Bildung in der digitalen Welt:
Potenziale und Herausforderungen Prof. Dr. Michael Kerres
exploring the future of learning
L e a r n i n g L a b
28.05.2019: Netzwerk Digitale Bildung
Die Zukunft der gewerkschaftlichen Bildung
Lerninnovationen und Digitalisierung
• AG Schule
• AG Hochschule
• AG Erwachsenenbildung
• AG Wiss. Weiterbildung
• AG Technik | Produktentwicklung
40 Mitarbeitende in 17 Projekten
❶
❷
❸
Gestaltungsoptionen der digitalen Epoche
Zukunftsentwürfe des Digitalen
„Bildung in der digitalen Welt“
Bildung mit digitalen Medien
in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit
Bildung in der digitalen Welt: Gestaltungsoptionen und Herausforderungen
❹
vgl.
Felix Stalder (2016) Dirk Baecker (2018)
Information: Referentialität
• viel, jederzeit verfügbar
• vernetzt
• wenig Struktur
Kommunikation: Gemeinschaftlichkeit
• leicht, jederzeit möglich
• global
• Auflösen von Traditionen
Daten: Algorithmizität
• Daten als Ressource (für Wertschöpfung)
• neues Wissen durch Auswertung und Kombination (big data)
• neue Mensch- (Mensch/Maschine-) Interaktion: Algorithmen-basiert …
• neue Regeln für „Ausschöpfung“ von Daten
Übergang
digitale Epoche
Digitalisierung
vernetzte Information globale Kommunikation algorithmische Umwelt
bessere Bildung
bessere Lernqualität
neue Geschäftsmodelle
nachlassende Qualität kultureller Zerfall
Süchte, Adipositas
Ursache Wirkung
Übergang
digitale Epoche
Bildung
digitale Epoche
Gesellschaft
neue Akteure, Institutionen, Geschäftsmodelle, rechtliche Rahmungen?
Machtverschiebungen?
gesellschaftliches Gleichgewicht -> politische Aushandlungsprozesse -> neues Narrativ?
technikinduzierte Entwicklungen
Gestaltungsoptionen
post-demokratische Gesellschaft Überwachung und Steuerung Wissensmonopole
Kultur als öffentliches Gut
Teilen, Teilhabe, Partizipation Wissenschaft und Medien als kritische Treiber
Bildung
neue Lehrinhalte, Lehr-Lernmethoden, Lernorte?neue Akteure, Institutionen, Rollen?
Bildung als Ware
Reguliertes Lernen mit vorgefertigten Inhalten Bildung als öffentliches Gut Lernen als Partizipation
in einer Kultur des Teilens
digitale Epoche
technikinduzierte Entwicklungen
Gestaltungsoptionen
„Wirkungen“ der Digitalisierung?
• Digitalisierung bedeutet einen epochalen Einschnitt in der
gesellschaftlichen Entwicklung – vielleicht auch in der Bildung.
– schwer zu beobachten in der Mitte der Veränderung
• Zukünfte eröffnen Gestaltungsoptionen.
– schwer erkennbar, wenn wir von „den Wirkungen“ des Digitalen sprechen
• Es bedarf einer gesellschaftlichen Verständigung.
– schwer durchzusetzen, wenn wir von „den Wirkungen“ des Digitalen sprechen
❶
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Gestaltungsoptionen der digitalen Epoche Zukunftsentwürfe des Digitalen
„Bildung in der digitalen Welt“
Bildung mit digitalen Medien
in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit
Bildung in der digitalen Welt: Gestaltungsoptionen und Herausforderungen
❹
Bildungsimperative
• „Die Gesellschaft benötigt mehr Fachkräfte für … „
• „Wir müssen unsere Mitarbeiter auf die digitale Zukunft vorbereiten.“
• „Folgende Kompetenzen werden in der Zukunft erforderlich sein: … „
• „Bildung wird sich ändern. Dozierende werden künftig …“
• „Bildungseinrichtungen müssen sich neu aufstellen, um den digitalen Wandel zu bewältigen. Sie müssen sich neu erfinden und Unterricht neu organisieren.“
häufig gehört, aber: stimmt das?
neue Werte schaffen
Verantwortung übernehmen
mit Unsicherheit umgehen
OECD Framework 2030
Fadel, Bialik, Trilling (2015) Wissen
Traditionelles Wissen (z.B.
