• Keine Ergebnisse gefunden

VI. Neben Stammheim: Legislative Reaktionen und Prozess

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "VI. Neben Stammheim: Legislative Reaktionen und Prozess"

Copied!
42
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Legislative Reaktionen und Prozess

In den Jahren 1975 bis 1977 war Stammheim auch Gerichtsort. Dabei kann die Konfrontation zwischen „Staat“ und RAF, wie sie im Gerichtssaal von Stamm- heim manifest wurde, zugleich als „Ersatz für die gesellschaftliche Auseinander- setzung mit dem bewaffneten Kampf“1 verstanden werden.

Der Prozessverlauf, der Bau eines eigenen Gerichtsgebäudes und die Verschär- fung der Strafprozessordnung führten dazu, dass sich ein neuer Diskurs etablierte, der sich nicht mehr ausschließlich auf die Haftbedingungen konzentrierte. Viel- mehr warfen die Angeklagten und ihre Verteidiger den politischen Entscheidungs- trägern und dem Senat vor, rechtsstaatliche Prinzipien für den Prozess aufgegeben zu haben. Baader, Ensslin, Meinhof und Raspe präsentierten sich nun der Öffent- lichkeit verstärkt als „politische Gefangene“ und als Opfer staatlicher Willkür.

Die Weigerung der Angeklagten und ihrer Anwälte, die Autorität des Gerichts anzuerkennen, prägen bis heute die Erinnerung an das erste Stammheimer Ver- fahren. Dabei waren die durchaus bedenklichen „staatlichen“ Entscheidungen wie die umstrittene Rolle des Zeugen Müller ein weiteres Spezifikum des Prozesses, die jedoch weitgehend in Vergessenheit gerieten.

1. Strafrechtsverschärfung und „Betonfestung“:

Die Reaktion aus Bonn

„Tiefe Spuren“2 hinterließ der Prozess gegen die Hauptangeklagten der „ersten Generation“ in Stuttgart-Stammheim nicht nur direkt vor Ort, wo seit dem Früh- jahr 1974 in unmittelbarer Nähe zur Untersuchungshaftanstalt ein hochgesicher- tes Gerichtsgebäude entstand. Daneben war der Prozess eine Zäsur für die weitere Entwicklung des Strafverfahrensrechts. Bereits in den 1970er Jahren schmähten Kritiker und Anwälte der RAF die gesetzlichen Neuregelungen, die binnen eines Monats alle drei Lesungen im Bundestag passierten3, als „lex RAF“ oder „lex Baader-Meinhof“4. Im Mittelpunkt der Kritik stand die Tatsache, dass die be- schlossenen legislativen Neuregelungen in einem eindeutigen Zusammenhang mit dem im Frühjahr 1975 geplanten Prozess in Stammheim standen. Der emeri- tierte Berliner Rechtsprofessor Uwe Wesel stellte rückblickend fest, dass es „das […] in der deutschen Rechtsgeschichte noch nicht gegeben“ habe5, denn immer-

1 Balz: Von Terroristen, S. 152.

2 Rabert: Links- und Rechtsterrorismus, S. 56.

3 Vgl. Anonym: Baader/Meinhof: Trick mit Null, in: Der Spiegel 41 (1975), S. 44–47, hier S. 47.

4 Zit. n. Anonym: Baader/Meinhof: „Finster schaut’s aus“, in: Der Spiegel 49 (1974), S. 27–30, hier S. 30; Bakker Schut: Stammheim, S. 132; Schulte: Anti-Terrorismus-Gesetzgebung, S. 104.

5 Uwe Wesel: Strafverfahren, Menschenwürde und Rechtsstaatsprinzip. Versuch einer Bilanz der RAF-Prozesse, in: Kraushaar (Hrsg.), RAF und der linke Terrorismus, Band II, S. 1048–

1057, hier S. 1052.

(2)

hin seien im Zusammenhang mit den Strafverfahren gegen Mitglieder der RAF innerhalb von nur vier Jahren sechs Gesetze mit insgesamt 27 Einschränkungen durch den Gesetzgeber beschlossen worden. Und Hanno Balz behauptete, die Verzögerung des Prozessbeginns sei nicht etwa auf das langwierige Ermittlungs- verfahren der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, sondern ein Ergebnis des poli- tischen Wunsches, Gesetze eigens für den Prozess schaffen zu können6.

Demnach hatten seinerzeit die konservativen Parteien die gesetzlichen Neure- gelungen mit dem Argument abgelehnt, dass diese bei weitem nicht ausreichten, um die linksextremistische Gewalt effektiv einzudämmen7.

Die Verschärfung der Strafprozessordnung im Dezember 1974 Im Gegensatz zur Verabschiedung des § 129a StGB, die den Straftatbestand der Bildung einer terroristischen Vereinigung im Sommer 1976 gesetzlich verankerte, sollte nach dem Willen der Bundesregierung im Herbst 1974 noch kein „Sonder- recht“8 für extremistische Vereinigungen geschaffen werden. Die gesetzlichen Modifikationen betrafen daher das Strafverfahrensrecht als Ganzes, so dass nicht nur die prozessualen Rechte mutmaßlicher Terroristen und ihrer Verteidiger be- schnitten wurden. Ein wichtiger Impulsgeber für die konkreten gesetzlichen Neu- regelungen waren dabei jene staatlichen Institutionen, die, wie das BKA, direkt mit der Terrorismusbekämpfung befasst waren. Vor diesem Hintergrund stellte die durchgesetzte Verschärfung der Strafprozessordnung eine Form „reaktiver Krisenbewältigung“9 dar.

Im Rahmen des „Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts“ und des „Gesetzes zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrens- rechts“ wurde die Zahl der Wahlverteidiger auf maximal drei Personen (§ 137 Abs. 1 StPO) begrenzt und ein Verbot der Mehrfachverteidigung (§ 146 StPO) eingeführt10. Darüber hinaus konnte ein Gericht die Hauptverhandlung in Abwe-

6 Vgl. Balz: Terroristen, S. 151. Ferner versteigt sich Balz zu der These, der öffentliche Druck habe letztlich zu einer Reihe von Prozessen gegen Mitglieder der RAF geführt. Damit aber wird die Verantwortung der RAF-Mitglieder, die teilweise schwerste Straftaten begingen, ne- giert.

7 Vgl. Tenfelde: Strafjustiz, S. 77.

8 Kritiker, wie Hans-Christian Ströbele, bezeichneten die gesetzlichen Neuregelungen weiterhin als „Sonderrecht“ (zit. n. Birgit Schulz: Die Anwälte. Eine deutsche Geschichte, 2009).

9 Heinz Giehring: Die Reaktionen des Gesetzgebers auf den Terrorismus, in: Jugend und Ter- rorismus. Ein Hearing des Bundesjugendkuratoriums, hrsg. v. Bundesjugendkuratorium, München 1979, S. 61–83, S. 63. Zu den operativen Maßnahmen ausführlich Mario Petri: Ter- rorismus und Staat. Versuch einer Definition des Terrorismusphänomens und Analyse zur Existenz einer strategischen Konzeption staatlicher Gegenmaßnahmen am Beispiel der Roten Armee Fraktion in der Bundesrepublik Deutschland, München 2007, S. 231–271.

10 Zuvor konnten Angeklagte, rein theoretisch, beliebig viele Verteidiger engagieren. Auch war es Angeklagten, die wegen des gleichen Delikts vor Gericht standen, erlaubt, sich gemeinsam von einem Anwalt vertreten zu lassen. Zumindest das Recht auf ein Engagement mehrerer Anwälte hatte in der Praxis kaum Relevanz, da nur sehr wenige Angeklagte über die erforder- lichen finanziellen Mittel verfügten.

(3)

senheit der Angeklagten fortsetzen, sofern diese ihre Verhandlungsunfähigkeit selbst verschuldet hatten oder aufgrund ihres ordnungswidrigen Benehmens aus- geschlossen worden waren (§§ 231a, 231b StPO). Schließlich wurde durch die Neufassung des § 257 StPO das Recht der Angeklagten zur Abgabe von Erklärun- gen während der Hauptverhandlung eingeschränkt11. Keine gesetzliche Neurege- lung stand jedoch derart im Kreuzfeuer der Kritik wie die neu geschaffene Mög- lichkeit, Anwälte von der Verteidigung eines Mandanten auszuschließen (§§ 138a und 138b StPO). Klaus Croissant, den der Senat als ersten von der Verteidigung Andreas Baaders suspendierte, kritisierte, das Gesetz habe einen „faschistischen Charakter“, sei ein Sondergesetz und ziele allein darauf ab, die „politische Ver- teidigung in einem ganz bestimmten Verfahren […] unmöglich zu machen (lex RAF)“12.

Letztlich ausschlaggebend für die Einführung einer entsprechenden gesetzli- chen Bestimmung war eine Begebenheit, die in das Jahr 1972 zurückreichte. Kurz nach der Festnahme von Gudrun Ensslin war Otto Schily als Verteidiger ausge- schlossen worden. Allerdings musste er wenig später wieder zugelassen werden, weil das Bundesverfassungsgericht entschied, dass eine gesetzliche Grundlage feh- le, die den Ausschluss eines Verteidigers rechtlich sanktionierte13.

