Ferdinand Sommer (1875—1962)
Von Johannes Feiedbich, Berlin
Kurz vor Vollendung seines 87. Lebensjahres ist am 3. April 1962 der
emeritierte ordentliche Professor für allgemeine und indogermanische
Sprachwissenschaft Febdinand Sommee in München verstorben. Mit
ihm ist nicht nur ein bedeutender Indogermanist, der letzte aus der Reüie
der großen deutschen Sprachforscher, dahingegangen, wie anderwärts an
verschiedenen Stellen gewürdigt worden ist^, sondem auch ein Forscher,
der sich noch in mittleren Jahren in die damals aufkommende Forschung
vom alten Kleinasien einarbeitete imd auf diesem Gebiete Unvergäng¬
liches geleistet hat.
Sommeb ist der eigentliche und mustergültige Begründer der neuen
Keilschriftwissenschaft der Hethitologie gewesen. Als zu Beginn des
ersten Weltkrieges der Assyriologe B. Heozny, von P. Kbetschmeb
beraten, den indogermanischen Charakter der ans Tageslicht tretenden
hethitischen Sprache erkannte, hatte er nicht nur die communis opinio
der Sprachforscher gegen sich, sondern beging auch trotz guter Ansätze
den methodischen Fehler, den Anklang an Indogermanisches zur, oft
unscharfen, Deutung hethitischer Wörter zu benutzen. Da erkannte
Sommee mit seiner schon früher geübten Gründlichkeit, daß nur ein¬
dringende philologische Kleinarbeit, zunächst unter Ausschaltung der
Sprachvergleichung, einen festen Grund in der Bestimmung hetldtischer
Wortbedeutungen schaffen könne. Sommebs kleine Schrift Hethitisches
(Boghazköi-Studien 4, 1920) mochte neben den äußerlich umfänglicheren
Werken Hboznys unbedeutend, der z.T. polemische Ton vielleicht an¬
maßend erscheinen. Aber z.B. der Verfasser dieser Zeilen, der damals dem
neuen Forschungsgebiet interessiert aber unschlüssig gegenüberstand,
verdankt diesem unscheinbaren Schriftchen in methodischer Beziehung
alles. Wie nebensächlich Sommer anfangs die Etymologien hethitischer
Wörter ansah, das zeigte er, um nur ein Beispiel zu nennen, als er die
Bedeutung von heth. hitta ,,er liegt" ohne die nahe liegende griechische
Etymologie erwähnte. Erst seine späteren Arbeiten lassen erkennen,
daß er die indogermanische Verknüpfung hethitischer Wörter recht
1 Dom Verf. sind die Nachrufe von W. Wissmann im Jahrbuch der Baye¬
rischen Akademie der Wissenscliaften 1962 S. 1—6, von A. Scherer im
Onomon 34 (1962) S. 844—847 und von H. Kronasser im Archiv für Orient¬
forschung 20 (1963) S. 299—300 bekaimt geworden.
14 Johannes Fbiedbich
wohl immer im Auge hatte, und in seiner späten Schrift Hethiter und
Hethitisch (Stuttgart 1947) hat er schließlich auch ein vorsichtig abge¬
wogenes Gesamtbild seiner Auffassung von hethitisch-indogermanischer Sprachvergleichung gezeichnet.
Mit H. Ehelolf, der nach Ungnads Tode sein Berater in keilschrift¬
lichen Fragen war, hat Sommbb die erste Gesamt-Interpretation eines
hethitischen Textes gegeben. Das hethitische Ritual des Pa-panikri von
Komana (Boghazköi-Studien 10, 1924), die erste tiefschürfende, auch das
Kleinste beachtende Textbearbeitung mit vollständigem Wörter¬
verzeichnis, die dann in ihrer vorsichtigen und bedächtigen Art richtung¬
gebend geblieben ist für die von Sommer darnach im Rahmen der
Mitteilungen der Vorderasiatisch-Ägyptischen Gesellschaft herausgegebenen
Hethitischen Texte, aber mehr oder weniger auch für alle späteren Inter¬
pretationen hethitischer Texte überhaupt. So kann man ohne Über¬
treibung sagen, daß Sommeb der gesamten hethitischen Philologie ihr
mustergültiges Gepräge verliehen hat.
Vorsicht und Zurückhaltung gegenüber unsicheren Behauptungen war
eine der Haupttugenden Sommebs. Das zeigte er besonders in dem vor
allem von E. Fobbeb 1924 entfachten Streite um die angebliche Er¬
wähnung griechischer Namen in hethitischen Texten. An Fobbeb hatte
sich auch P. Kbetschmeb angeschlossen. Die grundlegende und wieder
bis in alle Einzelheiten minutiöse Bearbeitung des gesamten hethitischen
Textmaterials ist Sommebs wohl umfangreichstes Werk Die Ahhijavä-
Urkunden (Abh. der Bayer. Ak. d. Wiss., phil.-hist. Abt., NF 2, 1932),
die mit aller Deutlichkeit zeigt, daß die hethitischen Texte keinerlei
positive Anhaltspunkte für die Erwähnung von Griechen ergeben, wenn
auch die Möglichkeit, in dem kleinasiatischen Lande Ahbijavä ein
griechisches *Axxifä. zu sehen, nicht unbedmgt geleugnet wird. Der
Streit \vurde auch nach Erscheinen von Sommebs Arbeit vor allem von
Kbetschmeb energisch fortgesetzt, aber auch von anderen Forschern
immer wieder aufgenommen. Selbst wenn Sommee in seinem Skeptizis¬
mus vielleicht zu weit gegangen wäre, bleibt ihm doch das Verdienst, das
Sichere von dem Unsicheren und vielleicht Möglichen sauber abgetrennt
zu haben.
