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2 Syntax und Semantik der Prädikatenlogik

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Mathematische Logik SS 2019

Prof. Dr. Erich Grädel

Mathematische Grundlagen der Informatik RWTH Aachen

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This work is licensed under:

http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/

Dieses Werk ist lizenziert unter:

http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/

© 2019 Mathematische Grundlagen der Informatik, RWTH Aachen.

http://www.logic.rwth-aachen.de

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Inhaltsverzeichnis

0 Notation und Konventionen 1

1 Aussagenlogik 3

1.1 Syntax und Semantik der Aussagenlogik . . . 3

1.2 Boolesche Funktionen und Normalformen . . . 10

1.3 Horn-Formeln . . . 15

1.4 Der Kompaktheitssatz der Aussagenlogik . . . 17

1.5 Aussagenlogische Resolution . . . 24

1.6 Der aussagenlogische Sequenzenkalkül . . . 31

2 Syntax und Semantik der Prädikatenlogik 39 2.1 Strukturen . . . 40

2.2 Ein Zoo von Strukturen . . . 42

2.3 Syntax der Prädikatenlogik . . . 47

2.4 Semantik der Prädikatenlogik . . . 52

2.5 Normalformen . . . 56

2.6 Spieltheoretische Semantik . . . 64

3 Definierbarkeit in der Prädikatenlogik 73 3.1 Definierbarkeit . . . 73

3.2 Das Isomorphielemma . . . 77

3.3 Theorien und elementar äquivalente Strukturen . . . 81

3.4 Ehrenfeucht-Fraïssé-Spiele . . . 83

4 Vollständigkeitssatz, Kompaktheitssatz, Unentscheidbarkeit 93 4.1 Der Sequenzenkalkül . . . 93

4.2 Der Vollständigkeitssatz . . . 96

4.3 Der Beweis des Vollständigkeitssatzes . . . 98

(4)

Modellen . . . 109

4.5 Unentscheidbarkeit der Prädikatenlogik . . . 115

5 Modallogik, temporale Logiken und monadische Logik 121 5.1 Syntax und Semantik der Modallogik . . . 121

5.2 Bisimulation . . . 125

5.3 Abwicklungen und Baummodell-Eigenschaft . . . 130

5.4 Temporale Logiken . . . 131

5.5 Monadische Logik . . . 137

Symbols (glossaries) 139

(5)

2 Syntax und Semantik der Prädikatenlogik

Die Aussagenlogik behandelt ausschließlich Aussagen, welche aus ato- maren Formeln mit Hilfe der aussagenlogischen Verknüpfungen∧,∨,¬ etc. zusammengesetzt werden. Eine aussagenlogische Interpretation ordnet den atomaren Formeln Wahrheitswerte 0 oder 1 zu, und dies setzt sich fort zu einer Interpretation beliebiger aussagenlogischer For- meln. Insbesondere haben die atomaren Aussagen selbst keine innere Struktur, ja wir abstrahieren vollständig vom mathematischen, um- gangssprachlichen oder technischen Inhalt einer atomaren Aussage, nur ihr Wahrheitswert ist maßgebend.

Für die meisten mathematischen Anwendungen ist die Aussagenlo- gik viel zu ausdrucksschwach. Üblicherweise werden in der Mathematik Aussagen über konkrete Strukturen getroffen, z.B. „alle Quadratzah- len sind positiv, 25 = 5·5, also ist 25 positiv“. Bereits dieses kurze Argument widersetzt sich einer Formalisierung in der Aussagenlogik.

Abstrakt hat es die Gestaltψφϑ, aber ohne Zugriff auf die Struk- tur und den Zusammenhang der Teilaussagenψ,φ,ϑgibt es keinen Grund, warum eine solche Implikation wahr sein sollte.