Mathematik)
Modernes Wissen (z.B.
Entrepeneurship) Themen
• Information Literacy
• Systems Thinking
• Design Thinking
• Environmental Literacy
• Digital Literacy
Fertigkeiten
• Creativity
• Critical Thinking
• Communication
• Collaboration
Einstellungen und Werte
• Mindfulness
• Curiosity
• Courage
• Resilience
• Ethics
• Leadership
EU DigiComp for Citizens (2017)
1. Information and data literacy
1.1 Browsing, searching and filtering data, information and digital content
1.2 Evaluating data, information and digital content 1.3 Managing data, information and digital content
2. Communication and collaboration
2.1 Interacting through digital technologies 2.2 Sharing through digital technologies
2.3 Engaging in citizenship through digital technologies 2.4 Collaborating through digital technologies
2.5 Netiquette
2.6 Managing digital identity
3. Digital content creation
3.1 Developing digital content
3.2 Integrating and re-elaborating digital content 3.3 Copyright and licences
3.4 Programming
4. Safety
4.1 Protecting devices
4.2 Protecting personal data and privacy 4.3 Protecting health and well-being 4.4 Protecting the environment
5. Problem solving
5.1 Solving technical problems
5.2 Identifying needs and technological responses 5.3 Creatively using digital technologies
5.4 Identifying digital competence gaps
https://ec.europa.eu/jrc/en/publication/eur-scientific-and-technical-research-reports/digcomp- 21-digital-competence-framework-citizens-eight-proficiency-levels-and-examples-use
EU DigiComp for Consumers (2016)
• 1. Pre-purchase
• 1.1 Browsing, searching and filtering information on goods and services
• 1.2 Evaluating and comparing information on goods and services
• 1.3 Recognising and evaluating commercial communication and advertisement
• 1.4 Managing digital identity and profile in the digital marketplace
• 1.5 Considering responsible and sustainable consumption in digital markets
• 2. Purchase
• 2.1 Interacting in the digital marketplace to buy and sell
• 2.2 Participating in collaborative economy platforms
• 2.3 Managing payments and finances through digital means
• 2.4 Understanding copyrights, licences, and contracts of digital goods and services
• 2.5 Managing personal data and privacy
• 2.6 Protecting health and safety
• 3. Post-purchase
• 3.1 Sharing information with other consumers in the digital marketplace
• 3.2 Asserting consumer rights in the digital marketplace
• 3.3 Identifying digital consumer competence gaps and limits
https://ec.europa.eu/jrc/en/publication/eur-scientific-and-technical-research- reports/digital-competence-framework-consumers
aus: http://www.gartner.com/smarterwithgartner/top-trends-in-the-gartner-hype-cycle-for-emergingtechnologies-2017/
2005 2015
+30 +30
Deutsches Kaiserreich
National- sozialismus Weimarer
Republik
DDR BRD
Deutschland
in der Europäischen Union
Auflösung des Kommunismus
„Demokratie
wagen“ ?
+30 +30 +30 +30
2.WK 1.WK Faschismus
Monarchie Republik
Wandel von Wertesystemen
• regelmäßig Brüche in Wertesystemen in Biografie von Lehrpersonen
• heute: Erfahrung bzw. Annahme von Konstanz
• dennoch: Friktionen weniger stark erfahrbar
• Antizipation von Veränderungen schwierig
Bildungsimperative
Vision einer Gesellschaft Kompetenzanforderungen
Vision einer Gesellschaft Vision einer Gesellschaft
Zukunftsentwürfe und Bildungsimperative
Die Gesellschaft benötigt mehr Fachkräfte für …
Wir müssen die Mitarbeiter auf die digitale Zukunft vorbereiten.
Folgende Kompetenzen werden in der Zukunft erforderlich sein: … Die Bildungsarbeit wird sich ändern. Dozierende werden künftig …
• Normative Setzung einer Vision von Gesellschaft (zumeist implizit).
• Bildungsimperative verstecken ihre Prämisse, sie entziehen die Verständigung über Zukunftsvisionen der Kommunikation.
