• Keine Ergebnisse gefunden

den Energiestoffwechsel die Proteinbiosynthese In dIesem KapItel geht es um

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "den Energiestoffwechsel die Proteinbiosynthese In dIesem KapItel geht es um"

Copied!
12
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

2

Enzyme den Gentransfer

den Energiestoffwechsel die Proteinbiosynthese In dIesem KapItel geht es um

Stoffwechsel

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(2)

2.1 Enzyme

2.1 Enzyme

(enzymes)

Jede einzelne Zelle funktioniert wie eine chemische Fabrik. Stoffe werden angeliefert, abgebaut, neue Substanzen werden synthetisiert und wieder abtransportiert. Damit alle Reaktionen des Stoffwechsels in der nötigen Geschwindigkeit ablaufen, sind Katalysa- toren notwendig (siehe Band 2, Seite 63). In Zellen sind dies besondere Proteine, die Enzyme. Diese wirken wie die Katalysatoren in der anorganischen Chemie, sie senken die Aktivierungsenergie einer chemischen Reaktion und werden dabei nicht verbraucht.

Dennoch gibt es einige Unterschiede zu anorganischen Katalysatoren: Enzyme werden charakterisiert durch

• höhere Reaktionsraten,

• mildere Reaktionsbedingungen (Atmosphärendruck, pH-Werte um etwa 7, nied- rige Temperatur),

• hohe Reaktionsspezifität (jedes Enzym katalysiert nur eine bestimmte Reaktion; es kann nur eine bestimmte Substanz, das Substrat umsetzen),

• keine unerwünschten Nebenprodukte und

• leichte Kontrolle der Enzymaktivität, z. B. durch die Änderung der Substratkonzen- tration.

Die ersten Enzyme, die entdeckt wurden, waren die des Verdauungssystems im Magen und Dünndarm. Sie wurden mit der Endung -in gekennzeichnet (z. B. Pepsin, Trypsin).

All diese Enzyme spalten Eiweiß. Nach der modernen Nomenklatur werden alle Enzyme nach der katalysierten Reaktion mit der Endung -ase bezeichnet (z. B. Proteasen für eiweißspaltende Enzyme). Dementsprechend können Enzyme zu einzelnen Gruppen zusammengefasst werden (siehe Tabelle 43.1).

abb. 42.2 chemische Struktur von Pepsin abb. 42.1 Enzyme senken die Aktivierungsenergie

Merk & Würdig

Enzyme sind biologische katalysato- ren. Sie senken die Aktivierungsener- gie für biochemische Reaktionen.

BeiSPieL 2.1 aktivierungsenergie

Tabelle 42.1 zeigt einen Vergleich der jeweils notwendigen aktivierungsenergie für die Spaltung von Wasserstoffperoxid zu Wasser und Sauerstoff – ohne Katalysator, mit einem Platinkatalysator und mit dem Enzym Katalase.

2 H2O2 (aq) ⇋ 2 H2O (l) + O2 (g)

Die Wechselzahl bezeichnet die Anzahl der Moleküle, die mit einem Enzymmolekül pro Minute reagieren können. Das Enzym Carboanhydrase katalysiert die Reaktion von Kohlenstoffdioxid zu Kohlensäure und umgekehrt. Es kann bis zu 36 000 000 Moleküle Kohlenstoffdioxid pro Minute hydratisieren und beschleunigt die Reaktion auf das 107-fache. Die nebenstehende Tabelle 42.2 zeigt die Wechselzahlen einiger Enzyme.

Tabelle 42.1

enzym aktivierungsenergie (kJ · mol–1)

Carboanhydrase +75,3

Platinkatalysator +48,9

Enzym Katalase +23,0

enzym Wechselzahl

Carboanhydrase 36 000 000

Katalase 5 600 000

β-Amylase 1 100 000 Tabelle 42.2

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(3)

2 Stoffwechsel

H O

C OH H2N

H O

C OH H2N Phenylalanin

(S)-Phenylalanin

süßer Geschmack (R)-Phenylalanin bitterer Geschmack

H

HO

O

OH

OH

HO

OH C

H2N

H O

C OH H2N 3,4-Dihydroxyphenylalanin

(DOPA)

(S)-DOPA Anti-Parkinson-

Medikament

(R)-DOPA keine physiologische

Wirkung

2.1.1 Räumlicher Aufbau und Reaktivität der Enzyme (enzyme shape and reactivity of enzymes)

Die Mehrzahl der Enzyme sind wasserlösliche Proteine. Aufgrund der Tertiärstruktur besitzt jedes Enzymmolekül eine ganz bestimmte Form. Es entstehen Bereiche, in welche nur das Substratmolekül passt, so wie nur ein Schlüssel zu einem Schloss passt (Schlüs- sel-Schloss-Prinzip). Dieser Bereich des Enzyms wird dementsprechend als aktives Zentrum (active site) bezeichnet. Meist besitzt jedes Enzym nur ein aktives Zentrum.

Das Schlüssel-Schloss-Prinzip ist auch der Grund dafür, dass Enantiomere in der Regel unterschiedliche biologische Aktivität besitzen. So kann das eine Enantiomer pass- genau an das aktive Zentrum des Enzyms oder allgemein an einen Rezeptor andocken, während sein Spiegelbild nicht passt (siehe abb. 43.1).