Wir brauchen also ein ausdrucksstärkeres logisches System. Die Prädikatenlogik (abgekürzt FO für „first-order logic“) macht Aussa- gen, welche durch Strukturen und Elemente von Strukturen (also nicht durch bloße Wahrheitswerte) interpretiert werden. Bereits die atomaren Formeln haben eine kompliziertere Struktur, sie sprechen über Rela- tionen zwischen Elementen einer Struktur (z.B. 2x<y+3) oder über die Gleichheit von Elementen (z.B.x2=y). Außerdem werden Aussa- gen nicht nur mit Hilfe der aussagenlogischen Junktoren miteinander verknüpft, es besteht auch die Möglichkeit, Existenz- oder Allaussagen über Elemente einer Struktur zu machen, der Art „es gibt eine reelle

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Zahl x, so dassx2 = 2“ oder „zu jeder Primzahl gibt es eine größe- re“. Was wir hingegen nicht zulassen, sind Existenz- oder Allaussagen über Mengen, Funktionen oder Relationen auf der zugrundegelegten Struktur.

2.1 Strukturen

Mathematische Strukturen bestehen aus einem Universum und aus ausgezeichneten Funktionen und Relationen auf diesem Universum.

Beispiele sind:

• die additive Gruppe der ganzen Zahlen:(Z,+, 0)

• der geordnete Körper der reellen Zahlen:(R,+,·, 0, 1,<)

• Graphen: Die Punkte des Graphen sind das Universum, die zwei- stellige RelationEbeschreibt die Kantenbeziehung.

Die Namen (Symbole) für die in einer Struktur auftretenden Rela- tionen und Funktionen bilden die Signatur der Struktur.

Definition 2.1. EineSignaturτist eine Menge von Funktions- und Rela- tionssymbolen. Jedes dieser Symbole hat eine feste endliche Stelligkeit.

Eine Signatur heißtrelational, wenn sie nur Relationssymbole ent- hält bzw.funktionaloderalgebraisch, wenn sie ausschließlich Funktions- symbole enthält. Nullstellige Funktionssymbole heißen auchKonstan- tensymbole.

Andere Bezeichnungen für eine Signatur sindSymbolmengeoder Vokabular.

Beispiel.

• Die Signatur der Arithmetik istτar={+, ·, 0, 1}, wobei+und· zweistellige Funktionsymbole, 0 und 1 Konstantensymbole sind.

• Die Signatur der geordneten Arithmetik istτar< ={+,·, 0, 1,<}. Sie erweitertτarum das zweistellige Relationssymbol<.

• Die Signatur von Graphen istτG={E}, wobeiEein zweistelliges Relationssymbol ist.

(7)

2.1 Strukturen

Notation. Normalerweise verwenden wir

• P,Q,R, . . . ,Pi, . . . für Relationssymbole,

• f,g,h, . . . ,fi, . . . für Funktionssymbole,

• c,d,e, . . . ,ci, . . . für Konstantensymbole,

σ,τfür Signaturen.

Relations- und Funktionssymbole in einer Signaturτkönnen na- türlich in vielfältiger Weise durch konkrete Relationen und Funktionen interpretiert werden. Allgemein wird eine Struktur festgelegt durch Angabe ihres Universums und der Interpretation der Relations- und Funktionssymbole über diesem Universum.

Definition 2.2. Eineτ-StrukturAbesteht aus

• einer nichtleeren MengeA, demUniversum(oderTräger) vonA,

• einer Interpretationsfunktion welche jedemn-stelligen Relations- symbol P ∈ τ eine n-stellige Relation PA ⊆ An und jedem n- stelligen Funktionssymbol f ∈ τ eine n-stellige Funktion fA : An→Azuordnet.

Eine Struktur mit funktionaler Signaturτheißt auch eineτ-Algebra.

Notation. Strukturen bezeichnen wir meist mit gotischen Buchstaben A,B C, . . ., der entsprechende lateinische BuchstabeA,B,C, . . . steht für das Universum der Struktur. MitA= (A,P1A,P2A, . . . ,f1A,f2A, . . .)be- zeichnen wir also eine Struktur der Signaturτ={P1,P2, . . . ,f1,f2. . .} mit UniversumA.