• Ich denke mir (heimlich) eine Zukunft und sage dir, was du tun must, um meinem Bild zu entsprechen.
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❷
❸
Gestaltungsoptionen der digitalen Epoche Zukunftsentwürfe des Digitalen
„Bildung in der digitalen Welt“
Bildung mit digitalen Medien
in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit
Bildung in der digitalen Welt: Gestaltungsoptionen und Herausforderungen
❹
lesen schreiben
Text
rechnen
Zahl
digitale Technik
nutzen, verstehen, bewerten, gestalten
additiv
lesen schreiben
Text
rechnen
Zahl
Digitale Technik nutzen, verstehen, bewerten, gestalten
integral
alle Fächer, alle Themen, alle Stufen
Digitale Kompetenz?
Denkfiguren des Digitalen
Binär
• analoge Welt vs. digitale Welt
• analog: „echte“ Welt vs. digital: „defizitäre“ Welt
„Wie viele Stunden bist du im Internet?“
„Ist das Internet schädlich?“
Integral
• Durchdringung der Lebenswelt: digital und analog nicht mehr zu trennen
• Informatik: mobile, ubiquitous, seamless, disappearing ..
computing
Wie viele Stunden schaust du auf Papier?“
„Ist das Buch schädlich?“
Schule Lebenswelt
Medienkompetenz =
Medien verstehen und kritisch reflektieren
ab 1970: Baacke
Schule Lebenswelt
Medienkompetenz =
Medien verstehen und kritisch reflektieren
Schule Lebenswelt
Bildung in der digitalen Welt =
• am Wissen der Kultur teilhaben
• Identität entwickeln im Umgang mit Medien
• sich mit anderen über Medien “verständigen”
2008
2016
7 x Kompetenz für ….
Wissen über Medien
- Was gibt es für Plattformen, Angebote, Werkzeuge?
- Was kann man damit machen?
- Was sind die Probleme?
Fertigkeiten der Nutzung
- Wie bedient man Medien?
- Wie werden Medien produziert?
Gesellschaftliche Implikationen
- Was bedeutet Digitalisierung für die Gesellschaft?
- Wo entsteht Ungleichheit, Monopolisierung oder Ausgrenzung?
- Wie kann ich mich einbringen in den Diskurs?
Verstehen von Funktionsprinzipien
- Wie funktioniert digitale Technik und das Internet?
- Was sind Algorithmen, Daten, Speicher etc.?
Gestaltung von Medien
- Wie produziere ich Medien?
- Wie kann ich mich in Medien darstellen?
Reflexion des eigenen Nutzungsverhaltens
- Wie nutze ich Medien?
- Wie stelle ich mich in Medien dar?
Bildung in der digitalen Welt =
• Identität entwickeln im Umgang mit Medien
• sich mit anderen über Medien
“verständigen”
• am Wissen der Kultur teilhaben
Umgang mit Informationen
- Wie finde ich Informationen?
- Wie bewerte ich Informationen?
- Wie gehe ich mit Informationen um?
Bildung .. reflektiertes Verhältnis des Menschen zu sich, zu anderen und der Welt
„Digitale Bildung“
• (nur) ein Arbeitsbegriff, der auf die Herausforderungen der digitalen Epoche verweist
– Es gibt auch keine „analoge Bildung.“
• Digitale Kompetenzen können nur „im Gegenstand“ erworben werden.
– alle Fächer gefordert
• „Bildung in der digitalen Welt“ ist die Alternative.