Die Verschärfung der Strafprozessordnung konnte zu Recht als staatliche Reak- tion auf das neue Phänomen einer „solidarischen Verteidigung“ verstanden wer- den. Die Ereignisse des Herbst 1974 waren ausschlaggebend dafür, dass die Bun- desregierung die existierenden rechtlichen Regelungen als nicht mehr ausreichend

11 Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, denn es finden nur jene Modi- fikationen nähere Erläuterung, die eine direkte Auswirkung auf die Haft- und Prozessbedin- gungen in Stammheim hatten. Zu den gesetzlichen Neuregelungen ausführlich Tenfelde:

Strafjustiz, S. 73; ferner Schulte: Anti-Terrorismus-Gesetzgebung, S. 108–118; Mehlich: Der Verteidiger, S. 135–223; Bakker Schut: Stammheim, S. 129–169; Uwe Berlit/Horst Dreier: Die legislative Auseinandersetzung mit dem Terrorismus, in: Sack/Steinert (Hrsg.), Protest und Gewalt, S. 228–237; Josef Augstein: Anwälte und Terroristen – Zur Behinderung der Verteidi- gung durch „Anti-Terrorgesetze“, in: Terrorismus contra Rechtsstaat, hrsg. v. Rudolf Wasser- mann, Darmstadt/Neuwied 1976, S. 188–209; Ulf G. Stuberger (Hrsg.): In der Strafsache ge- gen Andreas Baader, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe, Gudrun Ensslin wegen Mordes u. a., Frankfurt a. M. 1977; Petri: Terrorismus und Staat, S. 218–221.

12 Klaus Croissant: Verteidigerausschluss in politischen Prozessen. Instrument des Neuen Fa- schismus, in: Politische Prozesse ohne Verteidigung?, hrsg. v. Wolfgang Dreßen, Berlin 1976, S. 19–34, hier S. 19. Ähnlich äußerte sich auch der ebenfalls ausgeschlossene Kurt Gronewold, der der Bundesregierung unterstellte, mit den Gesetzen ein Instrument geschaffen zu haben, um ihre „politischen Ziele im Verfahren gegen die Rote Armee Fraktion (RAF) durch Aus- schaltung ihrer Verteidiger durchzusetzen“. Die Absichten der Bundesregierung bestünden in der „politische[n] Vernichtung der RAF als Stadtguerillagruppe“. (Kurt Gronewold: Die Ver- teidigung der Gefangenen aus der RAF und die Gesetze zum Ausschluss der Strafverteidiger, in: Politische Prozesse ohne Verteidigung?, hrsg. v. Wolfgang Dreßen, Berlin 1976, S. 35–40, hier S. 35).

13 Schily war im Sommer 1972 vorübergehend von der Verteidigung Ensslins ausgeschlossen worden, nachdem man bei Meinhofs Festnahme einen von der bereits verhafteten Ensslin verfassten Kassiber gefunden hatte. Da Ensslin im Gefängnis seit ihrer Inhaftierung nur von ihrem Anwalt Schily besucht worden war, lag die Vermutung nahe, dass er den Kassiber aus dem Gefängnis geschmuggelt hatte (vgl. Schulte: Anti-Terrorismus-Gesetzgebung, S. 108).

(4)

erachtete. Im November und Dezember 1974 erreichte die linksextremistisch mo- tivierte Gewalt in der Bundesrepublik einen neuerlichen Höhepunkt. Unmittel- bar nach dem Tod von Meins war der Berliner Kammergerichtspräsident von Drenkmann von Mitgliedern der „Bewegung 2. Juni“ erschossen worden. Zu- gleich war eine massive Radikalisierung der Rhetorik der „Komitees“ und der Verteidiger zu beobachten, die dem „Staat“ die Ermordung Meins anlasteten und diesen Vorwurf auch im europäischen Ausland propagierten. Vor diesem Hinter- grund setzte sich auch in der Bundesrepublik die Tendenz einer „Pönalisierung bestimmter Verhaltensweisen“14 durch, die mit einer „kriminalpolitischen Um- orien tierung“15 einherging. Nicht mehr der Wille, bestehende gesetzliche Rege- lungen zu liberalisieren, sondern allein „Effektivitätsgesichtspunkte“16 waren für die Verschärfung der Strafprozessordnung ausschlaggebend.

Ferner war seit der Inhaftierung der „ersten Generation“ überaus deutlich ge- worden, dass die RAF-Mitglieder und ihre Anwälte bemüht und befähigt waren, alle Möglichkeiten und alle Lücken der Strafprozessordung zu erkennen und zu nutzen17. Auf vehemente Kritik stieß insbesondere die Tatsache, dass die RAF- Häftlinge den privilegierten Kontakt zu den Verteidigern instrumentalisierten, um die Kommunikation untereinander aufrechtzuerhalten. Unionspolitiker wer- teten den Mord an von Drenkmann und den Missbrauch der Verteidigerrechte als endgültigen Beweis dafür, dass die geltende Gesetzeslage keineswegs aus reichend war, um den linksextremistischen Terrorismus einzudämmen. Insbesondere die Frage, ob künftig der schriftliche wie der mündliche Verteidigerverkehr kontrol- liert werden sollte, war zwischen Mitgliedern der Regierungskoalition und der Opposition äußerst umstritten18.

Die Bundesregierung geriet somit im Spätherbst 1974 unter Druck, die offen- sichtlich gewordenen Lücken der Strafprozessordnung zu schließen und geeignete gesetzliche Grundlagen zu schaffen, um die anstehenden Verfahren gegen Mitglie- der linksextremistischer Gruppierungen möglichst effektiv führen zu können. Die entscheidende Debatte über die Änderungen der Strafprozessordnung am 18. De- zember 1974 zeigte überaus deutlich, dass Ende des Jahres 1974 im Deutschen Bundestag weitaus mehr verhandelt wurde als lediglich einige konkrete gesetzliche Neuregelungen. Vielmehr wurde unter dem Eindruck der linksextremistischen Ge- walt auch der rechtspolitische Reformkurs als solcher zunehmend in Frage gestellt.

In der Positionierung zur „Anti-Terrorismus-Gesetzgebung“ manifestierte sich nicht nur eine durchaus unterschiedliche parteipolitische Ausrichtung, sondern zugleich ein divergentes Staatsverständnis. Die Frage „Demokratisierung“ und

„Reformierung“ versus „innere Sicherheit“ und „starker Staat“ wurde deshalb nicht zuletzt an der Modifizierung der Strafprozessordnung neu verhandelt.

14 Eser: Strafrechtsreform, S. 79.

15 Ebd., S. 77.

16 Giehring: Reaktionen S. 62.

17 Vgl. Petri: Terrorismus und Staat, S. 218 ff.

18 Vgl. im Folgenden Deutscher Bundestag. Stenographischer Bericht, 253. Sitzung vom 24. Juni 1976, in: PA BT, VII 456 A1.

(5)

Während einerseits bereits bekannte Differenzen zwischen den Parteien über den Strafzweck weiterhin existierten, hatte sich andererseits vor dem Hintergrund der Inhaftierung der RAF-Gefangenen zugleich ein neuer Diskurs um die Auf- gabe und die Verantwortung ihrer Verteidiger etabliert. Das Ethos der linken Anwaltschaft stand im Mittelpunkt der Kritik der Oppositionsparteien. Dahinter verbarg sich aber auch ein politisches Kalkül, wurde doch versucht, das eigene Parteiprofil durch Forderungen nach einer möglichst weit reichenden Einschrän- kung der Verteidigerrechte zu schärfen. Dagegen legte sich die sozialliberale Re- gierungskoalition in dieser heiklen Frage sehr viel mehr Zurückhaltung auf. Die Liberalisierung des Strafrechts war seit den 1960er Jahren eine zentrale Forderung der SPD gewesen, so dass eine Rücknahme bereits durchgesetzter Reformen die eigene politische Glaubwürdigkeit gefährdet hätte19. Dennoch sprachen sich im Herbst 1974 auch die Regierungsparteien für eine moderate Verschärfung aus, wenngleich sie zunächst noch darauf bedacht waren, die Reformen der 1960er Jahre vorerst nicht anzutasten.

Obgleich die Neuregelungen künftig in allen Strafverfahren angewendet wer- den konnten, stand außer Frage, dass der Bundestag die Strafprozessordnung allein im Hinblick auf das bevorstehende Verfahren gegen die Hauptangeklagten der „ersten Generation“ der RAF verschärft hatte. Zum einen konnten es sich nur wenige Angeklagte leisten, mehr als einen Verteidiger zu verpflichten. Die Be- schränkung der Zahl der Wahlverteidiger hatte insofern kaum Auswirkungen auf das Gros der Strafprozesse. Zum anderen lief die Mehrzahl der Strafverteidiger kaum Gefahr, auf der Grundlage von § 138a, 138b StPO von der Verteidigung ausgeschlossen zu werden. Die gesetzliche Neuregelung betraf letztlich ausschließ- lich jene Anwälte, die die Bildung einer „Brücke zwischen Justiz und Angeklagten“20 explizit nicht als ihre Rolle im Prozess erachteten.

Seit der Inhaftierung der RAF-Gefangenen richtete sich das öffentliche Interes- se vermehrt auf die Rolle der RAF-Verteidiger, die gemeinsam mit den „Komitees gegen Folter“ die Öffentlichkeitsarbeit für die Gefangenen organisierten. Greifbar wurde diese Auseinandersetzung dann vor allem im Zuge der Gerichtsverhand- lung in Stammheim. Gleichwohl manifestierte sich der Konflikt um die Aufgabe der Verteidigung zunächst erst einmal in den Neuregelungen zur Strafprozessord- nung, die sowohl die Rechte der Angeklagten als auch die ihrer Verteidiger ein- schränkten.

Die umstrittene Rolle der RAF-Verteidiger

Der Diskurs über die Rolle der RAF-Verteidiger war bereits seit 1972 eng ver- woben mit dem „Sympathisanten-Diskurs“. Für Balz waren die Anwälte „Ersatz-

19 Vgl. hierzu die Debatte im Deutschen Bundestag vom 18. Dezember 1974, abgedruckt in: Die Anti-Terror-Debatten im Parlament, S. 19–76.