Die durch das Enzym katalysierte Reaktion läuft in zwei Schritten ab:

1. Schritt: Bildung des Enzym-Substrat-Komplexes (siehe abb. 43.3) Enzym + Substrat → Enzym-Substrat-Komplex

2. Schritt: Ablauf der eigentlichen Reaktion (siehe abb. 43.4) Enzym-Substrat-Komplex → Enzym + Produkt(e)

Das aktive Zentrum

Für die Umwandlung des Substrats zu den Produkten sind die Reste der Aminosäuren im aktiven Zentrum verantwortlich. Teilweise sind diese in der Primärstruktur des Enzyms weit voneinander entfernt.

abb. 43.1 Nur ein Enantiomer passt zu den Rezepto- ren am Protein.

abb. 43.4 Spaltung des Subtrats

Enzym + Substrat Enzym-Substrat

+

Enzym-Substrat Enzym Produkte

BeiSPieL 2.2

Tabelle 43.1

enzymart katalysierte reaktion Beispiel

Oxidoreductasen Redox-Reaktion Alkoholdehydrogenase

Transferasen Übertragung von Gruppen (z. B. Phosphat-Gruppen) Adenosintriphosphatasen

Hydrolasen Aufspaltung von Molekülen durch Hydrolyse Lipase, Amylase

Ligasen Verknüpfung von Molekülen Glycogensynthase

Lyase Entfernung oder Addition einer Gruppe an eine Doppelbindung Pyruvatdecarboxylase Isomerase Isomerisierung, Bewegung von Gruppen innerhalb eines Moleküls Phosphoglucoseisomerase

abb. 43.2

abb. 43.3 Bildung des Enzym-Substrat-Komplexes

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(4)

2.1 Enzyme

Im Chymotrypsin sind es z. B. die Aminosäuren Histidin (Position 57), Asparaginsäure (Position 102) und Serin (Position 157). Erst durch die dreidimensionale Faltung der Polypeptidkette liegen sie schließlich nebeneinander.

Das aktive Zentrum hat zwei unterschiedliche Bereiche:

• Einer dient zur Erkennung und Bindung des Substratmoleküls,

• der andere zur katalytischen Wirkung durch Herabsetzung der Aktivierungsener- gie.

abb. 44.1 zeigt die räumliche Form des Enzyms Lysozym. Das Substratmolekül wird im blauen Bereich gebunden und im roten Bereich katalytisch gespalten.

Wenn das Substrat an das Enzym gebunden ist, beginnt die Katalyse. Dies ist auf ver- schiedenste Weise möglich, z. B. durch Abgabe und Aufnahme von Protonen oder ande- ren Gruppen oder durch elektrostatische Wechselwirkungen zwischen den Aminosäure-

resten und dem Substrat. abb. 44.1 Aktives Zentrum von Lysozym

ergäNzuNg & auSBLick der abbau von ethanol

Die Abhängigkeit der räumlichen Struktur und damit der Aktivität eines Enzyms von der Aminosäuresequenz kann besonders eindrucksvoll am Beispiel der alkoholdehydro- genase (adh) in Primaten gezeigt werden. Dieses Enzym katalysiert vor allem in der Leber den Abbau von Ethanol zu Ethanal (Acetaldehyd), das in einem weiteren Schritt durch das Enzym aldehyddehydrogenase (aLdh) in die weniger gefährliche Essigsäure umgewandelt und weiter metabolisiert wird.

Nicht nur der Mensch, sondern auch verschiedene Säugetiergruppen, u. a. Elefanten und Primaten, besitzen das Enzym Alkoholdehydrogenase. Sie benötigen es z. B., um nach dem Verzehr von gärenden Früchten Ethanol abbauen zu können. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass sich die Aminosäuresequenz des Enzyms bei höheren Primaten (etwa Gorillas, Schimpansen) und niederen Primaten (Orang-Utans, Gibbons) nur an der Position 194 unterscheidet. An dieser Stelle besitzen die niederen Primaten Alanin, die höheren Valin. Dieser einzige Unterschied in der Primärstruktur führt dazu, dass die Meta- bolismusrate des Enzyms bei den höheren Primaten 40-mal höher ist als bei den niederen Primaten.

eXPeriMeNT

Diese Experimente kannst du selbst durchführen.

1. Wirkung des enzyms invertase

Das Enzym Invertase ist in menschlichen und tierischen Zellen sowie in Pflanzen und Pilzen enthalten. Es spaltet Saccharose in Glucose und Fructose.

hefe-Suspension: Gib ca. 3 g Trockenhefe zu 20 ml destilliertem Wasser. Lass die Mischung etwa eine halbe Stunde lang stehen. Berei- te zwei Reagenzgläser vor und befülle sie mit ca. 5 ml Saccharose-Lösung (ca. 8 g/100 ml).

reagenzglas 1: Gib 3 ml Hefe-Suspension dazu und schüttle.

reagenzglas 2: Gib 3 ml destilliertes Wasser dazu und schüttle.

Nach ca. 10 Minuten entnimmst du von jedem Reagenzglas 2 ml und gibst sie in zwei neue Reagenzgläser.

reagenzglas 3: 2 ml von Reagenzglas 1 (Hefe-Suspension + Saccharose) reagenzglas 4: 2 ml von Reagenzglas 2 (Hefesuspension + Wasser) reagenzglas 5: 2 ml einer Glucose-Vergleichslösung (ca. 4 g/100 ml).

