mobbing: Diese Form des Mobbings ist eine indirekte Form des Mobbings und wird auch soziales Mobbing genannt. Die Handlungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie darauf abzielen, soziale Beziehungen an-zugreifen bzw. zu zerstören. Es wird versucht die soziale Zugehörigkeit und die Akzeptanz der einzelnen Personen oder Gruppen, gegenüber anderen Personen, zu zerstören. Dies geschieht durch Handlungen wie Ignorieren und Ausschließen aus sozialen Gruppen oder Gruppenaktivitäten. Das Verbreiten von Gerüchten ist eine direkte Form des relationalen Mobbings und hat zur Folge, dass viele mit dem Opfer nichts mehr zu tun haben wollen. Oftmals verwendet man den Begriff der sozialen Manipulation, denn die Täter errei-chen durch ihr Handeln, dass sich die Situationen ihrer Opfer verschlechtern, indem sie beispielsweise aus ihrer gleichaltrigen Gruppe ausgeschlossen werden.54

52 vgl. Burger 2020, S. 37 53 vgl. Burger 2020, S. 37 54 vgl. Burger 2020, S. 37

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x Cyber-Mobbing: Ist eine spezielle Form des Mobbings und kann auf vielfälti-ge Weise über soziale Netzwerke, Videospiele, Instant-Messenvielfälti-ger (WhatsApp), SMS, E-Mail, oder Anrufe stattfinden. Charakterisierend sind beabsichtigte Beleidigungen, Bedrohungen oder Bloßstellungen, die über ei-nen längeren Zeitraum mithilfe von Internet- oder Telefondiensten auftreten. Die Täter*innen nutzen das Machtungleichgewicht, um ihre Opfer sozial zu isolieren. Die Täter*innen und Opfer kennen sich meist auch in der realen Welt. Gepostete Inhalte in sozialen Netzwerken verbreiten sich rasant und sind nur schwer wieder zu löschen. Dadurch ist das Ausmaß von Cyber-Mobbing viel größer, als die anderen Formen von Cyber-Mobbing, die in der realen Welt stattfinden.55

2.2 Phasen des Mobbings

Die Phasen des Mobbings sind für Außenstehende nur schwer zu erkennen, denn der Übergang der einzelnen Abschnitte verläuft fließend. Um den richtigen Zeitpunkt zu finden, in dem man präventive oder intervenierende Maßnahmen einsetzt, ist es wichtig zu wissen, welche Phasen des Mobbings es gibt. Die Eingriffe wirken sich in den Phasen unterschiedliche aus.

x Phase 1 - Anbahnung des Konfliktes: In der ersten Phase ist es noch sehr schwer zu erkennen, ob ein bestehender Konflikt in Mobbing ausarten könnte. Klar ist jedoch, dass beide Konfliktparteien eine Unstimmigkeit spüren. Diese Phase tritt meist schwellenartig auf, vor allem in Situationen in denen das Gleichgewicht verändert wird z.B. durch neue Mitschüler*innen der Klasse. Bei dem Opfer können Gefühle von Verunsicherung, Hilflosigkeit, Unlust, Angst oder Ohnmacht auftreten, die sich durch den gesamten Prozess des Mobbings ziehen können. Greift man bereits in dieser Phase ein, so ist es möglich, dass sich dieser Konflikt gar nicht zu Mobbing entwickelt hätte. Durch vorschnelle Handlungen und ungenügende Informationen, hätte man die Situ-ation wahrscheinlich verschlimmert.56

x Phase 2 – Mobbing-Handlung: Dies ist die aktive Phase des Mobbings, denn hier kommt es zu Schikanen, Ausgrenzungen oder Zurückweisungen. Die Rol-len der Täter*innen und der Opfer sind nun klar. Der Übergang von Phase 1 zu Phase 2 kann sowohl schleichend, als auch plötzlich passieren. Das Opfer

55 vgl. Kattan 2020, S. 61 56 vgl. Burger 2020, S. 41

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befindet sich nun in einem Teufelskreis, denn es hat mit den aktiven Handlun-gen der Täter*innen zu kämpfen. Es zieht sich zurück, was sich sogar auf sei-ne eigesei-ne Familie auswirken kann und verhindert dadurch, dass dem Opfer geholfen werden kann und das es erste psychosomatische (z.B. Übelkeit) o-der psychiatrische (z.B. Konzentrationsstörungen) Krankheitssymptome auf-weist.57

