• Keine Ergebnisse gefunden

Heinz Eidam Dasein und Bestimmung. w DE G

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Heinz Eidam Dasein und Bestimmung. w DE G"

Copied!
44
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Dasein und Bestimmung

w

DE

G

(2)

Kantstudien

Ergänzungshefte

im Auftrage der Kant-Gesellschaft herausgegeben von

Gerhard Funke, Manfred Baum, Bernd Dörflinger und Thomas M. Seebohm

138

Walter de Gruyter · Berlin · New York

2000

(3)

Dasein und Bestimmung

Kants Grund-Problem

Walter de Gruyter · Berlin · New York

2000

(4)

® Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme

Eidam, Heinz:

Dasein und Bestimmung : Kants Grund-Problem / Heinz Eidam. — Berlin ; New York : de Gruyter, 2000

(Kantstudien : Ergänzungshefte ; 138) Zugl.: Kassel, Univ., Habil.-Schr., 1998/99 ISBN 3-11-016742-5

© Copyright 2000 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 BerUn.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer- halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und

die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Printed in Germany Satz: Frank Hermenau, Kassel Einbandentwurf: Christopher Schneider, Berlin

Druck und Buchbinderische Verarbeitung: Strauss-Offsetdruck, Mörlenbach

(5)

Der vorliegende Band enthält die redaktionell überarbeitete Fassung meiner im Wintersemester 1998/99 vom Fachbereich Erziehungswissenschaft/Humanwissen- schaften der Universität Gesamthochschule Kassel angenommenen Habilitations- schrift. Den Herausgebern der Kantstudien-Ergänzungshefte und dem Verlag Walter de Gruyter danke ich für die freundliche Aufnahme der Arbeit in diese Reihe, der Deutschen Forschungsgemeinschaft danke ich für die finanzielle Unterstützung der Drucklegung.

Gegenstand der Untersuchung ist die systematische Rekonstruktion des ontolo- gischen Grund-Problems, wie es sich für den vorkritischen Kant mit der Differen- zierung von Real- und Erkenntnisgründen stellte und für das Kant mit der in den Kritiken formulierten Transzendentalphilosophie eine kritische Lösung suchte. Die Weiterführung dieses Problems bei Fichte und Hegel sowie seine Wiederaufnahme in der Spätphilosophie Schellings konnte in dieser Arbeit nur am Rande, d. h. in Fußnoten, Exkursen und dem zweiten Teil des Anhangs, Berücksichtigung finden.

Mein Dank gilt dem Fachbereich Erziehungswissenschaft/Humanwissenschaften der Universität Gesamthochschule Kassel; vor allem danke ich Prof. Dr. Wolfdietrich Schmied-Kowarzik für die Betreuung der Habilitation und seine unermüdliche Hilfe.

Zu danken habe ich weiterhin Dr. Frank Hermenau für die Erstellung der Druckvor- lage und kritischen Rat sowie Jürgen Lachmann für die Durchsicht des Manuskripts.

Ein ganz besonderer Dank gilt meiner Familie.

H. E. Kassel, Juni 2000

(6)
(7)

Vorwort V Einleitung 1 I Das ontologische Problem 11

1 Die Unterscheidung von ratio essendi und ratio cognoscendi

in der Nova dilucidatio ( 1755) 13 2 Die Unterscheidung von Realgrund und Erkenntnisgrund

im Einzig möglichen Beweisgrund (1763) 42

a) Dasein ist kein Prädikat 46 Kleiner Exkurs zu Hegel (61-63)

b) Dasein als Grund der Möglichkeit 69 c) Die absolute Notwendigkeit des ersten Realgrundes 86

Kleiner Exkurs zu Hegel (95-98)

3 Nexus logicus und nexus realis 106 a) Widerspruch und Realrepugnanz 106 b) Der problematische usus realis 125 c) Das neue Verhältnis von Wissenschaft und Methode (1770) 142

II Die kritische Lösung 165 1 Der kritische Gebrauch der Vernunft 167

a) Die Restriktion der theoretischen Vernunft. Zum Wandel der

Denkungsart 167 b) Das transzendentale Prinzip der theoretischen Erkenntnis 181

Exkurs 1: Zu den Metaphysischen Anfangsgründen der Natur- wissenschaft (202-207)

Exkurs 2: Zu philosophiegeschichtlichen Aspekten des alten Problems (208-210)

c) Der Überschritt zum Unbedingten 210

(8)

2 Der praktische Gebrauch der Vernunft 233 a) Das Problem des Unbedingten in der praktischen Vernunft

und ihr „geheimer Zirkel" 233 b) Das systematische Problem des „Schlußsteins"

des gesamten Systems der reinen Vernunft 245 c) Das Rätsel der praktischen Vernunft oder die problematische

Deduktion der Freiheit im positiven Verstände 260 3 Der zweckmäßige Gebrauch der Vernunft 283

a) Die Kluft und das Problem der Vermittlung 283 b) Der Erfahrungsgebrauch der Vernunft und die Vermittlung im

Prinzip der Urteilskraft 308 Kleiner Exkurs ins Opus postumum (313-315)

c) Die Wirklichkeit des Zweckes 332

Anhang 351 1 Der befremdliche Existenzbeweis des Wärmestoffes

im Opus postumum 353 2 Rückwärts durch die Hintertür? Sein ohne Grund oder die Wiederkehr

des frühen Kant durch Schellings Ausgang zur positiven Philosophie . . . 381

S iglenVerzeichnis 407 Literaturverzeichnis 409 Namenverzeichnis 419

(9)

Aus nichts wird nichts. - Dieser Grundsatz, wenn es denn einer ist, galt lange als aller metaphysischen Weisheit letzter Schluß, und in welchen Kontexten er auch immer auftritt und zu welchen Zwecken - sei es pädagogischen oder politischen, religiösen oder historischen - er immer auch mißbraucht werden kann, er bean- sprucht eine Gültigkeit, die schlechthin evident zu sein scheint: Wo nichts ist, kann auch nichts werden, von nichts kommt nichts. Zwingend erscheint der Umkehr- schluß: Wo etwas ist, kann es nicht aus nichts geworden sein; alles, was ist, bedarf, um zu sein, eines Grundes, der nicht nichts sein kann: Nichts ist ohne Grund - nihil est sine ratione. Von der These, daß das Nichts, weil es nicht ist, und deshalb auch das, was wird und, weil es entsteht, auch vergeht, nicht sein kann, deshalb nur das wirklich ist, was ist und nicht nicht ist, zu der anderen These, daß alles, was ist, alles Sein selbst ein Werden, das Werden selbst das Sein und deshalb nichts Entstehendes oder Vergehendes, sondern das ist, was ist, dieser Weg von Ionien bis Jena, von Parmenides bis Hegel verläuft philosophiegeschichtlich über Stationen, von denen eine besonders hervorgehoben werden muß. Heidegger macht in seinen Vorlesungen über den Satz vom Grund emphatisch auf sie aufmerksam: „Die Philosophie waltet und wandelt sich [...] im Abendland bereits seit dem 6. vorchristlichen Jahrhundert.

Demnach dauerte es zweitausenddreihundert Jahre, bis das abendländisch-euro- päische Denken dahin gelangte, den einfachen Satz vom Grund zu finden und auf- zustellen."1 Ein Satz, dem unser Verhalten, praktisch wie theoretisch, überall Rechnung trage, den wir „gleichsam [...] ständig im Ohr" haben, der aber nur mit einer verblüffenden „Langsamkeit" und einer „Inkubationszeit" von mehr als 2000 Jahren das Licht der Welt erblickte, bis er schließlich - abgesehen von ihm vor- hergehenden Geburtswehen2 - von Leibniz als einfacher Satz erkannt, gesetzt und im principium reddendae rationis sufficientis als ein oberster Grundsatz der Philo- sophie auch ausgesprochen wurde: Nihil est sine ratione. Nun muß dieser „Grund-

1 Martin Heidegger, Der Satz vom Grund, Pfullingen 1992, 14 f.

2 Vgl. Arthur Schopenhauer, Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde, Züricher Ausgabe, Bd. V, 18 f; vgl. auch Emst Fischer, Von G. E. Schulze zu Schopenhauer. Ein Beitrag zur Geschichte der kantischen Erkenntnistheorie, Aarum 1901; Günther Baum, Aeneside- mus oder der Satz vom Grunde, in: Zeitschrift f . philos. Forschung 33 (1979); Gottlob Ernst Schulze, Aenesidemus oder über die Fundamente der von Herrn Professor Reinhold in Jena gelieferten Elementarphilosophie (1792), Berlin 1911.