Gib jetzt zu jedem der drei Reagenzgläser (3 – 5) 10 Tropfen Benedict-Reagens (siehe experiment, Seite 16). Erwärme die Lösungen im kochenden Wasserbad für etwa 3 Minuten.

Notiere deine Beobachtungen:

abb. 44.2 Alkoholdehydrogenose

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(5)

2 Stoffwechsel

2.1.2 Beeinflussung der Enzymaktivität (factors affecting enzyme activity)

Die Enzymaktivität ist von der dreidimensionalen Struktur und daher von den Bindun- gen, die diese stabilisieren, sehr stark abhängig. Eine Änderung der Bindungen führt zu einer Änderung der Struktur und damit zu einer Änderung der Enzymaktivität.

Die Aktivität eines Enzyms wird daher von den Faktoren Temperatur, pH-Wert und Konzentration beeinflusst.

Temperatur

Bei niedriger Temperatur (ca. 0 °C) ist die Geschwindigkeit der meisten enzymkataly- sierten Reaktionen sehr niedrig, weil die beteiligten Moleküle nur eine geringe Bewe- gungsenergie besitzen und sich daher nur wenige Zusammenstöße ereignen. Außerdem erreichen die Moleküle bei den niedrigen Temperaturen nicht die notwendige Aktivie- rungsenergie. Durch die verminderte enzymatische Aktivität gewährleistet die Aufbe- wahrung von Lebensmitteln im Kühlschrank einen verzögerten Abbau und damit eine längere Haltbarkeit.

Zwischen 0 °C und etwa 40 °C nimmt die Enzymaktivität fast linear zu und verdoppelt sich annährend alle 10 °C. Die Moleküle bewegen sich schneller und stoßen häufiger zusammen (siehe abb. 45.1).

Über 40 °C nimmt die Aktivität wieder ab, weil die Enzyme langsam denaturieren und das aktive Zentrum räumlich verändert wird.

2. Wirkung des enzyms katalase

Das Enzym Katalase findet sich in aeroben Lebewesen, z. B. in Leberzellen, roten Blutzellen oder Zellen der Kartoffel. Es spaltet das für die Zellen gefährliche Wasserstoffperoxid H2O2 in Wasser und Sauerstoff (siehe Seite 42).

Bereite 3 Reagenzgläser vor und befülle sie mit ca. 5 ml Wasserstoffperoxid-Lösung (3%-ig). Gib folgende Proben dazu:

reagenzglas 1: kleine Stückchen einer frisch geschnittenen Kartoffel reagenzglas 2: ein kleines Stückchen frische Leber

reagenzglas 3: eine kleine Menge Trockenhefe

reagenzglas 4: kleine Stückchen einer gekochten Kartoffel

Beobachte die Gasentwicklung in den Reagenzgläsern und notiere das Versuchsergebnis:

3. Wirkung des enzyms Pepsin

Das Enzym Pepsin spaltet bei stark saurem pH-Wert im Magen Eiweißstoffe.

Bereite vier Reagenzgläser (1 – 4) vor und gib jeweils ca. 5 ml folgender Lösungen hinein:

reagenzglas 1: 1 %-ige Pepsinlösung

reagenzglas 2: 1 %-ige Pepsinlösung in 0,4%-iger Salzsäure reagenzglas 3: 0,4 %-ige Salzsäure

reagenzglas 4: destilliertes Wasser

Gib nun zu den vier Reagenzgläsern jeweils gleich große, möglichst dünne Streifen von hart gekochtem Eiweiß hinzu und lass die Lösungen über Nacht stehen.

Notiere deine Beobachtungen:

abb. 45.1 Enzymaktivität in Abhängigkeit von der Temperatur in °c

Enzymaktivität

0 10 20 30 40 50 60

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(6)

2.1 Enzyme

Über 65 °C sind die Enzyme der meisten Organismen vollkommen denaturiert und daher nicht mehr funktionsfähig.

Es gibt allerdings Organismen, die sich an hohe oder sehr niedrige Temperaturen ange- passt haben (z. B. Fische der Antarktis, Mikroorganismen in heißen Quellen). Ihre Enzy- maktivitäten sind den jeweiligen Lebensbedingungen angepasst (siehe abb. 46.1).

pH-Wert

Hohe und sehr niedrige pH-Werte können Proteine denaturieren (siehe Seite 38). Geringe pH-Wert-Änderungen können die Ionisierung des Substrats oder der Seitenketten der Aminosäuren beeinflussen und damit die Enzymaktivität ändern. Die meisten Enzyme sind nur innerhalb eines kleinen pH-Bereichs aktiv. Besonders deutlich wird das bei den Verdauungsenzymen Pepsin, Amylase und Trypsin (siehe abb. 46.2). Pepsin hydrolysiert Proteine im Magen unter stark sauren Bedingungen zu kleinen Peptiden. Die Amylase im Mundspeichel zerlegt Stärke zu einem Gemisch aus Glucose und Maltose. Trypsin hydro- lysiert unter basischen Bedingungen im Dünndarm Peptide zu Aminosäuren.