x Phase 3 – Einflussnahme von außen: Das Besondere der dritten Phase ist, dass hier außenstehende Personen versuchen, in das Geschehen einzugrei-fen. Diese Personen sind z.B. die Eltern des Opfers, die Schulpyscho-log*innen, die Vertrauenslehrer*innen, die Schulsozialarbeiter*innen oder die Lehrer*innen. Werden die Mobbinghandlungen durch die außenstehenden Personen verharmlost, so wirkt sich das auf das Verhalten des Opfers aus, es empfindet noch mehr Hilflosigkeit und bekommt zu spüren, dass die Situation normal sei und es sich selbst aus dem Geschehen befreien kann. Würde man das Opfer einfach von der Schule nehmen und in eine andere bringen, wäre dies der falsche Ansatz, denn dadurch verbessert sich die Situation des Op-fers nicht. Es hat immer noch mit seinem angeschlagenen Zustand zu kämp-fen, nur eben dann in einer anderen Schule. Wichtig ist, dass die Interventio-nen nach rationalen Regeln erfolgen und mithilfe eines gut strukturierten Ein-satzplans umgesetzt werden. Umso früher man in das Mobbinggeschehen eingreift, umso schneller erfolgen die Auswirkungen. Im besten Fall die Been-dung des Mobbings.58

x Phase 4 – Beendigung: Die letzte Phase des Mobbings wird oftmals durch Aktionen beendet, die nicht das Ziel waren, z.B. durch den Schulwechsel. Aber auch die in Phase 3 eingesetzten intervenierenden Maßnahmen können dazu führen, dass das Mobbing beendet wird. Die Dauer der 4 Phasen kann ja nach Fall variieren. Es ist auch möglich das manche Phasen ganz fehlen, wenn beispielswiese Niemand in das Mobbinggeschehen eingreift.59

57 vgl. Burger 2020, S. 41 58 vgl. Burger 2020, S. 42 59 vgl. Burger 2020, S. 42

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3. Wer sind die Opfer?

Jeder Mensch besitzt verschiedene Persönlichkeitsmerkmale. Bestimmte Merkmale können manchmal gegenüber anderen negativ aufgefasst werden und können somit als Auslöser für Mobbingattacken agieren. Dies tritt meist schon in der Kindheit und der Jugend auf, denn die Persönlichkeitsmerkmale sind stabil und überdauern über Jahre hinweg. Merkmale wie häufiges Äußern unerwünschter Kritik, ein Außenseiter-status aufgrund der sexuellen Orientierung oder der Hautfarbe, eine Behinderung, großer Ehrgeiz, Faulheit, Rücksichtslosigkeit, Unsicherheit, Konkurrenzstreben, Per-fektionismus, Ängstlichkeit oder Zwanghaftigkeit zählen zu den Faktoren, die Mob-bingverhalten auslösen könnten.60

Nach Dan Olweus gibt es zwei Opfer-Typen, auf der einen Seite die passiven, erge-benen Opfer-Typen und auf der anderen Seite die provozierenden Opfer-Typen. In der Regel sind die meisten Opfer eher passiv und ergeben sich. Im aktiven Mobbing-prozess halten sie sich zurück, sind ängstlich, still, emotional labil und wehren sich nicht gegen die Aktionen der Täter*innen.61

Auf Grund eines geringen Selbstwertgefühls, identifizieren sich die Opfer nicht mit ihrem Aussehen und sind folglich nicht dazu in Lage, Freundschaften zu schließen oder an Gruppenaktivitäten teilzunehmen. Die passiv, ergebenen Opfer-Typen verfal-len somit in große Einsamkeit und stammen meist aus einer Familie, in der die sozia-len Kompetenzen sehr mangeln. Depressive Stimmungen und suizidale Gedanken machen diesen Opfer-Typ zu einem perfekten Ziel für die Täter*innen.62

Der provozierende Opfer-Typ tritt eher selten auf. Auf den aktiven Mobbingprozess, reagieren sie ebenfalls aktiv, indem sie mit einem aggressiven Verhalten provozie-ren. In der Regel sind diese Opfer-Typen nicht nur Opfer, sondern werden in man-chen Fällen auch zu Täter*innen, da sie versuman-chen, durch Gewalt und Aggression, nicht mehr geärgert zu werden. Innerhalb der Klasse sind sie eher unbeliebt und leicht provozierbar. Genauso wie der andere Typ, stammen auch diese Opfer-Typen aus Familien mit schlechten sozialen Kompetenzen und einem niedrigen So-zialstatus.63

Karl E. Dambach, Studiendirektor an der Werner-Heisenberg-Schule in Rüsselsheim, befasste sich mit typischen Verhaltensmerkmalen von Außenseitern, die ein erhöhtes

60 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 41 61 vgl. Mirian 2020, S. 16

62 vgl. Mirian 2020, S. 17 63 vgl. Mirian 2020, S. 17

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Mobbingrisiko aufweisen. Basierend auf diesen Verhaltensmerkmalen entstanden verschiedene Typen von Außenseitern:

x Die Schwierigen, die viele negative Erfahrungen erlebt haben und dement-sprechend allem misstrauisch gegenüber sind. Sowohl in entspannten als auch in stressigen Situationen fühlen sie sich benachteiligt oder schikaniert. Gegen Mobbing wehren sie sich aktiv und aggressiv. Lehrer*innen, die solch ein Verhalten innerhalb der Klasse mitbekommen, geben oftmals dem Schwie-rigen dafür die Schuld.64

