Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag
Reihe Rechtswissenschaft
Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag
Reihe Rechtswissenschaft Band 152
Jeneka Manoharan
Der Familiennachzug zu Drittstaatsangehörigen
Rechte von Frauen
und unbegleiteten Minderjährigen
Tectum Verlag Nomos
Jeneka Manoharan
Der Familiennachzug zu Drittstaatsangehörigen Rechte von Frauen und unbegleiteten Minderjährigen Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag Reihe: Rechtswissenschaft; Bd. 152
Zugl. Diss. Philipps-Universität Marburg 2021
Eingereicht unter dem Originaltitel „Der Familiennachzug zu Drittstaatsange- hörigen – Am Beispiel der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutz- berechtigten unter besonderer Berücksichtigung der Rechte von Frauen und unbe- gleiteten Minderjährigen“.
© Tectum – ein Verlag in der Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2021 ePDF 978-3-8288-7703-0
(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Werk unter der ISBN 978-3-8288-4630-2 im Tectum Verlag erschienen.)
ISSN 1861-7875
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Für Jerena
Vorwort
Die vorliegende Arbeit, die im Mai 2021 abgeschlossen wurde, hat der Philipps-Universität Marburg im Jahr 2020 als Dissertation vorge‐
legen. Literaturaktualisierungen und Rechtsprechungseinarbeitungen beruhen im Wesentlichen auf dem Stand Juli 2020.
An erster Stelle gebührt mein ganz besonderer und herzlicher Dank meinem Doktorvater Herrn Professor Dr. Dr. h. c. mult. Gilbert Gor‐
nig für die ausgezeichnete Betreuung bei der Umsetzung der gesamten Arbeit. Er stand mir mit seinen hochgeschätzten Anregungen stets hilfreich und geduldig zur Seite. In diesem Sinne gebührt auch ein herzlicher Dank Herrn Professor Dr. Norbert Bernsdorff für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens.
Ebenso ergeht ein großer Dank an die Friedrich-Ebert-Stiftung, die durch ihre großzügige Unterstützung den finanziellen Rahmen dieser Arbeit geschaffen hat und mir durch ihre ideelle Förderung zu einer persönlichen Weiterentwicklung verhalf.
Ganz herzlich bedanke ich mich bei Frau Dr. Valérie Kornemann für ihre enorme Unterstützung, die wertvollen Gespräche und ihren stets positiven Zuspruch.
Mein tiefempfundener Dank geht ferner an Herrn Dr. Mathias Sušnik für seine investierte Zeit, seinen Zuspruch und für die emotionale Unterstützung bei allen Höhen und Tiefen dieses Vorhabens.
Zu danken habe ich weiter Frau Christina Brandt, Frau Lea Hachmeis‐
ter, Frau Laura Leszinski und Frau Jana Weichseldorfer-Spuhl, die mir bei diesem Projekt stets in Freundschaft mit einem offenen Ohr zur Seite standen.
Meinen Eltern danke ich innig für ihren Mut und ihre Kraft, dass sie in einem fremden Land alle Möglichkeiten für ihre Kinder ergriffen haben und stetig Glauben in uns hatten.
VII
Der größte Dank gebührt meiner Schwester Frau Dr. Jerena Manoha‐
ran, die mich in allen Phasen des Studiums und der Promotion unent‐
wegt bestärkte und unterstützte und mir mit ihrem Zuspruch einen unschätzbaren Rückhalt geboten hat. Ohne sie hätte ich meinen bishe‐
rigen Lebensweg so nicht gehen können. Ihr ist diese Arbeit gewidmet.
Frankfurt am Main, im Mai 2021 Jeneka Manoharan
Vorwort
VIII
Abkürzungsverzeichnis
Die im Text verwendeten Abkürzungen sind die üblichen. Sie sind, bis auf die folgenden Ausnahmen, dem Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache Hildebert Kirchner, 9. Auflage, Berlin, Boston 2018 ent‐
nommen.
AEMR Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
AKN Ankunftsnachweis
AsylG Asylgesetz
AuslR Ausländerrecht
BeckOK Beck'scher Online-Kommentar BeckRS Beck-Rechtsprechung Beschw. Beschwerde
bzgl. bezüglich
bzw. beziehungsweise
CCPR The Centre for Civil and Political Rights/ Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte
CDU Christlich Demokratische Union
CEDAW The Convention on the Elimination of all Forms of Discrimination/
Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau
CSU Christlich-Soziale Union
Doc. Document
FABL Die fremden- und asylrechtlichen Blätter
FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung
GRCh Charta der Grundrechte der Europäischen Union IJRL The International Journal of Refugee Law Int. Comp. LawQ International & Comparative Law Quarterly
IPbpR Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte
KRK Kinderrechtskonvention
KSÜ Haager Kinderschutzübereinkommen
LPartG Lebenspartnerschaftsgesetz v. 16.2.2001
MRM MenschenRechtsMagazin
NILR The Netherlands International Law Review NQHR The Netherlands Quarterly of Human Rights
IX
QRL Qualifikationsrichtlinie
RJD Report of Judgments and Decision/ Sammlung d. Entscheidungen des EGMR
SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands
u.a. unter anderem
v. von/vom
z. zum/zur
Ziff. Ziffer
Abkürzungsverzeichnis
X
Inhaltsverzeichnis
Einführung... 1 Problemaufriss ...
A. 1
Politische Einbettung der Flüchtlingskrise und des Familiennachzugs ...
B. 14
Gang der Untersuchung ...
C. 18
Die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär
Schutzberechtigten mit Blick auf Frauen und Minderjährige...
Erster Teil:
21 Rechtlicher und politischer Hintergrund der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten ...
§ 1
21 Subsidiärer Schutz und Flüchtlingsschutz nach der GFK ...
§ 2 25
Überblick über die Schutzstatus von Geflüchteten ...