Bemerkung. Es ist wichtig zwischen Relations- und Funktionssymbolen Ri,fjund ihrer Interpretation durch konkrete RelationenRAi bzw. Funk- tionen fjAzu unterscheiden.

Insbesondere sind die Schreibweisen(A,P1,P2, . . . ,f1,f2, . . .)und (A,τ)immer als Abkürzung für(A,P1A,P2A, . . . ,f1A,f2A, . . .)zu verste- hen.

Wir werden eine Reihe von Beispielen im nächsten Abschnitt dis- kutieren. Zuvor beschreiben wir zwei grundlegende Möglichkeiten, wie eine Struktur in einer anderen enthalten sein kann.

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Definition 2.3. SeienAundBτ-Strukturen.AistSubstrukturvonB (kurz:A⊆B), wenn

• A⊆B,

• für alle RelationssymboleR∈τgilt:RA=RB∩An(wobeindie Stelligkeit vonRist),

• für alle Funktionssymbole f ∈ τgilt fA= fB|A, d.h. fAist die Restriktionvon fBaufA.

WennASubstruktur vonB, so heißtBErweiterungvonA.

IstAeine Substruktur derτ-StrukturB, so istAτ-abgeschlossen, d.h.

für allen-stelligen f∈τund allea1, . . . ,an∈Aist fB(a1, . . . ,an)∈A.

Umgekehrt gilt auch: SeiBeineτ-Struktur. Zu jeder nicht-leeren,τ- abgeschlossenen TeilmengeA⊆Bgibt es genau eine Substruktur von Bmit TrägerA. Wir nennen sie dievon A inBinduzierte Substruktur.

Beispiel. 2N := {2n : n ∈ N} ist {+}-abgeschlossen. Also ist (2N,+)⊆ (N,+). Hingegen ist 2N+1 := {2n+1 : n ∈ N}nicht {+}-abgeschlossen und kann somit nicht Träger einer Substruktur von (N,+)sein.

Während beim Begriffspaar Substruktur/Erweiterung die Signatur fest bleibt und das Universum verändert wird, ist dies beim Begriffspaar Redukt/Expansion genau umgekehrt.

Definition 2.4. SeienστSignaturen, und seiBeineτ-Struktur. Das σ-ReduktB↾σvonBist dieσ-Struktur, die wir ausBerhalten, wenn wir die Relationen und Funktionen inτ\σeinfach weglassen. IstA Redukt einerτ-StrukturB, so nennen wirBeineτ-ExpansionvonA.

Beispiel. Die additive Gruppe der reellen Zahlen(R,+, 0)ist das{+, 0}- Redukt des Körpers der reellen Zahlen(R,+,·, 0, 1).

2.2 Ein Zoo von Strukturen

Mengen. Seiτ=∅. Die∅-Struktur mit UniversumAist einfach die MengeA.

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2.2 Ein Zoo von Strukturen Graphen. Die Signatur von Graphen ist τG = {E}, wobei E ein binäres Relationssymbol ist. Eine beliebigeτG-Struktur ist eingerichteter Graph. Ein ungerichteter Graphist eineτG-Struktur G = (V,EG) mit PunktmengeV(dem Universum vonG) und einer RelationEG⊆V×V, welche folgende Bedingungen erfüllt:

(Keine Schlingen) Für allev∈Vgilt:(v,v)̸∈EG.

(Symmetrie) Für alleu,v∈V: Wenn(u,v)∈EG, dann auch(v,u)∈ EG.

Lineare und partielleOrdnungen. Eine partielle Ordnung ist eine {<}-Struktur(A,<)welche folgende Bedingungen erfüllt:

(Irreflexivität) Für keina∈Agilta<a.

(Transitivität) Wenna<bundb<c, dann aucha<c.

Daraus folgt insbesondere auch, dass<antisymmetrischist: Wenna<b, dannnicht b<a.

EinelineareodertotaleOrdnung erfüllt als zusätzliche Bedingung:

(Vergleichbarkeit) Für allea,bgilta<b,a=boderb<a.

