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Schuljahr 2017 | 2018 Jahresbericht

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Zehnter Jahresbericht

Schuljahr 2017 | 2018 Jahresbericht

der Regionalen Schulberatungsstelle

des Kreises Steinfurt

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Sonja Bruns

Leiterin des Schul-, Kultur- und Sportamtes des Kreises Steinfurt

Paul Mangel

Leiter der Regionalen Schulberatungsstelle des Kreises Steinfurt

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Regionale Schulberatungsstelle des Kreises Steinfurt (RSB) legt Ihnen heute ihren zehnten Jahresbericht vor. In diesen zehn Jahren hat sich einiges verändert, so dass es sicherlich interessant ist, auch einmal zurückzublicken. Im Schuljahr 2008/2009 versorgten 3 Schulpsychologinnen und ein Schulpsychologe mit insgesamt 3,5 Planstellen die Schulen im Kreis Steinfurt.

Heute beraten neun Schulpsychologinnen und ein Schulpsychologe (7 Planstellen) die ratsuchenden Eltern, Schüler/innen und Lehrkräfte. Die meisten der über 150 Schulen im Kreis Steinfurt nutzen regelmäßig und zum Teil sehr intensiv die schulpsychologische Einzelfall- beratung.

Das Angebot an Fortbildungen, Workshops, Vorträgen, Supervision, Coaching und Elternabenden wuchs in den vergangenen Jahren deutlich. Die Mitarbeiter/innen der RSB passen ihre Angebote immer wieder neu an die Bedarfe der schulischen Mitarbeiter/innen an. Individuelle Vorgespräche stellen sicher, dass die Fortbildungen und anderen Angebote von den Adressaten auch als Bereicherung für ihre alltägliche pädagogische Arbeit erlebt werden. Der Anteil dieser systemorientierten schulpsychologischen Beratung am Gesamtanteil der schulpsychologischen Beratungsleistung hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen.

Auch im Schuljahr 2017/2018 gab es personelle Veränderungen. Julika Schultheiß verließ im Oktober 2017 nach über fünf Jahren die RSB und arbeitet jetzt in der Schulpsychologischen Beratungsstelle der Stadt Münster. Im Januar 2018 nahm Margarita Schröder mit einer halben Stelle ihre Arbeit in der RSB auf. Dr. Petra Kortas-Hartmann gehört mit voller Stelle seit März 2018 dem Team der Beratungsstelle an. Sie arbeitete zuvor über sechs Jahre in der Schulpsychologische Beratungsstelle der Stadt Oberhausen und leitete diese drei Jahre lang. Ebenfalls im März 2018 kam Sina Scherer mit einer halben Stelle ins Team der RSB. Sie vertritt Gabriele Gans-Eichler, die sich derzeit in Elternzeit befindet.

Der Bericht über die schulpsychologische Arbeit im Schuljahr 2017/2018 informiert Sie wieder umfangreich über die vielfältige Unterstützung, die die Mitarbeiter/

innen der RSB geleistet haben. Zum dritten Mal in Folge enthält auch dieser Jahresbericht einen schulpsychologischen Kommentar zu einem speziellen schulischen Thema. Was kann die Schule leisten, um Lese-Rechtschreibschwierigkeiten bei Schüler/innen unwahrscheinlicher zu machen? Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und danken Ihnen herzlich für Ihr Interesse.

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Einzelfallberatung

Wie auch in den vergangenen Jahren wurde die Ein- zelfallberatung im Schuljahr 2017/2018 von fast allen Schulen im Kreis Steinfurt in Anspruch genommen. Ins- gesamt erreichten 357 Anmeldungen die Beratungsstel- le; entweder von Eltern oder Lehrkräften oder aber von Lehrkräften und Eltern gemeinsam. Der Anteil der ge- meinsamen Anmeldungen lag in diesem Schuljahr mit 75% so hoch wie noch nie. Dies ist für eine umfassende und erfolgreiche Beratung sehr hilfreich, denn es bedeu- tet, dass von Beginn an die wesentlichen Bezugsperso- nen in den Beratungsprozess involviert sind. Drei Viertel der Beratungsgespräche fanden in den Schulen statt.