A. 25
Merkmale zur Unterscheidung von subsidiär Schutzberechtigten und
Flüchtlingen nach der GFK ...
B.
28 Erwägungsgründe für die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär
Schutzberechtigten ...
§ 3
28 Zuwanderungsbegrenzung als Bundeskompetenz und Pflicht gegenüber
Ländern ...
A.
29 Staatliche Souveränität und ein Staat an seiner Belastungsgrenze ...
B. 32
Interesse der Aufenthalts- und Integrationssysteme ...
C. 38
Auswirkungen der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär
Schutzberechtigten auf Frauen und unbegleitete Minderjährige ...
§ 4
39 Minderjährige subsidiär Schutzberechtigte ...
A. 41
Kein Familiennachzug bei Volljährigkeit während der Aussetzung – BVerfG, Beschl. v. 11.10.2017 (2 BvR 1758/17) ...
I.
41 Familiennachzug zu subsidiär schutzberechtigten unbegleiteten
Minderjährigen nach § 22 AufenthG – VG Berlin, Urt. v. 7.11.2017 (VG 36 K 92.17 V) ...
II.
43
XI
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Qualifizierung als unbegleiteter
Minderjähriger zum Zweck der Familienzusammenführung – EuGH, Urt. v.
12.4.2018 (C-550/16) ...
III.
45 Zusammenfassung ...
IV. 47
Frauen in Krisengebieten ...
B. 48
Zwischenergebnis ...
§ 5 52
Familiennachzug zum Schutz der Familie mit Blick auf Frauen und Minderjährige...
Zweiter Teil:
53 Völkerrechtliche Verankerung des Familien-, Frauen- und
Minderjährigenschutzes ...
§ 1
54 Grundlagen ...
A. 54
Begriffe und relevante Rechtsquellen ...
I. 54
Verfassungsrechtliche Öffnung des Staates gegenüber dem Völkerrecht ....
II. 57
Art. 25 S. 2 GG ...
1. 60
Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG ...
2. 61
Ordre public-Vorbehalt ...
3. 62
Verhältnis zum Unionsrecht ...
III. 63
Relevante Rechtsquellen zum Schutz von Familien, Frauen und
Minderjährigen ...
B.
64 Europäische Menschenrechtskonvention ...
I. 64
Allgemein ...
1. 64
Zweck und Stellung der EMRK im deutschen Recht ...
a) 65
Überprüfungsorgan der EMRK ...
b) 67
Berücksichtigung der EMRK im innerstaatlichen Recht ...
c) 68
Bedeutung der EMRK für den Grundrechtsschutz der EU ...
d) 69
Familienschutz ...
2. 70
Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) ....
a) 70
Personeller Schutzbereich ...
aa) 71
Sachlicher Schutzbereich ...
bb) 71
Beziehung zwischen Lebenspartnern ...
(1) 73
Ehe ...
(a) 73
Scheinehe ...
(b) 75
Mehrehe ...
(c) 76
Nichteheliche Lebensgemeinschaft ...
(d) 77
Verlobung ...
(e) 78
Inhaltsverzeichnis
XII
Gleichgeschlechtliche Partnerschaft ...
(f) 78
Beziehung zwischen Eltern und Kindern ...
(2) 79
Minderjährige Kinder ...
(a) 79
Volljährige Kinder ...
(b) 80
Adoptiv-, Stief- und Pflegekinder ...
(c) 80
Weitere Verwandtschaftsverhältnisse ...
(3) 81
Gewährleistungsdimension ...
(4) 81
Zusammenfassung und Bedeutung für das Ausländerrecht ...
cc) 83
Art. 12 EMRK (Recht auf Eheschließung) ...
b) 85
Personeller Schutzbereich ...
aa) 86
Sachlicher Schutzbereich ...
bb) 86
Recht, eine Ehe einzugehen ...
(1) 86
Recht, eine Familie zu gründen ...
(2) 87
Zusammenfassung ...
cc) 88
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 88
Art. 14 EMRK (Diskriminierungsverbot) ...
a) 88
Personeller Schutzbereich ...
aa) 91
Sachlicher Schutzbereich ...
bb) 91
Ungleichbehandlung bzw. Gleichbehandlung ...
(1) 93
Gruppenbezogene Merkmale ...
(2) 93
Ungerechtfertigt ...
(3) 94
Rechtsnachteil ...
(4) 94
Zusammenfassung ...
b) 94
UN-Kinderrechtskonvention ...
II. 96
Allgemein ...
1. 96
Zweck und Stellung der KRK im deutschen Recht ...
a) 96
Kontrollverfahren ...
b) 100
Bedeutung der KRK und des Kindeswohls im innerstaatlichen Ausländerrecht ...
c)
100 Familienschutz ...
2. 103
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 104
Art. 3 KRK Kindeswohl ...
a) 104
Substantielles Recht ...
aa) 105
Fundamentales Auslegungsprinzip ...
bb) 105
Verfahrensvorschrift ...
cc) 106
Art. 10 KRK (Familienzusammenführung) ...
b) 106
Art. 16 KRK (Schutz der Privatsphäre) ...
c) 106
Inhaltsverzeichnis
XIII
Art. 22 KRK (Kinder als Flüchtlinge) ...
d) 106
Sonstige Regelungen der KRK betreffend Minderjährige ...
e) 107
Zusammenfassung ...
4. 107
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) ...
III.
108 Allgemein ...
1. 108
Familienschutz ...
2. 110
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 110
Art. 1 CEDAW ...
a) 111
Art. 2 CEDAW ...
b) 112
Art. 4 CEDAW ...
c) 113
Art. 5 CEDAW ...
d) 113
Art. 24 CEDAW ...
e) 114
Zusammenfassung ...
4. 114
Zwischenergebnis ...