(10)

satz aller Grundsätze" bei Leibniz seine Oberherrschaft allerdings noch mit einem anderen Grundsatz teilen, mit dem Satz des Widerspruchs.3 Und vielleicht ist dieser einfache, in seiner Einfachheit äußerst trivial anmutende Satz in der Tat, wie Heidegger meint, „der rätselvollste aller nur möglichen Sätze", weil er das, was er sagt: nämlich daß nichts, was ist, daß „nicht ein Etwas von all dem, was auf irgend- eine Weise ist, ohne Grund" ist, ausgerechnet durch eine doppelte Verneinung sagt:

Nichts (nihil) ist ohne (sine) Grund, also nur durch eine doppelte Negation den positiven Gehalt formuliert: „Omne ens habet rationem".4

Nach seinem Besuch bei Spinoza im November 1676 schreibt Leibniz in seinen Anmerkungen zu Niederschriften eines Schülers Spinozas von einem Prinzip: „id, quod dicere soleo, nihil existere nisi cujus reddi potest ratio existentiae sufficien- tis" - ein Prinzip, „das ich (in der Form) zu sagen pflege, nichts existiert, dessen zureichender Existenzgrund nicht zugestellt" oder zugewiesen „werden kann".5 Wenn nun, wie Heidegger meint, der Geltungsbereich des Satzes vom zureichenden Grund alles Seiende „umfängt [...] bis [hin] zu seiner ersten seienden Ursache, diese mit eingeschlossen",6 so ergibt sich freilich ein Problem, sofern der Satz - sozusagen aus Prinzip - das Erste immer zum Zweiten macht oder gar herabsetzt: „Ins äußerste gesprochen, heißt dies [bei Heidegger]: Nur insofern der Satz vom Grund gilt, existiert Gott. [...] Die erste Ursache aber ist Gott. Also gilt der Satz vom Grund nur, insofern Gott existiert. Allein Gott existiert nur, insofern der Satz vom Grund gilt.

Solches Denken bewegt sich im Kreis."7 Im Grunde provoziert so der Satz vom Grund ein „Zirkelverhältnis"; mit oder in ihm dreht sich der letzten Weisheit letzter Schluß im Kreise, und das anfängliche Staunen der Philosophie scheint derart zu einem Taumel zu werden, dem allzu leicht der Schwindel folgen kann.

Soll die erste Ursache aber auch die erste bleiben, so muß dieser Kreis, dem auch alle Hermeneutik seine virtuelle Vitiösität nicht nehmen kann, aufgebrochen, d. h.

3 Vgl. M. Heidegger, Der Satz vom Grund, 21 u. 44.

4 M. Heidegger, Der Satz vom Grund, 16. Eben weil in dem Satz vom Grunde bereits, so Hegel, „die Wesentlichkeit der Reflexion in sich gegen das bloße Sein angesprochen" wird (Logik II, HW 6/82 f), kann dieser Satz dann auch so formuliert werden: Alles was ist, hat einen Grund oder ist ein Gesetztes, ein Vermitteltes"' (HW 6/125). Vgl. Kurt Walter Zeidler, Grundriß der transzendentalen Logik, Cuxhaven 1992,96 f: „Fasse ich den Satz vom zureichenden Grund bloß in seiner äußersten Formalität, so formuliert er gar nichts anderes als eben diese prinzipielle Möglichkeit der Negation jeglicher gedanklichen Bestimmtheit - wenn B, dann Non-B." Für die formale Fassung des Satzes vom Grunde bedeutet dies demnach: „B ist nur, wenn ,nicht Non-Α' nicht A geworden ist (wenn ,nicht Non-Α nicht A, dann B'). Das Β verdankt sich also der Negation der doppelten Negation."

5 Zit. η. M. Heidegger, Der Satz vom Grund, 64. Vgl. Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz, hrsg. v. C. J. Gerhardt, Hildesheim/New York 1979, Nachdr. der Ausgabe Berlin 1885, Bd. IV, 138.

6 M. Heidegger, Der Satz vom Grund, 53.

7 Ebd., 55 f.

(11)

der Zirkel, in dem sich die erste Ursache selbst verfangt, muß aufgelöst werden können, wenn die Metaphysik nicht an ihren eigenen Grundsätzen scheitern will.

Das scheint aber nur - will man nicht einfach in den Zirkel, in dem man sich doch schon befindet, hineinspringen und Gefahr laufen, in seinem Strudel unterzugehen - auf zwei Weisen möglich zu sein: Entweder das principium rationis wird wenigstens in einem Punkt außer Kraft gesetzt - aufgehoben, oder aber es wird hinsichtlich der ersten Ursache derart umgebogen, so daß diese nur dann die erste Ursache auch bleiben kann, wenn der Grund ihrer Existenz in ihr selbst liegt. Mit der zweiten Variante beginnt offensichtlich Spinozas Ethik, indem er die erste Ursache als causa sui definiert, mit dieser aber zugleich dasjenige setzt, was Kant später den ontologi- schen Beweis nennen wird: „Unter Ursache seiner selbst verstehe ich das, dessen Wesenheit die Existenz in sich schließt, oder das, dessen Natur nur als existierend begriffen werden kann." (Def. I)8 Ob Spinoza mit diesem Anfang das Problem ge- löst oder, weil noch nicht gesehen, nur verschärft hat, mag dahingestellt bleiben;

jedenfalls wird die Frage nach dem Verhältnis von Wesen und Existenz nicht durch einen rein definitorischen Kurzschluß gelöst werden können. Kant hingegen wird sich für die erste Möglichkeit entscheiden; und die Philosophie des vorkritischen Kant besteht vor allem in dem Versuch, den sich mit dem Satz vom Grund ergeben- den notwendigen Kurz- oder Zirkelschluß aufzulösen oder wenigstens zu vermeiden.

Die Situation, die Kant um die Mitte des 18. Jahrhunderts vorfindet, ist geprägt durch die rationalistische Philosophie der Leibniz-Wolffschen Schule und vor allem durch die Auseinandersetzungen und Verwirrungen, die sich in dieser durch die Ver- suche einer genaueren Bestimmung und Differenzierung hinsichtlich der bei Leibniz angegebenen beiden großen Prinzipien des Vemunftgebrauchs ergeben hatten.

Dieser beruhe erstens auf dem Prinzip des Widerspruchs (Monadologie §31) und zweitens (§ 32) auf dem Prinzip des zureichenden Grundes, demzufolge wir erwä- gen, daß weder eine Tatsache als wahr seiend oder existierend (trouver vrai ou exisi- stant) noch eine Aussage als wahrhaftig (veritable) befunden werden kann, ohne daß ein zureichender Grund (raison suffisante) sei, warum es so und nicht anders ist - obwohl diese Gründe in den meisten Fällen uns ganz und gar unbekannt sein mö- gen.' Das Prinzip des zureichenden Grundes gilt bei Leibniz sowohl für Tatsachen

8 Baruch de Spinoza, Die Ethik nach geometrischer Methode dargestellt, übers, u. mit Anm. vers. ν.

O. Baensch, Hamburg 1994,3; vgl. auch Schopenhauer, Über die vielfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde, 28.

v G. W. Leibniz, Monadologie, in: Die philosophischen Schriften von Gottfried Wilhelm Leibniz, hrsg. v. C. J. Gerhardt, Hildesheim/New York 1979, Nachdr. d. Ausgabe Berlin 1885, Bd. 6, 612; vgl. auch Bd. 6 (Theodizee § 44) u. Bd. 7, 390 f (5. Brief an Clarke), Christian Wolff, Vernünftige Gedanken von den Kräften des menschlichen Verstandes und ihrem richtigen Ge- brauch in Erkenntnis der Wahrheit, Ges. Werke. 1. Abt., Bd. 1, Hildesheim 1965, 115, sowie

(12)

als auch für Aussagen, ohne daß nach der Art und Weise seiner Gültigkeit hinsicht- lich dieser zwei Arten von Wahrheiten (Vemunfitwahrheiten und Tatsachenwahr- heiten) gefragt oder die Gültigkeit entsprechend modifiziert wäre.10 Schopenhauer zufolge ist Wolff der erste, der die „beiden Hauptbedeutungen des Grundsatzes ausdrücklich gesondert und ihren Unterschied auseinandergesetzt hat",11 auch wenn er in den Beispielen, die er zur Erläuterung gebe, diese Bedeutungen wieder vermen- ge. Wolff unterscheidet:

1. das principium fiendi: als Grund des Werdens oder Ursache (ratio actualis alterius)

2. das principium essendi: als Grund des Seins

3. das principium cognoscendi: als Grund des Erkennens einer Sache.

Die Frage, wie sich die beiden ersten Gründe des Werdens und des Seins, die sich so scharf wohl kaum - Schopenhauer zufolge gar nicht - trennen lassen, zu dem Grund des Erkennens verhalten, wird besonders dann relevant, wenn sie auf die traditionellen Gegenstände der metaphysica specialis, und d. h. vor allem auf das Problem der Beweisbarkeit der Existenz Gottes, bezogen werden.

Es war vor allem Crusius, in dessen Philosophie die Trennung von Real- und Erkenntnisgründen eine entscheidende und den Ausgangspunkt der Kantischen Philosophie prägende Rolle spielt.12 Wenn auch Crusius den von der Leibniz-

Christian Wolffii philosophia prima sive ontologia, Ges. Werke, 2. Abt., Bd. 3, Hildesheim 1962, 39, 47-61.

"' Im Satz des Grundes, so etwa Wundt, „hängen beide", notwendige Wahrheiten und Tatsachenwahr- heiten, „miteinander zusammen" Er ist das große Prinzip Leibniz', „durch welches wir uns von der Physik zur Metaphysik erheben" (Max Wundt, Kant als Metaphysiker. Ein Beilrag zur Geschichte der deutschen Philosophie im 18. Jahrhundert, Nachdr. der Ausgabe Stuttgart 1924, Hildes- heim/Zürich/New York, 1984,26). Diese - durchaus nicht unproblematische - Erhebung zur Meta- physik bedeutet für Wundt aber zugleich die Fundierung selbst der Physik in dieser, denn die logische und transzendentale Geltung des Satzes vom Grunde reiche weiter als die des Satzes der Kausalität. Überall, „wo ein Begründungszusammenhang hergestellt wird, handelt es sich um eine Verknüpfung nach dem Satz vom Grunde", und auch der kritische Kant mache von diesem einen

„viel umfassenderen Gebrauch" (422), als er zugestehe.