x Die Prahler sind eher männlich und nehmen sich das Verhalten von Grup-penanführern an, da sie selber nicht sehr beliebt sind. Durch materielle Ge-genstände versucht der Prahler sich beliebt zu machen, bewirkt jedoch das Gegenteil und wird dadurch nur weiter in die Außenseiterposition gedrängt.65 x Der Klassenclown hat gelernt, dass er durch sein kindisches Verhalten

weni-ger schikaniert wird. Allerdings ist er nicht freiwillig in dieser Rolle, sondern wird von den Täter*innen in diese Rolle gedrängt. Die Lehrer*innen reagieren mit disziplinierenden Maßnahmen auf das Verhalten des Klassenclown und bestärken ihn dadurch unbeabsichtigt in seiner Rolle.66

x Der Partnersuchende hat das Ziel, Verbündete zu finden, die ebenfalls Au-ßenseiter sind. Durch Geschenke versucht der Partnersuchende in eine Gruppe aufgenommen zu werden. Im Unterricht zeigen sie sich sehr interes-siert und weisen gute Schulleistungen auf, wodurch sie oftmals auch zu „Stre-bern“ werden.67

x Der Drückeberger kann nicht mit der Situation umgehen, schikaniert zu wer-den, in Folge dessen haben sie starke Fehlzeiten in der Schule und versuchen so gut es geht aus Mobbingsituationen zu fliehen. In dem Klassengeschehen sind sie sehr zurückhaltend und angespannt.68

x Der letzte Typ der Außenseiter ist der Ungeschickte. Durch seine tollpatschi-ge Art misslintollpatschi-gen ihm oftmals viele Dintollpatschi-ge, woraufhin er schikaniert und austollpatschi-ge-

64 vgl. Dambach 2009, S. 47 65 vgl. Dambach 2009, S. 49 66 vgl. Dambach 2009, S. 49f 67 vgl. Dambach 2009, S. 51 68 vgl. Dambach 2009, S. 53

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lacht wird. Durch die Entstehung von Stress passieren ihm nur noch mehr Missgeschicke, wodurch er an sich selbst und seinen Fähigkeiten zweifelt.69

4. Wer sind die Täter*innen?

Das Geschlecht der Täter*innen ist in der Regel eher männlich. Jungen schikanieren eher andere als Mädchen. Jedoch sind die Jungen auch öfter in der Position der Mobbingopfer. Man kann jedoch nicht genau feststellen, ob „reine“ Mobbingopfer immer männlich oder weiblich sind, denn es hängt oftmals davon ab, wie die Mob-bingtaten auf das Opfer ausgeübt werden.70

Mädchen sind im Kontext Mobbing eher subtilere Täterinnen als Jungen. Ihre Taten sind sehr ausgeklügelt und fein strukturiert, wodurch es schwerer wird ihre Taten zu durchschauen. Diese Taten wenden sie vorwiegend am gleichen Geschlecht an. Die Jungen hingegen gehen eher körperlich vor.71

Die Täter*innen sind im Allgemeinen körperlich stärker als ihre Opfer oder Gleichalt-rige. In der Körpergröße und der Körperstärke sind sie anderen überlegen. Die Freunde der Täter*innen sind in der Regel ebenso anderen in Körpergröße und Kör-perstärke überlegen. Diese körperlichen Merkmale, zurückzuführen auf hormonelle Veränderungen, beeinflussen den sozialen Status der jugendlich, männlichen Täter in den Klassen. Hinzukommt, dass ihr männliches Dominanzverhalten davon abhän-gig ist, wie attraktiv sie von Mädchen wahrgenommen werden. Männliche Täter ge-hen deshalb auch oftmals früher, als anderen Jugendliche im gleicge-hen Alter, romanti-sche Beziehungen ein. Allerdings ist es dann möglich, dass diese Beziehungen von körperlicher oder sozialer Aggression geprägt sein könnten.72

Während in der Kindheit die Mobbingtaten wenig strategisch und unreif ausgeübt wurden, wächst vor allem das Streben nach einem Status bei jugendlichen Tätern und Täterinnen. Ältere Schüler*innen, die in ihrer Schullaufbahn früh einen höheren Satus erlangt haben, sind eher Täter*innen als Opfer. Auf der anderen Seite sind dann die Schüler*innen, mit einem niedrigen Status, eher Mobbingopfer. Wird das Mobbingverhalten der Täter*innen durch gleichaltrige Schulkameraden positiv ver-stärkt, kann das Verhalten zur Gewohnheit im Schulalltag werden.73

69 vgl. Dambach 2009, S. 53f 70 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 36 71 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 36 72 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 36 73 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 37

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Neben den körperlichen Merkmalen, gibt es auch psychologische Merkmale die die Täter*innen charakterisieren. Eine weit verbreitete Annahme ist, dass Täter und Tä-terinnen ein niedriges Selbstwertgefühl besitzen. Sie versuchen durch ihr Verhalten Gefühle zu kompensieren, indem sie andere mobben. Diese Annahme stößt zum Teil aber auch auf Gegenwind, denn es gibt auch Täter und Täterinnen die dies vernei-nen. Je öfter es zu Mobbingtaten kommt, desto geringer sei das Selbstwertgefühl für Täter*innen und Opfer.74