Zunehmend häufiger werden Lehrkräfte und Eltern aber auch am Telefon beraten. Dieses Setting hat den Vorteil, dass für die Ratsuchenden im Beratungsprozess häufige, zeitnahe Beratungskontakte möglich sind. Mit einem An- teil von 50% aller Anmeldungen gingen erneut von den Grundschulen die meisten Beratungsanfragen ein. Das Verhältnis von ca. drei Viertel Jungen zu einem viertel Mädchen in der Geschlechterverteilung ist seit Jahren sehr konstant. Auch in anderen schulpsychologischen Beratungsstellen sind es immer eher die Jungen als die Mädchen, für die das Beratungsangebot in Anspruch genommen wurde. Bei zwei Dritteln der Beratungsanfra- gen konnte die Beratung innerhalb von 14 Tagen begon- nen werden. Ein häufiger Beratungsanlass war erneut ein unregelmäßiger Schulbesuch. 9 % der Schüler/innen, für die um Beratung nachgefragt wurde, besuchten die Schule nicht mehr regelmäßig. Zunehmend häufiger wird in den letzten beiden Schuljahren das Beratungsangebot der RSB auch in Anspruch genommen, wenn es in der Schule zu aggressiven oder gewalttätigen Handlungen gekommen ist.

Fortbildung, Supervision und Beratungslehreraus- bildung

Die vielen Fortbildungsangebote der RSB wurden im Schuljahr 2017/2018 nicht nur von Lehrkräften, sondern auch von anderen in den Schulen tätigen Personen, wie z.B. Schulsozialarbeiter/innen oder OGS-Mitarbeiter/

innen, genutzt. Zunehmend häufiger werden die Fortbil- dungsangebote passgenau auf die jeweiligen Wünsche und Bedürfnisse der Adressaten zugeschnitten. So ist z.B. ein Fortbildungstag an einer Schule gekennzeichnet

durch eine vorab mit der Steuergruppe der Schule abge- stimmte Rhythmisierung von Vorträgen, Übungen, Dis- kussionen und anderen methodischen Settings. Die in der Fortbildungsbroschüre der RSB aufgeführten Qualifizie- rungsmaßnahmen wie Vorträge (Dauer ca.1,5–2,5 Stun- den), Workshops (ca. 4 Stunden), Coachings (mehrere 1 – 2 stündige Termine) oder Fortbildungen (ganztägig) zu unterschiedlichen psychologisch geprägten Themen sollen den Schulmitarbeiter/innen helfen, ihrer Arbeit erfolgreich und mit hoher Zufriedenheit nachzukommen.

Im Schuljahr 2017/2018 wurden insgesamt 33 Veranstal- tungen durchgeführt.

Zum Standardangebot der RSB gehört seit vielen Jahren das Angebot der Supervision. Im Schuljahr 2017/2018 wurden für insgesamt 95 Schulmitarbeiter/innen 58 Su- pervisionssitzungen durchgeführt. Schulübergreifende Supervisionssitzungen für Schulleitungen, Schulsozi- alarbeiter oder Beratungslehrkräfte haben sich in der Schullandschaft des Kreises Steinfurt etabliert. Die meis- ten dieser Gruppen bestehen seit mehr als acht Jahren.

Supervisionsangebote für bestimmte (Teil-)Teams einer Schule haben eine kürzere Laufzeit. Nach ein bis drei Jahren werden sie meist beendet. So ist sichergestellt, dass auch andere Schulen das Supervisionsangebot der RSB nutzen können.

Die Mitarbeiter/innen der RSB haben im Schuljahr 2017/2018 erneut 18 Lehrerinnen und Lehrer zu Bera- tungslehrkräften ausgebildet. Diesem sehr arbeitsinten- siven Angebot messen die Mitarbeiter/innen der RSB eine hohe Bedeutung zu. Die schuleigene Beratungslehr- kraft kann sehr schnell und niedrigschwellig die ratsu- chenden Schüler/innen, Lehrkräfte und Eltern beraten und bei Bedarf den Kontakt zu den Mitarbeitern der RSB oder einem anderen psychosozialen Unterstützer her- stellen. Im Schuljahr 2018/2019 sollen über 20 Lehrerin- nen und Lehrer durch die Mitarbeiter/innen der RSB zu Beratungslehrkräften ausgebildet werden.