Offensichtlich sind(N,<)und(R,<)(mit der üblichen Interpre- tation von<) lineare Ordnungen. Für jede MengeAist(P(A),⊂)eine partielle Ordnung, für|A|>1 aber keine lineare Ordnung.

Eine lineare Ordnung istdicht, wenn zu zwei beliebigen Elementen a<bimmer eincexistiert mita<c<b.

EineWohlordnungist eine lineare Ordnung(A,<)ohne unendliche absteigende Ketten: Es gibt keine unendliche Folgea0,a1,a2, . . . inAso dassai+1<aifür allei∈N. Zum Beispiel ist(N,<)eine Wohlordnung während(Z,<)oder(Q+,<)keine Wohlordnungen sind.

Wortstrukturen. SeiΓeinAlphabet, d.h. eine beliebige, in der Regel abzählbare, Menge von Symbolen. EinWortüberΓist eine endliche Folge w = w0· · ·wn1 von Symbolen aus Γ. Jedem solchen Wort w ordnen wir eine StrukturB(w)der Signatur{<} ∪ {Pa : a∈ Γ}mit einstelligen RelationssymbolenPazu. Das Universum vonB(w)ist die Menge{0, . . . ,n−1}der Positionen an denen Symbole stehen,<ist die übliche Ordnung auf dieser Menge und Pa := {i< n : wi =a}

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ist die Menge der Positionen an denen im Wortwdas Symbolasteht.

Das Wortw=abbcabüber dem Alphabet{a,b,c}wird also durch die Wortstruktur

B(w) = ({0, 1, 2, 3, 4, 5},<,Pa,Pb,Pc)

mitPa={0, 4},Pb={1, 2, 5}undPc={3}repräsentiert.

In der Logik wird die Menge der natürlichen Zahlen oft mit ω bezeichnet. Einunendliches Wortoderω-Wortist eine unendliche Folge z=z0z1· · · ∈Γωvon Symbolen ausΓ. Die entsprechende Wortstruktur istB(z):= (ω,<,(Pa)a∈Γ)mitPa={i∈ω:zi=a}.

Bemerkung(Bemerkung zur Anwendung). In der Automatentheorie wird häufig der Zusammenhang zwischen Logiken und Automatenmo- dellen untersucht. Dafür ist es notwendig, ein Wort (also die Eingabe für einen Automaten) als Struktur (also als Objekt, über dem Formeln ausgewertet werden können) darzustellen.

Transitionssysteme. Ein Transitionssystem besteht aus einer Menge SvonZuständenund aus einer MengeAvonAktionenoderProgrammen, welche Zustände in neue Zustände überführen. Zusätzlich hat man in der Regel eine Menge Bvon Eigenschaften, welche die Zustände haben oder nicht haben können. Ein solches Transitionssystem wird beschrieben durch eine Struktur mit UniversumS, einer Menge{Pb: b∈B}von monadischen (d.h. einstelligen) Relationen und einer Menge {Ea:a∈A}von binären Relationen aufS. Dabei sollPbdie Menge der Zustände mit der Eigenschaftbsein, und die RelationEasoll auf ein Paar(s,t)von Zuständen zutreffen, genau dann, wenn das Programm aden Zustandsin den Zustandtüberführt.

Eine wichtige Methode zur Verifikation paralleler Systeme besteht darin, diese als Transitionssysteme zu modellieren und Bedingungen wie Fairness, Sicherheit, Deadlock-Freiheit etc. in einer geeigneten logi- schen Sprache zu formulieren und auf dem Transitionssystem auszu- werten. Formale Spezifikation und Verifikation solcher Systeme ist eine der wichtigsten Anwendungen der Logik in der Informatik.

