• Keine Ergebnisse gefunden

Friedrich Cornelius, Geistesgeschichte der Frühzeit, I. Von der Eiszeit bis zur Erfindung der Keilschrift

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Friedrich Cornelius, Geistesgeschichte der Frühzeit, I. Von der Eiszeit bis zur Erfindung der Keilschrift"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Originalveröffentlichung in: Tribus 11, 1962, S. 161-162

echungen

161

FRIEDRICH CORNELIUS:

Geistesgeschichte der Frühzeit, I. Von der Eiszeit his zur Erfindung der Keilschrift.

Leiden: E. J. Brill. 1960. 238 S., 8 Tafeln.

Der Verfasser stellt in der Vorrede fest, das Aussehen der Völkerkunde habe sich to- tal verändert. Davon habe aber kaura ein Althistoriker Notiz genommen, „vielmehr behelfen sich die Historiker mit dem ethno- graphischen Rüstzeug, das seit fast einem halben Jahrhundert veraltct ist“. Hier soll nun Wandel geschaffen werden. Cornelius will die Lücke schließen, die zwischen Völker- kunde und Alter Geschichte entstanden ist.

Cornelius betrachtet hierbei das Vorgehen Menghins als mustergültig. Er sucht aber in doppelter Hinsicht über seinen Vorgänger hinauszukommen. Er will auch über jene vor- geschichtlidien Stufen Aussagen wagen, „für die eine Entsprechung nicht mehr aufzufinden ist“. Weiter soll „an die Stelle des statistischen Nebeneinanders, das der Völkerkunde ge- nügt, ein kausal geordnetes Gefüge" gesetzt werden.

Man könnte nun einwenden, daß damit ausnahmsweise der modernen Völkerltunde bitter Unrecht geschieht („statistisches Neben- einander!“). Ich will mich aber begnügen, sein weiteres Vorgehen an einigen Beispielen zu belegen:

Den Ursprung des Schamanentums sucht Cornelius (61 f.) in der Behandlung rheuma- tischer Leiden, die in der einseitigen Fleisch- nahrung der arktischen Kultur um 9000 v. Chr.

ihren Ursprung hatten. Die Medizinmänner brachten sidi und ihre Zuhörer durch „wir- belnde Tänze in innere Hitze“, bis sie in Schweiß ausbrechend erschöpft zusammen- sanken, — und so auf sich und ihre Zuhörer eine günstige therapeutisdie Wirkung aus- übten. (S. 62) „Und nicht nur die Krank- heiten, sondern alle Art von ängstenden bö- sen Wesen meinten die Geisterbanner durch ihre lärmenden Tänze zu verjagen, wie die

(2)

162

Buchbesprechungen

Kinder in der Dunkelheit laut reden, um ihre Angst zu meistern. Ein Nachhall jener Feste der Geisterabwehr klingt in unseren lärmen- den Silvesterfeiern, mit denen je toller je besser das neue Jahr eingeführt wird. In viel edlerer Weise hat die ICirche das Glocken- geläute zur Abwehr der bösen Geister über- nommen und ausgestaltet.“

Wenige Seiten vorher schenkt uns der Ver- fasser eine neue Theorie des Reibfeuerzeugs (S. 44). „Im Drang zu mimischer Darstellung ihrer Gedanken ahmten eiszeitliche Menschen die Liebesvereinigung der Geschlechter mit zwei Holzstücken nach. Sie bewegten ein hartes Holz, das als männlich bezeichnet wird, in dem Spalt eines weicheren, als weib- lich angesprochenen Flolzes hin und her. Und als sie dies mit leidenschaftlicher Inbrunst taten, sei es um stumm zu werben oder um betend um Erhörung ihrer Liebessehnsucht zu flehen, oder um Naturmächte zur Frucht- barkeit magisch anzureizen, — da sprühten die Funken und setzten dürres Gras, ja das Holz in ihren Händen in Flammen.“

Auch über den Totemismus wird eine neue Hypothese aufgestellt (S. 36). „Der einzelne Mensch, der sich so als Hirsch oder Bär zu verkleiden pflegte, fühlte sich auch, wenn er ohne die Hülle war, den Tieren gleicher Art verwandt. Schon darum enthielt er sich künf- tig des Fleisches dieser Art. Nur bei der ersten feierlichen Einführung in dieTiermaske gab es Ausnahmen. Da konnte er sich wohl durch das Trinken von Blut des Tieres be- rausdien und zum Tanz in der Maske be- geistern lassen. Denn im Blut spürte er die Seele des Tieres in sich eingehen.