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Gestaltungsoptionen der digitalen Epoche Zukunftsentwürfe des Digitalen
„Bildung in der digitalen Welt“
Bildung mit digitalen Medien
in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit
Bildung in der digitalen Welt: Gestaltungsoptionen und Herausforderungen
❹
Bildung mit digitalen Medien
- Lernräume erweitern
- didaktische Methoden entwickeln - Reflexion ermöglichen
(Politische) Bildung in der digitalen Welt =
• Identität entwickeln im Umgang mit Medien
• sich mit anderen über Medien “verständigen”
• am Wissen der Kultur teilhaben
Bildung mit digitalen Medien: Handlungsebenen
1. Politische Rahmung (Narrativ), Finanzierungsmodelle, Förderinitiativen, Governance
2. neue Kooperationsstrukturen (übergreifend) 3. Organisationsentwicklung (einer Einrichtung)
4. Programmentwicklung, neue Angebote (-formate) 5. Kompetenzentwicklung der Dozierenden
6. Technische Ausstattung
Szenario 1: Einrichtung – lokaler Betrieb
• Inhouse-Computer Ausstattung (Bereitstellung, Management, Wartung)
• Bereitstellung / Zugang /
Management zu Repository / Lernmanagementsystem
Kurs Kurs
Externer Dienstleister
Szenario 2: Geteilte Infrastruktur
• Inhouse-Computer Ausstattung (Bereitstellung, Management, Wartung)
• Bereitstellung / Zugang /
Management zu Repository / Lernmanagementsystem
• einrichtungsübergreifender Betrieb von Infrastruktur
Kurs Kurs
Externer Dienstleister
Szenario 3: Geteilte Materialien
• Inhouse-Computer Ausstattung (Bereitstellung, Management, Wartung)
• Bereitstellung / Zugang /
Management zu Repository / Lernmanagementsystem
• einrichtungsübergreifende
Bereitstellung von Materialien
Kurs Kurs
Externer Dienstleister
Szenario 4: Geteilte Kurse (Template)
• Inhouse-Computer Ausstattung (Bereitstellung, Management, Wartung)
• Bereitstellung / Zugang /
Management zu Repository / Lernmanagementsystem
• einrichtungsübergreifende
Bereitstellung von Materialien und Kurse-Templates
Kurs
Externer Dienstleister
Szenario 5: Kurse - standortübergreifend
• Inhouse-Computer Ausstattung
(Bereitstellung, Management, Wartung)
• Gemeinsame Bereitstellung / Zugang / Management zu Repository /
Lernmanagementsystem
• Gemeinsame Bereitstellung von Materialien und Kurs-Templates
• Standortübergreifende Durchführung von Kursen in alleiniger oder
gemeinsamer Verantwortung von Einrichtungen
Kurs
Externer Dienstleister
Szenario 6: Plattformen - standortübergreifend
• Inhouse-Computer Ausstattung
(Bereitstellung, Management, Wartung)
• Gemeinsame Bereitstellung / Zugang / Management zu Repository /
Lernmanagementsystem
• Gemeinsame Bereitstellung von Materialien und Kurs-Templates
• Gemeinsames standortübergreifendes Betreiben von Plattformen in alleiniger oder gemeinsamer Verantwortung von Einrichtungen
Szenarien
• Plattformen – standortübergreifend
• Kurse – standortübergreifend
• geteilter Kurs(-Template)
• geteilte Materialien
• geteilte Basis-Infrastruktur
• lokaler Betrieb
Disruption in der Musik-Industrie
Physische Distribution via Datenträger („Besitz“)
• Schallplatte. Analoger Datenträger
• CD. Digitaler Datenträger 1980 Philips Problem: Kopierschutz 1999 Napster
Online-Distribution via Download („Nutzungslizenz“)
• Verkauf als „Album“
• Verkauf einzelner „Tracks“ (unbundling) 2003 Apple iTunes: 0,99€ pro Track
Online-Distribution via Streaming („Zugriff“)
• Zeitliches Abo (und ggfs. Download) 2008 Spotify
• Plattform mit Social Listening
Hürden?
• Digitale Angebote sind eine Überforderung für die Tn.
– sie sichern Zugang zu gesellschaftlicher Kommunikation nd Arbeit
• Erwachsenenbildung beruht auf Begegnung.
– Ja, gerne auch im Internet
• Kursleitungen fehlt Medienkompetenz / die Bereitschaft.
– Es braucht eine Kultur, in der digitale Medien selbstverständlich genutzt werden.
• Es fehlt die Ausstattung.
– BYOD: mein Gerät – mein Zugang zum Lernen
• Wir müssen Auslastung von Kursräumen / Tagungsstätten sichern.
– Kein Widerspruch zur Digitalisierung: das Tagungsgeschäft boomt
• Wir können nur Anwesenheit abrechnen.
– Ja, ist zu klären ☺