Multiprofessionelle Fallkonferenz

Im letzten Jahresbericht wurde das Konzept der Multi- professionelle Fallkonferenz (M-F) vorgestellt. Es ist vor allem ein Beratungsgremium für Lehrkräfte und Schullei- tungen, welches kreativ aus verschiedenen Berufspers- pektiven Ideen für eine zügige und effektive Hilfe zur Ver- änderung einer ausweglos erscheinenden schulischen

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Situation eines/er Schülers/in entwickelt. Die M-F hat im Schuljahr 2017/2018 an sechs Terminen neun Fälle besprochen. Bei all den Unterschieden, die die vorge- stellten Jugendlichen aufwiesen, zeigten sich doch auch deutliche Parallelen. Fast alle Jugendliche gingen seit län- gerer Zeit nicht mehr zur Schule, sie waren alle im achten bis zehnten Schulbesuchsjahr und verhielten sich, wenn sie die Schule besuchten, gegenüber ihren Lehrkräften und Mitschülern häufig sehr unfreundlich. Sie waren respektlos, überschritten viele schulische Grenzen und hatten den Anschluss an ihre Mitschüler/innen verloren.

Auffällig waren auch Parallelen in den Elternhäusern der Jugendlichen. Das Fehlverhalten der Jugendlichen wurde von den Erziehungsberechtigten gegenüber der Schule fast in allen Fällen gerechtfertigt, indem den Lehrer/in- nen oder Mitschüler/innen Vorwürfe gemacht wurden.

Viele der vorgestellten Jugendlichen zeigten auch wenig Respekt gegenüber ihren Eltern. Sie traten zuhause sehr dominant auf. Dies führte jedoch nicht dazu, dass die Eltern die Unterstützung der Schule suchten, um sich gemeinsam den Übergriffen der Jugendlichen entgegen- zustellen. Die Situation zwischen der Schule und den meist alleinerziehenden Müttern war stattdessen in fast allen Fällen sehr angespannt.

In den neun Beratungen konnten in allen Fällen Hand- lungsideen entwickelt werden, die die Beteiligten hof- fen ließen, dass wieder Bewegung in die festgefahrenen Situationen kommt. In mehreren Fällen wurden auch gleich die Kontakte zu wichtigen Unterstützern, wie z.B.

der Jugendhilfe, angebahnt. Selbst für die fünf ständigen Mitglieder der M-F war es beeindruckend, welche guten Vorschläge entwickelt werden, wenn verschiedene Pro- fessionen kreativ zusammenarbeiten. Die Mitglieder der M-F freuen sich schon auf die im Schuljahr 2018/2019 kommenden Beratungsanfragen. Um die Anmeldung für die M-F für die Schulen zu erleichtern, ist das Konzept der M-F und der Anmeldebogen ab Schuljahr 2018/2019 auf der Internetseite der RSB zu finden.

Interkulturelle Begegnung in der Schule

Am 25.09.2017 organisierte der vom Leiter der RSB, Paul Mangel, geführte Arbeitskreis des Regionalen Bildungs- netzwerkes (RBN) „Gewaltprävention/Kriseninterven- tion“ in den Technischen Schulen des Kreises Steinfurt einen Fachtag zur Interkulturellen Kompetenz. Kindern, Jugendlichen und Eltern mit unterschiedlichen kulturel-

len und religiösen Hintergründen im schulischen Alltag zu begegnen und mit ihnen gut zusammenzuarbeiten ist für viele Lehrkräfte im Kreis Steinfurt neu. Ziel dieses Fachtages war es, die eigene interkulturelle Kompetenz im Allgemeinen sowie die Kompetenz im Bereich der interkulturellen Elternarbeit im Besonderen zu schulen.

Frau Mariya Lorke vom Verein für Ethnologie in Schule und Erwachsenenbildung aus Münster brachte den mehr als 30 Teilnehmer/innen dieses Fachtages anhand von vielen praktischen Beispielen und Übungen zu Fremd- heitserfahrungen erste wichtige Kompetenzen für den Umgang mit fremden Kulturen bei.

anSchuB – Arbeiten und Lernen in Schule und Bauernhof

Seit nun mehr als einem Schuljahr begleiten zwei Mit- arbeiterinnen der RSB das Projekt anSchuB der Janusz- Korczak-Schule Ibbenbüren, Förderschule des Kreises Steinfurt, durch umfassende schulpsychologische Bera- tung und Unterstützung. Im Projekt anSchuB waren im Schuljahr 2017/18 Schüler im Alter von acht bis 16 Jahren mit intensivpädagogischem Unterstützungsbedarf. Diese wurden auf vielfältige Weise durch ein Team von Förder- schullehrkräften, einem Sozialpädagogen im Anerken- nungsjahr und durch zwei Schulpsychologinnen in ihrer sozialen und emotionalen Entwicklung, als auch in ihrem Lernverhalten gefördert.