11 Vgl A. Schopenhauer, Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde, 32.

12 Von einem entscheidenden Einfluß Humes hingegen, dessen Abhandlung über den menschlichen Verstand 1751 in französischer, 1755 in deutscher Übersetzung vorlag, kann Tonelli zufolge in dieser frühen Phase nicht gesprochen werden. Tonelli kommt zu dem Schluß, „daß Kant, in dieser Phase seines Denkens, das Eigentümliche in Humes Kausalitätslehre entweder übersehen oder abge- lehnt hat. Daraus folgt, daß ein Einfluß Humes auf Kants Kausalitätslehre in dieser Zeit wenigstens nicht feststellbar ist, da alles bei Kant durch den Einfluß anderer Denker leicht erklärbar ist, dagegen das Spezifische von Humes Lehre bei ihm völlig fehlt." Auch „die von Kant 1769 vorgeschlagene Lösung des Problems ist zu persönlich und von Hume entfernt, um von ihm auch positiv abhängig zu sein." Eine „zentrale Rolle Humes kann in Kants vorkritischer Entwicklung zu keinem Zeitpunkt festgestellt werden [...] Kant selbst erklärt in der fraglichen Stelle der Prolegomena, daß Humes Einfluß auf ihn bloß negativ gewesen war (d. h. daß Hume ihn bloß auf gewisse Schwierigkeiten aufmerksam gemacht hatte, ohne daß er die von Hume vorgeschlagene Lösung diese Schwierig-

(13)

Wölfischen Schule formulierten Satz des zureichenden Grundes nicht als solchen bestreitet, so macht er doch „Leibniz allerdings gleichzeitig den Vorwurf, ,daß er in dem Satz von der zureichenden Ursache eine unvermerkte und schädliche Ver- änderung hineingebracht hat' (Logik § 548, vgl. § 272)."13 Die schädliche Ver- änderung bzw. „dieses ,schwanckende und ganz und gar falsche' besteht einmal darin, daß der Satz vom zureichenden Grunde folgende Sätze mitumfassen soll:

erstens den ,Satz von der zureichenden Ursache', zweitens den ,Satz von der Zufällig- keit', drittens den ,Satz von der Verbindlichkeit vernünftig zu handeln' (Metaphy- sik14 § 206). Crusius schränkt im Hinblick auf den letzteren [...] jedoch ein, daß dieser Satz ,wohl... nach der Absicht des Erfinders' des Satzes vom zureichenden Grunde nicht dazu gehören sollte. Außer diesen Sätzen umfaßt der ,Leibnitzische Satz vom zureichenden Grunde ... noch mehrere, und zum Theil falsche in sich ...

und sogar auch die blossen Idealgründe', wodurch er auch unfähig wird, ,die Exi- stenz Gottes dadurch erweisen zu können'." Zwar wollen Crusius zufolge die

„meisten Verteidiger des Satzes vom zureichenden Grunde [...] diejenigen Folgen, welche sich mit der Wahrheit aus demselben herleiten lassen', weder einsehen noch zugestehen", es ergebe sich aber „für den, der ,in Ansehung der Sache überhaupt unparteiisch seyn will, ... daß dieser Satz mit besserm Rechte der Satz nicht des zureichenden, sondern des determinirenden Grundes genannt' wird (Anweisung15 § 47)". Derart, als ein „Determinationsprincip" verstanden, wird vielleicht nicht der Existenzbeweis Gottes, jedenfalls aber jede Willensfreiheit unmöglich:

„ D e n n i n d i e s e m , D e t e r m i n a t i o n s p r i n c i p ' l i e g t d e r G r u n d g e d a n k e , d a ß , a l l e E f f e c t e ...

n i c h t e t w a n u r e i n e z u r e i c h e n d e , s o n d e r n e i n e d e t e r m i n i r e n d e U r s a c h e ' h a b e n m ü s s e n ( M e t a p h y s i k § 8 5 ) . M a n k a n n z w a r , e i n i g e n D i n g e n e i n e n d e t e r m i n i r e n d e n G r u n d ' z u s c h r e i b e n , a b e r e s ist a b s u r d , , w e n n m a n ihn v o n allen b e h a u p t e t ' . D e n n , , w e n n

keiten angenommen hätte)". Vgl Giorgio Tonelli, D i e Anfänge von Kants Kritik der Kausalbezie- hungen und ihre Voraussetzungen im 18. Jahrhundert, in: Kant-Studien 57 (1966), 4 5 3 , 4 5 4 f, vgl.

auch ders., D i e Umwälzung von 1769 bei Kant, Kant-Studien 54 (1963). D i e „entscheidenden Bedingungen für die Entwicklung" der Kantischen Philosophie zum Kritizismus liegen, so auch Erdmann „nicht sowohl in den von aussen herantretenden Vorstellungsmassen, als vielmehr in den selbsteigenen Problemstellungen des Philosophen"; vgl. Benno Erdmann, Die Entwicklungsperioden von Kants theoretischer Philosophie, in: Reflexionen Kants zur Kritik der reinen Vernunft, hrsg. v.

Β Erdmann ( 1 8 8 4 ) , Neudr. 1992, XV.

" Magdalene Benden, Christian August Crusius. Wille und Verstand als Prinzipien des Handelns, B o n n 1 9 7 2 , 2 2 ; vgl. Christian August Crusius, Weg zur Gewissheit und Zuverlässigkeit der mensch- lichen Erkenntnis, Leipzig 1747, Repr. Nachdr., Hildesheim 1965.

14 Christian August Crusius, Entwurf der notwendigen Vernunftwahrheiten, wiefern sie den zufäl- ligen entgegengesetzt werden, Leipzig 1753, 2. verm. Aufl., Repr. Nachdr., Darmstadt 1963.

" Christian August Crusius, Anweisung vernünftig zu leben. Darinnen nach Erklärung der Natur des menschlichen Willens die natürlichen Pflichten und allgemeinen Klugheitsregeln im richtigen Zusammenhange vorgetragen werden, Leipzig 1767, 3. verm. Aufl.

(14)

alles, was ist, seinen determinirenden Grund haben soll: So muß derjenige, der sol- ches bejahet, entweder eine ganz allgemeine necessitatem consecutionis bey allen Dingen einräumen, oder er muß eine Wirkung ohne Ursache, oder eine Wirkung, welche mit ihrer Ursache streitet, vor ein mögliches Ding halten, und also sich selbst widersprechen' (Metaphysik, § 215 f, vgl. §127 f)."16

In den Kontext dieser Auseinandersetzung um den Satz des zureichenden Grun- des fallt auch Kants Schrift von 1755, mit der Kant eine Neue Erhellung der ersten Grundsätze metaphysischer Erkenntnis zu geben versucht. In ihr verfolgt Kant eine doppelte Strategie: Zum einen versucht er, die Gültigkeit des Satzes vom zureichen- den Grunde zu beweisen, zum anderen aber den Einwänden Crusius' dadurch zu entgehen, daß er die Gültigkeit dieses Satzes einschränkt, um die Gefahr abzuweh- ren, das alte „Fatum der Stoiker" wieder zu etablieren und „alle Freiheit und Morali- tät zunichte" (Nova dil. 447) zu machen. Ersteres, indem er versichert, den „Grund der Wahrheit vom Grund des Wirklichseins" sehr „sorgfältig" unterschieden zu haben, das letztere, indem er ausfuhrt, daß die Bestimmungsgründe jeder Handlung zwar eine Notwendigkeit bei sich führen, diese aber als eine allein aus einem „inne- ren Grund entsprungene Handlung" (Nova dil. 459) nichtsdestoweniger frei sei. Ein die Kantische Philosophie insgesamt prägendes Grundmotiv findet sich bereits 1755 formuliert:

„Gott hat, indem er den Uranfang der Gesamtheit der Dinge schuf, die Reihe begon- nen [...] Allein, daraus folgt nicht, daß man Gott beschuldigen kann, [auch] der Urheber der moralisch schlechten Handlungen zu sein. Wenn, wie das im Felde der Mechanik geschieht, die Verstandeswesen sich zu dem, was zu gewissen Bestimmun- gen und Änderungen antreibt, nur passiv verhielten, dann leugne ich nicht, daß die letzte Schuld an allem auf Gott als den Erbauer der Maschine abgewälzt werden könnte. Allein, was durch den Willen der mit Verstand und dem Vermögen der freien Selbstbestimmung begabten Wesen geschieht, das ist natürlich aus einem inneren Grund, aus bewußtem Begehren und der Wahl einer von beiden Seiten gemäß der Freiheit der Willkür hervorgegangen. Wie sehr daher auch der Zustand der Dinge vor den freien Handlungen durch irgendwelche Gründe bestimmt sein und jenes Ver- standeswesen in einer solchen Verknüpfung eingeschlossen sein mag, [...] so wird

16 Magdalene Benden, Christian August Crusius, 22 f. Vgl. auch Rudolf Laun, Der Satz vom Grunde.

Ein System der Erkenntnistheorie, Tübingen 1942, bes. Kap VII: „Die Arten des bestimmenden Grundes bei Crusius". Heimsoeth macht darauf aufinerksam, daß es sowohl bei Crusius als auch bei Kant „das gleiche Hauptproblem ist (Freiheit des Willens als eine dem Erkenntnisgrundsatz der bestimmenden Kausalität zuwiderlaufende Seinsgegebenheit), das beide Denker zu der kritischen Einschränkung unsres Verstandes getrieben hat." Vgl. Heinz Heimsoeth, Metaphysik und Kritik bei Chr. A. Crusius. Ein Beitrag zur ontologischen Vorgeschichte der Kritik der reinen Vernunft im 18.