Zudem besitzen Täter*innen, mit einem geringen Empathie Vermögen, ein größeres Aggressionspotenzial, denn sie sind nicht dazu in Lage sich in ihre Opfer hineinver-setzten und können im Allgemeinen auch nicht mit anderen mitfühlen. Dieses Verhal-ten tritt in der Regel öfter bei Jungen, als bei Mädchen auf.75

Des Weiteren können Täter*innen mit einem geringen empathischen Bewusstsein, im Vergleich zu anderen Kindern und Jugendlichen, eher schlecht Probleme im sozi-alen Kontext lösen und sind sich den negativen Konsequenzen ihres Handelns weni-ger bewusst. Sie sind also nicht dazu in der Lage, soziale Informationen angemes-sen zu verarbeiten.76

Da Ausnahmen die Regel bestätigen, gibt es auch Täter und Täterinnen, die über Intelligenz und Empathie verfügen. Ihr Verhalten richtet sich dabei stark nach ihren eigenen Interessen. In der Psychologie spricht man von „Machiavellismus“, wenn einem kein Mittel zu schade ist, um sein Ziel zu erreichen.77

5. Mobbing in der Schule

In Deutschland ist Mobbing die häufigste Gewaltform an Schulen und beansprucht damit den größten Handlungsbedarf.

Das Schulmobbing kann im Kontext der Emotionsregulation (kontrollieren der eige-nen Gefühle und Emotioeige-nen) als natürlicher, entwicklungsbezogener Prozess ange-sehen werden, der in der frühen Kindheit damit anfängt, dass Kinder sich gegen an-dere behaupten wollen, um ihre soziale Überlegenheit zu äußern. Denn zu der sozia-len Entwicklung im Kindesalter gehört es, dass sie mit anderen Kindern Beziehungen aufnehmen möchten und diese dann dementsprechend aufrechterhalten wollen.

74 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 37 75 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 37 76 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 37f 77 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 38

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dem soll sich das eigene Verhalten den Erwartungen und Bedingungen des gesell-schaftlichen Zusammenlebens anpassen.78

In Grundschulen sind Mobbingattacken vorrangig als direktes körperliches Mobbing, wie z.B. Schlagen und Treten charakterisiert. Dies wird mit zunehmendem Alter der Kinder weniger körperlich, sondern eher indirekt oder verbal. Man bezeichnet dies als Sozio-emotionale Entwicklung, mit der eine Emotionsregulation einhergeht. Mit dem Älterwerden der Kinder geht die Fremdregulation (Verhalten oder Tätigkeiten werden durch Eltern oder andere Personen bestimmt) in die Selbstregulation (Kind kann selber über Verhalten oder Tätigkeiten bestimmen) über. Jedoch ist es auch möglich, dass sich das zuvor beschriebene Verhalten, mit dem älter werden umkeh-ren kann.79

Die Schikanen oder Mobbingattacken finden am häufigsten auf dem Pausenhof statt, denn hier sind die Kinder nicht an ihre Stühle „gefesselt“ und können sich dement-sprechend frei bewegen. Nicht den ständigen Kontrollen der Lehrer*innen ausge-setzt, können die Täter*innen hier ganz leicht an ihre Opfer herankommen. Dennoch findet Mobbing auch in den Klassenräumen, auf den Schulfluren, auf den Toiletten, im Schulbus oder auf dem Weg zur Schule statt. Beispiele für direktes aktives Mob-bing sind: das Auslachen, die Bloßstellung, abwertende Worte, beleidigende Blicke, Hänseleien durch unpassende Witze oder Spitznamen, Drohungen mit unangemes-senen Konsequenzen, körperliche Übergriffe (z.B. kneifen, verprügeln oder Bein stel-len) sowie Nötigungen und Erpressungen.80

Indirektes Mobbing an Schulen, oder auch passives Mobbing genannt, äußert sich durch das Verbreiten von Lügen oder Gerüchten über andere Personen oder Klas-senkamerad*innen, um deren Ruf zu schädigen - heutzutage immer häufiger auf so-zialen Plattformen im Internet, durch sogenanntes "Cybermobbing". Aber auch das Ausschließen von Klassenkamerad*innen während der Pause oder bei Gruppenar-beiten (soziale Ausgrenzung), die Unterschlagung wichtiger Informationen, die Zu-rückhaltung von Lob, der Diebstahl oder die Zerstörung des Eigentums der Klassen-kamerad*innen sind Beispiele für indirektes, passives Mobbing an Schulen. Die loka-le Aufmachung des schulischen Settings, kann eine entscheidende Rolloka-le bei dem Vorkommen von Mobbing spielen.81

78 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 39 79 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 39 80 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 44 81 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 44

