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Verrechnungssteuer: Reform ist dringend | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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26 Die Volkswirtschaft  5 / 2020 KAPITALMARKT

Die Modernisierung der Verrechnungssteuer auf Obligationenzinsen ist ein langjähriges Anliegen der Schweizer Industrie. Die Steuer soll sicherstellen, dass Schweizer Steuerpflich­

tige ihre Obligationenzinsen in ihrer persön­

lichen Steuererklärung korrekt deklarieren.

Dieses Ziel erreichen die veralteten Regeln angesichts der heutigen globalisierten Kapital­

märkte kaum mehr.

Das Versagen der geltenden Regeln zeigt sich auch bei den Steuereinnahmen: Während bei der Verrechnungssteuer auf Dividenden der Bund auch dank unserer Mitgliedsfirmen ständig steigende Nettoeinnahmen von mitt­

lerweile über 8 Milliarden Franken pro Jahr verzeichnet, sind die Verrechnungssteuerein­

nahmen aus den Obligationenzinsen schlicht unbedeutend.

Benelux-Staaten profitieren

Gleichzeitig stellt die Verrechnungssteuer auf Obligationenzinsen die Unternehmen vor immer grössere Schwierigkeiten: Da ver­

rechnungs steuerbelastete Obligationen von internationalen Investoren gemieden werden, müssen Schweizer Konzerne an ausländische Kapitalmärkte gelangen und dort verrech­

nungssteuerfreie Obligationen emittieren. Auf dem Schweizer Kapitalmarkt platzieren die Unternehmen hingegen meist nur kleinere Obligationen, die von inländischen Investoren erworben werden. Erschwerend wirkt: Mittel aus Auslandobligationen dürfen Schweizer

Unternehmen nur eingeschränkt für die Schaffung von inländischen Arbeitsplätzen einsetzen.

Zahlreiche Konzerne verwalten die Mittel aus Auslandobligationen im Ausland – haupt­

sächlich in den Niederlanden, Luxemburg oder Belgien. Obwohl die Schweizer Unternehmen dies nicht wollen und am liebsten möglichst alle Finanzierungsaktivitäten in der Schweiz aus­

üben möchten, zwingt sie die Verrechnungs­

steuer, ausländische Finanzierungsgesellschaf­

ten zu unterhalten.

Bisher betrieben Schweizer Konzerne ihre ausländischen Finanzierungsgesellschaften nur mit der absolut nötigen Anzahl von Mitarbeitern und Funktionen. Im Februar 2020 hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jedoch die Besteuerungsregeln für die Konzern­

finanzierung grundlegend angepasst. Die Anforderungen an Finanzierungsgesellschaf­

ten punkto Personalausstattung, Risikotragung und Funktionen wurden massiv erweitert.

Werden die Anforderungen nicht erfüllt, darf die Finanzgesellschaft von ihren zahlreichen Schwestergesellschaften nur noch den soge­

nannten risikolosen Zinssatz verlangen – was für die Finanzgesellschaft rasch in Verluste münden kann.

Die neuen OECD­Transferpreis­Vorgaben richten sich gegen substanzschwache Finanz­

gesellschaften. Internationale Unternehmen sollen ihre Finanzierungstätigkeiten möglichst am Hauptsitz oder einem anderen Standort STANDPUNKT VON MARTIN HESS

OECD-Vorgaben zwingen Schweizer Konzerne bei der Konzernfinanzierung zu Anpassungen. Ohne Verrechnungssteuerreform drohen Verlagerungen ins Ausland.

Reform ist dringend

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Die Volkswirtschaft  5 / 2020 27 FOKUS

Martin Hess ist Leiter Steuern bei Swissholdings, dem Verband der Industrie- und Dienstleistungskonzerne in der Schweiz, Bern.

mit zahlreichen wichtigen Funktionen aus­

üben. Schweizer Unternehmen möchten dies gerne tun – und zwar lieber heute als morgen.

Dazu braucht es die Verrechnungssteuer­

reform. Ohne Reform sehen sich die Unter­

nehmen gezwungen, ihre Tätigkeiten bei den ausländischen Finanzgesellschaften massiv auszubauen. Dieser Ausbau wird aller Vor aussicht nach auf Kosten von Schweizer Arbeitsplätzen gehen.

Chance für die Schweiz

Können Bundesrat und Parlament hingegen die Reform der Verrechnungssteuer zügig abschliessen, profitiert die Schweiz. Denn:

Schweizer Konzerne werden ihre Finanzie­

rungstätigkeiten vom Ausland in die Schweiz verschieben. Gelingt es zudem, den Betei­

ligungsabzug (Schuldzinsenverlegung) im Rahmen der Reform leicht zu modifizieren, werden die Topholdings direkt an den Kapital­

markt gelangen können. Konzerndarlehen werden als Folge aus der Schweiz vergeben, und die Zinsdifferenz zwischen Aktiv­ und Passiv­

darlehen wird künftig dem Schweizer Fiskus zugutekommen.

Dem Vernehmen nach planen auch die ganz grossen Firmen, ihre Anleihen vermehrt aus einer Schweizer Einheit zu begeben, an der Börse SIX zu kotieren und bei diesen Schweizer Recht anstelle von englischem Recht anzuwenden. Auch Fremdwährungs­

obligationen dürften häufiger auf dem Schwei­

zer Kapitalmarkt platziert werden und auch mittelgrossen Unternehmen mehr Optionen für die Finanzierung eröffnen. Die Reform

stärkt somit den Schweizer Kapitalmarkt und den Konzernstandort Schweiz. Darüber hin­

aus beschert sie dem Fiskus Mehreinnahmen und den Schweizer Banken und Anwälten neue Aufträge. Auch ausländische Firmen werden aus der Schweiz heraus Anleihen begeben und ihre Tresorie­ und Kapitalmarkt­

funktionen hier konsolidieren können.

Die Reform der Verrechnungssteuer im Obligationenbereich ist deshalb der Schlüssel zu der vom Bundesrat anvisierten Stärkung des Kapitalmarkts. An­

gesichts der folgen­

schweren OECD­Vorga­

ben tut der Bundesrat gut daran, die Reform nicht unnötig zu gefähr­

den. Mit dem Entscheid, dass auch für in­ und

ausländische Fonds der Wechsel zum Zahl­

stellenprinzip gelten soll, hat er aber genau dies getan. Die geplante Regelung für Fonds verun­

möglicht den Banken, die kostspieligen Zahlstellenfunktionen extern (etwa bei der SIX Group) anzusiedeln.

Der Entscheid des Bundesrats zu den Fonds ist zwar konsequent und verbessert die Steuersicherung. Die hohen Umsetzungskosten für Banken könnten jedoch dazu führen, dass die Reform von der Bankbranche bekämpft wird und scheitert. Dies ist für die Schweizer Industrie nicht hinnehmbar. Swissholdings ersucht deshalb den Bundesrat, für die Fonds eine andere Lösung vorzusehen.

Der Bundesrat tut

gut daran, die Reform

nicht unnötig zu

gefährden

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