Jahrhundert, Kant-Studien Ergänzungshefte 71 (1956), 159; zuerst erschienen in: Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft Geisteswissenschaftlicher Klasse, Drittes Jahr 1926/27, Berlin 1927.

(15)

dies künftige Bestehen doch durch solche Gründe bestimmt, bei denen die eigene freiwillige Richtung [...] das Entscheidende ist [...]" (Nova dil. 465 f)17

Diese in Anspruch genommene freie Selbstbestimmung aus einem inneren Grund, ohne welche das Ganze eine Maschine und ihr Erbauer oder Architekt fur deren mäßiges oder, eben weil nur eine Maschine, unverantwortliches Funktionieren allein verantwortlich zu machen wäre, bestimmt das „künftige Bestehen"; aber auch nur durch diese, d. h. durch den discriminalen Augenblick eines freien, durch keine äußeren Gründe determinierbaren Aktes (Nova dil. 453) wird über die Reihe der kommenden Dinge entschieden, indem die nur nach äußeren Bestimmungen ablau- fende Kette der Ereignisse durchbrochen wird. Die Frage nach dem inneren Grund des selbstbestimmten Handelns bzw. das Problem, wie denn jene „Gründe, die in freien Handlungen dem bewußten Verstände vorschweben" (Nova dil. 473), zu finden und klar von den äußeren zu unterscheiden sind, wird Kant zu einem Problem erst noch werden. Seine Lösung aber wird schließlich nur über die „Umwege der Vernunftschlüsse" gefunden werden können, die zwar „der Unermeßlichkeit des göttlichen [intuitiven] Verstandes sehr wenig anstehen" (Nova dil. 471), die Kant aber als einzig möglichen Umweg zu einem System der reinen Vernunft ausbauen wird, dessen „Schlußstein" - als Prinzip - kein anderer als der Begriff der Freiheit sein wird. Der Weg dorthin aber wird ein eher beschwerlicher werden, und er wird geprägt bleiben durch das mit dem Satz des zureichenden Grundes aufgeworfene Problem der Beweisbarkeit eines ersten Grundes dessen, was ist. Nachzeichnen läßt sich dieser Weg, den zurückzulegen Kant gut 30 Jahre brauchte, anhand desjenigen, was auf den einzelnen Stationen dieser Reise von ihm zurückgelassen wurde; jenen sogenannten vorkritischen Schriften, die sich mit dieser Problematik auseinanderset- zen, versuchte Lösungsmöglichkeiten darstellen und dann doch - allerdings bei dem gleichzeitigen Versuch, „die Richtigkeit der Idee noch zu retten" (R 4964)18 - mehr oder weniger explizit verworfen wurden.

Vier Stationen könnte man auf dieser Reise des Königsberger Philosophen unter- scheiden. Man könnte sie 1755 mit der Schrift Nova dilucidatio beginnen lassen;

eine zweite wichtige Station wäre auf die Jahre 1762/63 zu datieren, in denen Kant

" Vgl. in diesem Zusammenhang Josef Schmucker, Die Ursprünge der Ethik Kants in seinen vor- kritischen Schriften und Reflexionen, Meisenheim am Glan 1961, 26 ff.

" Die „Idee" bzw. der „Gehalt" sei trotz aller Umkippungen - so bemerkt etwa Wundt zu dieser Reflexion - „in vorkritischer und kritischer Zeit derselbe". „Der Uebergang von der sog. vorkriti- schen zur kritischen Zeit bedeutet dabei nicht einen völligen Bruch in der Entwicklung seines metaphysischen Denkens. Am wenigsten bedeutet er die Absage an die Metaphysik überhaupt."

Kants Kritizismus bedeute vielmehr „die endlich gewonnene nunmehr befriedigende Begründung der Metaphysik", und worin sich die Zeiten unterschieden, sei „nur die Art, die Metaphysik zu begründen" Vgl. M. Wundt, Kant als Metaphysiker, 92.

(16)

die vorkritisch-zentralen Schriften über den Einzig möglichen Beweisgrund des Daseins Gottes und über das Problem, die Negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen, zurückgelassen hat; eine dritte seine Dissertation von 1770 De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis, die bereits das Programm der Transzendentalphilosphie in der Form einer Methodenreflexion der Metaphysik enthält, welches aber erst gut zehn Jahre später in einem dreiteiligen Traktat über die Methode, beginnend mit der ersten Kritik der reinen Vernunft, konsequent durch- geführt und zu einem Abschluß gebracht werden wird. Daß Kant selbst diesen Ab- schluß als die Begründung der Möglichkeit von Metaphysik und nicht als deren Ende verstanden wissen wollte, dürfte unstrittig sein, weniger offensichtlich aber ist, daß die ontotheologische Problematik, die bereits der vorkritische Kant in der Auseinandersetzung mit dem Satz der Sätze, also dem vom Grunde, explizierte, auch die transzendentalphilosophische Lösung des metaphysischen Problems noch prägt, sofern diese nicht nur aus der Differenzierung von Real- und Erkenntnisgründen hervorgegangen ist, sondern zuletzt auf sie auch wieder zurückgreifen muß.

Die Forschungsliteratur ist in diesem Punkt weder einhellig noch besonders erhellend. So ist etwa, an gleichsam offizieller Stelle, in dem Artikel „Realgrund"

des Historischen Wörterbuches der Philosophie zu lesen, daß für Kant das 1763 nur

„in Aussicht gestellte" Problem der „Klärung der immanenten Beziehung eines Realgrundes zur Folge" 1781 so gelöst worden sei, „daß das Konzept des Real- grundes als solches hinfallig wird".19 Dieser Eindruck kann zwar entstehen, ist aber gleichwohl nicht zutreffend. Andererseits heißt es in dem Artikel über das „Princi- pium rationis sufficientis":

„Bei Kant findet sich also erstens eine klare Unterscheidung der logischen Bedeutung des Satzes von der als Prinzip der Veränderung, zweitens eine Reduktion dieses materialen Prinzips auf die Ursache-Wirkungs-Relation und drittens eine Beschrän- kung der Geltung dieses Kausalprinzips auf die Erscheinungen; insofern wird späte- stens hier die Leibnizsche Fassung des Prinzips auf die logische Begründung und der kausalen reduziert. Unausdrücklich jedoch scheint das principium rationis sufficientis bei Kant eine über dies Bestimmung hinausgehende Rolle zu spielen: er verwendet den Begriff,Grund' in zentralen Argumenten seiner theoretischen und praktischen Philosophie, ohne zu thematisieren, in welchem Verhältnis dieser Begriff einer tran- szendentalen Logik zum principium rationis sufficientis steht."20

In dieser Arbeit wird der Frage nachgegangen werden, inwiefern der in - vor- kritischer Zeit für Kant so zentrale - Begriff des Grundes über die kritische Reduk-

" Historisches Wörterbuch der Philosophie, hrsg. v. J. Ritter u. K. Gründer, Basel/Stuttgart 1971 ff, Bd. 8 ( 1 9 9 2 ) , Sp. 137.

20 Ebd., Bd. 7, Sp. 1330.

(17)

tion auf das Kausalprinzip der Erscheinungen hinaus ein Grundproblem der Tran- szendentalphilosophie bzw. des gesamten Systems der reinen Vernunft geblieben ist.

Die Rekonstruktion dieser Problematik wird zum einen weitgehend in der Form einer immanenten Interpretation der für sie relevanten Kantischen Texte erscheinen müssen, da von der These, die Lösung des Problems zeige sich entweder im Ver- schwinden bzw. der Nichtbeachtung des Problems oder aber sie lasse sich nicht bei Kant selbst, sondern nur bei anderen, auf ihn folgenden Philosophen schon finden - etwa bei Fichte, Schelling, Hegel, Schopenhauer oder auch ganz fundamental dann bei Heidegger - Abstand genommen wird; zum anderen wird diese Rekonstruktion eine systematische Interpretation sein müssen, da das Grund-Problem selbst ein systematisches ist und sich nicht allein philologisch, sondern nur im Hinblick auf den systematischen Anspruch der Kantischen Philosophie rekonstruieren läßt. Da es aber gleichzeitig um die Genese dieses systematischen Problems innerhalb der Kantischen Philosophie geht, kann dessen Rekonstruktion auch nur nach dem chronologischen Leitfaden der Abfolge der Schriften erfolgen.

Selbstverständlich läßt sich die Thematik dieses „Grundproblems" nicht auf Kants Philosophie beschränken, womöglich aber durch sie präzisieren. Die ur- sprüngliche Konzeption dieser Arbeit sah deshalb auch weitere Kapitel über diffe- rente Weiterfuhrungen und Lösungsversuche dieser Problematik bei Fichte, Schel- ling, Hegel und seiner Kritik durch den späten Schelling, Kierkegaard und Marx vor.