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Lehrer*innen, sowie die Schulsozialarbeiter*innen, sollten sich mit den verschiede-nen Formen des Mobbings (physisch oder psychisch) vertraut machen, damit sie die Kinder und Jugendlichen, aufgrund ihrer unterschiedlichen Entwicklungen, besser einschätzen und verstehen können. Als Folge dessen, würde der Einfluss des Wis-sens, sich auf das Verhalten der Lehrer*innen und der Schulsozialarbeiter*innen übertragen. Das Auftreten von Mobbingtaten könnten demnach zusätzlich beein-flusst, wenn nicht sogar minimiert werden.82

5.1 Innerschulische Einflussfaktoren

Das Lernklima setzt sich aus folgenden Aspekten zusammen, die an der Entstehung von Mobbing beteiligt sein könnten: geringer Lebensweltbezug (die Schüler leben nur in ihrer eigenen Welt und lernen oder entdecken nichts vom Rest der Welt), geringer Leistungsstand (auftretende Langeweile bei unterforderten Schüler*innen führt zu Mobbingverhalten), schlechtes Klassenklima (Unruhe, Unaufmerksamkeit, kein Ge-meinschaftsgefühl) und Vernachlässigung des sozialen Lernens können dazu führen, dass Mobbing an Schulen vorkommt.83

Das Schulklima spielt dabei eine sehr wichtige Rolle, denn es umschließt das soziale Miteinander zwischen den Schüler*innen, den Lehrer*innen und den Schulsozialar-beiter*innen sowie die soziale Organisation einer Schule. Es ist „der Grad an Res-pekt und gerechter Behandlung von Schüler*innen durch das Lehrpersonal und die Schulleiter*innen sowie das Zugehörigkeitsgefühl, das das Kind der Schule gegen-über empfindet.“84

Die Einstellung der Lehrer*innen, gegenüber Mobbing an Schulen und dem daraus resultierenden (Nicht-)Handeln, beeinflusst die Entwicklung des Schulklimas und demnach auch die Entwicklung des Mobbinggeschehens. Setzten sich die Leh-rer*innen also intensiv mit dem Thema auseinander, benannten die Problematiken und bemühten sich um präventive Maßnahmen, so konnten die Schulen beispiels-weise weniger Mobbingfälle verzeichnen.85

Weiterhin können die Klassenführung und die erzieherischen Methoden der Leh-rer*innen Auswirkungen auf das Schul-, bzw. Klassenklima haben. Ein einseitiges Verhalten oder willkürliche Bestrafungen durch die Lehrpersonen könnten bei den Schülern zu Ablehnungen führen oder sie werden in der Einstellung bestärkt, dass

82 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 39 83 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 45 84 zit. nach Böhmer/Steffgen 2020, S. 45 85 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 45

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man durch dominantes Verhalten seine Ziele erreichen kann. Je größer eine Klasse ist, desto schwieriger ist es für die Lehrerschaft, diese effektiv zu managen, was wie-derum einen Nährboden für Mobbing schaffen kann. Die Lehrer*innen sind Vorbilder und Autoritätspersonen für ihre Schüler*innen, dementsprechend müssen sie durch ihre Handlungen ein vorbildliches Verhalten wiederspiegeln, welches alle gleich be-handelt und respektiert.86

Andererseits wird aber auch das Schulklima durch Schülerverhalten beeinflusst und dementsprechend das Mobbingverhalten. Viele Studien stellten fest, dass die Mehr-zahl an Schülern eine neutrale, vorwiegend ablehnende, Haltung gegenüber Mob-bing besitzt. Diese Schüler*innen sind dann auch eher weniger am MobMob-bing beteiligt. Jedoch muss das nicht heißen, dass sie sich aktiv gegen Mobbingvorfälle einsetzten, indem sie Aufsichtspersonen oder Lehrer*innen darüber informierten bzw. selbst ein-griffen. Der Rest der Schüler*innen, die am Mobbing beteiligt sind, taten dies eher weniger aufgrund individueller Probleme, sondern vielmehr aus Loyalität zu ihrer Gruppe. Die Mitglieder innerhalb der Gruppen vertreten gemeinsame Interessen, durch die sie sich von anderen Schülern oder Gruppen abheben möchten. Die Grup-penmitglieder nehmen entweder passive oder aktive Funktionen in der Gruppe war. Einige sind dabei die Aggressoren, die die Konflikte mit anderen auslösen bzw. pro-vozieren und andere sind die Unterstützer, die das Mobbing unterstützen.87

Wenn die soziale Organisation der Schule die sozialen Strukturen pflegt, kann die Gemeinschaft innerhalb der Schule gefördert werden. Das Recht und die Ordnung, sowie die dadurch wahrgenommene Sicherheit und das Aufkommen von Mobbing, werden ebenfalls durch die soziale Organisation beeinflusst. Durch die Herstellung eines Gemeinschaftsgefühls, unterstützender Beziehungen, gemeinsamer Ziele und Werte und durch die Einbindung in Entscheidungen, kann Mobbing als Gewaltform an Schulen verringert werden.88

5.2 Außerschulische Einflussfaktoren

Außerhalb der Schule gibt es viele Faktoren, die das Leben der Kinder beeinflussen können. Die wichtigsten Einflussfaktoren werden im Folgenden dargestellt.