IV. 114
Bedeutung des Schutzes in weiteren Rechtsquellen ...
C. 117
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ...
I. 118
Allgemein ...
1. 118
Familienschutz ...
2. 120
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 122
Zusammenfassung ...
4. 123
Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR) ...
II. 124
Allgemein ...
1. 124
Zweck und Stellung des IPbpR im deutschen Recht ...
a) 124
Überprüfungsorgan des IPbpR ...
b) 125
Familienschutz ...
2. 126
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 129
Zusammenfassung ...
4. 130
Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) ...
III.
131 Allgemein ...
1. 131
Familienschutz ...
2. 132
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 132
Zusammenfassung ...
4. 133
Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ...
IV. 133
Allgemein ...
1. 133
Familienschutz ...
2. 134
Inhaltsverzeichnis
XIV
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 135
Zusammenfassung ...
4. 136
Europäische Sozialcharta (ESC) ...
V. 137
Allgemein ...
1. 137
Familienschutz ...
2. 138
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 138
Zusammenfassung ...
4. 138
UN-Migrationspakt ...
VI. 139
Allgemein ...
1. 139
Familienschutz ...
2. 140
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 140
Zusammenfassung ...
4. 141
Dubliner Übereinkommen (DÜ) ...
VII. 141
Allgemein ...
1. 141
Familienschutz ...
2. 141
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 142
Zusammenfassung ...
4. 142
Haager Kinderschutzübereinkommen ...
VIII. 142
Allgemein ...
1. 142
Familienschutz ...
2. 143
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 143
Zusammenfassung ...
4. 144
Humanitäres Völkerrecht ...
IX. 144
Allgemein ...
1. 144
Haager Recht ...
a) 144
Genfer Recht ...
b) 145
Familienschutz ...
2. 146
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
3. 146
Haager Recht ...
a) 146
Genfer Recht ...
b) 147
Zusammenfassung ...
4. 149
Zwischenergebnis ...
X. 150
Unionsrechtliche Verankerung des Familien-, Frauen- und
Minderjährigenschutzes ...
§ 2
151 Grundlagen ...
A. 151
Inhaltsverzeichnis
XV
Relevante Rechtsquellen zum Schutz von Familien, Frauen und
Minderjährigen ...
B.
152 Die Charta der Grundrechte der EU ...
I. 152
Familienschutz ...
1. 153
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
2. 154
Familienzusammenführungsrichtlinie ...
II. 154
Familienschutz ...
3. 155
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
4. 155
Qualifikationsrichtlinie ...
III. 156
Familienschutz ...
1. 156
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
2. 157
Zwischenergebnis ...
C. 157
Nationale Verankerung des Familien-, Frauen- und Minderjährigenschutzes ...
§ 3 159
Verfassungsrechtliche Verankerung des Familien-, Frauen- und
Minderjährigenschutzes in Art. 6 GG ...
A.
159 Allgemein ...
I. 159
Familienschutz (Art. 6 GG) ...
II. 162
Personeller Schutzbereich ...
1. 162
Sachlicher Schutzbereich ...
2. 163
Ehe- und Familienbegriff (Art. 6 Abs. 1 GG) ...
a) 164
Gewährleistungsdimensionen (Art. 6 Abs. 1 GG) ...
b) 166
Art. 6 Abs. 1 GG als Abwehrrecht ...
aa) 166
Art. 6 Abs. 1 GG als Institutsgarantie ...
bb) 168
Art. 6 Abs. 1 GG als wertentscheidende Grundsatznorm ...
cc) 170
Zusammenfassung ...
c) 171
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
III. 173
Elternrecht und Mutterschutz (Art. 6 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 GG) ...
1. 173
Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) ...
a) 173
Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG als Abwehrrecht ...
aa) 173
Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG als Institutsgarantie ...
bb) 173
Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG als wertentscheidende Grundsatznorm ....
cc) 174
Trennung Kind und Familie (Art. 6 Abs. 3 GG) ...
dd) 174
Mutterschutz (Art. 6 Abs. 4 GG) ...
b) 175
Die Gleichheit von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 2, 3 GG) ...
2. 175
Zusammenfassung ...
3. 176
Inhaltsverzeichnis
XVI
Einfachgesetzliche Regelungen des Familiennachzugs für Drittstaatsangehörige in Deutschland ...
B.
176 Familienschutz ...
I. 176
Frauen- und Minderjährigenschutz ...
II. 179
Zusammenfassung ...
III. 179
Zwischenergebnis ...
C. 180
Zwischenergebnis hinsichtlich der zu untersuchenden Personengruppen ...
§ 4 181
Rechtliche Würdigung der Begrenzung des Familiennachzugs mit Blick auf Frauen und Minderjährige...
Dritter Teil:
189 Vereinbarkeit der Aussetzung des Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten mit völkerrechtlichen Vorgaben ...
§ 1
190 Art. 8 EMRK unter Berücksichtigung von Art. 3 KRK ...
A. 190
Eröffnung des Schutzbereichs ...
I. 190
Art. 8 EMRK ...
1. 191
Personeller Schutzbereich ...
a) 191
Sachlicher Schutzbereich ...
b) 191
Art. 3 und Art. 10 KRK ...
2. 192
Personeller Schutzbereich ...
a) 192
Sachlicher Schutzbereich ...
b) 192
Art. 3 KRK ...
aa) 192
Art. 10 KRK ...
bb) 194
Zwischenergebnis ...
3. 194
Eingriff ...
II. 194
Einführung ...
1. 195
Aussetzung des Familiennachzugs als Eingriff ...
2. 196
Beeinträchtigung der Rechte von Minderjährigen ...
3. 198
Art. 3 KRK – Berücksichtigung des Kindeswohlschutzes im
Einzelfall ...
a)
198 Art. 10 Abs. 1 KRK – wohlwollend, human, beschleunigt ...
b) 199
Zwischenergebnis ...