Natürlich brachtc es ein Mann nur im Nachahmen einer einzigen Tierart zur Mei- sterschaft täuschender Verwandlung. So teilte sich die Horde in Familien, von denen die eine etwa dem Hirsch, die andere dem Rentier oder dem Fuchs nachahmte. Mit den Fellen vererbte sich die Zugehörigkeit zu den Gruppen. Es ist dies die älteste Erbfolge, die wir kennen (der sogcnannte Totemismus).“

Wenige Seiten vorher (S. 24) läßt Cornelius die älteste Kultur der Australier noch in die

„Zeit des Neandertalers, noch vor der Ent- wicklung der Sprache“ zurückreidien.

Zwischen der „urmelanesischen Gesittung“

und dem Zug des Dionysos wird ein erschrek- kend kurzer Verbindungsstridr gezogen (S.

108): „So abstoßend und grauenhaft uns die Lebensformen der Kopfjäger erscheinen, so sieghaft und freudestrahlend ging ihr Zug

damals über die Erde. Brachten sie doch den Rauschtrank und die Begeisterung mit. Wie hallte das Echo vom Jodeln ihrer Festgesänge.

Vom Siegeszug des Rauschgottes von Indien über Kleinasien in die Balkanländer weiß noch die griechische Sage.“

Gleich in der Einleitung stößt man auf die lapidare Feststellung, „Zeichen für Ansätze zu eigenem schöpferischem Leben sind jetzt“

(das heißt seit dem 19. Jahrhundert) „so- wohl aus Rußland als auch aus Innerafrika“

vorhanden.

Meine volle Zustimmung hat hingegen die auf Seite 4 niedergelegte Weisheit, „daß die Urdummheit beim Büchergelehrten und nicht beim naturverbundenen Menschen liegt“.

K. Jettmar

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Wenn bei der Jagd ein Tier erlegt wird, ist das ein großartiges Erlebnis für alle. Das Überleben in den nächsten Wochen ist gesichert, denn es gibt für alle genug Fleisch zu

Internationale Konferenz über in den Alltag eingebettete Computer bringt Experten aus Wissen- schaft, Industrie und Mode zusammen / Gadget-Ausstellung zeigt neuste Prototypen..

Clemens Bethge, Konsistorium, Referat 2.2 Kirchliches Leben im Anschluss Gespräch der Konferenz mit Herrn Bethge: Die Entwicklung und Weiterentwicklung im Arbeitsbereich Arbeit

Geht man davon aus, dass die Firmen in der Schweiz in erster Linie solche auslän- dischen Arbeitskräfte rekrutieren, deren Qualifikationen in der Schweiz relativ knapp sind,

ihrer Forderungen ist das (Ausfall-) Risiko der Gläubiger praktisch unbeschränkt, wenn sie ihre Gesamtforderung nicht realisieren können. Eine Balance dieser Risikoverteilung

Vergütung aufgrund organschaftlicher Treuepflicht bzw. Herabsetzung der Vergütung im Wege einer Änderungskündigung? 78 E. Herabsetzung der Vergütung unter Anwendung der

Mit der verschreibungsfreien Lippenherpescreme Zovirax Duo steht Ihnen eine Empfehlungsoption zur Verfügung, die beim ersten Kribbeln angewendet sogar verhindern kann, dass

Cornelius nahm die Kartons später mit nach Berlin, vermachte sie an die Nationalgalerie, wo sie anfangs zusammen mit den Fresken für den Campo Santo (Fresken nicht ausgeführt) in