86 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 46 87 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 46f 88 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 47

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5.2.1 Familie

Die Familie ist der größte Einflussfaktor außerhalb der Schule. Die Beziehungen zwi-schen den Schüler*innen und ihren Familienmitgliedern prägen die Erziehungs- und Sozialisationsprozesse ein Leben lang. Zudem besagt die Bindungsforschung, dass Bindungen zwischen Familienmitgliedern die Grundlage von Interaktionen sind, die sich auch auf die Qualität der familiären Beziehungen auswirken. Dementsprechend beeinflussen die Erfahrungen in der Kindheit die emotionale und kognitive

Entwicklung, ein Leben lang. 89

Die Bindungen zwischen Kindern und ihren Bezugspersonen, meisten ist die Mutter die engste Bezugsperson, lassen sich in vier Bindungstypen unterteilen. Die Bin-dungstypen beziehen sich auf die Kinder und sind abhängig von der Feinfühligkeit der Mutter, die im Erkennen und Deuten der kindlichen Signale sichtbar wird.

Der erste Bindungstyp sind die unsicher gebundenen und vermeidend reagierenden Kinder. Sie suchen kaum Kontakt zu ihrer Mutter bzw. ihren Bezugspersonen. Bei Trennungssituationen sind sie weder ängstlich noch traurig. Die Kinder lassen sich auch nicht durch andere Personen beruhigen.90

Der zweite Bindungstyp sind die sicher gebundenen Kinder, die Kontakt und Nähe zu ihrer Mutter bzw. ihren Bezugspersonen suchen. Bei Trennungssituationen lassen sie sich nur schwer von anderen Personen trösten.91

Die unsicher gebundenen Kinder, mit ambivalenten Interaktionsverhalten, sind der dritte Bindungstyp. Das ambivalente Verhalten zur Mutter bzw. zu den Bezugsperso-nen zeigt sich dadurch, dass die Kinder auf der eiBezugsperso-nen Seite den Kontakt und die Nä-he sucNä-hen, auf der anderen Seite jedoch auch die Distanz. Das Verhalten wechselt zwischen Kontaktaufnahme und Kontaktablehnung. Bei Trennungssituationen sind sie passiv oder wütend. Genau so können sie auch auf andere Personen reagieren.92 Der letzte und vierte Bindungstyp, sind die desorganisierten und desorientierten Kin-der (D-Komponente). Durch ihr stark schwankendes Verhalten, lassen sie sich keiner Kategorie zuordnen. Es wird davon ausgegangen, dass sie sich in einem Konflikt zwischen Angst und Annäherung befinden. Zurückzuführen ist dies möglicherweise auf eine einschüchternde Erfahrung wie z.B. Missbrauch oder dauerhafte Probleme

89 vgl. Burger 2020, S. 5 90 vgl. Burger 2020, S. 7 91 vgl. Burger 2020, S. 7 92 vgl. Burger 2020, S. 7

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bei der Verhaltensregulation. Besonders diese Kategorie der Kinder ist gefährdet für spätere Verhaltensprobleme.93

Im Alltag zeigt sich, dass sicher gebundene Kinder eine höhere soziale Kompetenz aufweisen, sich besser in Kindergärten bzw. Schulen zurechtfinden und in Konfliktsi-tuationen weniger feindselig sind bzw. kompetenter reagieren.

Schüler*innen, die in der Schule mit Mobbing Kontakt haben, fehlt es oftmals an ge-eigneten Vorbildern, innerhalb der eigenen Familie. Aber auch die Einstellungen der Eltern, gegenüber dem Schulerfolg und der Schullaufbahn, können sich auf das Ver-halten der Schüler*innen auswirken. Zudem können mangelnde Kommunikationen oder nicht immer gewaltfreie Konfliktlösungen, sich ebenfalls auf das Wesen und das Verhalten der Schüler*innen auswirken.94

Schüler*innen, die in Großfamilien aufgewachsen sind und lange Zeit durch Ge-schwister gemobbt wurden, werden in der Schule eher zu Tätern als zu Opfern. Des Weiteren sind Kinder, deren Eltern einen strengen Erziehungsstil verfolgen und kör-perlich bestrafen, ebenfalls eher Täter*innen als Opfer. Andere, die in ihrer Kindheit gelernt haben, dass es in Ordnung ist, andere zu unterdrücken, geben dieses Verhal-ten an ihre Opfer weiter. Ist es den Opfern nicht möglich darüber mit Vertrauensper-sonen zu sprechen, so besteht die Gefahr, dass sie sich zurückziehen und die Un-terdrückung durch die Klassenkameraden über sich ergehen lassen. Im schlimmsten Fall suchen sie die Schuld, für das Verhalten der anderen, bei sich selber.95