20 Martin Block/Birgit Schulz: Die Anwälte – Ströbele, Mahler, Schily. Eine deutsche Geschichte, Köln 2010, S. 127.

(6)

objekte der Auseinandersetzung“, nachdem die Gefangenen im Zuge ihrer Inhaf- tierung „unsichtbar“ und „sprachlos“21 geworden seien.

Obwohl die RAF-Anwälte eine zentrale Rolle für die Etablierung der RAF nach der Inhaftierung der „ersten Generation“ spielten, fehlt bislang eine detaillierte wissenschaftliche Untersuchung zu ihren individuellen Beweggründen und ihrem Selbstverständnis. Lediglich Stefan Reinecke unternahm in seinem Beitrag für den Sammelband „Die RAF und der linke Terrorismus“ einen ersten Versuch, die Mo- tivation einiger RAF-Anwälte vergleichend zu analysieren22. Zuletzt eröffnete 2009 auch der Dokumentarfilm „Die Anwälte“ neue Perspektiven, nachdem hier Hans-Christian Ströbele, Horst Mahler und Otto Schily zu ihren Motiven befragt wurden.

Mike Knöss persiflierte den „Baader-Meinhof-Anwalt“, der in dem Gefühl ge- lebt habe, „dass ihn niemand lieb hatte“, der ein „weltfremder Schwärmer“, „ein Romantiker“ und „Meister seines Fachs“ gewesen sei23. Sarkastisch verwies Knöss auf die charakterlichen Widersprüche, die kennzeichnend für einige der RAF- Anwälte waren.

Völlig zu Recht fragte Gerd Koenen, wie es den Gefangenen überhaupt gelin- gen konnte, ihre Anwälte24 – immerhin handelte es sich bei den meisten Verteidi- gern der RAF um selbstbewusste, angesehene und wirtschaftlich erfolgreiche Ver- treter ihres Fachs – zu disziplinieren. Diese Diskrepanz erklärte Koenen damit, dass viele entweder „offenkundig im Banne derselben Suggestionen und Hyste- rien wie die damaligen Sympathisanten“ gestanden oder aber mit ihrer Rolle als Verteidiger „an vorderster Front in einer polarisierten Öffentlichkeit eine ganz eigene Mission“ verbunden hätten25.

Mitunter ist in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der skizzierten Thematik die Tendenz zu beobachten, das Verhalten der Anwälte zu relativieren.

So erklärte beispielsweise der Journalist Oliver Tolmein das Engagement Klaus Croissants damit, dass dieser die „Justiz als etwas Politisches begriffen“ und des- halb die „Grenze zwischen Verteidigung seiner Mandanten und politischem En-

21 Balz: Terroristen, S. 123.

22 Reinecke: Die linken Anwälte.

23 Mike Knöss: Der verflixte 7. Stock, in: Der Blinde Fleck. Die Linke, die RAF und der Staat, Frankfurt a. M. 1987, S. 115–121, hier S. 116.

24 Für die Führungsriege der RAF arbeitete eine Reihe von Anwälten, so dass hier nur die bekanntesten genannt sein sollen: Otto Schily, Klaus Croissant, Hans Heinz Heldmann, Kurt Gronewold, Hans-Christian Ströbele, Karl Heinz Weidenhammer, Siegfried Haag, Axel Azzola, Rupert von Plottnitz und Ulrich Preuß. Teilweise entzogen die Angeklagten ihren Ver- teidigern das Mandat, teilweise gaben die Anwälte ihr Mandat von sich aus auf. Einige RAF- Anwälte, so etwa Siegfried Haag, schlossen sich auch der RAF an.

25 Gerd Koenen: Das rote Jahrzehnt. Unsere kleine deutsche Kulturrevolution 1967-1977, Frank- furt a. M. 2002, S. 402 f. Exemplarisch hierfür ist etwa ein Telefongespräch zwischen Baader und Croissant, währenddessen Baader seinen Anwalt im Vorfeld des Sartre-Besuchs be- schimpfte: „Du bist eine Pfeife, du kannst nichts, du hast die Anweisungen auszuführen, die ich dir gebe, andernfalls kriegst du’s mit dem Kollektiv zu tun“ (Anonym: Finster schaut’s aus, S. 29).

(7)

gagement nie scharf gezogen“26 habe. Auch Stefan Reinecke resümierte, dass „un- ter dem Strich […] die Bilanz der RAF-Anwälte positiv“ sei, da eine „schwache oder gar willfährige Verteidigung […] das Bild vom Schauprozess […] noch wirksamer gemacht“ hätte. Darüber hinaus wollte Balz die Kampagnenarbeit der RAF-Anwälte lediglich als „gezielte Gegen-Informationsarbeit“ zur „Informations- politik von BKA und Bundesanwaltschaft“27 verstanden wissen.

Eine dahingehende Relativierung wird allerdings durch die Quellenlage nicht gestützt. Aus den in der Kanzlei Croissants beschlagnahmten Akten ging deutlich hervor, dass sich gerade Croissant für die Propaganda der RAF instrumentalisie- ren und jede kritische, aber dringend gebotene Distanz zu den Taten wie zu den RAF-Gefangenen vermissen ließ. Die Anschläge des Jahres 1977 resultierten aus der Radikalisierung des Diskurses um die Haft- und Prozessbedingungen. Diese Entwicklung wurde zumindest von einigen, wenngleich nicht allen Anwälten mitgetragen und forciert. So erklärte etwa Ulrich Preuß, der Ulrike Meinhof zeit weise vertreten und ihre Haftbedingungen zunächst massiv kritisiert hatte, gegenüber Croissant, sich „unter keinen Umständen für politische Konzepte funktionalisieren“ lassen zu wollen, die „die These vom neuen Faschismus“ in der Bundesrepublik vertreten würden. Zwar bekannte auch er sich zu der Pflicht, den

„politischen Gefangenen die Möglichkeit zu eröffnen, sich politisch zu verteidi- gen“. Der „politische Verteidiger“ sei aber nicht „lediglich ein beliebig funktiona- lisierbares Sprachrohr“, das verpflichtet werden könnte, auch die politischen The- sen seiner Mandanten zu vertreten. Preuß erklärte offen, „ein wenig verbittert“

über diese Entwicklung zu sein, habe er doch zwischenzeitlich den Eindruck ge- wonnen, „unter Verzicht auf jegliche Reflexion auf den politischen Zusammen- hang […] als nützlicher Idiot für Konzepte instrumentalisiert“ zu werden, von denen bereits bekannt sei, dass er sie für falsch erachte28.

Im Gegensatz zu Preuß ließen die meisten ehemaligen RAF-Verteidiger eine kritische Reflexion des eigenen Verhaltens vermissen. Sie beriefen sich mehrheit- lich darauf, in „Stammheim den Rechtsstaat verteidigt“ zu haben, weil es der

„Staat“ selbst „mit dem Rechtsstaatlichen nicht so genau“29 genommen habe.

Während dieser Vorwurf tatsächlich nicht gänzlich von der Hand zu weisen ist, so war doch die angeblich intendierte „Verteidigung des Rechtsstaats“ sicherlich bes- tenfalls ein Beweggrund unter vielen. Die wenigen bislang vorliegenden Erkennt- nisse legen den Schluss nahe, dass insgesamt mindestens drei Motive bestimmend für das Engagement waren: erstens ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und der Wille, den „Schwachen“ und „Unterdrückten“ beizustehen. Zweitens eine zutiefst kritische Einstellung gegenüber der existierenden gesellschaftspolitischen Ordnung bei gleichzeitiger Sympathie für die Angeklagten30. Und drittens ein

26 Oliver Tolmein: Beharren. Klaus Croissants Engagement für die DDR bleibt bei seinen politi- schen Freunden umstritten, in: Der Freitag vom 19. April 2002.

27 Balz: Von Terroristen, S. 125.

28 Ulrich Preuß: Brief an Klaus Croissant vom 6. April 1975, in: StAL, EL 317 I, Kls 97/76, LO 6.

29 Reinecke: Die linken Anwälte, S. 955.

30 Vgl. Block/Schulz: Die Anwälte, S. 41 ff.; 50 ff.; 77 f., 103 f.

(8)

stark ausgeprägtes Selbstbewusstsein, Arroganz, Narzissmus und Freude an der Auseinandersetzung. Beispielhaft für letzteres Motiv steht insbesondere die Per- son des späteren Innenministers Otto Schily, der als Anwalt Gudrun Ensslins als einziger ein Mitglied der „ersten Generation“ während der gesamten Dauer der Inhaftierung (1972–1977) vertrat und dennoch stets eine gewisse Distanz zu sei- ner Mandantin zu wahren wusste31.

Alle Juristen, die freiwillig die Verteidigung der RAF-Gefangenen übernahmen, fühlten sich den Ideen und Idealen der linken Anwaltschaft verpflichtet. 1969 hat- ten Klaus Eschen, Hans-Christian Ströbele und Horst Mahler in West-Berlin das Sozialistische Anwaltskollektiv gegründet und es sich zum Ziel gesetzt, die ihrer Meinung nach üblichen Seilschaften zwischen Richtern, Staats- und Rechtsanwäl- ten aufzubrechen32. Damit betraten erstmals Anwälte die „Bühne“ der juristischen Auseinandersetzung, die die kritische Haltung ihrer Mandanten gegenüber dem

„Staat“ teilten33. Alle Anwälte, die freiwillig die Verteidigung der in Stammheim Inhaftierten übernahmen, fühlten sich allein den Interessen ihrer Mandanten ver- pflichtet. Mandatsverhältnis, so ihre energische Argumentation, bedeute „über- setzt ins Deutsche, Auftragsverhältnis“34. Deshalb betrachteten sie es als ihre Auf- gabe, die Prozessstrategie ihrer Mandanten mitzutragen35. Ein anderes Verhalten, so erklärte es der RAF-Anwalt Heinrich Hannover, sei eine „Kapitulation im Klas- senkampf und im Innenverhältnis Verrat“ gewesen36.