Konzentration

Sowohl die Konzentration des Enzyms als auch die des Substrats besitzen einen Einfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit. Setzt man eine bestimmte Menge eines Enzyms einem Überschuss an Substrat zu, ergibt sich eine Kurve wie in abb. 46.3. Zu Beginn ist die Reak- tionsgeschwindigkeit am größten (sie entspricht der Steigung der Tangente an die Kurve zum Zeitpunkt t = 0) und nimmt im Laufe der Zeit ab, weil das Substrat in zunehmendem Maße zum Endprodukt umgesetzt wird.

Bei einem großen Überschuss an Substrat erreicht die Reaktionsgeschwindigkeit ein Maximum, weil alle aktiven Zentren der Enzyme besetzt sind. Eine weitere Zugabe von Substrat kann daher die Reaktionsgeschwindigkeit nicht mehr erhöhen.

2.1.3 Cofaktoren

Viele Enzyme benötigen für ihre Aktivität Partner- oder Helfermoleküle, so genannte Cofaktoren. Dabei kann es sich um organische Moleküle oder anorganische Ionen han- deln. Innerhalb der Cofaktoren unterscheidet man zwei Gruppen: Coenzyme und pros- thetische Gruppen.

Coenzyme

Coenzyme sind organische Moleküle, die sich meist locker oder nur vorübergehend an ein Enzym binden. Sie sind nicht für ein bestimmtes Enzym spezifisch. Das Enzym ohne Coenzym nennt man Apoenzym. Beispiele für Coenzyme sind Vitamine, Vitamin- Derivate oder Nukleotide.

Coenzyme nehmen während der Reaktion chemische Gruppen, Protonen oder Elek- tronen auf. Im Gegensatz zu Enzymen gehen Coenzyme verändert aus einer Reaktion hervor. Sie müssen vor der nächsten Reaktion wieder reaktiviert werden.

Prosthetische Gruppen

Prosthetischen Gruppen sind im Gegensatz zu Coenzymen stärker an das Enzym gebunden. Prosthetische Gruppen können organische Moleküle (z. B. Vitamine, Lipide, Zucker) oder anorganische Ionen (Fe2+, Cu2+, Mg2+, Zn2+, Na+ oder K+) sein. Ein Beispiel für eine prosthetische Gruppe ist das Häm im Hämoglobin.

abb. 46.1 Vergleich der Aktivität von Pyruvatkinase in verschiedenen organismen bei verschiedenen Temperaturen

abb. 46.2 Enzymaktivität in Abhängigkeit vom pH-Wert

abb. 46.3 Reaktionsgeschwindigkeit in Abhängigkeit von der Substratkonzentration

abb. 46.5 cytochrom c mit der prosthetischen Häm-Gruppe (blau)

abb. 46.4 Beispiel für die Funktionsweise eines coenzyms

Enzymaktivität

0 10 20 30 40

Temperatur °C50 Eisfisch

Forelle

Mensch

Enzymaktivität

0 2 4 6 8 10 12

Pepsin Amylase Trypsin

Reaktions- geschwindigkeit

Substratkonzentration vmax

Coenzym

Enzym Substrat

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(7)

6.1 Das Atom und die Physik des Atomkerns

6

das Wasserstoffspektrum Radioaktivität

den Atomkern die Wirkung

ionisierender Strahlung Kernspaltung und Kernfusion Bindungsenergien In dIesem KapItel geht es um

atom- und kernphysik

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(8)

6 Atom- und Kernphysik

6.1 Das Atom und die Physik des Atomkerns

Am Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Atommodell entwickelt. Zwei Experimente sollen den historischen Weg zur aktuellen Vorstellung andeuten:

• das Streuexperiment von RUTHERFORD und

• das Wasserstoffspektrum (kapitel 6.1.1).

6.1.1 Die Atomhülle

Mit der Beobachtung des emittierten Lichts, das angeregte Elemente aussenden, gewann man Einblick in den Aufbau der Atomhüllen (abb. 127.2). Eine Serie im Wasserstoffspek- trum (spectrum of hydrogen) hatte der Schweizer Physiker Johann BALMER bereits 1885 empirisch entdeckt. Er konnte allerdings keine Erklärung für die Serie liefern. Mithilfe der Quantenphysik, vor allem mit der Wellengleichung von Schrödinger, wurden die Frequenzen des diskreten Spektrums einige Jahrzehnte später auch theoretisch geklärt.

n = 1 n = 2 n = 3 n = 4 n = 5 n = 6

Lyman Balmer Paschen Brackett Konvergenzgrenze

Übergänge im Infrarotbereich Übergänge im

sichtbaren Licht

Übergänge im Ultraviolettbereich

P-Schale O-Schale N-Schale M-Schale L-Schale

K-Schale n = ∞

13,6 ev

abb. 127.3 Linienspektrum von Helium (oben), Neon und Quecksilber (unten).

abb. 127.2 Wasserstoffspektrum: Die Ionisationsenergie beträgt E = 13,6 eV.

eXPeriMeNT Streuversuch

Ernest Rutherford und seine Mitarbeiter Hans Geiger und Ernest Marsden beschossen dünne Goldfolien (Dicke ≈ 1 000 Atomschich- ten) mit α-Teilchen. Die α-Teilchen werden nur vom Kern abgelenkt, wie abb. 127.1 (rechts) zeigt. Aus diesem Ergebnis schloss Ruther- ford auf die Existenz eines positiv geladenen Atomkerns.

gestreutes α-Teilchen

α-Strahlung Streuwinkel

radioaktive Quelle

Goldfolie

Beobachtungseinrichtung (Leuchtschirm, Mikroskop)

abb. 127.1 Streuversuch

Merk & Würdig atomaufbau

Ein kleiner, positiv geladener atom- kern enthält fast die gesamte Masse des Atoms.