4. 199
Rechtfertigung des Eingriffs in das Familienleben ...
III. 200
Spezifische Rechtfertigungskriterien aus Art. 8 EMRK ...
1. 200
Gesetzliche Grundlage ...
a) 200
Rückführbarkeit auf ein vom Parlament beschlossenes Gesetz ...
aa)
201 Inhaltsverzeichnis
XVII
Vorhersehbarkeit ...
bb) 201
Ziele nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ...
b) 202
Einleitung ...
aa) 202
Wirtschaftliches Wohl des Landes ...
bb) 203
Aufrechterhaltung der Ordnung ...
cc) 206
Zwischenergebnis ...
dd) 206
Notwendigkeit in einer demokratischen Gesellschaft ...
c) 207
Einleitung ...
aa) 207
Herausarbeitung der Abwägungskriterien anhand einschlägiger Entscheidungen des EGMR ...
bb)
210 Rückkehrmöglichkeiten – Gül gegen die Schweiz ...
(1) 210
Bewusste Entscheidung, die Familie aufzugeben – Ahmut gegen die Niederlande ...
(2)
211 Verwurzelung der Familienmitglieder – Sen gegen
die Niederlande ...
(3)
212 Angemessenes Mittel zur Entwicklung des
Familienlebens ...
(4)
213 Tuquabo-Tekle gegen die Niederlande ...
(a) 213
Berisha gegen die Schweiz ...
(b) 214
Grad der Integration – Jeunesse gegen die Niederlande...
(5) 215
Wohlergehen der Kinder und sozialer Hintergrund – Üner gegen die Niederlande ...
(6)
217 Zusammenfassung ...
cc) 217
Abwägung ...
2. 221
Familieneinheit im Herkunftsland – „Elsewhere approach“
– Ansatz ...
a)
221 Unüberwindbares Hindernis ...
aa) 221
Situation im Herkunftsland ...
(1) 222
Urlaubsreisen ...
(2) 224
Verweis in Drittstaat ...
(3) 224
Zwischenergebnis ...
bb) 225
Unverhältnismäßig lange Wartezeiten ...
b) 225
Wartezeiten bis zum Termin in der Botschaft ...
aa) 226
Beschaffung von Unterlagen ...
bb) 227
Freiwillige Trennung von der Familie ...
c) 227
Gewicht und Dringlichkeit der Gemeinwohlinteressen ...
d) 228
Einleitung ...
aa) 228
Inhaltsverzeichnis
XVIII
Entlastung der Systeme ...
bb) 229
Souveränität des Staates ...
cc) 229
Zwischenergebnis ...
3. 231
Rechtfertigung des Eingriffs in das Kindeswohl ...
IV. 233
Fehlende Berücksichtigung des Kindeswohls in Gesetzesbegründung ...
1. 234
Kindeswohl in Abhängigkeit zum Alter des Minderjährigen ...
2. 235
Grundsatz ...
a) 235
EuGH, Urt. v. 12.4.2018 – C-550/16 ...
b) 235
Abwägung ...
c) 237
Flüchtlinge nach der GFK und subsidiär Schutzberechtigte ...
aa) 237
Entwicklung und elterliche Fürsorge ...
bb) 238
Stichtage ...
cc) 239
Ausnutzung von Minderjährigenrechten ...
dd) 240
Zwischenergebnis ...
ee) 241
Urlaubsreisen ...
3. 242
Härtefallregelung ...
4. 242
Zwischenergebnis ...
5. 243
Art. 14 EMRK i.V.m. Art. 8 EMRK ...
B. 245
Eröffnung des Schutzbereichs ...
I. 246
Personeller Schutzbereich ...
1. 246
Ausübung einer Konventionsfreiheit/Akzessorietät ...
2. 246
Ungerechtfertigte Gleichbehandlung aufgrund eines personenbezogenen Merkmals: Das Geschlecht ...
II.
247 Gleichbehandlung trotz ungleicher Sachverhalte ...
1. 247
Personenbezogenes Merkmal: Geschlecht ...
2. 249
Überwiegendes Betroffensein von Frauen gegenüber Männern ...
3. 250
Rechtfertigung der mittelbaren Diskriminierung ...
4. 251
Ergebnis ...
III. 253
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau ...
C. 254
Vereinbarkeit der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär
Schutzberechtigten mit unionsrechtlichen Vorgaben ...
§ 2
255 Familienzusammenführungsrichtlinie und subsidiär Schutzberechtigte ...
A. 256
Qualifikationsrichtlinie und subsidiär Schutzberechtigte ...
B. 257
Berücksichtigung durch die Qualifikationsrichtlinie ...
I. 257
Auslegung der Erwägungsgründe der Qualifikationsrichtlinie ...
II. 260
Ergebnis ...
C. 262
Inhaltsverzeichnis
XIX
Vereinbarkeit der Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär
Schutzberechtigten mit verfassungsrechtlichen Vorgaben ...
§ 3
263 Art. 6 GG ...
A. 263
Eröffnung des Schutzbereichs ...
I. 264
Persönlicher Schutzbereich des Art. 6 GG ...
1. 264
Sachlicher Schutzbereich ...
2. 265
Ehe und Familie, Art. 6 Abs. 1 GG ...
a) 265
Positive Eheschließungsfreiheit und das Recht auf
Familiengründung ...
aa)
265 Recht auf eheliches und familiäres Zusammenleben ...
bb) 266
Elternrecht, Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG ...
b) 267
Schutz und Fürsorgeanspruch der Mutter, Art. 6 Abs. 4 GG ...
c) 268
Weitere Gewährleistungsdimensionen ...
3. 269
Institutsgarantie ...
a) 269
Wertentscheidende Grundsatznorm ...
b) 269
Zwischenergebnis ...