Im Gegensatz zu dem Bild, das die Boulevard-Medien, aber auch namhafte Po- litiker vermittelten – hier standen die linken Anwälte oftmals unter den General- verdacht der Komplizenschaft – waren die Konsequenzen, die die Anwälte aus ihrer prinzipiell solidarischen Haltung gegenüber ihren Mandanten zogen, durch- aus unterschiedlich37. So bestanden mitunter massive Differenzen zwischen den

31 Während einer Verhandlungspause sprach Baader Schily mit „Ey Schily!“ an. Nachdem Schily nicht reagierte, wiederholte Baader seinen Ausruf und Schily drehte sich nun tatsächlich um,

„fixierte Baader mit stechendem Blick“ und sagte: „Herr Schily“ (Stern/Herrmann: Andreas Baader, S. 232).

32 Vgl. Klaus Eschen: Das Sozialistische Anwaltskollektiv, in: Kraushaar (Hrsg.), RAF und der linke Terrorismus, Band II, S. 957–972, hier S. 957.

33 Vgl. Requate: Demokratisierung der Justiz, S. 375; Block/Schulz: Die Anwälte, S. 124 ff.

34 Hans-Christian Ströbele: Verteidiger im Verfahren gegen die RAF, in: Politische Prozesse ohne Verteidigung?, hrsg. v. Wolfgang Dreßen, Berlin 1976, S. 41–56, hier S. 45.

35 Dass die Angeklagten tatsächlich versuchten, die Prozessstrategie zu bestimmen, und ihren Anwälten Anweisungen für das von ihnen gewünschte Auftreten vor Gericht erteilten, belegen Dokumente des „info“. So liest sich etwa die Überschrift eines undatierten, augenscheinlich aus dem Frühsommer 1975 stammenden „info“-Schreibens wie eine „Regieanweisung“ zur Inszenierung eines bevorstehenden Prozesstages. In der Betreffzeile heißt es: „die dramaturgie für den nächsten verhandlungstag“. Konkret verlangte der Verfasser von seinen Anwälten, vor oder nach der Verhandlung eine Pressekonferenz zum Tod von Siegfried Hausner zu veran- stalten und den Termin insbesondere so zu legen, dass „die ausländische presse voll rein- kommt“. (Anonym: Undatiertes „info“-Schreiben zur Prozessstrategie und zur PK aus dem Jahr 1975, in: HIS RA 02/015, 005).

36 Heinrich Hannover: Klassenherrschaft und politische Justiz. Plädoyer für ein demokratisches Recht, Hamburg 1985, S. 302.

37 Vgl. z. B. Block/Schulz: Die Anwälte, S. 103 f.

(9)

Mandanten und ihren Verteidigern. Die Angeklagten schmähten ihre Anwälte etwa als „Ratten“ oder „Schizo“ (Otto Schily)38 und entzogen den meisten das Mandat nach relativ kurzer Zeit.

Gleichzeitig unterhielten einige Verteidiger einen auffallend engen Kontakt zu ihren Mandanten. So besuchten etwa Kurt Gronewold, Hans-Christian Ströbele und Klaus Croissant die Gefangenen regelmäßig mehrmals die Woche. Nach einem Bericht des Spiegels pendelten einige Anwälte täglich, „mal mit der Bundes- bahn, mal mit Leihwagen“39 zwischen den Anstalten und koordinierten bei einem wöchentlichen „Jour fixe“ die Terminplanung für die kommende Woche. Auch schlossen sich einige Anwälte der RAF an40. Prominentestes Beispiel war Horst Mahler, der Andreas Baader noch 1968 im Prozess wegen Brandstiftung in zwei Frankfurter Kaufhäusern vertreten hatte und der wenig später eines der Grün- dungsmitglieder der RAF war.

Wenngleich der insbesondere von Teilen der Boulevard-Presse unternommene Versuch, Verteidiger und RAF auf eine Stufe zu stellen, nicht zu billigen ist, so muss gleichwohl festgehalten werden, dass eine „Fortschreibung“ der RAF- Geschichte auch nach der Inhaftierung der führenden Mitglieder der „ersten Generation“ ohne das Engagement ihrer Anwälte schlichtweg nicht vorstellbar gewesen wäre41. Ihre Interpretation eines Mandatsverhältnisses erschöpfte sich keineswegs in der juristischen Vertretung vor Gericht. Die Kanzleien von Kurt Gronewold und Klaus Croissant dienten etwa als „info“-Zentralen. Die Mitarbei- ter vervielfältigten in den Büroräumen die Schreiben der Gefangenen und leiteten sie anschließend in die verschiedenen Haftanstalten weiter42.

Die Behauptung Ströbeles, die Verteidiger hätten „nie im Auftrag der Gefange- nen aus der RAF Rote Hilfen, Komitees oder ähnliches als Hilfstruppen der RAF oder zur Propagierung der Politik und Praxis der Metropolenguerilla initiiert, or- ganisiert oder gar gelenkt“43, hält einer quellenkritischen Überprüfung nicht stand. Erst das Engagement einiger RAF-Verteidiger machte die Konstituierung der „zweiten Generation“ möglich, waren sie es doch, die die Gründung der „Ko- mitees gegen Folter“ organisierten und eine durchaus einseitige und massiv ver- zerrte Debatte um die Haft- und Prozessbedingungen schürten44. Eine Quellen- analyse zeigte jedenfalls, dass die gezielte Polarisierung und Radikalisierung des Diskurses über den staatlichen Umgang mit den „politischen Gefangenen“ und

38 Zit. n. Anonym: Finster schaut’s aus, S. 29.

39 Ebd.

40 Etwa Jörg Lang, Siegfried Haag und Eberhard Becker (vgl. Reinecke: Die linken Anwälte, S. 950).

41 Die Autorin ist sich bewusst, dass das Handeln der Wahlverteidiger durchaus differenziert betrachtet werden muss und nicht verallgemeinert werden darf. Allerdings setzten sich alle

„Wahlverteidiger“ in der einen oder anderen Weise für die Gefangenen ein, so dass eine ge- wisse Verallgemeinerung vertretbar erscheint.

42 Vgl. Gätje: „info“-System, S. 718 ff.

43 Ströbele: Verteidiger im Verfahren, S. 52.

44 Dabei bezieht sich diese Kritik am Verhalten der Anwälte nicht auf das Anprangern tatsächli- cher Missstände, sondern auf die gezielte Lancierung falscher Behauptungen.

(10)

nicht lediglich eine angemessene Verteidigung oder gar die Sicherung des Rechts- staats das eigentliche Ziel der anwaltlichen Strategie war.

Die Einführung des § 129a Strafgesetzbuch im Sommer 1976 Nur wenige Monate nach der beschlossenen Neuregelung der Strafprozessord- nung brachte die CDU/CSU-Fraktion im Frühjahr 1975 erneut einen Gesetzes- entwurf für die Überwachung des Verteidigerverkehrs ein45. Die Oppositionspar- teien nahmen hierfür die Entführung des Berliner CDU-Politikers Peter Lorenz und den Überfall auf die deutsche Botschaft in Stockholm zum Anlass. Beide An- schläge hatten offenkundig werden lassen, dass die Freilassung der Inhaftierten unbedingt durchgesetzt werden sollte. Für Empörung sorgte, dass Baader, Ensslin, Raspe und Meinhof ganz offensichtlich über den geplanten Anschlag informiert gewesen waren und sich im April 1975 auf ihre Freilassung vorbereitet hatten.

Karl-Heinz Dellwo berichtete später, dass Baader direkten Einfluss darauf genom- men habe, wer an diesem „Kommando“ beteiligt werden sollte. So sei er in das

„Kommando Holger Meins“ aufgenommen worden, weil er bei Baader einen „gu- ten Namen“ gehabt habe46.

Im Verlauf des Jahres 1975 brachten die Fraktionen insgesamt sechs Gesetzes- initiativen in den Bundestag ein, die die Bildung einer terroristischen Vereinigung unter Strafe stellen sollten. Im Sommer 1975 veröffentlichte die CDU/CSU-Frak- tion zusätzlich ein „Offensivkonzept zur Bekämpfung des anarchistischen Ter- rorismus“47. Dieses Konzept integrierte wesentliche Elemente des konservativen Diskurses der 1970er Jahre: Erstens die Annahme, dass linke Intellektuelle und

„68er-Bewegung“ eine Art „geistigen Nährboden“ für den Terrorismus geschaffen hätten. Zweitens die Forderung nach einer Verschärfung der geltenden Gesetzes- lage und nach einem Ausbau der Sicherheitsbehörden sowie drittens die Auffor- derung zu einer „geistig-politischen Auseinandersetzung mit dem Terrorismus“48. Die Idee eines im Bereich der Ordnungs- und Sicherheitspolitik „starken Staates“

stand im Mittelpunkt dieses Konzepts.

Im Gegensatz zum Dezember 1974, als relativ rasch ein Konsens über die Ver- schärfung der Strafprozessordnung hergestellt werden konnte, gestaltete sich eine Einigung im Wahlkampfjahr 1976 deutlich schwieriger. Erst kurz vor der Bundes- tagswahl verabschiedete der Bundestag im August 1976 ein Gesetz, das weitge- hend mit dem von der Regierungskoalition eingebrachten Entwurf überein-

45 Vgl. Schulte: Anti-Terrorismus-Gesetzgebung, S. 120.

46 Dellwo: Kein Ankommen, kein Zurück, S. 105 f. Auch wollte Horst Bubeck während der Bot- schaftsbesetzung eine Art „Siegeszuversicht und Reisestimmung“ bei den Gefangenen ausge- macht haben (zit. n. Oesterle: Stammheim, S. 188).