Der Zyklus der Jahreszeiten stellt die Ausganglage für die Projekt- und Unterrichtsplanung in der Außenklasse dar.

Als größeres Projekt wurde im vergangenen Schuljahr ein Hühnerwagen mit Gehege gebaut. In einer weiteren praktischen Aktion haben die Schüler Gemüse- und Salatbeete angelegt, sodass bereits viele Mittagessen aus eigener Ernte selbst zubereitet werden konnten.

Ein weiteres wichtiges pädagogisches Standbein ist die tiergestützte Arbeit. Drei ausgebildete Hunde und die Haflingerpferde der Hofbesitzer sind für die Jugendlichen von großem emotionalen Wert.

Die Schulpsychologinnen waren eingebunden in kon- zeptionelle Überlegungen und der Umsetzung im schu- lischen Alltag. Elternarbeit und Supervision waren re- gelmäßige Arbeitsinhalte. Desweiteren zählten zu ihren Aufgaben diagnostische Erhebungen der Schülergruppe im Projekt anSchuB, sowie die einer Vergleichsgruppe von Schülern an der Stammschule in Ibbenbüren/Uffeln.

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Die Erfassungen dienen einer umfangreichen Evaluation, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Psychologie in Bildung und Erziehung der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster durchgeführt wird.

Ausbildung der schulischen Krisenteams

Krisen – das sind nicht nur Fälle von schwerer ziel- gerichteter Gewalt, sondern auch Suizidäußerungen, Kindeswohlgefährdung und andere Notlagen von allen Schulbeteiligten. Im Notfallordner des Ministeriums für Schule und Bildung wird empfohlen, „Schulteams für Gewaltprävention und Krisenintervention“ zu etablieren.

Was auf den ersten Blick als zusätzliche Arbeit erscheint, erleichtert die Arbeit in Notfällen erheblich und kann einen maßgeblichen Beitrag zu einem gewaltfreien Klima an der Schule und der Prävention von Krisen leisten.

Im Schuljahr 2017/2018 haben die Mitarbeiter/innen der RSB ein Basismodul für Schulteams für Gewaltpräventi- on und Krisenintervention sechsmal angeboten und über 50 Schulen aus dem Kreis Steinfurt haben bereits mit ih- ren Teams teilgenommen. In dieser Fortbildung wird eine Anlaufhilfe für die Bildung eines Schulteams für Gewalt- prävention und Krisenintervention gegeben. Auch ein bereits bestehendes Team kann von der Fortbildung pro- fitieren, da reflektiert wird, wie es bereits aufgestellt ist und die weitere Zusammenarbeit abgestimmt wird. Die Teams bekommen Informationen hinsichtlich Aufgaben und Rollenverteilung, eine Einführung in Psychische Ers- te Hilfe und Methoden zur Strukturierung des Vorgehens im Krisenfall an die Hand. Außerdem wird die praktische Zusammenarbeit im Team in einem Krisenfall anhand ei- nes Szenarios geprobt. Dabei wird bewusst Raum für den (Erfahrungs-)Austausch zwischen den Teams geschaffen.

Erfahrungsgemäß profitieren die Teams davon sehr. In einer Veranstaltung gab es zudem die Möglichkeit zu einem direkten Austausch mit Kriminalhauptkommissar Guido Wilke. Mit ihm als Vertreter der Polizei stehen die Mitarbeiter/innen der RSB in schulischen Krisensituatio- nen in einem stetigen Austausch.

Das Basismodul wird auch im Schuljahr 2018/19 mehr- fach stattfinden. Hierauf aufbauend werden die Mitarbeiter/

innen der RSB zusätzlich eine Reihe von Vertiefungskursen zu verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten anbieten.

Die erste Fortbildung in dieser Reihe wird den Thema

„Umgang mit Suizidalität in der Schule“ haben.

