• Keine Ergebnisse gefunden

Jung und schon hinter Gittern?

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Jung und schon hinter Gittern?"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

130 DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2017 | www.diepta.de

M

it dem Gesetz in

Konflikt kommen kann man in jedem Alter. Paragraph 19 des Strafgesetzbuches regelt al- lerdings, dass Kinder unter 14 Jah- ren schuldunfähig sind. Egal, ob sie einen kleineren Diebstahl, Be-

trugsdelikte oder Gewalt gegen Men- schen begehen, sie können dafür strafrechtlich nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Ganz ungeschoren kommen die jungen Straft äter je- doch nicht davon: Vom ersten De- likt an sind sie bei den Jugendäm- tern re gistriert.

Zu den Erscheinungsformen aggres- siv-destruktiven Verhaltens im Kin- des- und Jugendalter gehören Sach- beschädigung, autodestruktives Verhalten, Gewalt gegen Personen sowie Straftaten mit aggressiv-des- truktiver Komponente wie einfache und gefährliche Körperverletzung, Raub, Geiselnahme, Nötigung, Tot- schlag, Mord, Bedrohung, Beleidi- gung, körperliche oder se xuelle Miss- handlung. Im Jugendalter nimmt die Rate delinquenten und kriminel- len Verhaltens zu und erreicht im Alter von etwa 20 Jahren ihren Hö- hepunkt. Man unterscheidet Heran- wachsende mit Jugenddelinquenz, bei denen das kritische Verhalten auf das Jugendalter begrenzt ist, von per- sistent Delinquenten, die das Verhal- ten bis ins Erwachsenenalter fortset- zen. Unter Delinquenz versteht man ganz allgemein die Neigung rechtli- che Grenzen zu überschreiten.

Kriminalstatistik 2007 waren bei- spielsweise 12,1 Prozent aller Täter in Deutschland zwischen 14 und 18 Jahren, 10,6 Prozent waren zwi- schen 18 und 21 Jahre alt – mehr als drei Viertel der Tatverdächtigen waren männlich. Die meisten Ju- gendlichen sind Gelegenheitsdelin- quenten, die „nur“ leichtere Strafta- ten begehen, die wenigsten beteiligen sich regelmäßig an gravierende- ren Delikten. Häufige Gesetzeswid-

Jung und schon hinter Gittern?

Störungen des Sozialverhaltens in der Kindheit können zu delinquentem Verhalten im Jugendalter führen, welches gegen das geltende Strafrecht verstößt. Im schlimmsten Fall landen die Heranwachsenden im Arrest.

PRAXIS VERHALTENSAUFFÄLLIGKEITEN BEI KINDERN

© sakhorn38 / fotolia.com

(2)

131

DIE PTA IN DER APOTHEKE | September 2017 | www.diepta.de

rigkeiten sind Diebstahl, Sachbe- schädigung und Körperverletzung, wobei letztere den größten Anteil ausmacht. Meistens geschehen die Straftaten wochentags zwischen 14 und 20 Uhr, vermutlich weil viele Teenager in diesem Zeitraum unbe- aufsichtigt sind.

Besonders „schwere Jungs“ Die Gruppe der jugendlichen Intensiv- täter nimmt eine Sonderstellung ein:

Sie weist bereits sehr früh Verhal- tensauffälligkeiten auf, zeigt meist schlechte Schulleistungen, wächst in schwierigen familiären und sozia- len Verhältnissen auf und verfügt über Freunde, die oft ebenfalls delin- quent sind. Als Ursachen für das ab- weichende Verhalten kommen eine niedrige Intelligenz, ein schwieriges Temperament, Familien mit kon- fliktträchtiger Atmosphäre sowie er-

lebte Ablehnung durch Gleichaltrige in Betracht.

Was ist zu tun? Neben strafrecht- lichen Sanktionsmöglichkeiten gibt es vorbeugende und therapeutische Maßnahmen, die aggressives Ver- halten bei Jugendlichen verhindern oder reduzieren können. Die Prä- vention sollte am besten früh begin- nen und auf mehreren Ebenen anset- zen: Antisoziales Verhalten ist etwa durch stabile wirtschaftliche und soziale Lebensbedingungen sowie durch positive familiäre Beziehun- gen zu minimieren. Die Behand- lung jugendlicher Straftäter erfor- dert einen langwierigen Ansatz, der sich auf die vielfältigen Auslöser des abweichenden Verhaltens beziehen muss. Als wirksam gelten Kurse, in

denen Heranwachsende erlernen, ihr moralisches Urteil, ihre Aggressions- regulation, ihre sozialen Fähigkeiten und ihre emotionale Selbstkontrolle zu optimieren. Eltern werden im Rahmen der Maßnahme über bes- sere Beaufsichtigungs-, Kommuni- kations- und Erziehungsstrategien informiert.