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2.2 Ein Zoo von Strukturen RelationaleDatenbanken. Eine relationale Datenbank ist, informell gesprochen, eine endliche Kollektion von endlichen Tabellen, welche sich zeitlich verändern. Jede Zeile in einer solchen TabelleRist ein Tupel (a1, . . . ,an)∈D1× · · · ×DnwobeiD1, . . . ,Dndie den einzelnen Spalten (im Datenbank-Jargon: den Attributen) zugeordnetenDomänen sind (z.B. Integers, Strings,. . . ). SeiDdie Vereinigung aller in der Datenbank vorkommenden Domänen. Die TabelleRkann dann als einen-stellige Relation überDaufgefasst werden:R⊆Dn.

Ein aktueller Zustand der Datenbank ist also eine endliche Kollekti- on von endlichen RelationenR1, . . . ,Rmüber dem (in der Regel unend- lichen) UniversumD. Dies entspricht der StrukturD= (D,R1, . . . ,Rm). Für viele Zwecke ist aber diese Formalisierung problematisch: Ele- mentare Operationen wie die Bildung des Komplements einer Relation führen zu unendlichen Relationen. Daher ist eine Formalisierung durch eineendlicheStruktur oft zweckmäßiger. Anstelle des unendlichen Uni- versums D betrachte man die aktive Domäne ad(D), welche aus all denjenigen Objekten besteht, die in einer der Relationen R1, . . . ,Rm

vorkommen, also

ad(D):={a∈D: es gibt einRiund ein(b1, . . . ,br)∈Ri, so dassbj=afür einj≤r}.

Da alle RelationenRiendlich sind, ist auch ad(D)endlich und die end- liche Substruktur(ad(D),R1, . . . ,Rm)vonDist eine adäquate endliche Formalisierung des Datenbank-Zustandes.

Anfragen an eine Datenbank entsprechen dem Auswerten logischer Formeln auf (endlichen) Strukturen. Es bestehen daher enge Verbindun- gen zwischen der Mathematischen Logik und der Theorie relationaler Datenbanken. Ein Teilgebiet der mathematischen Logik befasst sich sogar mit der Datenbanktheorie, was insbesondere Fragestellungen zur Ausdrucksstärke von Logiken umfasst.

ArithmetischeStrukturen. Die Signatur der Arithmetik istτar= {+,·, 0, 1}, die Signatur der geordneten Arithmetik τar< = τar∪ {<}, wobei wir annehmen, dass die Symbole+,·, 0, 1,<in der üblichen Wei-

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se interpretiert werden. Trotzdem gibt es natürlich ganz verschiedene arithmetische Strukturen, z.B.:

• N= (N,+,·, 0, 1), dieStandard-Arithmetikder natürlichen Zahlen.

Diegeordnete Standard-ArithmetikistN<= (N,+,·, 0, 1,<). Sie ist eine Expansion vonN.

• BeliebigeRinge, insbesondere der RingZ= (Z,+,·, 0, 1)der gan- zen Zahlen. Offensichtlich ist Zeine Erweiterung der Standard- ArithmetikN.

• BeliebigeKörper, etwa den KörperR = (R,+,·, 0, 1) der reellen Zahlen, den KörperQ= (Q,+,·, 0, 1)der rationalen Zahlen oder endliche Körper.

• Die Standard-ArithmetikNlässt sich durch Hinzunahme von ‘un- endlichen Elementen’ zu neuen arithmetischen Strukturen erwei- tern. Die einfachste Variante ist(N∪ {∞},+,·, 0, 1)mit

a+∞=∞+a=a·∞=∞·a=∞ für allea∈N∪ {∞}.

Beweise in der Mathematik lassen sich grundlegend auf Ableitungen prädikatenlogischer Formeln über arithmetischen und anderen bekann- ten mathematischen Strukturen zurückführen. Man kann sogar sagen, dass die Logik dazu dient, eine formale Grundlage für die Mathematik zu beschreiben.

BoolescheAlgebren. SeiAeine beliebige Menge. Die Boolesche Alge- bra überAist BA(A) = (P(A),∪,∩, ,∅,A), wobei∪,∩, Vereinigung, Durchschnitt und Komplement inAbedeuten.