Parallel zu den Fortbildungsangeboten für die Krisen- teams der Schulen bietet der Arbeitskreis des Regionalen Bildungsnetzwerkes (RBN) „Gewaltprävention/Krisen- intervention“ regelmäßig seit 2011 Veranstaltungen für Lehrkräfte zu diesem Thema an. Im Schuljahr 2017/2018 wurden fünf Workshops an zwei Terminen für Lehrkräf- te an Grund- und weiterführenden Schulen und OGS- Mitarbeiter/innen zu den Themen „Tod und Trauer“ und

„Notfall Schülersuizid“ durchgeführt. Alle fünf Veranstal- tungen waren voll ausgebucht. Daher wird es im Oktober 2018 für die vielen Interessierten, die nicht teilnehmen konnten, eine Wiederholungsveranstaltung geben.

LRS vorbeugen!

Schüler/innen, die sich mit dem Erlernen des Lesens und Schreibens schwertun, kommen in unseren Schulen in den letzten Jahrzehnten zunehmend häufiger vor. Wo sind die Gründe für diese besorgniserregende Entwick- lung zu suchen? Manche suchen die Ursachen vor allem

„im“ Kind. Das in den 1980er-Jahren populäre Konzept der Teilleistungs- oder Funktionsstörungen wie z.B. eine

„auditive Wahrnehmungsschwäche“ als Ursache für die erhöhten Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Schreibens zu sehen ist auch heute noch, trotz empiri- scher Widerlegung weit verbreitet. Andere betrachten ungünstige Bedingungen für die Kinder in den Familien als besondere Risikofaktoren. Wiederum andere sehen deutliche Optimierungsmöglichkeiten im schulischen Kontext.

Viele Eltern suchen die schulpsychologische Bera- tungsstelle mit dem Wunsch auf, endlich Gewissheit darüber zu bekommen, ob ihr Kind eine Lese-Recht- schreibschwierigkeit (LRS) hat. Häufig glauben sie, dass die im Kind verorteten Defizite die einzige Ursache für die schwachen Leistungen ihres Kindes im Erlernen des Lesens und Schreibens sind. Dabei sind es vor allem die bereits genannten familiären Risikofaktoren, sowie die eingesetzten Unterrichtsmethoden, die einen negati- ven Einfluß haben. Die Eltern hingegen vermuten meist irgendeine nebulöse Störung im Kopf ihres Kindes, die sich nun mit Beginn des Lese- und Schreiblehrgangs ungünstig auswirkt. Eine solche Diagnose wäre dann für alle beteiligten Bezugspersonen äußerst entlastend. Die Forschung hat jedoch gezeigt, dass diese Alibifunktion der Diagnose LRS ungerechtfertigt ist. Um dies auch in der Terminologie zu verdeutlichen hat die Kultusminis-

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7

terkonferenz 1978 empfohlen, statt der Begriffe „Leg- asthenie“ und „Lese-Rechtschreibschwäche“ den rein deskriptiven Begriff „Lese-Rechtschreibschwierigkeit“ zu verwenden.

Studien zeigen, dass die Qualität des Unterrichts einen nachgewiesenen Einfluss auf den Schriftspracherwerb der Schüler/innen hat. Defizite sollten möglichst früh- zeitig durch eine passgenaue Lese- und Rechtschreib- förderung angegangen werden. Es ließ sich zeigen, dass Lehrkräfte den/die Schüler/in auch dann darin unter- stützen können, seine/ihre Schwierigkeiten zu beheben, wenn die Ursachen für die Schwierigkeiten des/r Schü- lers/in im Erlernen des Lesens und Schreibens nicht be- kannt sind. Dies bedeutet, dass Lehrkräfte ausgestattet mit hoher diagnostischer Kompetenz die Schwierigkei- ten im Lese- und Schreiblernprozess genau analysieren und mit passenden Lese- und Rechtschreibübungen die Schüler/innen intensiv, ausdauernd und wiederholt üben lassen sollten. Lesen und Schreiben sind Kompeten- zen, die dem prozeduralen Wissen (Handlungswissen) in Abgrenzung zum deklarativen Wissen (Faktenwis- sen) zuzurechnen sind. Für das Erlernen des Lesens und Schreibens gelten daher die gleichen Lernprinzipien wie z.B. beim Erlernen einer koordinativen Fertigkeit wie Fahrradfahren, Fußball- oder Klavierspielen. Intensives, ausdauerndes und wiederholtes Üben ist der wesentli- che Erfolgsgarant, um die zu erwerbenden Kompetenzen wie z.B. die Lesesynthese zu automatisieren. Eine Kom- petenz ist dann automatisiert, wenn sie ohne bewusste Kontrolle schnell und fehlerfrei mit geringem Energie- aufwand geleistet werden kann. Die Aufmerksamkeit ist für höherwertige Tätigkeiten wie z.B. die Sinnerfassung beim Lesen freigestellt. Diese parallele Informations- verarbeitung leistet jeder Autofahrer, der sich beim Fah- ren mit seinem Sitznachbarn unterhält. Eine Kompe- tenz wird dann besonders schnell automatisiert, wenn bei einer hohen Zahl von Wiederholungen gleichzeitig möglichst wenig Fehlern gemacht werden. Ein zu langes

„Schreiben, wie man hört“ oder „Fehler finden lassen“

verlangsamt den Automatisierungsprozess.