5.2.2 Gleichaltrige Freunde

Neben der Familie, als zentralem Bezugssystem, nehmen die gleichaltrigen Freunde, mit Beginn der Jugendphase, einen wichtigen Stellenwert im Leben der Jugendlichen ein. Neben der Freizeitgestaltung orientieren sie sich an den Lebensführungen ihrer Freunde und lösen somit die Familie in vielen Bereichen als wichtigste Beziehungs-instanz ab. Dadurch werden neue Bildungs- und Freizeiträume innerhalb der Freizeit geschaffen, die schulisches bzw. informelles Lernen fördern. Gemeinsame Aktivitä-ten mit Freunden, können somit die sozialen KompeAktivitä-tenzen stärken, indem sie mit und von den Gleichaltrigen lernen. Man bezeichnet dies als Soziales Lernen, bei dem Freunde als Modell dienen und verschiedene Bildungsprozesse durchleben. Der Kontakt mit gleichaltrigen Freunden bietet also die Möglichkeit auf vielfältige Lern-,

93 vgl. Burger 2020, S. 7 94 vgl. Burger 2020, S. 9

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Erfahrungs- und Experimentierchancen, die zur Entwicklung eines eigenen Lebens-stils mit Normen, Werten und Ausdrucksweisen beitragen.96

Die Freundschaftsbeziehungen basieren auf Freiwilligkeit und können in der Regel kaum durch die Erwachsenen kontrolliert werden. Somit haben die Jugendlichen die Möglichkeit, Verhaltensweisen und Lebensstile auszuprobieren, ohne durch die El-tern dafür bestraft zu werden. Durch verschieden Outfits, Haarfrisuren oder Interes-sen entwickeln die Jugendlichen ihre eigene Identität und transportieren diese nach außen. Dadurch, dass alle Gruppenmitglieder einer Freundschaft, solche sichtbaren Stilelemente nach außen hin tragen, distanzieren sie sich deutlich von der Erwach-senenwelt.97

Auf der anderen Seite bedeutet die Freiwilligkeit einer Freundschaft aber auch, dass es durch nicht vorhandene enge Strukturen, zu einer Auflösung der Freundschaft kommen kann. Um dies zu verhindern bedarf es einen ständigen Austausch sowie die Vergewisserung mit dem Freund bzw. der Freundin. Die Jugendlichen wollen ihre gegenseitige Anerkennung und Aufmerksamkeit. Oftmals kommt es dabei zu Kom-promissen, bei denen die Jugendlichen ein hohes Maß an Kooperations- und Kritik-fähigkeit besitzen müssen. Diese Fähigkeiten erlernen die Jugendlichen, indem sie sich mit anderen Gleichaltrigen austauschen, was gleichzeitig als Grundlage für den Aufbau und den Erhalt sozialer Netzwerke dient. Innerhalb der sozialen Netzwerke kommt es dann regelmäßig zu Treffen mit gleichaltrigen Freunden, bei denen Ge-danken, Gefühle, Sorgen, Probleme oder Ideen ausgetauscht werden können.98 Soziale, kommunikative und emotionale Ebenen führen also dazu, dass Jugendliche lernen wie man mit anderen Menschen oder Gleichaltrigen in Kontakt tritt und Bezie-hungen aufbaut. Aber auch wie bereits bestehende BezieBezie-hungen wieder gelöst wer-den können. 99

Besitzen die Jugendlichen keine dieser sozialen, kommunikativen oder emotionalen Ebenen, so kann es dazu kommen, dass sie nicht in der Lage dazu sind, Freund-schaften zu schließen. Ihr menschliches Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit kann nicht befriedigt werden. Die Jugendlichen spüren deutlich Gefühle von Einsam-keit, von TraurigEinsam-keit, von Ablehnung aber auch dass sie nicht beachtet werden. Die Erfahrungen von Zurückweisung und sozialer Isolation, können sich auf lange Sicht,

96 vgl. Palentien 2010, S. 9 97 vgl. Palentien 2010, S. 10f 98 vgl. Palentien 2010, S. 11 99 vgl. Palentien 2010, S. 11f

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auf die Identitätsbildung der Jugendlichen auswirken. In ihrem weiteren Leben wer-den sie immer wieder damit zu kämpfen haben, wenn sie nichts an ihren Situationen ändern. Denn in der Regel arrangieren sich die meisten Jugendlichen mit ihrer Situa-tion, flüchten in Scheinwelten, suchen Wege um alleine zu sein und hoffen auf Ver-änderung bzw. sehnen sich nach einer Freundschaft.100

Genau diese Jugendlichen sind es dann auch, die zunehmend Opfer von Mobbing werden, da sie die besten Voraussetzungen für Mobbing mitbringen. Denn sie besit-zen nicht genügend soziale Kompetenbesit-zen, um Freundschaften zu schließen, ziehen sich aus diesem Grund zurück und sind eher Einzelgänger in ihrer Scheinwelt.