Die Orbitale sind die Bereiche mit der größten Aufenthaltswahrschein- lichkeit der Elektronen.

• Springt ein Elektron von einem Orbi- tal höherer Energie in ein Orbital mit niedriger Energie, wird elektromag- netische Strahlung (Licht) emittiert.

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(9)

6.1 Das Atom und die Physik des Atomkerns

6.1.2 Der Atomkern

Das Wissen um die Zusammensetzung des Atomkerns existiert seit etwa 100 Jahren.

Bei der Erforschung des Atomkerns wurden oft Streuexperimente (abb. 127.1) zur Daten- ermittlung eingesetzt. Die Forschung am Atomkern ist noch nicht abgeschlossen: Noch immer werden Hochenergieexperimente ausgeführt, um instabile künstliche Nuklide zu erzeugen und ihre Eigenschaften zu messen.

Kurz zusammengefasst …

• besteht der Atomkern aus Protonen und Neutronen.

• enthält der Atomkern fast die gesamte Masse des Atoms, weil die Masse der Elektro- nen nur einen sehr kleinen Anteil hat (im Zehntelpromillebereich).

• sind etwa 3 500 Nuklide bekannt, 256 davon sind stabil und kommen in der Natur vor.

• lassen sich Nuklide in stabile und instabile (oder radioaktive) Nuklide einteilen.

• gibt es natürliche Nuklide und künstliche (radioaktive) Nuklide.

Die Ordnungszahl Z (Kernladungszahl) ist die Anzahl der Protonen. Die Ordnungszahl legt bei (nicht ionisierten) Atomen auch die Anzahl der Elektronen fest. Nach der Ord- nungszahl wird das chemische Element bezeichnet. Sie sind im Periodensystem geord- net aufgelistet. Die Massenzahl A ist die Summe aus der Protonenzahl Z und der Neu- tronenzahl N.

Isotope

Die verschiedenen Nuklide desselben chemischen Elements, also diejenigen mit gleicher Protonenzahl, werden als Isotope des Elements bezeichnet. Isotope eines Elements unterscheiden sich nicht chemisch, aber physikalisch in ihrer Masse. Sie haben eine unterschiedliche Neutronenanzahl. Schreibweise: AZX oder AX; X ist das Elementsymbol.

Die Tabelle 128.1 verdeutlicht diese Schreibweise am Beispiel der Wasserstoffisotope1).

Nuklidkarte

Um einen Überblick über die Vielzahl der Nuklide zu erhalten, ordnet man alle Nuklide in einer Nuklidkarte (abb. 128.2) an. In einer Zeile stehen jeweils die Isotope eines Ele- ments, beispielsweise die Heliumisotope mit zwei Protonen im Kern.

Isotopengemisch

Die meisten Elemente sind Isotopengemische. So bestehen die 21 % Sauerstoff unserer Atemluft zu 99,76 % aus dem Isotop 16O, 0,2 % aus dem Isotop 18O und zu 0,04 % aus dem Isotop 17O.

6.1.3 Masse und Bindungsenergie

Bei der Bestimmung der Massenzahl eines chemischen Elements muss die Isotopenver- teilung berücksichtigt werden. Massenangaben im Periodensystem sind daher immer Durchschnittswerte.

Es gilt folgende Vereinbarung: Die relativen Atommassen Ar beziehen sich auf das Kohlenstoffisotop 12C mit der relativen Atommasse Ar = 12.

Führt man den Begriff der atomaren Masseneinheit (atomic mass unit) u ein, mit u = 1,66054 · 10–27 kg, kann man die absolute Atommasse m0 über m0 = Ar · u ermit- teln.

abb. 128.1 Ernest Rutherford in seinem Labor zur Erforschung der Kernphysik, 1905

Tabelle 128.1

abb. 128.2 Ausschnitt aus der Nuklidkarte (chart of nuclides)

Anzahl der Protonen Z

Anzahl der Neutronen N 6

C 0,127 s9 C

β+ 19,4 s

β+ γ

20,4 m β+ EC 11,011433 kein γ

kein γ

10 C 11 C

5

5 B 0,774 s8 B

β+ ~8 x 10–19 s

p 19,8 %

10,012938 9,01333 10,811

12,011

9 B 10 B

4

4 6 Be

Be 53,3 d7 Be

EC ~1 x 10 s

~10-21 s

~100 % p, α

2 x 10 s n, α

<3x10-21 s

~ γ

100 % 9,012183 8,005305 7,016930 6,01973 9,01218

7,016005 6,015123 5,0125 6,941 0,00013 %

8 Be–16 9 Be

3

3 2

2 1

1 0 0

5 Li Li

4,00260

He

3,016029

3 He

4,002603

4 He

0,015 % 99,985 % 1,0079

H

1,007825

1 H

2,014102 3,01649

2 H

5,0122

5 He –21 6 He

6 Li7,5 % 92,5 % 0,85 s

0,802 s β-

β-

kein γ 12,33 a3 H

β-

1,008665 10,6 m1 n

β-

7 Li 8 Li

1) Die drei wichtigsten Wasserstoffisotope haben jeweils eigene Bezeichnungen. Tritium ist radioaktiv und hat eine Halbwertszeit von 12,3 Jahren.