Gruppen. Wie können Gruppen (im Sinne der Algebra) durch Struk- turen gemäß Definition 2.2 formalisiert werden? Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten, abhängig davon, welche in Gruppen vorkommenden Funktionen und Relationen explizit (d.h. in der Signatur) vorkommen sollen. Mit den üblichen Bezeichnungen◦für die Gruppenoperation, efür das neutrale Element,g−1für das zuginverse Element ergeben sich sofort die Möglichkeiten

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2.3 Syntax der Prädikatenlogik (1) G= (G,◦),

(2) G= (G,◦,e)und (3) G= (G,◦,e, −1).

Die Wahl der Signatur ist abhängig von der jeweiligen Absicht: Will man eine möglichst minimale Formalisierung, wird man (1) oder (2) wählen, da die Gruppe dadurch bereits eindeutig festgelegt ist. Andererseits gibt es algebraische Überlegungen, welche die dritte Möglichkeit nahelegen:

Wenn die Funktion1hinzugenommen wird, sind die Substrukturen vonGgenau die Untergruppen. Dies ist nicht der Fall bei den beiden ersten Formalisierungen. So ist etwa(N,+, 0) eine Substruktur von (Z,+, 0)(der additiven Gruppe der ganzen Zahlen), aber offensichtlich keine Untergruppe.

In der Praxis sind oft noch ganz andere Operationen wesentlich, etwa die Multiplikation mit erzeugenden Elementen der Gruppe.

Vektorräume. Zum Abschluss diskutieren wir das Problem der For- malisierung von Vektorräumen. Interessant ist dies deshalb, weil hier Objekte verschiedener Art auftreten: Vektoren und Skalare.

Sei etwaVein Vektorraum über dem KörperK. Man kann eine Formalisierung wählen, in der das Universum ausschließlich aus den Vektoren besteht, und die Elemente des Grundkörpers als Operationen auf dem Universum in Erscheinung treten. Dem Vektorraum entspricht dann die algebraische Struktur(V,+, 0,(fk)k∈K)mit fk(v):=kv(Mul- tiplikation mit Skalark). Für algebraische Überlegungen ist dies bei festem GrundkörperKdie geeignete Formalisierung, da die Substruk- turen genau den linearen Unterräumen entsprechen (Abgeschlossenheit unter Addition und unter Multiplikation mit Skalaren). Wenn wir im fol- genden über Vektorräume sprechen, ist meistens diese Formalisierung gemeint.

2.3 Syntax der Prädikatenlogik

Wir fixieren eine Signaturτund definieren die Menge der τ-Terme und die Menge derτ-Formeln induktiv als Wortmengen über einem Alphabet Alph(τ), welches aus folgenden Symbolen besteht:

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• den Relations- und Funktionssymbolen inτ,

• einer festen abzählbar unendlichen Menge VAR={v0,v1,v2, . . .} vonVariablen,

• demGleichheitszeichen= ,

• denaussagenlogischen Junktoren¬,,und,

• demExistenzquantor∃und demAllquantor∀,

• den Klammersymbolen(,).

τ-Terme sind bestimmte Wörter über diesem Alphabet, welche aus Variablen und Funktionszeichen zusammengesetzt sind. Wir verwenden hier eine klammerfreie Notation.

Definition 2.5. Die Menge T(τ) der τ-Terme ist induktiv wie folgt definiert:

• VAR⊆T(τ), d.h. jede Variable ist einτ-Term.

• Sindt1, . . . ,tnτ-Terme und f einn-stelliges Funktionssymbol aus τ, so ist auchf t1· · ·tneinτ-Term.

Wenn wir einen Term in der Formt(x1, . . . ,xn) schreiben, dann meinen wir, dassx1, . . . ,xnpaarweise verschiedene Variablen sind und dass intkeine anderen Variablen als diese vorkommen.

Man beachte, dass insbesondere jedes Konstantensymbol c aus τeinτ-Term ist. EinGrundtermist ein Term in dem keine Variablen auftreten.

Beispiel. Die Signaturτenthalte die Funktionssymbole f(einstellig),g (zweistellig) undc(nullstellig). Seix∈VAR eine Variable. Dann sind die folgenden Wörterτ-Terme.

x, c, f x, f c, gxx, g f xc, ggcc f x.