47 Vgl. Hans-Gerd Jaschke: Streitbare Demokratie und Innere Sicherheit. Grundlagen, Praxis und Kritik, Opladen 1991, S. 183 ff.; Wilhelm Mensing: Zum „Offensivkonzept zur Bekämp- fung des anarchistischen Terrorismus“ aus der CDU/CSU, in: Terrorismus contra Rechtsstaat, hrsg. v. Rudolf Wassermann, Darmstadt/Neuwied 1976, S. 163–187.

48 Zit. n. Jaschke: Innere Sicherheit, S. 184.

(11)

stimmte. Die Union monierte, dass auch dieses Gesetz kein „wirklich wirksamer Beitrag zur besseren Bekämpfung terroristischer Gewaltkriminalität“49 sei.

Die wichtigste rechtliche Neuerung war die Einführung des Straftatbestands der Bildung einer terroristischen Vereinigung (§ 129a StGB), eine Art „maßge- schneiderte Antwort des materiellen Rechts auf die Verbrechen der RAF und Be- wegung 2. Juni“50. Zuvor konnten Mitglieder linksextremistischer Gruppierungen – sofern keine weitere Straftat vorlag – nur auf Grundlage des § 129 StGB, der die Bildung einer kriminellen Vereinigung unter Strafe stellte, angeklagt und verur- teilt werden; die Einführung des Straftatbestands der Bildung einer terroristi- schen Vereinigung bot dagegen unter anderem die Möglichkeit, erheblich längere Freiheitsstrafen zu verhängen.

Weiterhin wurde auch der Verteidigerausschluss dahingehend ausgeweitet, dass ein einmal ausgeschlossener Anwalt seinen ehemaligen Mandanten nicht mehr aufsuchen und auch Mitbeschuldigte des Verfahrens nicht mehr vertreten durfte (§ 138a Abs. 4, 5 StPO). Schließlich konnte seit dem Sommer 1976 der postalische Verkehr zwischen Gefängnisinsassen, denen die Generalbundesanwaltschaft Straf- taten gemäß § 129a zur Last legte, und ihren Anwälten von einem Richter einge- sehen werden (§ 148 Abs. 2 StPO). Strafverteidiger wie Hans Dahs monierten, diese Neuregelung bedeute einen Einbruch in das Vertrauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt. Das Grundrecht des Beschuldigten würde dadurch in so

„fundamentaler Weise“ beschnitten, dass man ihn letztlich als unverteidigt anse- hen müsse51.

Ihr wesentlichstes Ziel erfüllte diese gesetzliche Neuregelung indes. Das „info“- System in seiner seit 1972 etablierten Form konnte seit Einführung des § 129a StGB nicht mehr aufrechterhalten werden, da der postalische Verkehr nun von einem unabhängigen, nicht mit dem Strafverfahren befassten Richter eingesehen werden durfte. Lediglich der persönliche Kontakt zwischen Anwalt und Mandan- ten blieb weiterhin unüberwacht.

Keine Mehrheit im Parlament fand dagegen die von Gustav Heinemann ange- regte und auch vom Bundesrat favorisierte Einführung einer Kronzeugenregelung.

Von einem „Handel mit Strafe“52 befürchteten die Mitglieder der Regierungspar- teien einen zu großen Schaden für das bundesdeutsche System der Rechtspflege und eine „Beeinträchtigung des Legalitätsprinzips“53. Die Vorbehalte der Bundes- tagsmehrheit gegen eine solche Regelung führten dazu, dass es im Sommer 1976 keine gesetzliche Regelung gab, die die Aussagen von „Kronzeugen“ vor Gericht rechtlich sanktioniert hätte. Ein entsprechendes Gesetz verabschiedete der Bundes-

49 Redebeitrag Gerhard Kunz (CDU): Stenographischer Bericht, 253. Sitzung vom 24. Juni 1976, in: PA BT, VII 456 A1, S. 17994.

50 Zit. n. Schulte: Anti-Terrorismus-Gesetzgebung, S. 125.

51 Zit. n. Peters: Tödlicher Irrtum, S. 335.

52 Rudolf Wassermann: Sicherung oder Aushöhlung des Rechtsstaates? in: Terrorismus contra Rechtsstaat, S. 125–162, hier S. 144.

53 Schulte: Anti-Terrorismus-Gesetzgebung, S. 121.

(12)

tag erst 1989 mit einer zeitlichen Befristung54. Dennoch sagten im Prozess gegen die Hauptangeklagten der RAF mehrfach Personen aus, mit denen die Bundes- anwaltschaft ganz offensichtlich zuvor einen „Deal“ ausgehandelt hatte55.

Die parlamentarische Debatte, die der Verabschiedung des § 129a StGB voraus- gegangen war, hatte einmal mehr offenbart, dass der Bundestag unter dem Ein- druck der linksextremistischen Gewalt verstärkt die Frage verhandelte, welcher Prämisse – der „Freiheit“ oder der „Sicherheit“ – im Rahmen des geltenden Rechts der Vorrang eingeräumt werden sollte. Die Unionsparteien vertraten den Stand- punkt, dass „Freiheit“ ohne ein gewisses Maß an „Sicherheit“ nicht denkbar sei und folglich eine Abwägung zwischen der „Freiheit“ des Einzelnen und der „Si- cherheit“ der Mehrheit erfolgen müsse56. Dagegen war der Schutz der individuel- len Freiheitsrechte gegenüber dem „Staat“ noch eine der zentralen Forderungen des Nürnberger Parteitages der SPD des Jahres 1968 gewesen, der die Perspekti- ven sozialdemokratischer Politik in den 1970er Jahren ausloten sollte57. Im Som- mer 1976 betonten Mitglieder der SPD jedoch erstmals, dass „Instrumente zur Erhaltung des Rechtsstaates […] nicht zu seiner Aushöhlung“58 beitragen dürf- ten. Die von Unionsparteien und Medien vertretenen Positionen, die wiederum die öffentliche Meinung beeinflussten, nahmen maßgeblich Einfluss auf diesen Paradigmenwechsel59.

Die eigentliche Bedeutung der Einführung des § 129a StGB lag letztlich darin, dass damit erstmals eine spezifische „Anti-Terrorismus-Gesetzgebung“ geschaffen wurde. Personen, die Vergehen nach § 129a StGB verdächtig waren, unterlagen von nun an in der Haft anderen Bedingungen als „normale“ Untersuchungshäftlinge.

Damit musste der Gesetzgeber indirekt einräumen, dass die Schaffung eines spezi- ellen Straftatbestands nötig geworden war, weil Mitglieder terroristischer Vereini- gungen eben keineswegs nur gewöhnliche Schwerkriminelle waren. Diese Entwick- lung stand aber wiederum in einem deutlichen Widerspruch zu der von Gericht und Bundesanwaltschaft im Stammheim-Prozess verfolgten Argumentationslinie.

Das Gerichtsgebäude als räumliche Manifestation der Auseinandersetzung

An keinem anderen Ort wurde die „Exterritorialisierung“ der RAF aus dem „Dis- kurs der Normalität“60 so manifest wie an dem Ort des Gerichtsverfahrens. In den Jahren 1974 und 1975 baute das Land Baden-Württemberg in unmittelbarer

54 Ebd., S. 166.

55 Hierauf wird in Kapitel IV.3 noch einzugehen sein.

56 Vgl. Redebeitrag Klein (CDU): Stenographischer Bericht, 253. Sitzung vom 24. Juni 1976, in:

PA BT, VII 456 A1, S. 18002; Roman Herzog: Recht und Schutz des einzelnen. Freiheit und Sicherheit im demokratischen Staat, in: Die Politische Meinung 166 (1976), S. 7–13, hier S. 11.

57 Vgl. Jaschke: Innere Sicherheit, S. 192.

58 Zit. n. ebd., S. 194.

59 In diesem Sinne äußerte sich zumindest der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Wil- fried Penner (ebd., S. 195).

60 Balz: Terroristen, S. 152.

(13)

Nähe zum Gefängnis ein Gerichtsgebäude, ein „Denkmal aus Stahl und Beton“61. Die Entscheidung, einen Gerichtssaal für einen Prozess zu errichten, ist einmalig in der bundesdeutschen Justizgeschichte62.

Die treibende Kraft hinter dem Neubau war nicht das Land Baden-Württem- berg, sondern der Bund. Dessen Interesse an Stammheim als Verhandlungsort zeigte sich nicht zuletzt an dessen finanziellem Engagement. Nachdem General- bundesanwalt Ludwig Martin das Oberlandesgericht Stuttgart als Verhandlungs- ort bestimmt hatte, übte dieses die Gerichtsbarkeit für den Bund aus. Deshalb konnte das Land Baden-Württemberg eine Erstattung der entstandenen Auslagen einfordern. Die äußerst rasche und generöse Zusage der Bundesregierung, den Großteil der Kosten zu übernehmen, war dem Wunsch geschuldet, einen baldigen Prozessbeginn nicht durch langwierige Verhandlungen zu verzögern63.

Im Gegensatz zu der III. Abteilung des Gefängnisses war das Gerichtsgebäude von Stammheim tatsächlich als ein „Hochsicherheitsraum“ konzipiert. „Stamm- heim“, zunächst „nur“ der Ort der Inhaftierung der führenden Mitglieder der RAF, wurde damit gleichsam zu einer Gerichtsstätte. Die Möglichkeit, in unmit- telbarer Nähe der Haftanstalt ein weiteres Gebäude errichten zu können, und die

„Reputation“ Stammheims als „sicherste Haftanstalt“ im Bundesgebiet waren ausschlaggebend für die Verlegung von Raspe, Baader, Meinhof und Ensslin.