Wasserstoffisotope isotop Schreib-

weise eigen- schaften Wasserstoff

(Hydrogenium) H oder 10H stabil, natürlich Deuterium D oder

21H bzw. 2H natürlich, stabil

Tritium T oder

31H bzw. 3H künstlich, instabil

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(10)

6 Atom- und Kernphysik

BeiSPieL 6.1

abschätzung des Massendefekts und der Bindungsenergie

Ein Deuteriumkern (Deuteron) ist aus einem Proton und einem Neutron 2H aufgebaut. Da das System relativ einfach ist, ist es theore- tisch und experimentell sehr gut untersucht: Die Ruhemasse des Deuterons beträgt m0 = 3,34359 · 10–27 kg.

Die Masse, die Massendifferenz und die Bindungsenergie sind zu berechnen.

Protonenmasse: mP = 1,672 621 898 · 10–27 kg; Neutronenmasse: mn = 1,674 927 471 · 10–27 kg

1 · mP + 1 · mn = 1,672 621 898 · 10–27 kg + 1,674 927 471 · 10–27 kg = 3,3475494 · 10–27 kg m0 – (mP + mn) = 3,34359 · 10–27 kg – 3,34755 · 10–27 kg = –3,97 · 10–30 kg Massendifferenz: ∆m = –3,97 · 10–30 kg Die Bindungsenergie ergibt sich mit ∆E = ∆m · c2 = –3,56 · 10–13 J = –2,23 MeV.

Pro Nukleon entspricht dies: ∆___ Α = −2,23 · Ε 1 __ 2 · ΜeV = –1,11 MeV.

Dies entspricht in etwa dem Wert im Diagramm in abb. 129.2.

Massendefekt (mass defect)

Die Masse eines Atomkerns ist kleiner als die Gesamtmasse der einzelnen Protonen und Neutronen. Dies wird als Massendefekt ∆m bezeichnet. Im Beispiel 6.1 wird ∆m für Deu- terium berechnet.

Bindungsenergie (binding energy)

Der Grund für diesen Massendefekt kann durch die Äquivalenz zwischen Masse und Energie (∆E = ∆m · c2, kapitel 4.3.9) erklärt werden. Bei der Bildung des Atomkerns aus seinen Bestandteilen wird Energie meist in Form von elektromagnetischer Strahlung frei. Diese Energie nennt man Bindungsenergie. Die Bindungsenergie wird bei der Bil- dung des Kerns freigesetzt und ist nun nicht mehr verfügbar. Um so einen Atomkern wie- der zu zerlegen, muss dieser Energiebetrag aufgebracht werden. Die Bindungsenergie ist ein Maß für den Zusammenhalt eines Atomkerns.

Gibt man die Bindungsenergie je Nukleon an und trägt dies für die chemischen Elemente auf, dann ergibt dies eines der wichtigsten Diagramme der Atomphysik (abb. 129.2).

Im obigen Diagramm erkennt man, dass das Eisen (Fe-56) die betragsmäßig höchste Bin- dungsenergie pro Nukleon aufweist und das stabilste Nuklid ist. Im Vergleich dazu besit- zen Deuterium 2H und Uran eine betragsmäßig geringere Bindungsenergie je Nukleon.

Dies ist für die Energiegewinnung durch Kernfusion bzw. Kernspaltung von Bedeutung.

Bei der Verschmelzung eines Protons mit einem Neutron wird Bindungsenergie frei.

p n 10−13 J

p n

100 0 50

-1 -2 -3 -4 -5 -6 -7 -8 -9

150 200

Nukleonenzahl A

Bindungsenergie pro Nukleon E/A in MeV 250

2H

3He

6Li

11B

56Fe ist das stabilste Nuklid

Fe

Ra U

12C

Merk & Würdig

• Massenzahl a: a = z + N Z … Protonenzahl N … Neutronenzahl

• Die atomare Masseneinheit u ist der zwölfte Teil der Masse des Kohlenstoffisotops 12C.

u = 1,66054 · 10–27 kg

• absolute atommasse m0: m0 = ar · u [m0] = kg

Ar = relative Atommasse, [Ar] = 1

• Massendefekt ∆m: Die Masse eines Atomkerns ist kleiner als die Gesamtmasse der einzelnen Proto- nen und Neutronen:

∆m = Σm – m0

Σm … Summe der Einzelmassen m0 … Masse des Atoms oder Atom-

kerns

Bindungsenergie ∆e = ∆m · c2 abb. 129.1 Ein Proton und ein Neutron besitzen eine größere Masse als der Deuteriumkern 2H.

abb. 129.2 Bindungsenergie pro Nukleon: Bindungsenergie wird üblicherweise mit negativem Vorzeichen angeschrieben.

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(11)

6.1 Das Atom und die Physik des Atomkerns

üBuNgeN

durch Beantwortung der folgenden übungen zeigst du, dass du über atomaufbau und Bindungsenergie Bescheid weißt.