4. 271
Eingriff in den abwehrrechtlichen Schutzbereich des Art. 6 GG ...
II. 271
Eingriff in den grundrechtlichen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG ...
1. 271
Freiheit Familiengründung, Art. 6 Abs. 1 GG ...
a) 271
Recht auf eheliches und familiäres Zusammenleben, Art. 6 Abs. 1 GG ...
b)
272 Eingriff in den grundrechtlichen Schutzbereich des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG, Pflege und Erziehung der Kinder ...
2.
275 Zwischenergebnis ...
3. 277
Beeinträchtigung der weiteren Gewährleistungsdimensionen des
Art. 6 GG ...
III.
278 Institutsgarantie ...
1. 279
Wertentscheidende Grundsatznorm ...
2. 280
Zwischenergebnis ...
3. 282
Rechtfertigung ...
IV. 282
Legitimer Zweck ...
1. 283
Geeignetheit der Aussetzung des Familiennachzugs zur
Zweckerreichung ...
2.
284 Erforderlichkeit der Aussetzung des Familiennachzugs zur
Zweckerreichung ...
3.
285 Angemessenheit ...
4. 287
Zumutbarkeit des Ehe- und Familienlebens im Heimatland ...
a) 288
Inhaltsverzeichnis
XX
Besuchsmöglichkeiten und Rückkehr ...
b) 288
Fehlende Einzelfallbetrachtung und Härtefall ...
c) 289
Auswirkungen auf das Kindeswohl ...
d) 293
Gewicht und Dringlichkeit der Gemeinwohlinteressen ...
e) 294
Zwischenergebnis ...
f) 295
Ergebnis ...
V. 295
Art. 3 GG ...
B. 296
Eröffnung des Schutzbereichs ...
I. 296
Ungerechtfertigte Gleichbehandlung aufgrund eines personenbezogenen Merkmals ...
II.
296 Schlussbetrachtung... 299
Familie ...
A. 300
Frauen ...
B. 303
Minderjährige ...
C. 305
Abschluss ...
D. 308
Literaturverzeichnis ... 311 Inhaltsverzeichnis
XXI
Einführung
Problemaufriss
Der Familiennachzug zu Geflüchteten ist eines der umstrittensten The‐
men der vergangenen Jahre. Nachdem zwischen 2015 und 2018 rund 3,7 Millionen Geflüchtete einen Asylantrag in Europa und davon rund 1,5 Millionen Geflüchtete einen in Deutschland gestellt hatten, klingt die Zahl der Neuzugänge ab.1 Für diejenigen, die eine neue Heimat in Europa gefunden haben, rückt der Wunsch nach einer familiären Einheit in den Fokus. Auf rechtlicher Ebene stehen Europäern alle Möglichkeiten offen, um eine familiäre Einheit zu realisieren. Selbst wenn sie über Grenzen hinweg geführt wird, besteht rein formal jederzeit die Möglich‐
keit in die Zielstaaten zu reisen und Familienmitglieder zu besuchen. Die Realität von Geflüchteten sieht anders aus, denn nach einer Trennung im Heimatland sehen sich die Familienmitglieder oftmals viele Jahre nicht.
Aufgrund individueller Verfolgungsschicksale oder bewaffneter Kon‐
flikte in ihren Heimatstaaten sind Besuche grundsätzlich keine Option.
Der Verlust der familiären Einheit ist gerade für die hinterbliebenen Familienmitglieder in Krisengebieten existenzbedrohend. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, welche Bedeutung der Familiennachzug – in seiner Alternativlosigkeit – für Geflüchtete einnimmt.
Ein Blick in das Völkerrecht, in unionsrechtliche Vorschriften und in die deutsche Verfassung unterstreicht zudem die rechtliche Relevanz des Schutzes der Familie und der familiären Einheit. Nach Art. 6 Abs. 1 GG stehen die „Ehe und Familie […] unter besonderen Schutz der staatlichen Ordnung“. Laut Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 7 GRCh hat „jede Person […] das Recht auf Achtung ihres […] Familienlebens […].“ Allen Rege‐
A.
1 Die genaue Aufschlüsselung nach Jahren und Mitgliedsstaaten abzurufen unter: http://
appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/submitViewTableAction.do; http://www.bamf.de/
SharedDocs/Anlagen/DE/Downloads/Infothek/Statistik/Asyl/aktuelle-zahlen-zu- asyl-februar-2019.pdf?__blob=publicationFile (Stand: 10.4.2019).
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lungen ist gemein, dass sie für alle Menschen – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – gelten. Dennoch ist die Verwirklichung der fami‐
liären Einheit für Drittstaatsangehörige2 mit Hürden verbunden. Das führt zu der Frage, ob der Schutz der europäischen bzw. deutschen Familie weiter geht als der Schutz ausländischer Familien und das vor dem Hintergrund des Art. 6 GG, in dem nicht zwischen aus- und inländischen Familien differenziert wird.3
Die Gewährleistung des Familienschutzes ist eine eher junge Einrichtung der deutschen Verfassungsgeschichte.4 Erstmals durch die Reichsverfas‐
sung vom 11. August 1919 wurden in Deutschland die Ehe und Familie unter verfassungsrechtlichen Schutz gestellt. Der Familienbegriff selbst wird im Grundgesetz nicht umrissen.5 In ständiger Rechtsprechung jedoch versteht das Bundesverfassungsgericht unter dem Begriff der Familie die umfassende Gemeinschaft von Eltern und Kindern, also die sogenannte Kleinfamilie.6 Zu hinterfragen ist jedoch auch, ob der Art. 6 GG aus dem Jahr 1949 heute für die familiäre Einheit von Ge‐
flüchteten herangezogen werden kann.