Welch großen Einfluss der Neubau auf die Rezeption „Stammheims“ insgesamt hatte, zeigt die Tatsache, dass mitunter noch heute die Vorstellung präsent ist, der gesamte Gebäudekomplex von Stammheim, also Haftanstalt und Gerichtsgebäu- de, seien ausschließlich im Hinblick auf das Gerichtsverfahren gegen Baader, Enss- lin, Raspe und Meinhof errichtet worden64.

Obwohl es sich bei beiden Gebäudekomplexen streng genommen um getrenn- te Einheiten handelt, behaupteten die Medien, Stammheim werde „von der Straf- anstalt zur Festung“ verwandelt65. Dieser Vorwurf war schwerwiegend, weil damit zwei verfassungsrechtlich getrennte Bereiche – nämlich die der Exekutive oblie- gende Organisation des Haftvollzugs und die in den Verantwortungsbereich der Judikative fallende Durchführung des Gerichtsverfahrens – diskursiv miteinander verwoben wurden. Damit setzte sich nun wiederum die Vorstellung durch, der Bau des Gerichtsgebäudes hätte auch eine Rückwirkung auf die Haftsituation der RAF-Gefangenen gehabt. Exemplarisch für eine dahingehende Deutung stehen

61 Aust: Baader-Meinhof-Komplex, S. 467.

62 Auch der Prozess gegen das RAF-Mitglied Ronald Augustin fand 1975 in einem extra für diesen Zweck errichteten und an die Haftanstalt angrenzendem Gerichtsgebäude statt.

63 Vgl. Anonym: Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Baden-Württemberg vom 29. Mai 1974, in: HStAS, EA 2/303 Bü 1156; Landesjustizmi- nisterium: Schreiben an das Staatsministerium Baden-Württemberg vom 11. Juni 1974 (Ka- binettsache). Betr.: Strafverfahren vor dem Oberlandesgericht Stuttgart gegen Andreas Baader u. a., in: HStAS, EA 2/303 Bü 1160, S. 4.

64 Vgl. Anonym: Gesprächsvermerk vom 22. Januar 1974: Betr.: Prozess gegen Mitglieder der Baader-Meinhof-Bande, in: HStAS, EA 2/303 Bü 1155.

65 Hans Schueler: Finale in der Festung Stammheim, in: Die Zeit 21 (1975), unter: www.zeit.

de/1975/21/Finale-in-der-Festung-Stammheim, letzter Zugriff 25. Mai 2008.

(14)

die Ausführungen des Kulturwissenschaftlers Andreas Musolff, der sich in seinem Beitrag „Terrorismus im öffentlichen Diskurs der BRD“ zu der Behauptung hin- reißen ließ, für „den Großprozess gegen den harten Kern“ sei in Stuttgart-Stamm- heim „ein ‚Hochsicherheits‘-Gefängnis errichtet“ worden66. Tatsächlich verzichte- te die Landesregierung von Baden-Württemberg ganz bewusst darauf, das Ge- richtsgebäude mit dem Gefängnis durch einen unterirdischen Gang verbinden zu lassen, um dem Vorwurf keinen Vorschub zu leisten, in Stammheim werde das Prinzip der Gewaltentrennung nicht beachtet. Nur deshalb mussten die Ange- klagten an den Gerichtstagen vom Gefängnis extra abgeholt und zum Gerichtsge- bäude gefahren werden.

Die offiziellen Verlautbarungen, wonach in Stammheim lediglich eine nur kurzfristig für den Prozess genutzte „Mehrzweckhalle“ entstehe, blieben gleich- wohl unglaubwürdig.Und tatsächlich nutzte das Oberlandesgericht Stuttgart den Bau in den vergangenen 40 Jahren ausschließlich als Gerichtssaal67.

Die Diskurse, die sich an der Architektur des Gerichtsgebäudes manifestierten, kreisten um die Begriffe „Vorverurteilung“ versus „Sicherheit“. Die Verteidiger der RAF argumentierten, die gesetzlich garantierte Unschuldsvermutung würde be- reits durch die Architektur und die Sicherheitsmaßnahmen konterkariert. Eine angemessene Verteidigung hielten die Anwälte angesichts eines „Klimas der öffentlichen Vorverurteilung“ bereits vor Eröffnung der Hauptverhandlung für

„nicht mehr möglich“. Der Neubau sei weniger „ein Gerichtsgebäude als vielmehr […] eine Polizeifestung“ und „gewissermaßen der vorweggenommene Schuld- spruch in Stahlbeton und Panzerglas“. Die Kritiker zweifelten die Unabhängigkeit des Gerichts an, das unter dem Zwang stehe, die Vorverurteilung durch Politik und Medien nachzuvollziehen, und die späte „Rechtfertigung für den Ausnahme- zustand“ liefern zu müssen. Klaus Croissant behauptete, dass ein „Prozess unter solchen Umständen“ nicht mehr mit dem Gebot eines fairen Verfahrens vereinbar sei. Ziel des Prozesses sei „nicht die Wahrheitsfindung“, sondern „die Vernichtung sozialistischer und antiimperialistischer Revolutionäre“, wobei die „moderne Fol- termethode der Isolierhaft“ der Vorbereitung zur „Vernichtung“ der Gefangenen im Rahmen des Strafprozesses gedient habe68. Die Verteidiger der RAF stellten den Bau damit als eine weitere staatliche Willkürmaßnahme dar.

66 Andreas Musolff: Terrorismus im öffentlichen Diskurs der BRD. Seine Deutung als Kriegs- geschehen und die Folgen, in: Terrorismus in der Bundesrepublik. Medien, Staat und Subkul- turen in den 1970er Jahren, hrsg. v. Klaus Weinhauer u. a., Frankfurt a. M. 2006, S. 302–319, hier S. 309.

67 So diente das Gebäude beispielsweise in den Jahren 2010 bis 2012 als Verhandlungsort für den Prozess gegen Verena Becker, wegen ihrer möglichen Beteiligung am Mordanschlag auf Siegfried Buback. Zuletzt wurde dort außerdem gegen drei Personen verhandelt, denen vorgeworfen wurde, den sogenannten Islamischen Staat (IS) unterstützt zu haben (vgl. Wenke Böhm: Dschi- hadisten-Prozess in Stuttgart. Ismail I. gibt Fehler zu, in: Stuttgarter Zeitung vom 18. März 2015, unter: http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.dschihadisten-prozess-in-stuttgart-ismail-i- gibt-fehler-zu.fe21d007-991e-4fe3-9679-d78ebbc7ec9e.html, letzter Zugriff: 15. Mai 2015).

68 Andreas Baader u. a.: Klage gegen das Land Baden-Württemberg vom 24. Mai 1974, in: HIS Ba, A/023,002. In diesem Sinn äußerte sich auch Otto Schily, der in der Architektur einen

(15)

Dagegen argumentierte das Justizministerium Baden-Württemberg, die beson- dere Gefährlichkeit der Angeklagten mache die speziellen Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. Und in der Tat war der Entschluss zugunsten eines Neubaus zugleich eine Reaktion auf eine antizipierte Bedrohung. Das Justizministerium befürchte- te, der lange Transport vom Gefängnis zum Oberlandesgericht Stuttgart berge ein zu hohes Risiko für mögliche Anschläge auf den Konvoi. Nachdem die Entschei- dung für den Bau eines Gerichtsgebäudes gefallen war, drängte das Innenministe- rium darauf, alle „baulichen und technischen Sicherungsmöglichkeiten“ auszu- schöpfen, um die Einsatzkräfte entlasten zu können und Risiken zu minimieren69. Der Überfall auf die Deutsche Botschaft in Stockholm sowie die Entführung von Peter Lorenz im Frühjahr 1975 machten sodann deutlich, dass die Angst vor möglichen Befreiungsaktionen nicht unberechtigt war. Zudem hatte es bereits im Herbst 1974 konkrete Hinweise auf einen geplanten Anschlag gegeben70. Zwar konnte den Verdächtigen keine direkte Verbindung zur RAF nachgewiesen wer- den und die Ermittler bezweifelten nach einer ersten Vernehmung stark, dass die Festgenommenen tatsächlich in der Lage gewesen wären, ein Attentat auch durch- zuführen71. Dennoch zeigte dieser Vorfall, dass das Gerichtsgebäude aufgrund seiner Symbolkraft ein potentiell „attraktives“ Anschlagsziel war, um öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen. Kurz vor Prozessbeginn warnte zudem eine vom Land Baden-Württemberg in Auftrag gegebene Studie vor möglichen Tumulten und Demonstrationen sowie vor Sprengstoffanschlägen, Geiselnahmen und An- griffen aus der Luft auf Prozessgebäude oder Fahrzeuge von Richtern und Bun- desanwälten72. Infolgedessen verschärfte das Innenministerium von Baden-Würt- temberg die Sicherheitsvorkehrungen kurz vor Prozessbeginn noch einmal.

Die Medien bewerteten den Gebäudecharakter durchaus unterschiedlich. Im Gegensatz zum Jahr 1963, als die Zeitungen noch sehr wohlwollend über die Ein- weihung der Haftanstalt berichtet hatten, stellten nun viele Journalisten den ab- stoßenden Charakter des Gebäudes in den Mittelpunkt ihrer Reportagen. So schrieb etwa der Reporter der Stuttgarter Nachrichten, „das Prozessgebäude […]

gleiche einer Festung aus Beton: Enge, blaugestrichene Eingangsschleusen mit Untersuchungskabinen, hohe Stacheldrahtzäune, Fernsehkameras, Kunststoff-

Beweis für die „Vorverurteilung“ der Angeklagten und die Absicht des „Staates“, in Stamm- heim einen „Schauprozess“ führen zu wollen, ausmachte (Otto Schily: Eher eine Art Schau- prozess. Interview, in: Konkret vom Januar 1975, PressDok DBT, A 301-3/21).