ü 6.1

Woher weiß man, dass in den Sternen die gleichen chemischen Elemente auftreten wie auf der Erde? Bewerte und kreuze die richtige Aussage bzw. die richtigen Aussagen an.

Man kann das auf den Aufnahmen von Teleskopen mit besonders guter Auflösung erkennen.

Man kann es aus den Spektren herauslesen.

Man analysiert den Sonnen- und Sternenwind.

ü 6.2

a) Bestimme, welche Energie maximal notwendig ist, um das Wasserstoffatom zu ionisie- ren. Analysiere dazu abb. 127.2. Gib das Ergebnis in Joule an.

b) Das Wasserstoffspektrum hat vier sichtbare Spektrallinien. Sie liegen in der Balmerse- rie. Die Hα-Linie hat eine Wellenlänge von 656 nm. Berechne die Energie in eV.

ü 6.3

a) In abb. 128.2 stehen in einer Zeile Heliumatome mit verschiedener Massenzahl. Ermittle einen Fachausdruck für diese Elemente und erkläre jeweils den Aufbau hinsichtlich Protonen- und Neutronenzahl.

b) Recherchiere im Internet nach einer aktiven Nuklidkarte. Beantworte folgende Fragen: Wie viele Eisenisotope gibt es? Welche Eisen- isotope sind stabil? Welches radioaktive Fe-Isotop hat die längste Halbwertszeit und wie groß ist sie?

ü 6.4

Bewerte die Aussagen und kreuze die richtigen Sätze an.

Die Bezeichnung Ort der größten Aufenthaltswahrscheinlichkeit klingt mühsam, einfacher ist: Elektronenbahn.

Um ein Atom zu ionisieren, muss man es stark genug erhitzen.

Um den Atomkern zu zerlegen, muss die Ionisierungsenergie aufgebracht werden.

Absorptionsspektren erhält man, wenn man die Elektronen dazu bringt, auf Orbitale höherer Energie zu springen.

Die Anzahl der Neutronen darf nie größer als die Ordnungszahl sein.

Ist die Bindungsenergie groß, so ist der Kern stabil.

Bei der Bildung eines Nuklids wird Bindungsenergie frei.

6.1.4 Kernkräfte

Zwischen den positiv geladenen Protonen wirkt die abstoßende elektrische Kraft (Cou- lombkraft). Die elektrische Kraft FE zwischen zwei Protonen nimmt mit dem Abstand r zum Quadrat ab:

FE ∙ e__ 2

r2 , siehe abb. 130.1, blaue Funktion

Dies ergibt gigantische Abstoßungskräfte, da die Protonen im atomaren Maßstab extrem nahe beisammen sind. Schätzt man ab, erhält man für zwei Protonen im Heliumkern etwas mehr als 2 N. Diese Kraft, die auch im Alltag vorstellbar ist, wirkt auf winzige Massen der Kernbausteine. Könnte die Kraft allein wirken, dann würden alle Protonen auseinanderfliegen, und das mit extrem hohen Geschwindigkeiten. Das wäre das Ende des Atomkerns (abb. 130.2, links).

Die starke Kernkraft

Da aber Atomkerne existieren, muss eine anziehende Kraft zwischen den Nukleonen wirken. Sie ist noch stärker als die elektrische Abstoßung und hält die Protonen und Neutronen zusammen. Man nennt sie starke Kernkraft. Sie resultiert aus der starken Wechselwirkung zwischen den Quarks in den Kernbausteinen (kapitel 7). Die starke Kernkraft ist bei den typischen Abständen zwischen Nukleonen anziehend und etwa hundertmal stärker als die Coulombkraft. Sie hat aber eine extrem kleine Reichweite: Sie reicht von einem Nukleon bis zum nächsten, ca. 10–15 m.

Da die starke Kernkraft mit der kleinen Reichweite, vor allem bei Kernen mit hoher Kern- ladungszahl, nicht ausreicht, sind große Kerne ab einer gewissen kritischen Kerngröße nicht mehr stabil.

abb. 130.2 Links: Die abstoßenden Kräfte ergeben eine instabile Situation; Rechts: Die richtige Mischung zwischen Anziehung und Abstoßung ermöglicht Stabilität.

abb. 130.3 Emissionsspektrum des Wasserstoffs Kraft zwischen Nukleonen

r in fm

1 2 3 4

typischer Nukleonen-

abstand langreichweitige

Coulomb‘sche Abstoßungskraft

starke, anziehende kurzreichweitige

Kernkraft

abb. 130.1 Kräfte zwischen Nukleonen

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

(12)

6 Atom- und Kernphysik

6.2 Radioaktivität

1896 entdeckte ANTOINE HENRI BECQUEREL1), dass eine uranhältige Substanz eine fotografische Platte schwärzt. Er nahm an, dass Uran eine bis dahin unbekannte Strah- lung emittiert. MARIE CURIE2) und ihr Ehemann PIERRE CURIE erforschten diese neue Art der Strahlung. Sie isolierten die stark strahlenden Elemente Radium und Polonium und wiesen die Radioaktivität von Thorium nach.