Kinder, denen das Erlernen des Lesens und Schreibens schwerfällt, brauchen ein von der Lehrkraft gelenktes kleinschrittiges Vorgehen. Jeder einzelne Lernschritt sollte hoch automatisiert sein, bevor der nächste Lern- schritt angegangen wird. Das Arbeitsgedächtnis hat nur eine begrenzte Kapazität, bedarf der willentlichen Auf- merksamkeit und ist hoch fehleranfällig. Sollen Kinder z.B. die Lesesynthese oder die Wortanalyse üben, ohne

dass sie die Laut-Buchstaben-Kombinationen automa- tisiert haben, so kommt es zu einer massiven Konfusion im Arbeitsgedächtnis und damit zu einer erheblichen Überforderung. Das Nutzen einer Anlauttabelle ist dann wenig hilfreich. Für lernschwache Schüler/innen ist ein kleinschrittiges, von der Lehrkraft nach dem didakti- schen Prinzip „Vom Leichten zum Schweren“ gelenktes Vorgehen auch aus einem anderen viel bedeutenderen Grund von Vorteil. Die Gedächtnisforschung hat mitt- lerweile mit Hilfe bildgebender Verfahren eindrucksvoll bestätigt, was wir vorher intuitiv schon wussten. Das Gelernte wird um so schneller ins Langzeitgedächtnis dauerhaft übernommen, desto stärker der Lernwille des Schülers/der Schülerin ist. Grundschulkinder lernen für ihre Lehrkraft. Wenn sie antizipieren, dass ihre Lehrkraft ihnen ein positives Feedback für ihre Lernleistung geben wird, sind sie deutlich höher motiviert, die „anstrengen- de“ Aufgabe anzugehen. Das Gefühl „Ich schaffe das!“, gerade bei herausfordernden Aufgaben, lässt Kinder so- gar das Flow-Gefühl erleben. Sind die Lernaufgaben für das Kind jedoch zu schwer, d.h. sie passen nicht zum Lernstand des Kindes, antizipiert das Kind, dass es die- se Aufgabe nicht schaffen wird. Angst entsteht, weil es keine Chance sieht, selbständig die Erwartungen sei- ner Lehrkraft erfüllen zu können. Vermeidungsverhalten in all den bekannten Formen der Unterrichtsstörungen schützt das schwache Selbstbewusstsein des Kindes kurzfristig. Es spürt jetzt den Schmerz des „Ich kann es nicht!“ nicht mehr so deutlich. Diese Schüler/innen sind für jede Lehrkraft die methodisch besonders herausfor- dernden Kinder. Die „normalen“ und „guten“ Schüler/

innen lernen trotz Unterrichts. Kinder, die bisher viele Misserfolge haben einstecken müssen, sind so dankbar, wenn man ihnen zeigt, wie sie üben können, um beim Lesen und Schreiben zum Erfolg zu kommen.

Der Psychologe Fritz Jansen und die Psychologin Uta Streit beschreiben in ihrem Buch „Positiv Lernen“ (2007) die Entstehung einer Lese-Rechtschreibschwierigkeit als eine Kettenreaktion. Mangelnde Automatisierung als Kernproblem von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten in Kombination mit der sich entwickelnden Misserfolgsori- entierung führen zu einer Abwärtsspirale. In dem von der RSB angebotenen Vortrag „(Nicht) Lesen und Schreiben können“ werden die hier dargestellten lern- und moti- vationspsychologischen Aspekte ausführlich behandelt.