In den verschiedenen universellen menschenrechtlichen Bestimmungen findet sich zumeist ein weiter Familienbegriff. Der IPbpR, die EMRK oder die ESC lassen den Familienbegriff weitestgehend frei. Die erlasse‐
nen Normen der IPbpR sind entsprechend des jeweiligen gesellschaftli‐
chen, kulturellen, rechtlichen und religiösen Verständnisses des Ver‐
tragsstaates zu interpretieren, das heißt von der europäischen Kernfa‐
milie bis hin zur afrikanischen Großfamilie sind alle Familienkonzepte umschlossen.7 Der Begriff des Familienlebens nach Art. 8 EMRK erfasst
2 Gemeint sind Staatsangehörige außerhalb der EU.
3 Eine Frage, die auch schon im Kontext der BVerfG-Entscheidung v. 12.5.1987 – 2 BvR 1226/83 gestellt wurde: Zuleeg, DÖV 1988, 587 (587).
4 Robbers, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Bd. 1, Art. 6, Rn. 1.
5 Siehe Art. 6 Abs. 1 GG.
6 BVerfGE 10, 59 (66); 48, 327 (339); Badura, in: Maunz/Dürig GG, II, Art. 6, Rn. 125;
von Coelln, in: Sachs GG, Art. 6 GG, Rn. 16.
7 „Bezüglich des Ausdrucks „Familie“ verlangen die Ziele des Paktes, dass dieser Begriff im Hinblick auf Art. 17 im weiten Sinne ausgelegt wird, so daß [sic!] er alle Personen umfaßt [sic!], welche nach dem Verständnis der Gesellschaftsordnung im betreffenden Vertrags- staat eine Familie bilden.“, AB 16 [32] (1988), Ziff. 5, abgedruckt in: Kälin/Malinverni/
Nowak, Die Schweiz und die UNO-Menschenrechtspakte, 343 ff.; Walter, Familienzu‐
sammenführung in Europa – Völkerrecht, Gemeinschaftsrecht, Nationales Recht, S. 37.
Einführung
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jegliches Familienleben naher Verwandter in einer Großfamilie.8 Grundsätzlich ist das Familienleben geschützt, wenn es in dem betref‐
fenden Land verankert ist und nicht nur eine lose Verbindung darstellt.9 Eine Verankerung wird nicht angenommen, wenn der Ausländer aus‐
reisepflichtig ist und sein Aufenthalt im Bundesgebiet nur vorüberge‐
hender Natur ist (z.B. Duldung bei fehlenden Papieren).10 Die verschie‐
denen Familienbegriffe sind nicht Schwerpunkt der Bearbeitung und werden daher nur am Rande dargestellt.
Die Familiennachzugsregelungen für Drittstaatsangehörige haben sich in Deutschland vor allem durch europarechtliche Vorgaben11 zu einem familienfreundlichen Gesamtbild entwickelt. Allerdings gehen subsidiär Schutzberechtigte als Verlierer aus dem System hervor, da für diese Personengruppe der Familiennachzug für zunächst zwei Jahre ausgesetzt wurde.
Subsidiär schutzberechtigt ist ein Geflüchteter, wenn er stichhaltige Gründe vorbringen kann, dass ihm in seinem Heimatland ein ernsthaf‐
ter Schaden – wie etwa durch Todesstrafe oder durch internationale oder innerstaatliche bewaffnete Konflikte – droht.12 Erst mit Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie13 wurden Personen, die weder die Vorausset‐
zungen aus Art. 16a GG noch die eines Flüchtlings nach der GFK erfüllten, mit einem eigenen Aufenthaltstitel bestärkt.14 Der Flüchtlings‐
begriff ist der GFK zu entnehmen (Art. 1 A. Nr. 2 GFK) und wird näher
8 EGMR, Urt. v. 12.4.2012, Stübing v. Deutschland, Beschw.-Nr. 43547/08; Welte, Der Familienschutz im Spektrum des Ausländerrechts, S. 42 f.
9 EGMR, Urt. v. 24.11.2009 182/08 – Omojudi, InfAuslR 2010, 178; Welte, Der Familienschutz im Spektrum des Ausländerrechts, S. 43.
10 BVerwG, InfAuslR 1997, 24 (29); Welte, Der Familienschutz im Spektrum des Ausländerrechts, S. 43.
11 Siehe hierzu Familienzusammenführungs-RL 2003/86/EG v. 22.9.2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung und die Qualifikationsrichtlinie RL 2011/95/EU v. 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsan‐
gehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes.
12 § 4 Abs. 1 S. 2 AsylG.
13 Qualifikations-RL (RL 2011/95/EU).
14 In der ursprünglichen Fassung des § 25 AufenthG kannte man den Status des subsidiär Schutzberechtigen nicht. Zuvor erhielten jene Schutzsuchenden ein Ab‐
schiebungsverbot nach § 60 Abs. 2, 3, 7 S. 2 AufenthG (a.F.). Der subsidiäre Schutz A. Problemaufriss
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in § 3 AsylG umschrieben. Danach ist ein Ausländer ein Flüchtling, wenn er aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe flüchtet und sich außerhalb seines Herkunftslandes befindet.15 Weitestgehend ist der Umfang des Schutzes für subsidiär Schutzberechtigte mit dem von Asylberechtigten (Art. 16a GG) und Flüchtlingen nach der GFK gleichzusetzen.16 Subsi‐
diär Schutzberechtigte erhalten zunächst nur eine Aufenthaltserlaubnis mit einer einjährigen Gültigkeit. Diese kann danach zweimal um weitere zwei Jahre verlängert werden. Nach fünf Jahren kann eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden.17
Die Suspendierung des Familiennachzugs im Jahr 2016 für subsidi‐
är Schutzberechtigte markiert einen Einschnitt in die jüngst familien‐
freundliche Praxis im deutschen Ausländerrecht.18 Hier machte der
wird in § 4 Asyl in Anlehnung an die Qualifikationsrichtlinie näher beschrieben. Nach
§ 4 AsylG ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn stichhaltige Gründe vorgebracht werden, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht, wie in etwa die Todesstrafe, Folter oder unmenschliche Behandlung.