Die multidimensionale Behandlung ist allerdings unzureichend, wenn Betroffene sich weiterhin in an- tisozialen Peer-Gruppen, in einem feindseligen Elternhaus oder in her untergekommenen Wohnvier- teln aufhalten. Für solche Fälle eig- net sich die sogenannte systemische Therapie, bei welcher der Therapeut gewalttätige Jugendliche in positive Aktivitäten in der Freizeit, in der Schule oder am Arbeitsplatz einbin- det, um sie von straffällig geworde- nen Gleichaltrigen abzugrenzen.

Knast auf Probe Jugendarrest wird verhängt, wenn ein Jugend- licher bereits mehrfach straffällig, aber noch nicht zu einer Strafe ver- urteilt wurde. Der Vollzug des Ju- gendarrestes soll das Ehrgefühl der jungen Menschen wecken und ihnen eindringlich bewusst machen, dass sie für das begangene Unrecht ein- zustehen haben. Nach § 90 JGG soll er erzieherisch gestaltet werden und Heranwachsenden dabei helfen, die Schwierigkeiten zu bewältigen, die zu dem Begehen der Straftat geführt haben. Mögliche Formen sind Frei- zeit-, Kurz- oder Dauerarrest.

Exkurs über die Entwicklung der Moral Kriminalität ist rela- tiv und basiert auf Moralvorstellun- gen, die sich von Gesellschaft zu Ge-

sellschaft, von Mensch zu Mensch sowie von Zeit zu Zeit unterschei- den können. Lawrence Kohlberg stellte ein Modell der moralischen Entwicklung mit drei Hauptniveaus und sechs Stadien moralischen Ver- haltens auf. Dazu konfrontierte er Kinder und Jugendliche mit hypo- thetischen moralischen Konfliktsi- tuationen und ordnete ihre Antwor- ten darauf verschiedenen Stufen der Moral zu. Das präkonventionelle Ni- veau kennzeichnet sich durch eine extern bestimmte Moral: Kinder ak- zeptieren die Regeln von Autoritäts- personen und bewerten Handlungen anhand der Konsequenzen – Ver- halten, welches zu einer Strafe führt, wird als schlecht empfunden, wäh- rend Handlungen, die belohnt wer- den, positiv angesehen werden. Das konventionelle Niveau ist durch das Befolgen gesellschaftlicher Regeln

gekennzeichnet, welches nicht mehr aus Gründen des Eigeninteresses entsteht. Menschen auf diesen Stu- fen sind davon überzeugt, dass das aktive Erhalten des Gesellschaftssys- tems Ordnung und positive Bezie- hungen sichert. Personen auf dem postkonventionellen Niveau unter- stützen Regeln und Gesetze nicht bedingungslos, sondern definieren Moral durch abstrakte Prinzipien und Werte. ■

Martina Görz, PTA und Fachjournalistin

Kinder unter 14 Jahren können strafrechtlich

nicht zur Rechenschaft gezogen werden, werden

aber bei den Jugendämtern registriert.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

[r]

F risch in den Ruhestand getre- ten, hätte Karl Jung mit vielem gerechnet, nur nicht gerade mit diesem Anruf: „Als mich die Ärzte und Krankenkassen gefragt ha- ben, ob ich den

Auch wenn man eine barbarisch saf- tige und kompakte Übermalung annimmt, die genialische und bei aller zur Schau getra- genen Religiosität spielerisch anmutende Artistik des

meisten Capitalien besitzt, weshalb denn auch nur bei derselben Grundgeldee und eine bedeutende Summe an Renten eingehen konnten. der freiwilligen

men Fünftausend achthundert und acht Personen beiderlei Geschlechts vom Armen- Directorium theils Verpflegung, theils ärztliche Behandlung oder in irgend einer Art

Läßt du dich manchmal von einem Jungen anfassen oder ihn etwas anderes tun, was du ei- gentlich nicht willst, weil du Angst hast, von ihm sonst zurückgewiesen oder verlassen zu

Die Mädchen einer Gruppe hatten alle eine Vorstellung von der Bedeutung von Rassismus, haben alle dieser Vor- stellung für ihr Leben eine grundsätzliche Bedeutung zuge- messen

Wird der menschliche Täter be- straft, stellt sich die Frage, ob demzufolge nicht auch sein technisches Ebenbild strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden muss.. Hierbei wird