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8

Kooperation und Vernetzung

Ohne die Zusammenarbeit mit anderen Unterstützern im Kinder- und Jugendbereich ist eine erfolgreiche psycho- soziale Arbeit undenkbar. Die Mitarbeiter/innen der RSB kooperieren vor allem in der Individualberatung mit den schulinternen und –externen Unterstützern wie Schul- sozialarbeiter/innen, Beratungslehrkräften, den Erzie- hungs- und Familienberatungsstellen, den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Kliniken, ambulanten Psycho- therapeuten oder dem Jugend- und Gesundheitsamt. Im Schuljahr 2017/2018 waren die Mitarbeiter/innen der RSB darüber hinaus an verschiedenen Kooperationssit- zungen, Projekten und Arbeitsgruppen beteiligt.

Kooperationstreffen mit den Erziehungs- und Familien- beratungsstellen im Kreis Steinfurt

Koordinationstreffen mit dem Jugend- und Gesund- heitsamt zur Abstimmung konkreter Vorgehens- weisen

Koordinationstreffen mit dem Schul-, Kultur- und Sportamt, Jugend- und Schulamt zur Planung von Angeboten zur intensiveren Unterstützung der Grundschulen

Fallkonferenzen in der Gesamtschule Greven Arbeitskreis Gewaltprävention/Krisenintervention

des Regionalen Bildungsnetzwerkes (RBN)

Arbeitskreis Koordination Schule/Jugendhilfe der Stadt Emsdetten

Regionalgruppe Krise der Bezirksregierung Münster Regionalgruppe Zuwanderung der Bezirksregierung

Münster

Schulpsychologische Krisenprävention/-intervention, Netzwerktage des Landes NRW

Arbeitskreis/Netzwerk Krisenintervention in Ibben- büren

Konferenz der Leiter der Regionalen Schulbera- tungsstellen und Schulpsychologischen Beratungs- stellen im Regierungsbezirk Münster

Arbeitskreis Kommunale Schulpsychologie beim Städtetag NRW

Netzwerktreffen „Jugend stärken im Quartier“, Stadt Rheine

Arbeitskreis Schulsozialarbeit im Kreis Steinfurt Die Mitarbeiter/innen der RSB danken allen Partnern für die gute Zusammenarbeit und hoffen auch im Schuljahr 2018/2019 auf eine fruchtbare Kooperation.

Ausblick

Beratung in Grundschule

In Abstimmung mit der unteren Schulaufsicht, dem Schul-, Kultur- und Sportamt des Kreises Steinfurt und der RSB bietet das Kreisjugendamt den in ihrem Einzugs- bereich liegenden Grundschulen ab Schuljahr 2018/2019 parallel zum Unterstützungsangebot der RSB eine re- gelmäßige sozialpädagogische Beratung vor Ort in den Grundschulen an. Anders als die meisten weiterführen- den Schulen im Kreis Steinfurt haben die Grundschulen keine schulinterne Unterstützung durch Schulsozialar- beit oder durch zertifizierte Beratungslehrkräfte. Sozial- pädagogische Fachkräfte verschiedener Träger der freien Jugendhilfe werden ein bis zwei Stunden in der Woche in den Grundschulen Schüler/innen, Lehrkräfte und Eltern beraten. Dieses sehr niedrigschwellige Beratungsange- bot soll sicherstellen, dass frühzeitig passgenaue Unter- stützungsangebote genutzt werden, bevor Probleme so gravierend und belastend werden, dass eine Verbesse- rung der Situation nur noch mit intensivem Hilfeeinsatz möglich erscheint.

In enger Kooperation mit den in den jeweiligen Sozial- räumen tätigen Unterstützern der Jugendhilfe, den Erzie- hungsberatungsstellen und selbstverständlich der RSB soll in Problemsituationen eine frühzeitige und schnelle Unterstützung installiert werden. Die primäre Aufgabe der sozialpädagogischen Berater/innen ist es, die Schü- ler/innen, Lehrkräfte und Eltern ohne viel Aufwand, wie z.B. dem Ausfüllen eines Beratungsantrages, zu beraten.

Auf Wunsch der Lehrkräfte und/oder der Eltern begleiten sie auch die schulischen Gespräche zwischen Lehrkräf- ten und Eltern. Darüber hinaus haben die sozialpädago- gischen Berater/innen eine Lotsenfunktion. Basierend auf einer guten Vernetzung können sie sehr schnell an- dere externe Unterstützer hinzuziehen. Die Mitarbeiter/

innen der RSB befürworten dieses neue Angebot und hoffen auf eine gute Zusammenarbeit im Sinne einer optimalen Unterstützung der Grundschulen.