Das Hethitische war Sommebs Hauptarbeitsgebiet im alten Klein¬
asien. Die luwische Nachbarsprache hat er nur gelegenthch gestreift,
und von dem in der Lesung so schwierigen Hieroglyphenhethitischen
hat er sich verständlicherweise ganz fern gehalten. Von den jüngeren
kleinasiatischen Sprachen aber erregte das Lydische sein besonderes
Interesse, zumal da es ungefähr gleichzeitig mit dem Hethitischen der
Forschung zugänglich wurde. Die lydisch-aramäische Bilinguis, die den
Schlüssel zur Erschließung der lydischen Sprache bilden mußte, war
Ferdinand Sommer 15
schon von Lidzbabski, Tiiubnbysen und anderen unvollkommen be¬
handelt worden, aber erst Sommee ging ihr energisch und mit bestem
Erfolge zu Leibe. Zusammen mit P. Kahle, der die aramäische Fassung
gründlich untersuchte, veröfFentlichte Sommee in dem einzigen Bande
der Kleinasiatischen Forschungen 1927 auf S. 18—86 Die lydisch-aramäi¬
sche Bilingue, eine eindringende und ins einzelne gehende Analyse des
Textes, die den Satzbau mit seinen vielen Partikeln zum ersten Male
klarlegte und zeigte, daß — im Gegensatz zu den Meinungen der früheren
Forscher — beide Versionen einander Wort für Wort entsprechen. Da¬
mit war der feste Grund gelegt, von dem alle weitere Forschung an dieser
noch sehr spröden Sprache auszugehen hat.
Manchen Forschern mochte Sommebs scharfe und nüchterne, gelegent¬
lich vielleicht auch etwas polemische Kritik unbequem erscheinen. Aber
Halbheiten mochte Sommeb nun einmal nicht ; ihm ging es stets um die
ganze Wahrheit. Wer seinen Beistand suchte, dem war er stets ein hilfs¬
bereiter Berater, seinen Freunden war er ein ehrlicher Freund, der die
Untcrhaltimg auch mit goldenem Humor zu würzen wußte. Wer ihn
näher kannte, der wird ihm ein ehrendes und dankbares Andenken
bewahren.
Kompatibilität in den dreikonsonantigen
hebräischen Wurzeln
von Kalevi Koskinen, Tampere
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungen und Erklärungen 16
Einleitung 17
I. Verzeiebiiia der dreikonsonantigen hebräischen Wurzein 21
II. Frequenztabellon 24
III. Kompatibilität in den dreikonsonantigen hebräischen Wurzehi . . 28
A. Laryngale und Pharyngale 28
B. Velare 33
C. Dentale 36
D. Sibilanten 41
E. Liquidao 49
F. Labiale 51
G. Zusammenfassung 55
ABKÜRZUNGEN UND ERKLÄRUNGEN
ACIO XIX = Aui del XIX Congresso Internazionale degli Orientalisti
ÄFw. H. Zinunern, Akkadische Fremdwörter als Beweis für babylo¬
nischen Kultureinfiuß. 2. Aufl.
ÄNh. -
Dallnian, Aramäisch-NeuhebräischesHandwörterbueh. 3. Äufl.
ArOr = Archiv Orientälni
BSLP = Bulletin de la Societe de Linguistique de Paris
GAG = von Se len, Grundriss der akkadischen Grammatik
Ges.-B. = Gese. jus-Buhl, Hebräisches und aramäisches Handwörter¬
buch. 17. Aufl.
JNES = Joiu-nal of Near Eastern Studios
JSS = Journal of Semitic Studies
JTS = Jom'nal of Theological Studios
LVTL = Koehler-Baumgartnor, Lexicon in Veteris Testamenti Libros
Or. NS = Orientalia, nova series
Stig = Stellimg, Stlgn = Stellungen
VGr = Brockehnann, Grundriß der vergleichenden Grammatik der
semitischen Sprachen.
VT = Vetus Testiunentum
ZS = Zeitschrift für Semitistik
Die anderen Litcraturabkürzimgen finden sich im Verzeichnis von Ges.-B.
* * *
Die hebräischen Wörter sind transliteriert, nicht transkribiert worden.
Scriptio plena ist mit einem Strich über dem Vokal gezeigt worden. Wenn es
sich um die scriptio defectiva handelt, fehlt dor Strich. Das Zeichen ä = ä.