15 Fast wortgleich zu § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG.
16 § 25 AufenthG stellt die Grundlage des Aufenthalts aus humanitären Gründen dar. Er wurde mit dem Zuwanderungsgesetz neu geschaffen. Das Zuwanderungsgesetz wurde am 5.08.2004 verkündet und trat am 1.01.2005 in Kraft und ersetzte das Ausländergesetz. Anerkannte Flüchtlinge erhalten im vollen Umfang denselben Schutz wie Asylberechtigte nach Art. 16a GG. So erhalten sie eine Ersterteilung des Aufenthaltes für drei Jahre. Der Lebensunterhalt wird für Arbeitssuchende nach dem SGB II gewährt oder sie erhalten Sozialhilfe nach SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung). Zudem sind Flüchtlinge nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BAföG förderberechtigt und eine Erwerbstätigkeit und/oder Praktika sind gestattet. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist sogar wesentlich weiter reichend als die Asylgewährung nach Art. 16a GG, da z.B. auch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure möglich ist.
17 § 26 Abs. 1 S. 3 AufenthG.
18 Noch im Juli 2015 beschloss der Gesetzgeber, Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und subsidiär Schutzberechtigte beim Familiennach‐
zug gleichzustellen, Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Auf‐
enthaltsbeendigung v. 27.7.2015, BGBl. I S. 1386. Dabei fand bereits eine erhebli‐
che Angleichung durch das Gesetz zur Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU v. 28.8.2013, BGBl. I S. 3474 statt. Die Gleichsetzung begründete der Gesetzgeber damit, dass für subsidiär Schutzberechtigte und Flüchtlinge nach der GFK gleichermaßen „eine Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich ist“, BT-Drs. 18/4097, S. 46; Bartolucci/Pelzer, ZAR 2018, 133 (134); Keßler, Asylmagazin 1-2/2016, 18 (18).
Einführung
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Gesetzgeber Gebrauch von seiner Gestaltungshoheit, die medial und in wissenschaftlichen Kreisen rechtliche Fragen aufwirft.19
Für die vorliegende Arbeit wird die Aussetzung des Familiennachzugs als Beispiel für eine Begrenzung des Familiennachzugs herangezogen.
Wie der Titel der Arbeit zu verstehen gibt, erfolgt die rechtliche Aus‐
wertung unter besonderer Berücksichtigung von Frauen und Minder‐
jährigen. Dieses Vorgehen verfolgt die These, dass ein Familiennach‐
zug faktisch – losgelöst von allen rechtlichen Grundlagen – vor al‐
lem einen „Frauennachzug“ und „Kindernachzug“ impliziert. Maxwill schreibt „Frauen und Kinder zuletzt“20 bei Spiegel Online unter der Rubrik „Geschlecht und Asyl“ und berichtet vom durchschnittlichen Flüchtling: aus Syrien stammend, jünger als 30 Jahre und männlich.21 Im Jahr 2017 beispielsweise wurde mit 60,5 % die Mehrheit der Asyl‐
erstanträge von männlichen Antragstellern gestellt. Der Anteil der männlichen Antragsteller überwiegt in allen Altersgruppen bis „unter 60 Jahre“. Lediglich in der Altersgruppe „65-jährige und ältere Asylbe‐
werber“ ist der Anteil der Antragstellerinnen größer.22
Deutlicher wird die marginale Anzahl weiblicher Geflüchteter in der Altersgruppe „16–30 Jahre“, in der von einer bereits bestehenden oder geplanten Familiengründung ausgegangen werden kann. Hier sind rund 72 % der Geflüchteten männlich und nur 28 % weiblich.23 Warum weitaus häufiger Männer als Frauen nach Europa flüchten, lässt sich in aller Kürze beantworten. Die tatsächlichen Fluchtmög‐
lichkeiten für Geflüchtete, die internationalen Schutz begehren, sind nur über den Land- oder Seeweg möglich. Beide Fluchtrouten sind
19 Hierzu auch: Wieland, ZSE 2016, 8 (8 ff.).
20 Maxwill, Geschlecht und Asyl- Frauen und Kinder zuletzt, Spiegel Online v. 9.9.2015 http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/fluechtlinge-warum-vor-allem-maenner -nach-deutschland-kommen-a-1051755.html.
21 Maxwill, Geschlecht und Asyl- Frauen und Kinder zuletzt, Spiegel Online v. 9.9.20 15 http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/fluechtlinge-warum-vor-allem-maen ner-nach-deutschland-kommen-a-1051755.html.
22 http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bun desamt-in-zahlen-2017.pdf?__blob=publicationFile, S. 23.
23 http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bun desamt-in-zahlen-2017.pdf?__blob=publicationFile, S. 24.
