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Kurt Bereuter: Euthanasie im Bregenzerwald Eröffnungsrede zur Carl-Lampert-Akademie in Hittisau, 14.11. 2009

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Kurt Bereuter: Euthanasie im Bregenzerwald

Eröffnungsrede zur Carl-Lampert-Akademie in Hittisau, 14.11. 2009

Ich darf Sie heute in meinem ganz persönlichen Namen und vor allem im Namen des Kulturforums Bregenzerwald recht herzlich in Hittisau begrüßen. Es freut uns sehr, dass wir bei dieser

Veranstaltung der Katholischen Kirche Vorarlbergs Kooperationspartner sein dürfen. Diese Partnerschaft wird nicht durch die Religion oder den Glauben begründet, sondern in einem Schulterschluss gegen Krieg und gegen unmenschliche Gesellschaften, wie es die unsrige

unzweifelhaft in der Zeit des Nationalsozialismus war. Nur wenige Menschen waren damals bereit für ihre Überzeugung gegen das verbrecherische Regime des Nationalsozialismus einzustehen.

Provikar Carl Lampert war einer davon, Pater Alois Grimm ein anderer. Und gäbe noch viele mehr zu nennen. Es hat ihn also gegeben, den Widerstand in der katholischen Kirche, und nicht wenige bezahlten diesen mit Ihrem Leben. Es hat aber auch die anderen gegeben, die Angepassten, die Opportunisten, ja sogar die, die für dieses unheilvolle Regime gepredigt haben. Und – vor allem hat es die vielen, vielen Katholiken gegeben, denen ihr Glaube nicht Grund genug war, sich von diesem Regime abzuwenden und in diesem Regime sogar an vorderster Front die Fahne hoch gehalten haben. Wenn wir uns mit Erinnern beschäftigen, müssen wir uns auch daran erinnern.

Auch, wenn es schmerzt, wenn es weh tut und sich das Innerste abseits der Rationalität wehrt. Wir müssen uns dem stellen, für uns – auch – für unsere Kinder - vor allem.

„Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht“, hat der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer gesagt und er hat dasselbe Schicksal erlitten, wie seine vorher erwähnten katholischen Kirchenvertreter. Und ich meine, es geht nicht darum, dass wir zu todesmutigen Helden werden, wenn uns das Gewehr schon auf der Brust berührt, sondern, wir müssen nicht nur zu unserer Menschlichkeit stehen, wenn es darum geht, einen Einzelnen unter dem Rad hervorzuziehen, sondern wir müssen auch – und jetzt kommt das Entscheidende – dem Rad in die Speichen greifen – wie Bonhoeffer es ausdrückte. Und das müssen wir immer und jederzeit tun, auch heute – und dazu brauchen wir den Schulterschluss von Menschen, die für Menschen und die

Menschlichkeit einstehen. Und deshalb möchte ich mich für diesen Schulterschluss ganz herzlich bedanken.

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Kommentare zu den Projektbildern:

Alberschwende führt die unrühmliche Statistik der NS-“Euthansie“-Opfer im Bregenzerwald an. In Alberschwende haben wir im März 2007 unsere erste Veranstaltung zum Thema

„Nationalsozialismus im Bregenzerwald abgehalten. Ich habe immer schon gewusst, dass

„Behinderte furt ku sänd“, aber ich habe nicht ihre Zahl und nicht ihre Namen und ihr Schicksal gekannt. Anlässlich der Recherchen hat mich das dann tief berührt. Und auf eine Aussage des Bürgermeisters nach unserer Veranstaltung hin, er will nicht, dass das jetzt weitergeht, habe ich ihm vorgeschlagen, für diese Opfer eine Gedenkstätte zu errichten. Für 4 dieser Opfer, die von einem seiner Vorgänger aus dem Armenhaus abgeholt wurden, hat das schon einmal der ehemalige Gemeindearzt Dr. Georg Hinteregger vorgeschlagen. Unter dem Altbürgermeister wurde das dann aber nicht weiter verfolgt. Für den jetzigen Bürgermeister Reinhard Dür, war die Idee einer Gedenkstätte legitim und überlegenswert, ja noch mehr, er hat eine solche sogar zugesagt.

Wie wir schon gehört haben, wurde diese Idee dann an die Regio übertragen, durchaus auch mit dem Gedanken, eine zentrale Gedenkstätte für alle Opfer des Bregenzerwaldes zu errichten, nachdem unser Historiker Thomas Rüscher den gesamten Bregenzerwald durchforscht hatte. Das war nicht der Ansatz des Kulturforums und auch nicht ein Ansatz, der in der Regio eine Mehrheit gefunden hat. Aber – geeinigt hat man sich auf einen Termin der Einweihung – den 1. 9. 2009 – 70 Jahre nach dem Datum auf den der sog. „Euthanasie-Erlass“ von Hitler rückdatiert wurde. Auch auf dieses Datum hin konnten sich nicht alle Gemeinden aus verständlichen Gründen festlegen, sollte es doch eine reflektierte Auseinandersetzung mit den Bürgerinnen und Bürgern geben. Und da sind die Gemeinden nicht alle auf dem gleichen Stand.

Alberschwende hat es geschafft und hat mit einer Projektgruppe, zu der wir leider nicht eingeladen wurden, einen künstlerischen Wettbewerb ausgeschrieben und das Siegerprojekt realisiert und am 1. 9. feierlich eingeweiht. Neben der Kirche und neben der Leichenkapelle liegt nun diese schwere Tafel aus Metall des Alberschwender Künstlers Ferdinand Rüf und erinnert an die Opfer der Gemeinde und mahnt auch an die Gegenwart und die Zukunft – und das soll ja letztlich die Aufgabe eines solchen Erinnerungsortes sein.

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