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PRAXIS

52 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Sonderheft Senioren | www.diepta.de

D

ie Gefahr, dass ein

Kunde mit bestimmten Mikronährstoffen un- terversorgt ist, steigt, wenn die vorhandene Dauermedika- tion mit zusätzlichen Risikofaktoren

verknüpft ist. Dazu gehören höhe- res Alter (über 65 Jahre), Multimor- bidität, Polypharmakotherapie, eine einseitige Ernährungsweise, chroni- sche Erkrankungen des Gastrointes- tinal-Traktes (z.B. Colitis ulcerosa,

atrophische Gastritis) oder Alkoho- lismus. Beurteilt man den Mikro- nähstoffstatus, sollte daher immer die konkrete Situation des Einzel- nen betrachtet werden. Eine routi- nemäßige wirkstoffspezifische Sup- plementierung macht in der Regel keinen Sinn.

B-Vitamin-Status im Fokus Zu den am häufigsten anzutreffenden Wirkstoffen in der Apothekenpraxis gehören die Protonenpumpenhem- mer. Diese vermindern in den Beleg- zellen des Magens sowohl die Pro- duktion von Magensäure als auch die Synthese von Proteasen und des Intrinsic Factors (IF). Vitamin B12 wird durch Proteasen aus seiner (Nahrungs-) Eiweißbindung freige- setzt und gebunden an den IF aus dem Dünndarm in den Körper aufge- nommen.

Durch die verminderte Säurepro- duktion kommt es zudem zu einer stärkeren Alkalisierung des Dünn- darms und einer damit einhergehen- den veränderten bakteriellen Besied- lung. Diese Bakterien bewirken zum einen den Abbau von B12 zu unwirk- samen Derivaten (Cobalamide) und synthetisieren zum anderen be- stimmte Substanzen, die mit dem Vi- tamin um den Rezeptor konkurrie- ren. Letztlich kommt es zu einer verminderten Vitamin-B12-Auf- nahme und langfristig besteht die Gefahr einer entsprechenden Man- gelsymptomatik.

Mikronährstoff- Räuber

Viele Arzneistoffe nehmen Einfluss auf den Mikronährstoffstatus. In der

Daueranwendung können sie zu Dieben werden. Andererseits können

Mikronährstoffe die Substanzen auch in ihrer Wirkung unterstützen.

MANGELERSCHEINUNGEN DURCH DAUERMEDIKATION

© Aleksandr Zotov / iStock / Getty Images

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | Sonderheft Senioren | www.diepta.de

Auch Metformin kann die Vitamin B12-Versorgung beeinträchtigen, indem es dessen Calcium-abhängige Aufnahme aus dem Darm hemmt.

Manche Antikonvulsiva (z.B. Val- proat, Carbamazepin) und die trizyk- lischen Antidepressiva beeinträchti- gen ebenfalls die Versorgung mit verschiedenen B-Vitaminen (B2, Bio- tin, Folsäure), genauso wie der zur Behandlung entzündlicher Darmer- krankungen verwendete Wirkstoff Sulfasalazin. Er vermindert die Re- sorption von Folsäure, was bei dieser Patientengruppe aufgrund der ohne- hin bestehenden Malabsorption als besonders kritisch zu bewerten ist.

Bei oralen Kontrazeptiva wird ein Zu- sammenhang zwischen der langfristi- gen Einnahme und einem erhöhten Bedarf an verschiedenen B-Vitami- nen (B2, B6, B12, Folsäure), Magnesium und Vitamin C kontrovers diskutiert.

Empfehlungen, generell zu supple- mentieren, gibt es aber nicht.

Alle Arzneistoffe, die den Preg nan- X-Rezeptors stimulieren und so den Vitamin-D-Abbau und damit ein Sinken des Vitamin-D-Spiegels begünstigen, können nachteilige Wirkungen auf den Knochen- und Muskelstoffwechsel haben. Hierzu zählen beispielsweise bestimmte Anti konvulsiva, Glucocorticoide und Antiestrogene. Mit Beginn einer langfristig geplanten oralen Gluco- corticoid-Therapie sollte die Ein- nahme von Vitamin D (1000 I.E./d) und eine ausreichende Calciumzu- fuhr (500-1000 mg/d, über die Nah- rung oder als Supplement) empfoh- len werden.

Elektrolythaushalt ausgegli- chen? Schleifendiuretika und Thia- zide bewirken eine erhöhte Aus- scheidung von Kalium und Magnesium, wodurch es zu Störun- gen in der Erregbarkeit des Herz- und Skelettmuskels kommen kann (nächtliche Wadenkrämpfe, Ar- rhythmien). Indem sie die Reabsorp- tion steigern, können Thiazide eine Hypercalcämie begünstigen, kali- umsparende Diuretika eine Hyper- kaliämie.