69 Vgl. Anonym: Undatierte Studie. Bedarf an Polizeikräften für die Durchführung von Schutz- maßnahmen anlässlich des Baader-Meinhof-Prozesses, vermutlich Frühjahr 1975, in: HStAS, EA 2/303 Bü 1157.

70 Vgl. LKA Baden-Württemberg: Bericht vom 8. Oktober 1974. Betr.: Ermittlungsverfahren ge- gen W.K., K.H. und M.U. wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung i. S. v. § 129 StGB, in: HStAS, EA 2/303 Bü 1157.

71 Diese behaupteten, sie hätten überlegt, in Form eines „Stoßtrupps“ in das Gebäude einzu- dringen und während der Verhandlung einen Sprengsatz zu zünden.

72 Vgl. Anonym: Undatierte Studie. Die Studie identifizierte die am Prozess beteiligten Richter und ihre Angehörigen, Vertreter der Bundesanwaltschaft sowie weitere Prozessbeteiligte wie Zeugen und Sachverständige als gefährdete Personen.

(16)

Stahl-Netze über Dächern und Freiräumen gegen Wurf- und Flugkörper. Und überall schwer bewaffnete Polizisten, deren Zahl keiner der hier für die Sicherheit Verantwortlichen nennen will“73. Andere referierten ebenfalls über den Festungs- charakter und die massiven Sicherheitsmaßnahmen und bezeichneten diese als den Versuch, ein Höchstmaß an Sicherheit zu garantieren74. Dass diese negative Charakterisierung der physischen Dimension des Gerichtsgebäudes allerdings kein Konsens war, zeigte sich am Beispiel der Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. In Anbetracht des Gerichtsgebäudes – so der Tenor hier – könne der Eindruck entstehen, „das Land Baden-Württemberg habe als Bauherr […] nichts anderes im Sinne gehabt, als […] zu entdramatisieren und abzu- kühlen“75. Die verschiedentlich geführte Behauptung, der Bau erinnere an eine

„Polizeifestung“, stellte der Verfasser dagegen in Abrede.

Eine durchaus bemerkenswerte Würdigung des architektonischen Erschei- nungsbilds verfasste Werner Hill für den Vorwärts. Für ihn waren die der bauli- chen Gestaltung zugrunde liegenden Überlegungen „Inbegriff und Monument“

einer Entwicklung, die der Bürgerschaft durch verstärkte Sicherheitsmaßnahmen ursprünglich die „Angst nehmen und Vertrauen schaffen“ wollten. Gleichsam warnte Hill davor, dass diese „Prozessstätte und die ihr einprogrammierte Funk- tionalität“ auch „sinnhafte Warnungen vor einer Entwicklung“ seien, die „unsere freie Gesellschaft an ein Ende bringen könnte“76.

2. Freiheit und Aufmerksamkeit für die Angeklagten:

Die Strategie der Verteidiger

Noch während des laufenden Verfahrens gegen die Hauptangeklagten der RAF prophezeite Bundesanwalt Heinrich Wunder, dass dieser Prozess „künftig Juristen und Historiker beschäftigen werde77. Allerdings hat bis heute keine ausreichende historische Aufarbeitung des prominentesten Verfahrens gegen Mitglieder einer linksextremistischen Gruppierung stattgefunden. Eine der wenigen Ausnahmen stellte die Habilitationsschrift der Historikerin Gisela Diewald-Kerkmann „Frau- en, Terrorismus und Justiz“ dar. Allerdings untersuchte Diewald-Kerkmann ver- schiedene Strafprozesse gegen weibliche Mitglieder linksextremistischer Gruppie-

73 Karl Geibel: Stammheim – Tribut an die Sicherheit, in: Stuttgarter Nachrichten vom 29. April 1975.

74 Vgl. Anonym: Das Gerichtsgebäude gleicht einer Festung. Stuttgarter Anarchisten-Prozess von nie dagewesenen Sicherheitsmaßnahmen begleitet, in: Heilbronner Stimme vom 15. April 1975.

75 Anonym: Beton-Labyrinth für vier Angeklagte, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29. April 1975.

76 Werner Hill: Der Prozess: Geht Sicherheit vor Recht? in: Vorwärts Bonn vom 29. Mai 1975.

77 Gisela Diewald-Kerkmann: Der Stammheim-Prozess. Vorgeschichte, Verlauf und Wirkung, in: Die bleiernen Jahre. Staat und Terrorismus in der Bundesrepublik Deutschland und Italien 1969–1982, hrsg. v. Johannes Hürter und Gian Enrico Rusconi, München 2010, S. 53 62, hier S. 53.

(17)

rungen in der Bundesrepublik und nicht ausschließlich den Prozess gegen Baader, Ensslin, Raspe und Meinhof in Stammheim. Aus dem juristischen Bereich sind bislang drei detaillierte Studien erschienen78.

Die Erinnerung an den Prozess ist seit Mitte der 1980er Jahre stark überlagert von Stefan Austs „Baader-Meinhof-Komplex“. Aust stellte die Konfrontation zwi- schen Angeklagten und Gericht in den Mittelpunkt seiner Darstellung. Zuletzt wies allerdings Diewald-Kerkmann darauf hin, dass das Bild einer „brutalen Konfrontation zwischen dem Gericht und den Angeklagten“79 einer Korrektur bedürfe, würden doch die 2007 aufgefundenen Tonbanddokumente eine akus- tisch andere Atmosphäre vermitteln80. Die Tonbandmitschnitte zeigten jedenfalls, dass die Wortgefechte zwischen Anwälten und Gericht den Verfahrensablauf tatsächlich sehr viel stärker dominierten als die verbalen Auseinandersetzungen zwischen Gericht und Angeklagten81.

Die Brisanz des Verfahrens ergab sich daraus, dass es sich bei dem Prozess auch um ein „Politikum“ und letztlich eine „Spiegelung gesellschaftlicher Konflikte“82 handelte. Den ganz wesentlichen Zweck eines jeden Strafverfahrens, die „Rechts-

78 Vgl. Bakker Schut: Stammheim; Tenfelde: Strafjustiz; Mehlich: Der Verteidiger. Schon 1986 legte der niederländische Anwalt Pieter Bakker Schut seine Dissertationsschrift „Stammheim.

Der Prozess gegen die Rote Armee Fraktion“ vor, in der er minutiös den Verfahrensablauf nachzeichnete und analysierte. Der von Bakker Schut gewählte Untertitel „Die notwendige Korrektur der herrschenden Meinung“, der als Replik auf Austs „Baader-Meinhof-Komplex“

gedacht war, war zugleich als „Programm“ zu verstehen, lässt doch der Autor die notwendige kritische Distanz zu Verteidigern und Angeklagten weitgehend vermissen. Christopher Ten- felde beleuchtete in seiner 2009 erschienenen juristischen Dissertation „Die Rote Armee Frak- tion und die Strafjustiz“ die Umsetzung der legislativen Neuregelungen am Beispiel des Stammheimer Verfahrens. Tenfelde kam zu dem Ergebnis, dass Stammheim weder ein

„Schauprozess alter Prägung“ noch ein „Politischer Prozess“ in dem Sinne gewesen sei, dass gegen die Angeklagten tatsächlich nur aufgrund ihrer politischen Gesinnung prozessiert wor- den wäre. Damit widersprach er der von den Angeklagten und ihren Verteidigern geführten Behauptung. Allerdings kritisierte Tenfelde, dass das Verfahren in Stammheim ein „Neuer Po- litischer Prozess“ gewesen sei, weil der „Staat“ und die RAF ihn dazu „gemacht“ hätten. Wäh- rend die Wahlverteidiger ihrerseits auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Garantien pochten, hätten sie gleichzeitig keinerlei Bereitschaft erkennen lassen, selbst zu einem geregelten Ver- fahrensablauf beizutragen. Gleichzeitig seien durch den „Staat“ rechtsstaatliche Prinzipien wie etwa die Unschuldsvermutung und die Waffengleichheit zwischen Angeklagten und Staatsanwaltschaft angetastet worden. Auch sollte nach dem Willen der Verantwortlichen von diesem Verfahren eine Signalwirkung ausgehen (vgl. Tenfelde: Strafjustiz, S. 235 ff.).

79 Willi Winkler/Claudia Tieschky: Der Aust-ARD-Komplex, in: Süddeutsche Zeitung vom 1. Au- gust 2007, unter: http://www.sueddeutsche.de/kultur/aust-und-die-raf-in-den-tagesthemen- der-aust-ard-komplex-1.773313, letzter Zugriff: 11. Dezember 2012.

80 Im Sommer 2007 wurden Originaltonbandmitschnitte des Verfahrens aufgefunden. (Zu den Widersprüchlichkeiten in Zusammenhang mit der Auffindungssituation vgl. Gisela Diewald- Kerkmann: Die Rote Armee Fraktion im Original-Ton: Die Tonbandmitschnitte vom Stutt- garter Stammheim-Prozess, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary Histo- ry 5 (2008), Online-Ausgabe unter: www.zeithistorische-forschungen.de/16126041-Diewald- Kerkmann-2-2008, letzter Zugriff: 28. September 2011.) Im Gegensatz zum Wortprotokoll, das im Bundesarchiv in Koblenz überliefert ist, vermitteln diese Mitschnitte einen Eindruck von der Atmosphäre im Gerichtssaal.