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9

Statistik

Gemeinsame Anmeldung - Elternanmeldung Anmeldezahlen

116 114

337 441

389 381

402

356 355 355 364 357

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450

06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12 12/13 13/14 14/15 15/16 16/17 17/18

Lehrer- Anmeldung

31 8,7 %

Gemeinsame Anmeldung

266 74,5 % Eltern-

Anmeldung 60 16,8 %

*

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10

Wartezeiten

37,7%

27,9%

13,2%

16,3%

4,9%

0,0%

5,0%

10,0%

15,0%

20,0%

25,0%

30,0%

35,0%

40,0%

keine

Wartezeit bis 2

Wochen bis 4

Wochen bis 8

Wochen über 8

Wochen

Fälle / Gemeinde

0,00%

0,29%

0,37%

0,40%

0,41%

0,41%

0,45%

0,46%

0,49%

0,51%

0,52%

0,53%

0,53%

0,65%

0,66%

0,67%

0,75%

0,75%

0,79%

0,88%

0,93%

1,31%

1,35%

2,40%

0,00% 0,50% 1,00% 1,50% 2,00% 2,50%

Recke (0) Lotte (5) Hopsten (10) Emsdetten (17) Ibbenbüren (26) Mettingen (6) Greven (20) Metelen (4) Saerbeck (5) Lienen (5) Ladbergen (4) Altenberge (7) Rheine (46) Westerkappeln (9) Ochtrup (18) Wettringen (8) Lengerich (20) Neuenkirchen (13) Steinfurt (32) Tecklenburg (9) Horstmar (7) Laer (12) Nordwalde (16) Hörstel (27)

* Anteil der beratenen Schüler/innen der 6 -18 Jährigen in einer Gemeinde in Prozent

(11)

11

Beratungsleistungen / -kontakte

Berat.

Gespr.

i.d. Schule 48,6 %765

Berat.

Gespr.

i.d. RSB 152 9,6 % Berat.

Telefon/

E-Mail 633 40,3 % Berat.

Gespr.

a.a. Ort 1,5 %23 Geschlecht der beratenen Schüler/in

Jungen 73,0%

Mädchen

27,0%

(12)

12

16 1

21

64

136 88

0 20 40 60 80 100 120 140

Sonstiges Schwierigkeiten im System Schule

Schwierigkeiten im System Familie

psych. Situation Verhalten Lernen

Beratungsanlässe nach Kategorien

Besuchte Schulformen der beratenen Schüler/in in %

50,3%

5,5%

8,9% 9,5% 8,6% 11,0%

3,4% 2,8%

0,0%

10,0%

20,0%

30,0%

40,0%

50,0%

60,0%

GS HS RS FöS Gym Ges Berufs Sek.

(13)

13

2,5%

5,5%

8,9%

5,5%

0,0%

4,6%

17,2%

2,8%

11,3%

7,7%

2,8%

1,2% 1,8%

3,4%

0,9%

9,2%

3,1%

0,9% 1,2%

3,7%

0,6% 0,0% 0,0% 0,3% 0,0%

4,9%

0%

2%

4%

6%

8%

10%

12%

14%

16%

18%

20%

Symptome in %

Besuchte Klassenstufen in %

0,0%

9,2%

15,3%

17,5%

8,6%

9,5%

10,4%

7,1%

9,5%

6,1%

3,4% 3,4%

0,0% 0,0%

2,0%

4,0%

6,0%

8,0%

10,0%

12,0%

14,0%

16,0%

18,0%

20,0%

Kl. 0 Kl. 1 Kl. 2 Kl. 3 Kl. 4 Kl. 5 Kl. 6 Kl. 7 Kl. 8 Kl. 9 Kl. 10 Kl. 11 Kl. 12

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14

Das Team der Beratungsstelle im Schuljahr 2017/2018

Paul Mangel

Leiter der RSB Susanne Welz

Ruth Schepers

Magdalena Stockel Joa Reinsch

Leonie Stauf Margarita Schröder

Dr. Petra Kortas-Hartmann Gabriele Gans-Eichler

Lisa Wagener Sina Scherer

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15

(16)

16

Kontakt

Regionale Schulberatungsstelle des Kreises Steinfurt Tecklenburger Str. 10 | 48565 Steinfurt

 02551 69-1579 | Fax: 02551 / 69-1507 E-Mail: rsb@kreis-steinfurt.de

Internet: www.kreis-steinfurt.de/schulberatungsstelle

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