Auch Antihypertonika, die über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-Sys- tem wirken (ACE-Hemmer, Sar- tane), können mit dem Elek- trolythaushalt interagieren: Sinkt der Aldosteronspiegel, sinkt auch die Ka- lium-Ausscheidung in der Niere, die Natrium-Ausscheidung hingegen steigt. Die Kombination solcher An- tihypertonika mit Arzneistoffen, die den Kaliumspiegel ebenfalls erhö- hen, kann zu klinisch relevanten Symptomatiken führen. Eine Selbst- medikation mit kaliumhaltigen Elek- trolyt- oder Vitaminpräparaten ist bei diesen Wirkstoffkombinationen kritisch zu überdenken.

Der oft beschriebene Kaliumverlust bei Laxanzienabusus spielt bei be- stimmungsgemäßem Gebrauch der Präparate keine Rolle. Die Leitlinie empfiehlt Bisacodyl, Natriumpico- sulfat und die Anthrachinone auch für die Daueranwendung.

Mikronährstoffe als Unterstüt- zer einer Arzneimitteltherapie Studien deuten darauf hin, dass ein optimaler Vitamin-D-Status über den hemmenden Einfluss auf das Renin-Angiotensin-System den Be- darf an Antihypertonika verringern kann. Auch Magnesium scheint die Wirkung von Antihypertensiva un- terstützen zu können und Eisen kann einen positiven Einfluss auf einen ACE-Hemmer-Husten haben (bei vorliegendem Eisenmangel).

Vitamin D verbessert möglicher- weise die Wirksamkeit und Verträg- lichkeit von Statinen und wirkt, be- sonders bei einem vorliegenden Vitamin-D-Mangel, gemeinsam mit Q10 den gefürchteten Muskelsymp- tomen infolge unerwünschter Wir- kungen entgegen.

Bei den zur Behandlung der Osteopo- rose eingesetzten Bisphosphonaten sollte unter der Therapie eine ausrei- chende Calciumzufuhr gewährleistet sein. Die Leitlinie empfiehlt als Basis- therapie eine Zufuhr von Calcium (1000 mg/d) und Vitamin D (800- 1000 I.E./d). Da die Bisphosphonate mit Calcium einen Komplex bilden, ist unbedingt ein Einnahmeabstand

von mindestens zwei Stunden einzu- halten. Die begleitende Einnahme von Magnesium ist sinnvoll, da es an vielen enzymatischen Prozessen des Vitamin-D-Stoffwechsels beteiligt ist (300 mg/d).

Das Spurenelement Selen hat eine es- senzielle Bedeutung in der Synthese der Schilddrüsenhormone T3 und T4.

Studien deuten darauf hin, dass sich eine ausreichende Selen- und Vita- min-D-Zufuhr besonders beim Vor- liegen der entzündlichen Hashimo- to-Thyreoiditis oder des Morbus Basedow positiv auf die klinischen Symptome und die Lebensqualität der Patienten auswirken können. Da die Bildung der Schilddrüsenhormone auch von Eisen abhängig ist, sollte bei einer Schilddrüsenerkrankung immer ein Eisenmangel ausgeschlossen wer- den. Wird ein vorhandener Eisen- mangel kompensiert, kann das auch das Ansprechen auf eine Therapie mit L-Thyroxin verbessern.

Was also empfehlen? Zusammen- fassend lässt sich sagen, dass es nur sehr wenige generelle, wissenschaft- lich fundierte Supplementations- Empfehlungen im Rahmen einer Langzeitanwendung von Arzneistof- fen gibt. Keinesfalls sollte hinter jeder Dauermedikation ein Mikronähr- stoffmangel vermutet werden. Doch wenn Sie sich mit möglichen Wech- selwirkungen zwischen Arzneimitteln und Mikronährstoffen gut auskennen, kann das dazu beitragen, bestimmte Symptome und Laborwerte richtig zu interpretieren und ein eventuell vor- handenes Mikronährstoffdefizit zu er- kennen.

Manche Autoren plädieren dafür, den Vitamin-D-Status prinzipiell bei jeder Langzeitmedikation zu kont- rollieren. Gerade, wenn Sie ältere, multimorbide Patienten mit Polyme- dikation beraten, sollten Sie an einen ausgeglichenen Elektrolythaushalt und eine ausreichende Versorgung mit den Vitaminen D, Vitamin B12 und Folsäure denken.  n

Christa Schuchmann, Apothekerin

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