Nur waren diese einerseits aus Zeitgründen nicht mehr auszuarbeiten, und anderer- seits ergab sich der Kant-Teil als ein relativ in sich geschlossenes Kapitel, das auch für sich stehen - oder wenigstens gelesen werden kann. Die Bezüge der Problematik zu Philosophie des Deutschen Idealismus bleiben jedoch für die Kant-Interpretation relevant. Um den Gesamtzusammenhang wenigstens andeutungsweise in dieser Arbeit vorstellen zu können, wurde die erweiterte Fassung eines Vortrages (Kassel 1997) zum Verhältnis des frühen Kant zur Spätphilosophie Schellings als Exkurs (s. Anhang) in sie mit einbezogen.

(18)
(19)
(20)
(21)

in der Nova dilucidatio (1755)

Kants Nova dilucidatio von 1755 ist der Versuch einer Prüfung der ersten Grundsätze metaphysischer Erkenntnis. Ihr Ziel ist, „einen tieferen Einblick in das Gesetz der Beweisführungen unserer Erkenntniskraft zu gewinnen" (Nova dil. 421 ).

Die Durchführung dieser „neuen Erhellung der ersten Grundsätze metaphysischer Erkenntnis" besteht zunächst einmal (1. Abschnitt) darin, „das, was gemeinhin von dem höchsten und unbezweifelten Rang des Satzes des Widerspruchs über allen Wahrheiten mehr gutgläubig als zutreffend gesagt wird, auf der Waage einer sorg- faltigeren Erforschung zu prüfen und hierauf in Kürze auseinanderzusetzen, was zu diesem Thema richtiger aufzustellen sein dürfte"; sodann (2. Abschnitt) wird Kant

„alles vorbringen, was zur Verbesserung sowohl des Verständnisses als des Bewei- ses des Satzes des zureichenden Grundes gehört, samt den Schwierigkeiten, die ihn zu erschüttern scheinen, und [...] diesen mit starken Beweisgründen entgegentreten".

Schließlich wird Kant (3. Abschnitt) über diese beiden Grundsätze hinaus „zwei neue Grundsätze [...] aufstellen, die zwar nicht ursprünglich und ganz einfach, aber deshalb auch dem Gebrauch angepaßter und sicherlich von ebenso großer Tragweite sind wie irgendein anderer" (Nova dil. 407 f) - und zwar den Satz der Aufeinand- erfolge und den Satz des Zugleichseins (von endlichen Substanzen).

Auf der Grundlage dieser Prüfung der ersten Grundsätze metaphysischer Er- kenntnis wird Kant einen „Beweis des göttlichen Daseins", vorlegen, der bean- sprucht, die unbedingte Notwendigkeit dieses Daseins „durch den ursprünglichsten Beleg, nämlich die Möglichkeit selber der Dinge, bewiesen" zu haben, „obschon ein genetischer eigentlich [noch] nicht stattfindet" (Nova dil. 435).' Entscheidend für die

1 Einen genetischen Beweis geliefert zu haben wird Kant erst im Einzig möglichen Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes (1763) beanspruchen. Dieser müßte nicht allein von der

„Möglichkeit selber der Dinge", sondern „von dem innern Kennzeichen der absoluten Nothwendig- keit hergenommen" werden, um „auf diese Weise das Dasein dieses Wesens [Gottes] aus demjeni- gen, was wirklich die absolute Nothwendigkeit desselben ausmacht, also recht genetisch" (EmB 91 ).

erkennen zu können. Die Frage, so Cassirer, „wie die beiden Grundarten des Seins, wie ,Essenz' und , Existenz' gegeneinander abzugrenzen und wie sie trotz dieser Abgrenzung miteinander zu vereinen sind", erfahre im ontologischen Gottesbeweis - „als dem spekulativen Mittelpunkt der mittelalterli- chen Theologie und Metaphysik" - ihre „schärfste Zuspitzung". Für den vorkritischen Kant bildet diese Frage einen, wenn nicht den Brennpunkt des ontologischen Problems. „Aber auch die moderne kritische Form des Idealismus, die auf den ,stolzen Namen einer Ontologie' verzichtet, um sich mit dem bescheidenen einer .Analytik des reinen Verstandes' zu begnügen, sieht sich immer wieder in

(22)

Argumentation bzw. die Argumentationsstrategie der Nova dilucidatio ist, aus der inneren Möglichkeit (bzw. Wesen) aller Dinge ein notwendiges Dasein (bzw. Exi- stenz) als ihren Grund- und nicht umgekehrt das göttliche Dasein als Folge aus der inneren Möglichkeit der Dinge, wie es in dem Schluß des von Kant kritisierten cartesischen Beweis geschieht - erweisen zu wollen. Dies bedeutet zugleich eine neue, von der rationalistischen Tradition abweichende Gewichtung des Verhältnisses der obersten Grundsätze unserer Erkenntnis zueinander. Kant wird bei seinem frühen Versuch, „einen tieferen Einblick in das Gesetz der Beweisführungen unserer Erkenntniskraft zu gewinnen", zum einen dem Satz der Identität den Vorrang gegen- über dem des Widerspruches einräumen, d. h. aber dem Satz des Widerspruchs den ihm von Wolff zugewiesenen Rang, der oberste Grundsatz aller Erkenntnis zu sein, bestreiten, und zum anderen - im Anschluß an Crusius - den Satz des zureichenden Grundes durch eine - bei Crusius in dieser Schärfe noch nicht vorgenommene - Trennung von Seins- und Erkenntnisgrund (ratio essendi vel fiendi und ratio cognoscendi) so fassen, daß ein Daseinsbeweis Gottes, „so wesentlich er dafür nur sein kann" (Nova dil. 435), möglich wird.

Der Satz der Identität wird in der Nova dilucidatio als „die letzte Grundlage aller Erkenntnis schlechthin" ausgewiesen - „omnis omnino cognitionis ultimum esse fundamentum" (Nova dil. 414). Weil aber ein wahrhaft einfacher Satz stets „entwe- der bejahend oder verneinend sein" muß (Nova dil. 409), kann die letzte Grundlage aller Erkenntnisse kein einfacher Satz sein. Denn ist er nur eines von beiden, dann kann er „nicht allgemein sein und alle Wahrheiten schlechthin", d. h. sowohl affirmative wie verneinende Sätze, „unter sich zusammenfassen": als affirmativer nicht die verneinenden, als negativer nicht die affirmativen. Da es nun „einen Einzigen, unbedingt ersten, allgemeinen Grundsatz für alle Wahrheiten" nicht geben kann (Prop. I), muß es (Prop. II) „zwei unbedingt erste Grundsätze für alle Wahr- heiten" geben: „den einen für die bejahenden Wahrheiten, nämlich den Satz: alles, was ist, ist, den anderen für die verneinenden Wahrheiten, nämlich den Satz: alles, was nicht ist, ist nicht. Beide zusammen werden allgemein der Satz der Identität ge- nannt." (Nova dil. 413) Eine jede direkte Schlußart oder Beweisführung, welche die Wahrheit aus der „Übereinstimmung der Begriffe des Subjekts und des Prädikats"

gewinnt, muß sich stets auf einen der beiden Sätze berufen, wenn sie das Subjekt als etwas setzt, wodurch ein Prädikat entweder ein- oder ausgeschlossen wird. „Jede direkte Beweisführung wird also vom Satz der Identität beherrscht werden; was [zu zeigen] das erste war." (Nova dil. 413)

die Mehrdeutigkeit des Seinsbegriffs verstrickt". (Ernst Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen, Teil 1, Darmstadt 1994, 2 9 7 )

(23)

Zweitens wird Kant zeigen, „daß auch beim indirekten Beweis der zweifache Satz der Identität (principium identitatis geminum) die Hauptrolle spielt, folglich [dieser und nicht der Satz des Widerspruchs] die letzte Grundlage aller Erkenntnis schlechthin ist" (Nova dil. 415). Der indirekten Schlußart werden die Sätze zugrunde gelegt: „1) alles, dessen Gegenteil falsch ist, das ist wahr, das heißt, alles, dessen Gegenteil verneint wird, das muß bejaht werden; 2) alles, dessen Gegenteil wahr ist, das ist falsch", wobei der erste Satz die bejahenden und der zweite die verneinenden Sätze zu Folgesätzen hat. In der Umformulierung in die „einfachsten Ausdrücke"

lautet der erste: „alles, was nicht nicht ist, das ist", und der zweite: „alles, was nicht ist, ist nicht. In beiden Fällen wird der „Ausdruck des Gegenteils" (oppositi) ebenso wie der „Ausdruck der Falschheit" (falsitatis s. remotionis) „durch das Wörtchen nicht [...] bezeichnet". Sofern man Kant nun zugesteht, daß im ersten Satz „das eine Wörtchen nicht anzeigt, daß das andere aufzuheben sei" (alteram esse tollendam), so kommt in der Tat nach der „Tilgung" (deleta) beider der Satz heraus: „alles, was ist, ist, und da der zweite Satz als solcher schon den zweiten Grundsatz der Identität formuliert, so kann Kant seinen doppelten Satz der Identität auch in der indirekten Schlußfolgerungsart bestätigt finden. (Nova dil. 413 f) Daß nun aber der Satz der Identität nicht in einem Satz bzw. als singulärer Satz zu formulieren ist und es insofern keinen einzigen ersten allgemeinen Satz für alle Wahrheiten gibt, sondern daß der Satz der Identität „zwei unbedingt erste Grundsätze fur alle Wahrheiten"

enthält, gleichwohl aber beide nur zusammen den Satz der Identität ausmachen, diese zweifache Bestimmung der „letzten Grundlage aller Erkenntnis schlechthin"

scheint für Kant noch kein Problem gewesen zu sein.2

2 Sollte man aber auf den Kant hier wohl ganz fernliegenden Gedanken verfallen, auch für den zweiten Satz der Umformulierung: „alles, was nicht ist, ist nicht", das Wörtchen nicht zu „tilgen", so wäre er selbst nur der erste, „alles, was ist, ist"; der Satz der Identität insofern nur einer bzw. ein einziger, der auch die negativen Wahrheiten durch die doppelte Negation in sich selbst aufgehoben hätte. An diesem einfachen Satz der Identität hinge dann „aller Scharfsinn des Geistes" in der Tat