Mit dieser Entdeckung wurden der Physik neue Impulse gegeben. Drei Aspekte dieser Erkenntnisse widersprachen nämlich der klassischen Physik des 19. Jahrhunderts deutlich:

• Im Zusammenhang mit der Umwandlung chemischer Elemente wurden radioaktive Erscheinungen beobachtet. Elemente galten aber als elementar und daher als nicht veränderlich.

• Radioaktive Vorgänge setzen große Energie frei, deren Quelle die klassische Physik nicht erklären konnte. Erst mithilfe der Speziellen Relativitätstheorie wurde dieses Problem gelöst.

• Der Zeitpunkt des Zerfalls eines einzelnen Kerns ist nicht vorhersehbar. Die klassische Physik sieht spontanes Verhalten nicht vor; zufällige Vorgänge kleinster Teilchen beschreibt hingegen die Quantenphysik.

6.2.1 Das Zerfallsgesetz

Das Wesen der Radioaktivität besteht darin, dass einzelne Atomkerne spontan (= ohne äußeren Anlass) Strahlung aussenden und in andere Nuklide zerfallen. Wir haben keine Möglichkeit vorherzusagen, welcher Kern wann zerfällt. Jeder Kern eines bestimmten Isotops kann mit der gleichen Wahrscheinlichkeit zerfallen. Was wir aber im Fall einer größeren Menge radioaktiver Substanz vorhersagen können, ist, wie viele Kerne pro Zeitdifferenz ungefähr zerfallen werden.

Beim Zerfall ist die Anzahl ∆N der Atome, die in einer bestimmten Zeitspanne ∆t zer- fallen, proportional zur Gesamtzahl N(t) der Atome und zur Zeitspanne ∆t. Mithilfe der Differenzialrechnung3) erhält man das Zerfallsgesetz (law of decay):

N(t) = N0 · e–𝛌t

Zerfallskonstante und Halbwertszeit

𝛌 ist die Zerfallskonstante. Sie gibt an, wie stark die exponentielle Abnahme ausfällt.

Eine wichtige Größe ist die Halbwertszeit T1/2. Sie gibt die Zeit an, in der die Hälfte der ursprünglich vorhandenen Atomkerne N0 zerfällt. Es gilt

T1/2 = ln 2 ____ λ 

Damit kann das Zerfallsgesetz in einer weiteren Version angeschrieben werden:

N(t) = N0 · e–ln(2) · t________T1/2

abb. 131.1 Das Ehepaar PIERRE und MARIE cURIE in ihrem Labor.

abb. 131.2 ANToINE HENRI BEcQUEREL ü 6.5

eisen-56 ist das stabilste Isotop, siehe abb. 129.2.

a) Bestimme die Bindungsenergie von 56Fe (Ar = 55,934 94 u) durch Schätzung.

b) Begründe, warum größere Kerne instabil sind. Verwende bei der Begründung den Begriff Kernkraft.

1) ANTOINE HENRI BECqUEREL (1852, Paris – 1908, Le Croisic, Bretagne). Für seine Entdeckung der Radioaktivität erhielt er gemeinsam mit dem Ehepaar CURIE 1903 den Nobelpreis für Physik.

2) MARIE SKŁODOWSKA CURIE (1867, Warschau – 1934, Passy) war Physikerin und Chemikerin. 1897 begann sie mit der Erforschung radioaktiver Substanzen. Nach dem Unfalltod Pierre Curies wurde ihr 1906 zunächst seine Lehrverpflichtung übertragen, später wurde sie auf den Lehrstuhl für Allgemeine Physik berufen. Sie erhielt anteilig den Nobelpreis für Physik und 1911 den Nobelpreis für Chemie.

3) Die Proportionalität wird durch die Differentialgleichung: dN = –λ · Ν(t) dt angegeben.

© www.hpt.at | Naturwissenschaften für Höhere technischen Lehranstalten, Band 4 | SBNR 190008

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

In dieser Zeit können jetzt Forscher des US-amerikanischen National Institute of Standards and Techno- logy (NIST) relative Abweichungen zwischen zwei ihrer optischen

§ 45 SGB V besteht der Anspruch auf Vergü- tung für die Dauer von 10 Tagen, und nur wenn das Kind noch keine 12 Jahre alt ist. Außerdem besteht gemäß § 45 SGB V ein Anspruch auf

Die ständige Ausstellung infor- miert die Besucher auf rund 90 Quadratmetern über Ge- schichte, Tradition und kultu- rellen Stellenwert der Bratwurst im gesellschaftlichen Leben im

Mit diesen Worten resümierten Vertreter des Jugend- und Fürsorgeamtes 1973 ihr Referat anlässlich der Vor- steherkonferenz, in dem sie für rasche und weitreichen- de Reformen

2.1.1 Sorge im Verhältnis der Generationen – erziehungswissenschaftliche und kindheitssoziologische

September, aber auch der Streit um das Kopftuch oder um die Rolle der Autorität in der Katholischen Kirche stellen eine Herausforderung für die klas- sische liberale Idee dar,

Denke ich heute an Spiegelbild, zehn Jahre später, läuft ein Trai- ler vor meinem inneren Auge ab, wie die Anne-Frank-Wanderaus- stellung in Biebrich feierlich eröffnet wird, wie

Machen Sie aus sich selbst eine Marke – damit festigen Sie Ihren Expertenstatus und nicht nur Ihr Chef wird es Ihnen dan- ken, sondern vor allem der Kunde.. Und auf den kommt es