81 Vgl. Die Stammheim-Bänder (Tondokument): Baader-Meinhof vor Gericht, Berlin 2008.

82 Diewald-Kerkmann: Stammheim-Prozess, S. 53.

(18)

friedensfunktion“83, konnte der Prozess gerade deshalb nicht erfüllen. Gericht, Angeklagte und Anwaltschaft rangen dagegen um zwei weitere Zielsetzungen ei- ner jeden Gerichtsverhandlung: Die „Feststellung des staatlichen Strafanspruchs“

und die „Gewährung eines rechtstaatlichen Verfahrens“84.

Besonderheiten des Verfahrens

„Rechtsprechen“, so urteilte die Kulturhistorikerin Cornelia Vismann, „findet statt, es hat eine Stätte und es vollzieht sich nach einem geregelten und wiederholbaren Ablauf“85. Die „Technik des Rechtsprechens“ ist laut Vismann durch eine „zweifa- che Grundmodalität gerichtlicher Verfahren, seine Rahmung als Theater und Kampf“ bestimmt. Dabei sei das „agonale Dispositiv“ insbesondere für jene For- men der gerichtlichen Auseinandersetzung „reserviert“, die „aus der Normalord- nung des Gerichts herausfallen“ würden, während das „Gerichthalten selbst auf das theatrale Dispositiv verpflichtet“ sei86. Zweck eines jeden Gerichtsverfahrens sei – so Vismann – die Transformation eines strittigen „Dings“ in eine „aus- sprechbare Sprache“, da nur „Dinge, die zur Sache geworden sind […] im Recht angekommen“87 seien. Aufgabe des Richters, der als „Dramaturg“ agiere, sei die Übersetzung des „Dings“ in eine verhandelbare Sprache.

Zu einer ganz ähnlichen Einschätzung gelangte auch der Historiker Jörg Re- quate. Laut Requate sind „Gerichtsprozesse […] klar geregelte, hoch ritualisierte Verfahren, die ihre Legitimation zu einem großen Teil gerade durch die Einhal- tung der strengen Verfahrensregeln ziehen“. Das Verfahren gebe der „Tat seine Ordnung“ zurück, nachdem den Angeklagten im Strafprozess die Verletzung eben dieser Ordnung vorgeworfen würde. Da die Öffentlichkeit „konstitutiver Bestand- teil“ eines jeden Strafprozesses sei, kommunizierten die Beteiligten nicht nur unter einander, sondern immer auch nach außen88.

83 Werner Beulke: Strafprozessrecht, 10. völlig neu bearb. Aufl., Heidelberg 2008, S. 4.

84 Ebd., S. 3.

85 Cornelia Vismann: Medien der Rechtsprechung, Frankfurt a. M. 2011, S. 17. Der genaue Ab- lauf von Gerichtsverhandlungen wird in der Bundesrepublik vor allem durch die Gerichts- verfassungsgesetze geregelt.

86 Ebd., S. 17.

87 Ebd., S. 20.

88 Requate: Demokratisierung der Justiz, S. 192. Beatrice de Graaf untersuchte und kategorisier- te Prozesse gegen Terroristen anhand der Kommunikationsstrategie der Angeklagten und den Reaktionen der Öffentlichkeit. Sie kam zu dem Schluss, dass der Prozess gegen die Haupt- angeklagten der RAF in erster Linie eine kommunikative Fortsetzung des terroristischen Kampfes gewesen sei. Die Angeklagten hatten demnach den „gemeinsamen Kommunika- tionsmodus“ gesprengt. Auch präsentierten sie eine „alternative Version von Recht und Ge- rechtigkeit“, versuchten das „Verfahren zu politisieren und missachteten die juridischen Kon- ventionen im Gerichtssaal“. (Beatrice de Graaf: Terroristen vor Gericht. Terrorismusprozesse als kommunikative Fortsetzung des Kampfes um Recht und Gerechtigkeit, in: Gewalt ohne Ausweg?, hrsg. v. Klaus Weinhauer und Jörg Requate, Frankfurt a. M./New York 2012, S. 281–

298, hier S. 288). Wenngleich diese Charakterisierung auf den Prozess in Stammheim durch- aus zutraf, so erscheint die von de Graaf vorgenommene Kategorisierung als zu schematisch.

(19)

Der Rechtssoziologe und Richter Theo Rasehorn, der den eigenen Berufsstand in den 1960er Jahren massiv kritisierte, unterschied zwei Ebenen, die das öffentli- che Verfahren im 20. Jahrhundert zu erfüllen habe. Erstens die Präsentation der Justiz als „Repräsentant der Gerechtigkeit im Staat“ und zweitens die „Erlebnisbe- reicherung für den Bürger“ durch die Inszenierung des Verfahrens als „Theater und Show“89.

Bereits diese grundsätzlichen Überlegungen bilden ein Raster um darzulegen, warum der Prozess gegen die führenden Mitglieder der „ersten Generation“ kein gewöhnliches Verfahren war90. Erstens dominierte in Stammheim die von Vis- mann als „agonales Dispositiv“ bezeichnete Auseinandersetzung zwischen Ge- richt und Vertretern der Anklage auf der einen Seite und Angeklagten wie ihren Verteidigern auf der anderen den gesamten Verfahrensablauf. Die Angeklagten und ihre Verteidiger betrachteten den Gerichtssaal nicht als „Stätte der Rechtfer- tigung“, sondern als Ort der „Agitation“91. Im Gegensatz zum Gefängnis, wo die Gefangenen nicht direkt mit der Öffentlichkeit kommunizieren konnten, musste die Öffentlichkeit im Gerichtssaal von Stammheim zugelassen werden. Darüber hinaus war es den Angeklagten hier möglich, sich öffentlich zu inszenieren: Ers- tens zielte die Strategie der Angeklagten darauf, die angestammten Rollen von Angeklagten, Anklägern und Gericht in ihr Gegenteil zu verkehren. Der Vietnam- krieg, dessen Bedeutung für die Motivation der RAF der Senat wiederum negier- te, war für die Angeklagten „sowohl strategisch als auch sachlich“ von enormer Bedeutung92. Aufgrund der von der RAF unterstellten Beteiligung der Bundes- republik an den Kriegsverbrechen der USA wollten Baader, Ensslin, Raspe und Meinhof ihrerseits in Stammheim den „Staat“ anklagen. Ganz in diesem Sinne war die Behauptung Croissants zu verstehen, wonach Stammheim „zu einer Art von justitiellem Vorplatz des Krieges“, zu einem „Testplatz der Aufstandsbe- kämpfung“ geworden sei. Den Gerichtssaal nutzten die Angeklagten in diesem Kontext als öffentliche „Bühne“93, um ihrerseits den „Staat“ anzuklagen94. Der

„Staat“, im Konkreten repräsentiert durch den Senat und die Bundesanwalt- schaft, sollte im Gerichtssaal zu Überreaktionen provoziert werden und sich da- durch entlarven95.

89 Zit. n. Requate: Demokratisierung der Justiz, S. 192.

90 Im Folgenden wird nicht der Anspruch erhoben, den Verhandlungsablauf detailliert wieder- zugeben. Vielmehr soll anhand der wesentlichen Problemfelder nachvollzogen werden, was den Ausnahmecharakter des ersten Stammheimer Verfahrens eigentlich ausmachte.

91 Theo Rasehorn: Jenseits des Rechtstaates, in: Terrorismus contra Rechtsstaat, hrsg. v. Rudolf Wassermann, Darmstadt/Neuwied 1976, S. 245–264, hier S. 250.

92 Klimke/Mausbach: Auf der äußeren Linie, S. 636.

93 Die Vorstellung, der Gerichtssaal diene als Bühne, wurde auch durch die Medien aufgegriffen.

So berichtete etwa Der Spiegel, „das Stück in Stammheim“ habe zum Schluss nur noch in

„reduzierter Besetzung gespielt“ (Anonym: Früher hätte man sie als Hexen verbrannt. Le- benslang für BM-Terroristen – ein Prozess mit Folgeschäden für den Rechtsstaat, in: Der Spiegel 19 (1977), S. 36–41, hier S. 36.

94 Diewald-Kerkmann: Die Rote Armee Fraktion im Original-Ton, Passage 5.

95 Vgl. Klimke/Mausbach: Auf der äußeren Linie, S. 636.

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dem imaginären Museum van Goghs hat das Van Gogh-Museum in Amsterdam im Jahre 2003 eine Ausstellung gewidmet.5 Dabei wird nicht nur erneut klar, wie umfassend van Gogh

(Jedenfalls dachte Malcolm X eine Zeitlang so. Nachdem er nach Mekka gepilgert und zum Islam übergetreten war, verlor er seine grundsätzliche Abneigung gegen die Weißen; es

Dabei geht er nicht weiter auf Fachdebatten ein, ob denn ein genauer Zeitpunkt eines Peak Oil überhaupt zu bestimmen wäre, oder ob optimistische Szenarien berechtigt

Bei Bestellung im LexisNexis Onlineshop kostenloser Versand innerhalb Österreichs.. Tel.: +43-1-534 52

turelle Dynamik in den USA und im Vereinigten Königreich bleibt erhalten. In den USA dürfte aufgrund der starken binnenwirtschaftlichen Dynamik und des geringen Anteils der Exporte

Diese Sätze lesen zahlreiche Jungen und Mädchen, die nach 14 Monaten Vorbereitung für vier oder fünf Jahre an die deutsche Universität in Schanghai kommen. Trotz

Erstes Kapitel: Einleitung. Darstellung des Themas. Problem: Restriktive Sichtweise des BVerfG in Bezug auf die Beteiligung der Legislative im Rahmen völkerrechtlicher

Die Preise der Arbeitskräfte bestimmen sich nach dem Grad ihrer Illegalität: Während Polen etwa acht bis zehn Mark pro Stunde erwarten dürfen, sind Menschen aus der GUS