„wie an einer Klippe fest" ( N o v a dil. 4 1 7 ) , denn entweder wäre die Negation bzw. alle negativen Wahrheiten vollkommen aus ihm herauszulösen, d h der Satz des Widerspruchs wäre dem Satz der Identität nicht nur nicht untergeordnet, sondern bezüglich der zu denkenden Identität gar nicht anwendbar, oder aber er behauptete seine Gültigkeit allein im Inneren des Satzes der Identität selbst, so aber, daß das durch den Widerspruch definierte Unmögliche, nämlich daß „dasselbe zugleich ist und nicht ist", nicht nur möglich, sondern jede affirmative Wahrheit selbst nur aufgrund dieses Widerspruchs zu behaupten, sie selbst also nichts anderes als die in der Identität aufgehobene Unmöglichkeit wäre. - Eine Einheit der beiden Grundsätze bzw. der durch sie begründeten Wahr- heiten, der affirmativen w i e der negativen, in ihrem wechselseitigen B e z u g aufeinander, w i e sie spätestens in Fichtes Wissenschaftslehre ( 1 7 9 4 ) thematisch werden wird, nämlich unter der Voraus- setzung, daß „A und - A, Sein und N i c h t - S e i n , Realität und Negation sich zusammendenken"

lassen, „ohne daß sie sich vernichten und autlieben" - vgl. Johann Gottlieb Fichte, Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre als Handschrift für seine Zuhörer ( 1 7 9 4 ) , hrsg. v. W. G. Jacobs, Hamburg 1988, 28 - , eine solche dialektische, weil die wechselseitige Negation selbst negierende

(24)

Der Satz des Widerspruchs hingegen ist Kant zufolge „der Sache nach nur die Erklärung des Unmöglichen" und noch keine assertorische „Behauptung der Wahr- heit":

„Der Satz des Widerspruchs, der in dem Satz ausgedrückt wird: es ist unmöglich, daß dasselbe zugleich ist und nicht ist, ist der Sache nach nur die Erklärung des Unmögli- chen (re ipsa non est nisi definitio impossibilis)\ denn alles, was sich widerspricht, oder was als zugleich seiend und nicht-seiend vorgestellt wird, wird unmöglich genannt. Aber auf welche Weise kann man feststellen, daß alle Wahrheiten auf diese Erklärung wie auf einen Probierstein bezogen werden müssen? Denn es ist weder nötig, jede Wahrheit gegen die Unmöglichkeit des Gegenteils sicher zu stellen [d. h.

jede Affirmation durch die Negation der Negation zu erweisen], noch ist das, um die Wahrheit zu gestehen, an sich zureichend (ut verum fatear, hoc per se sufficit); denn einen Überschritt von der Unmöglichkeit des Gegenteils zur Behauptung der Wahrheit (non enim datur ab oppositi impossibilitate transitus ad veritatis assertionem) gibt es nur vermittels des Satzes [der Identität]: alles, dessen Gegenteil falsch ist, das ist wahr, der sich also, wie im vorausgehenden gezeigt wurde, mit dem Satz des Wider- spruchs [...] die Herrschaft teilt." (Novadil. 419)

Durch den Satz des Widerspruchs läßt sich nur erklären, warum etwas unmöglich ist, nicht aber, warum deshalb, weil etwas unmöglich ist, etwas anderes überhaupt gesetzt sein soll.3 Ein „Überschritt" (transitus) zur assertorischen Behauptung einer Wahrheit, z. B. des Daseins Gottes, ist allein durch den Satz des Widerspruchs nicht möglich. Die Unmöglichkeit, durch die gar nichts assertorisch behauptet werden kann, ist kein an sich zureichender Grund, die Möglichkeit des Gegenteils zu be- haupten; nur in Verbindung mit dem Satz der Identität kann aus der Unmöglichkeit auf die Möglichkeit von etwas geschlossen werden: Einen Übergang „von der Un- möglichkeit des Gegenteils" zur Behauptung der Wahrheit aber gibt es „nur ver- mittels des Satzes: alles, dessen Gegenteil falsch ist, das ist wahr" (Nova dil. 419).

Dieser indirekte Schluß jedoch setzt, wie Kant zuvor zu zeigen versuchte, den Satz der Identität bereits voraus. Der Satz des Widerspruchs aber führt als solcher, wenn er sich nicht mit letzerem „die Herrschaft teilt", d. h. aber „bei der Unterordnung der Wahrheiten" dem Satz der Identität nicht der Vorrang eingeräumt wird, zu gar

Ineinssetzung wird von Kant nicht in Erwägung gezogen, auch wenn in der indirekten Schlußart die Negation des Negativen (die Falschheit des Gegenteils) als Affirmation des Gegenteils (des Gegen- teils) gedacht wird. Die aus der Negation (der Negation) sich ergeben sollende Einheit von Realität und Negation wäre in diesem Falle ohne die affirmative Funktion des Satzes des Widerspruchs nicht zu denken. Diesem aber wird der Anspruch, obersler Grundsatz aller Wahrheiten sein zu können, in der Nova dilucidano gerade abgesprochen.

1 Der Sache nach erklärt die Unmöglichkeit eines viereckigen Dreiecks weder die Möglichkeit des Dreiecks noch des Vierecks; die Unmöglichkeit eines unausgedehnten Körpers nicht die Möglich- keit der ausgedehnten, die Unmöglichkeit, daß etwas zugleich ist und nicht ist, nicht die Möglich- keit, daß überhaupt etwas ist.

(25)

keinen wahren positiven Bestimmungen; mithin nicht aufgrund des Satzes des Widerspruchs, sondern nur unter der Voraussetzung des Satzes der Identität ist der

„Überschritt" von der Unmöglichkeit des Gegenteils zu wahren Aussagen möglich.

Und zudem: „Wem erschiene es schließlich nicht etwas hart und noch viel schlim- mer als ein Paradoxon, gerade einem verneinenden Satz den ersten Platz im Felde der Wahrheiten zu überlassen und ihn als Hauptstütze aller [Wahrheiten] zu be- grüßen, da nicht einzusehen ist, warum die verneinende Wahrheit vor der bejahen- den dieses Vorrecht genießen sollte." (Nova dil. 421)

Sofern nun aber der Übergang vom Unmöglichen zur Behauptung des (posi- tiven) Gegenteils: wie und warum nicht nur etwas unmöglich, sondern das Gegenteil überhaupt etwas bzw. nicht nicht sein kann, durch den Satz des Widerspruchs allein gar nicht zu vollziehen ist, stellt der in der rationalistischen Tradition für den ontologischen Gottesbeweis beanspruchte und durch den Satz des Widerspruchs allein schon möglich sein sollende „transitus" bereits für den vorkritischen Kant der Nova dilucidatio jene unerkannte bzw. bislang rationalistisch verkannte Untiefe dar, in der - und das ist sowohl 1755 als auch 1763 und schließlich auch noch 1781 Kants zentraler Kritikpunkt - gerade der cartesische bzw. der - von Kant zuerst so genannte - ontologische Gottesbeweis zu versinken droht, weil er dem Satz des Widerspruchs eine argumentative Beweislast aufbürdet, die dieser alleine zu tragen gar nicht in der Lage ist. Doch erst sieben Jahre später - im Einzig möglichen Be- weisgrund - wird Kant zum Zwecke eines „eigentlich" und d. h recht genetisch ge- führten ontologischen Beweises mit der Analyse des Begriffes der inneren Möglich- keit die Tiefe dieses durch den logischen Grund der Unmöglichkeit allein nicht voll- ziehbaren Übergangs ausloten; in der Nova dilucidatio beläßt er es bei der dem

„Rang" nach untergeordneten Stellung des Satzes des Widerspruchs gegenüber dem (doppelten) der Identität, ohne weiter danach zu fragen, welche Funktion der - zwei- fach, als Falschheit und als Gegenteil bestimmten - Negation bezüglich der Affirma- tion zumindest in der indirekten Schlußart zukommt.4 Sofern jedoch auch für den

4 Denn diese indirekte Schlußart müßte gerade den Zirkel vermeiden, in den Kant den Versuch von Darjes, „den Satz des Widerspruches mit Hilfe von Charakteren wiederzugeben", verstrickt sieht,

„indem er den bejahenden Begriff durch das Zeichen + A, den verneinenden durch das Zeichen - A ausdrückte, woraus die Gleichung + A - A = 0 hervorgeht, d. h. dasselbe zu bejahen und zu verneinen ist unmöglich oder nichts (impossibile s. nihil)". Kant sieht in diesem Versuch eine

„petitio principii": „Denn legt man dem Zeichen des verneinenden Begriffs die Kraft (vim) bei, den ihm verbundenen bejahenden aufzuheben (tollat), so setzt man offensichtlich den Satz des Wider- spruchs voraus, in dem festgestellt wird, daß entgegengesetzte Begriffe einander aufheben. Unsere Darstellung des Satzes jedoch: alles, dessen Gegenteilfalsch ist, das ist wahr, ist von diesem Fehler frei. Denn da er in den einfachsten Ausdrücken abgefaßt so lautet: alles, was nicht nicht ist, das ist, so tun wir, wenn wir die Wörtchen nicht aufheben (tallendo), nichts anderes als ihrer einfachen Bedeutung nachgehen, und es ergibt sich, wie es sein mußte, der Satz der Identität: alles, was ist.