5.2.3 Medien

Neben der Familie und den Freunden spielen die Medien eine wichtige Rolle im Le-ben der Kinder und Jugendlichen. Die digitalen Medien sind zu ihren täglichen Be-gleitern geworden, mit denen sie den Großteil ihrer Freizeit verbringen. Die unzähli-gen Medienformen ermöglichen den Juunzähli-gendlichen eine umfangreiche Nutzung. Vor allem Facebook, Instagram, Snapchat, WhatsApp, Twitter usw. spielen eine gro-ße Rolle im Leben der Jugendlichen, um mit Freunden in Kontakt zu treten.101

Diese dienen der Selbstdarstellung und reagieren auf bestimmte Erwartungen der Gesellschaft. Durch Selbstinszenierungen der eigenen Person, wird versucht, diesen Erwartungen zu entsprechen, um dadurch Bestätigungen zu erhalten. Sind die Schüler *innen, die auf diesen Plattformen unterwegs sind, nicht in der Lage dazu, die Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen, so können sie aufgrund der Nichterfül-lung zu Opfern von Mobbing werden – in diesen Fällen spricht man von Cybermob-bing. 102

Neben allen Vorteilen digitaler Medien und Sozialer Netzwerke, sollte die Gesell-schaft darüber nachdenken, ob diese auch Auslöser für gesellGesell-schaftliche Probleme, wie z.B. Schulmobbing, sein könnten. Teilweise wird davon ausgegangen, dass die Gewalt, die in Medien verbreitet wird, sich auf das Aggressionspotential der Schü-ler*innen auswirken kann, wenn sie nicht ausreichend darüber aufgeklärt werden, was dort in den Medien gezeigt wird.103

Die Gefahr besteht darin, dass die Schüler*innen die dargestellten Inhalte so auf-nehmen, wie sie gezeigt werden. In den meisten Fällen werden Gewalttaten in den

100 vgl. Rohlfs 2010, S. 65

101 vgl. Friedrichs/Sander 2010, S. 283 102 vgl. Friedrichs/Sander 2010, S. 284 103 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 50

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Medien drastischer dargestellt, als sie faktisch wirklich waren. So vermittelt es den Schüler*innen ein „falsches Bild“ und verzerrt ihre Wahrnehmungen. Verstärkt wer-den diese verzerrten Wahrnehmungen durch „Fake News“ und „alternative Fakten“. Junge Schüler *innen können demnach gar nicht immer einschätzen, ob es sich um wahre oder falsche Fakten handelt.104

5.2.4 Stress

Stress ist ein kompliziertes Phänomen, welches eine wichtige Rolle in der Bewälti-gung von Belastungen spielt. Zahlreiche Modelle beschäftigen sich mit der individuel-len und soziaindividuel-len Belastungsbewältigung. Das Problem vieler Modelle ist jedoch, dass sie sich nicht genauer mit den Reaktionsverhalten auseinandersetzen. Das Stress-modell von Richard Lazarus, ist eines der bekanntesten Ansätze. In den 80er Jahren setzte er sich intensiv mit dem Thema Stress auseinander und betrachtete dabei vor allem die transaktionellen, kognitiven Prozesse. Besonders betont wird die subjektive Bewertung der belastenden Situation.105

Kann ein Individuum, mit all seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten, die Anforderun-gen seiner Umwelt nicht erfüllen, so ist eine mögliche Folge Stress. Dieser Stress kann wie eine Bedrohung auf das Individuum wirken. Trifft also ein Reiz das Indivi-duum, so wird der Reiz erst einmal individuell wahrgenommen und bewertet. Die Reize werden in „irrelevant“, „positiv/angenehm“ und „gefährlich/stressbezogen“ un-terteilt. Ist es ein „gefährlicher/stressbezogener“ Reiz, so wird in einer weiteren Kate-gorisierung gefiltert, ob der Reiz eine „Herausforderung“, eine „Bedrohung“ oder ein „Schaden/Verlust“ ist. Kann der Reiz nicht durch interne oder externe Ressourcen (z.B. körperliche, materielle, soziale oder intellektuelle) verarbeitet werden, so führt dies zu Stress und der Prozess des „Copings“ kann nicht ausgeübt werden.106

Das Coping ist ein Verhalten, welches ein Individuum ausführt, wenn es eine belas-tende Situation bewältigen möchte. Die Stressbewältigung ist entweder problemori-entiert (die Situation an sich muss geändert werden) oder emotionsoriproblemori-entiert (die Emotionen/der Bezug zu der Situation muss geändert werden).107

Sind Jugendliche also in der Situation, dass sie außerhalb der Schule unter Stress leiden, kann sich dies auch auf das Verhalten innerhalb der Schule auswirken. Au-ßerhalb der Schule ist es wichtig, dass die Eltern ihre Kinder unterstützen und ihnen

104 vgl. Böhmer/Steffgen 2020, S. 50f 105 vgl. Burger 2020, S. 14

106 vgl. Burger 2020, S. 14 107 vgl. Burger 2020, S. 16

Referenzen

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