A. Problemaufriss
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mit lebensbedrohlichen und menschenrechtsfeindlichen Bedingungen verbunden.24 Mehrere Tage und Wochen sind Geflüchtete unterwegs und davon in vielen Fällen einige Tage auf hoher See in überfüll‐
ten Schlauchbooten. Erschöpfung, Hunger, Müdigkeit – ein Kampf ums Überleben, den in den Jahren 2015–2019 in etwa 15.000 Men‐
schen nicht gewinnen konnten.25 Jene Strapazen sind in der Regel für vulnerable Gruppen wie Frauen, Kinder oder ältere Menschen mit zusätzlichen Gefahren verbunden.26 Frauen und Kinder sind als vulnerable Gruppe aufzuführen, da sie oftmals Opfer verschiedener Gewaltformen sind, wie in etwa Vergewaltigungen und Missbrauch.27 Zudem ist zu bemerken, dass Frauen in vielen Kulturkreisen nicht alleine, sondern nur unter Obhut eines Mannes, die Flucht ergreifen können bzw. fortführen dürfen. Nicht zuletzt muss auch darauf ver‐
wiesen werden, dass Frauen oftmals die Fürsorge von Kindern und älteren Menschen übernehmen, ihre Flucht also mit weiteren Hürden verbunden ist.28 Demnach sprechen viele Gründe aus Sicht der Ge‐
flüchteten dafür, dass aus einer Familie zunächst ein oder mehrere Männer die Flucht nach Europa ergreifen. Ihre Frauen und Kinder sollen dann erst im Zuge des Familiennachzuges auf sicherem Weg die neue Heimat erreichen.29 Die gesellschaftlichen Umstände einerseits
24 Zahlen und Fakten zum Flüchtlingssterben im Mittelmeer: http://www.europar l.europa.eu/news/de/headlines/society/20170629STO78630/eu-fluchtlingskri se-zahlen-und-fakten (Stand: 10.4.2019); https://de.statista.com/statistik/date n/studie/892249/umfrage/im-mittelmeer-ertrunkenen-fluechtlinge/ (Stand:
10.4.2019); für Berichterstattungen siehe unter vielen anderen, z.B. hier: https://w ww.uno-fluechtlingshilfe.de/fluechtlinge/zahlen-fakten/zahlen-mittelmeer-2018/
(Stand: 10.4.2019); https://www.n-tv.de/politik/Jeder-fuenfte-Fluechtling-ertrinkt -article20658381.html (Stand: 10.4.2019).
25 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/892249/umfrage/im-mittelmeer-er trunkenen-fluechtlinge/ (Stand: 10.4.2019).
26 Endres de Oliveira, KJ 2016, 167 (174).
27 Caliskan, Warum Frauen fliehen: Fluchtursachen, Fluchtbedingungen und politi‐
sche Perspektiven, in: Heinrich Böll Stiftung (Hrsg.), Frauen und Flucht: Vulnera‐
bilität, Empowerment, Teilhabe – Ein Dossier, S. 12; UNHCR, Family Reunifica‐
tion in the Context of Resettlement and Integration https://www.unhcr.org/3b30‐
baa04.pdf (Stand: 10.06.2020), S. 10.
28 Endres de Oliveira, KJ 2016, 167 (174).
29 Zu den Möglichkeiten der regulären und legalen Einreise siehe, Ritgen, Familien‐
nachzug, in: Meyer/Ritgen/Schäfer (Hrsg.), Handbuch Flüchtlingsrecht und Inte‐
gration, S. 266.
Einführung
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und die rechtlichen Vorgaben andererseits sind mitursächlich für eine Situation, in der Frauen und Kinder in ein starkes Abhängigkeitsver‐
hältnis zu einer männlichen Person in Europa geraten. Frauen und Kinder sind damit die Opfer von strikten Familiennachzugsregelungen.
Da die Familiennachzugsregelungen für Frauen als auch Männer glei‐
chermaßen gelten, könnte der Einwand erhoben werden, dass deshalb eine Ungleichbehandlung auszuschließen ist. Die Gleichsetzung von Mann und Frau lässt gesellschaftliche und biologische Unterschiede außer Acht, was dazu führen kann, dass die besonderen Umstände von Frauen vernachlässigt werden.30
Bleibt man beim Beispiel der Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte, so stellt sich die Frage, inwieweit die Familiennachzugsregelungen und Gestaltungen der Gesetzgeber auf die Wirklichkeit reagieren. Gerade bei subsidiär Schutzberechtigten, deren Aufenthaltsstatus sich darin begründet, dass in ihrem Heimat‐
land bewaffnete Konflikte vorherrschen, muss davon ausgegangen wer‐
den, dass die zurückgebliebenen Familienmitglieder, sich weiterhin im Kriegsgebiet oder zumindest in der Nähe befinden. Der Wunsch nach einer familiären Einheit wird daher auch getrieben von dem Wunsch nach einem Leben in Sicherheit.
Diesen stark gesellschaftswissenschaftlich geprägten Denkansätzen gilt es jedoch einen rechtlichen Kontext zu verleihen. Bisher veröffentlichte Arbeiten im Zusammenhang mit Frauen, Flucht und Migration be‐
schäftigten sich vornehmlich mit der Thematik rund um geschlechts‐
spezifische Fluchtgründe.31 Die vorliegende Arbeit möchte sich aller‐
dings mit den Rechtspositionen von Frauen „auf der anderen Seite
30 Schmahl, Die Stellung von Frauen im humanitären Völkerrecht, in: Zimmer‐
mann/Giegerich (Hrsg.), Gender und Internationales Recht, S. 174.
31 Zum Beispiel: Bucherer, Frauen im Flüchtlingsrecht, in: Rudolf (Hrsg.), Frauen und Völkerrecht – Zur Einwirkung von Frauenrechten und Fraueninteressen auf das Völkerrecht, S. 171 ff.; Foljanty/Lembke, Migration, Flucht und Geschlecht, in:
Foljanty/Lembke (Hrsg.), Feministische Rechtswissenschaften, Ein Studienbuch;
Jensen, Frauen im Asyl- und Flüchtlingsrecht,; Pelzer, Asylmagazin 2005, 4; Pelzer, femina politica 1/2008, 93 http://www.budrich-journals.de/index.php/feminapoli‐
tica/article/viewFile/729/526; Rabe, Effektiver Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt- auch in Flüchtlingsunterkünften http://www.institut-fuer-menschenrechte .de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Policy_Paper/Policy_Paper_32_Effektiv er_Schutz_vor_geschlechtsspezifischer_Gewalt.pdf (Stand: 21.10.2016).
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