(26)

Satz der Identität wenigstens in der indirekten Schlußart: „alles, dessen Gegenteil falsch ist, das ist wahr", nicht nur die Falschheit des Gegenteils, sondern selbst die assertorische Wahrheit des Gegenteils (des Falschen) nur aufgrund des Wider- spruchs zu behaupten wäre, so wäre damit der Vorzug des Satzes der Identität wieder in Frage gestellt: Der Widerspruch selbst wäre in diesem Falle der einzige Grund der Wahrheit, die allein durch die Negation (die Unmöglichkeit) der Negation (des Gegenteils) affirmativ zu behaupten wäre. Dies aber, daß die Unmöglichkeit des Gegenteils, mithin der Widerspruch zur Voraussetzung jeder assertorischen Bestim- mung zu machen wäre, wird in der Nova dilucidatio durch die Untauglichkeit des Satzes des Widerspruchs, Wahrheiten positiv begründen zu können, ausgeschlossen.

Durch die „Erklärung des Unmöglichen" ist „der Sache nach" noch kein „Über- schritt" zur „Behauptung der Wahrheit" gemacht. Wenn dem Satz des Widerspruchs die „Gültigkeit [...] eines Se/mgesetzes"5 zukommen können soll, dann nur in Ver- bindung mit dem unabhängig von diesem gültigen Satz der Identität. Das Wider- spruchsprinzip als solches erklärt weder die Möglichkeit noch die Wirklichkeit der Dinge. Soll aber das „Kontradiktionsprinzip als Definition des Unmöglichen nicht primär ein logisches, sondern ein ontologisches Prinzip bedeute[n]", dann darf das Unmögliche auch nicht allein durch den logischen Widerspruch, das „impossibile nicht [nur als] ein contradictorium"6 definiert sein. Der „eigentliche Hebel" des Be- weises des Daseins Gottes kann „nicht das bloße Identitäts- und Widerspruchs- prinzip sein, sondern darüber hinaus [muß] entscheidend das Prinzip des Grundes mit ins Spiel komme[n]. ,Der reine Begriff der Möglichkeit ist in Wirklichkeit der Ausgangspunkt, aber es ist zweifelhaft, ob die Prinzipien der Identität und des Widerspruchs, die ihn regieren, hinreichen, den Beweis zu tragen. Gott hat in der Tat seine ratio cognoscendi in dem Faktum, daß er notwendig ist, das Mögliche denkbar

ist " (Nova dil. 417 f) - Mit der Äquivokation des Wörtchens „nicht" sowohl als Ausdruck des Gegenteils (ist nicht) und als Ausdruck der Falschheit oder der Aufhebung (ist falsch = ist nicht) begibt sich Kants Argumentation in der Nova dilucidatio jedoch selbst auf schlüpfrigen Boden, wenn er die umformulierten Sätze der indirekten Schlußart: „alles, was nicht nicht ist, das ist", und

„alles, was nicht ist, ist nicht", plausibel machen will, ohne ebenfalls den Satz des Widerspruchs dabei schon vorauszusetzen. Denn beide Ausdrücke: die Negation als Aufhebung und als Ausdruck des Gegenteils, müßten wohl geschieden bleiben, wenn der Satz der Identität weiterhin die Haupt- rolle spielen und der „Satz der Identität: alles, was ist, ist" (Nova dil. 419), nicht das nur durch den Satz des Widerspruchs denkbare Resultat der gegenseitigen Aufhebung der „Wörtchen nicht" sein soll. Soll der Satz des Widerspruchs auf die „Erklärung des Unmöglichen" beschränkt bleiben, so muß er sich aus dem doppelten Satz der Identität ergeben; nicht darf umgekehrt der Satz der Identität selbst von dem des Widerspruchs abhängig sein. Im Beweisgrund wird Kant das Problem der Negation so zu lösen versuchen, daß er den logischen Grund der Möglichkeit oder Unmög- lichkeit von dem realen Grund der Möglichkeit streng unterscheidet.

5 Josef Schmucker, Die Ontotheologie des vorkritischen Kant, Berlin/New York 1980, 42.

'· Ebd., 49.

(27)

zu machen; aber das, wodurch man von dem Möglichen zu Gott gelangt, ist nicht ein Nexus der Identiät oder des Widerspruchs; es ist evident ein komplizierter Zu- sammenhang des bestimmenden Grundes'."7

Im zweiten Abschnitt der Nova dilucidatio gibt Kant eine Erklärung „des bestim- menden, gemeinhin zureichend genannten Grundes". Daß Kant das principium rationis sufficientis umformuliert zum principium „rationis determinantis" (Nova dil.

426), dient - eigenen Angaben zufolge - der größeren Präzisierung dessen, was mit diesem metaphysischen Grundsatz gemeint ist. Denn ob ein Grund zureichend ist oder auch nicht, das bleibt - schon Crusius zufolge, auf den Kant sich beruft -

„zweideutig, weil nicht sofort ersichtlich ist, wie weit er zureicht; bestimmen aber heißt, so zu setzen, daß jedes Gegenteil ausgeschlossen ist, und bedeutet daher das, was mit Gewißheit ausreicht, eine Sache so und nicht anders zu begreifen" (Nova dil. 427). Zugleich aber ist die in Prop. IV eingeführte Differenzierung zwischen den zu unterscheidenden Weisen bzw. Bedeutungen der Gründe des Bestimmens für die Kantische Argumentation von zentraler Bedeutung, sofern durch die Unterscheidung des ,,Grund[es] des Seins oder Entstehens" vom „Grund [...] des Erkennens" die Voraussetzung für einen Beweis der Existenz Gottes geschaffen wird, der dieses Dasein (ens necessarium) als ein absolutes, d. h. als Sein ohne einen ihm selbst vorhergehenden Grund mit Gewißheit zu erkennen erlauben soll. Der zweite Abschnitt beginnt mit der „Erklärung" (Prop. IV) dieser Differenz der Gründe der Bestimmung:

„Bestimmen heißt ein Prädikat mit Ausschluß seines Gegenteils setzen. W a s ein Subjekt in B e z i e h u n g auf ein Prädikat bestimmt, nennt man den Grund. M a n unter- scheidet einen vorgängig und einen nachträglich bestimmenden Grund. Vorgängig bestimmend (antecedenter determinans) ist der, dessen Begriff dem Bestimmten vor- hergeht, d. h. ohne dessen Voraussetzung das Bestimmte nicht verstehbar wäre. Nach- träglich bestimmend (consequenter determinans) ist das, was nicht gesetzt würde, wenn der von ihm bestimmte Begriff nicht schon von anderswoher gesetzt wäre. Den ersteren Grund könnte man auch den Grund warum oder den Grund des Seins oder Entstehens nennen (rationem cur s. rationem essendi vel fiendi), den letzteren den Grund daß oder des Erkennens (rationem quod s. cognoscendi)." ( N o v a dil. 4 2 3 )8

7 Ebd., 45. Schmucker zitiert Girogio Tonelli, Elementi metodologici e metafìsici in Kant dal 1745 al 1768, Torino 1959, 138.

* Als ein Grund, ohne dessen Voraussetzung das Bestimmte gar nicht verstehbar wäre, kann auch der

„ identische Grund" betrachtet werden, „wo der Begriff des Subjekts" „durch seine vollkommene Identität mit dem Prädikat" „dieses" „bestimmt" (ubi notio subiecti per suam cum praedicato perfectam identitatem hoc determinai); „z. B. das Dreieck hat drei Seiten; wo der Begriff des Be- stimmten dem Begriff des Bestimmenden weder folgt noch vorhergeht" (Nova dil. 423, Anm.).

Subjekt und Prädikat sind in diesem Falle Uberhaupt nur als identisch gesetzt, d. h. der durch das Prädikat (Figur mit drei Seiten) zu bestimmende Begriff (Dreieck) folgt weder aus diesem, noch ist

(28)

Einen „Grund" nennt man dasjenige, „was ein Subjekt in Beziehung auf ein Prädikat bestimmt". Ein Subjekt zu bestimmen heißt, ihm ein Prädikat hinzuzufügen, d. h. es mit einem Prädikat zu ,verknüpfen' und zu ,verbinden': „Der Begriff des Grundes bewirkt [...] eine Verknüpfung und Verbindung zwischen Subjekt und Prädikat. Er verlangt deshalb immer ein Subjekt und ein Prädikat, das er mit diesem vereinen kann." (Nova dil. 423)9

Eine jede Bestimmung ist eine Setzung: Gesetzt wird ein Prädikat mit Ausschluß seines Gegenteils. Ein Prädikat zu setzen heißt, es mit einem Subjekt zu verknüpfen und zu verbinden, es mit diesem zu vereinen. Diese Verknüpfung und Verbindung muß einen Grund haben; ohne einen Grund wäre sie nicht möglich, d. h. das Prädikat könnte nicht mit dem Subjekt vereint bzw. mit ihm identisch gesetzt werden. Es ist der Begriff des Grundes, der diese Verknüpfung und Verbindung „bewirkt". Diese Vereinigung von Subjekt und Prädikat geschieht entweder, indem der Begriff des Grundes das durch ihn Bestimmte vorgängig determiniert, also selbst die Voraus- setzung ist, um das Bestimmte überhaupt verstehen bzw. es als die Vereinigung des Subjekts mit dem Prädikat denken zu können; oder aber das Bestimmte wird nach- träglich als ein solches determiniert, das „schon von anderswoher gesetzt", d. h. als ein Bestimmtes bereits vorausgesetzt ist. Der vorgängig bestimmende Grund ist der Grund, durch den ein Bestimmtes gesetzt wird, der nachträglich bestimmende Grund ein solcher, durch den das als Bestimmtes bereits Gesetzte als ein solches nur er- kannt wird.

er als ein von diesem verschiedener bereits vorausgesetzt. Die Frage, ob und inwiefern der identi- sche Grund als das ratio consequenter und antecedenter determinans gemeinsame Dritte angesehen werden könnte, stellt sich Kant nicht. - Eben dieses aber meint Cassirer zufolge der Begriff der causa sui bei Spinoza. Dieser habe in der Abhandlung über die Verbesserung des Verstandes die

„Gleichsetzung von Realgrund und Erkenntnisgrund, von causa und ratio" vollzogen, indem „die Verknüpfung der Glieder des realen Seins in ein System notwendiger Denkakte aufgelöst" werde.

„Die Vermittlung zwischen den beiden Gegengliedern erfolgt indessen nicht derart, daß - wie es zunächst zu erwarten stünde - der physikalische Ursachenbegriff in den mathematischen Funktions- begriff aufgelöst würde [das könnte Cassirers Lösung sein], sondern dadurch, daß die Mathematik selbst den Begriff der Ursache in sich aufnimmt. [...] Der Prozeßdes geometrischen Folgerns knüpft alles Sein an diese höchste Wesenheit [Gott] selber an und macht daher erst seine innere metaphysi- sche Gliederung verständlich." Diese „höchste und ursprüngliche Idee, aus der alle abgeleitete Erkenntnis quillt", ist zwar selbst „keiner genetischen Erklärung fähig; aber sie bedarf dessen [auch]

nicht, da in ihr Begriff und Sein, Essenz und Existenz unmittelbar in Eins fallen." (Ernst Cassirer, Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit, Bd. 2, Repr. d. 3.

Aufl. v. 1922, Darmstadt 1994,91 f u . 101; vgl. auch 556 f, 592 ff, 598 f, 637 f) Eben gegen diese unmittelbare ln-Eins-Setzung von ratio und causa im Begriff der causa sui richtet sich Kants Kritik und Aufforderung zur Differenzierung.

* „Wenn man den Grund des Kreises sucht, so verstehe ich gar nicht, was das sei, wonach man sucht, wenn man nicht ein Prädikat hinzufügt, z. B. er sei von allen Gestalten gleichen Umfanges diejeni- ge, die den größten Raum beschließt." (Nova dil. 423)

(29)

Ohne die ,,sorgfàltig[e]" Unterscheidung zwischen ratio cognoscendi und ratio essendi s. fiendi bzw. dem „Grund der Wahrheit und dem des Daseins" (Nova dil.

4 3 9 ) wäre der Beweis der absoluten Notwendigkeit als Erkenntnis des Daseins Gottes - Kant zufolge - von vornherein zum Scheitern verurteilt. Nur ist diese in der Nova dilucidatio eingeführte logisch-ontologische Differenz selbst kaum zureichend schon begründet.10 Kants „Beweisführung zur Realität der Erklärung" ist deshalb eher als eine Erläuterung der Differenz der vorgängig oder nachträglich bestimmen- den Gründe (des Dasein und der Wahrheit) anhand von Beispielen denn als ihre Begründung selbst zu nehmen.

„Wir suchen z. B. nach dem Grund der Übel in der Welt. D e m n a c h haben wir den Satz: die Welt befaßt viele Übel. Es wird nicht der Grund daß oder des Erkennens gesucht, weil [in diesem Falle] die Erfahrung seine Stelle vertritt, sondern es soll der Grund warum oder des Entstehens angezeigt werden, d. h. der gesetzt sein muß (h. e.

qua posita intelligibile est), damit zu verstehen ist, daß die Welt vorgängig in B e z i e h u n g auf dieses Prädikat nicht unbestimmt ist, sondern durch den das Prädikat der Übel mit Ausschluß seines Gegenteils gesetzt ist." ( N o v a dil. 4 2 3 f)

Daß die Welt, selbst als die beste aller möglichen, mit vielen Übeln befaßt ist, dies muß einen Grund haben (ratio cur), der sie vorgängig hinsichtlich ihres Daseins bestimmt. Gäbe es keinen vorgängigen Grund, dann wäre sie auch gar nicht mit diesen Übeln befaßt, denn es gäbe keine, und gäbe es keine, könnten sie auch nicht (nachträglich) erkannt werden."

Im Unterschied zum vorgängig bestimmenden Grund ist „ nachträglich bestim- mend" (consequenter determinans) das, „was nicht gesetzt würde, wenn der von ihm bestimmte Begriff nicht schon von anderswoher gesetzt wäre". Ist der Begriff „von

10 Vgl. Tillmann Pinder, Kants Gedanke vom Grund aller Möglichkeit. Untersuchungen zur Vor- geschichte der „transzendentalen Theologie", Berlin 1969, 255, Fn. 108: „Die Unterscheidung zwischen Wahrheitsgrund und Existenzgrund ist zweifellos die unmittelbare Vorstufe der späteren zwischen logischem und Realgrund [...], die im .Einzig möglichen Beweisgrund' dem Satz ,Dasein ist kein Prädikat' zugrundeliegt; sie hat auch insbesondere dieselbe Funktion bei der Widerlegung des cartesianischen Gottesbeweises. Was ihr in der Nova dilucidatio fehlt, ist der Begriff bzw. die Begründung. Kant unterscheidet dort nicht wirklich (denn dazu fehlt eine Definition der zu unterscheidenden Begriffe), sondern er zeigt nur, daß die Unterscheidung nötig ist. Seine späteren Begriffe vom logischen und Realgrund dagegen sind definiert Die Unterscheidung zwischen Wahrheits- und Existenzgrund deckt sich daher nicht nur nicht mit der zwischen ratio consequenter und antecedenter determinans, sondern sie ist völlig anderer Natur. In der Literatur ist nirgends Klarheit über diesen Punkt zu finden. Kant selbst hat durch die irreführende Bezeichnung der ratio consequenter determinans als .ratio quod sive cognoscendi' (4. Proposition) und die anschließende Verwechslung von Erkenntnisgrund und Wahrheitsgrund (11. [bzw. 9.] Proposition) die Verwirrung eingeführt."

" Vgl. auch den Versuch einiger Betrachtungen über den Optimismus (1759) sowie die kritische Schrift Über das Mißlingen aller philosophischen Versuche in der Theodizee ( 1791 ).

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

erneut zusammengefaftt und die Bedeutung Haubers, eines Lehrers und Freundes von Busching, heraus gestellt. Fiir die iibrigen Territorien sind leider die Quellen nicht

.. Ersatzlieierung bleibt vorbehalten. Februar 100 Jahre alt. Bis zur Vertrei- bung im Herbst 1944 lebte Frau Knetsch in ihrem Geburts- und Heimatort Buddern, Kreis Angerburg.

Kapitel 4: Der persönliche Anwendungsbereich de lege lata ... Grammatikalische Auslegung ... Systematische Auslegung ... Historische und genetische Auslegung ...

Krauss hatte damit zwei Leben zu führen: das der Wissenschaft, wo er Bedeutendes leistete; aber unter den Bedingungendes anderen, einem „vorschriftswidrigen Dasein“ mit

© Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, Die aktuelle Kolumne, 21.09.2009 www.die-gdi.de?. Die aktuelle Kolumne

Die zentralen Themen wie die globale Koordination der Wirtschaftspolitik, die Regulierung der Finanzmärkte und die Reform von IWF und Weltbank sind damit auch

(1) Dem zwischen den Ländern der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Staatsvertrag über die Bestimmung aufsichtsführender Länder nach Artikel 87 Abs.. 2 Satz 2 des

Dabei sollten die Teamenden darauf achten, dass die TN die kritisierte Schlussstrichforderung auch als eine Abwehr- und Verweigerungshaltung identifi- zieren und