Dabei sindcund f cGrundterme.

Es ist oft nützlich, Terme als Bäume aufzufassen. Die Baumnotation

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2.3 Syntax der Prädikatenlogik

des Termsggcc f xist:

g

g

c c

f

x

Eindeutige Lesbarkeit von Termen. Jedes Wort in Alph(τ) kann auf höchstens eine Weise als ein Term aufgefasst werden. Um dies nach- zuweisen, zeigt man zunächst per Induktion über den Termaufbau, dass keinτ-Term ein echtes Anfangsstück eines andernτ-Terms sein kann. Daraus folgt, dass für jeden Term f t1· · ·tn die unmittelbaren Untertermet1, . . . ,tneindeutig bestimmt sind.

Definition 2.6. Die Menge FO(τ)derτ-Formelnder Prädikatenlogik ist induktiv definiert wie folgt:

(1) Sindt1,t2τ-Terme dann istt1=t2eineτ-Formel.

(2) Sindt1, . . . ,tnτ-Terme und istP∈τeinn-stelliges Relationssym- bol, dann istPt1· · ·tneineτ-Formel.

(3) Wennψeineτ-Formel ist, dann auch¬ψ.

(4) Wennψundφ τ-Formeln sind, dann auch(ψφ),(ψφ)und (ψφ).

(5) Wennψeineτ-Formel ist undx∈VAR eine Variable, dann sind

∃xψund∀xψ τ-Formeln.

Eine Formel, die nur nach den Regeln (1) und (2) definiert ist, heißt atomar,Atom-Formeloder einfachAtom.Literalesind Atome und deren Negationen. Formeln, die nur nach den Regeln (1) – (4) definiert sind, heißenquantorenfrei.

Wie in der Aussagenlogik ist auch die Syntax der Prädikatenlogik induktiv definiert. Man beachte allerdings, dass die Atome bereits induktiv definiert und damit beliebig komplexe Objekte sind.

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Beispiel. Seiτ={E,f}, wobeiEein zweistelliges Relationssymbol und f ein einstelliges Funktionssymbol sind. Hier sind einige Formeln aus FO({E,f}):

• v0=v1,

• ((Ev0v0∨f v0=v1)∧ ¬Ev1f v0),

• ∀v0∀v1(¬v0=v1→Ev0v1),

• ∀v0∀v1(Ev0v1→ ∃v2(Ev0v2∧Ev2v0)).

Konventionen zur Notation vonFormeln. Wie bei der Aussa- genlogik benutzen wir auch bei der Prädikatenlogik abkürzende oder vereinfachende Schreibweisen. Zum Beispiel bezeichnen wir Variablen in der Regel mit anderen Symbolen, etwax,y,z,x0,x1, . . ., anstelle von v0,v1, . . .∈VAR. Für Terme, die aus Funktionssymbolen wie+,·,etc.

gebildet werden, verwenden wir in der Regel die Infix-Notationx+y statt+xy; ähnliches gilt für Atome wie etwat1<t2oder gelegentlich auchxEy. Anstelle von¬t1=t2schreiben wirt1̸=t2. Wo dies für die Lesbarkeit nützlich ist, werden wir von der klammerfreien Notation von Termen abweichen: Zum Beispiel schreiben wirx+ (y+z) = (x+y) +z anstelle von+x+yz= ++xyz. Andererseits werden wir in Formeln oft Klammern weglassen, welche für das Verständnis überflüssig sind.

Allerdings sind Klammern zur eindeutigen Lesbarkeit von Formeln mit Quantoren oft notwendig. So bezeichnet die Schreibweise∀xφ∨ψ nicht die Formel ∀x(φψ), sondern könnte (weniger formal) auch als(∀xφ)∨ψgeschrieben werden. Wie später bei der Definition der Semantik deutlich wird, sind diese Formeln nicht logisch äquivalent.

Man beachte, dass diese anschaulichen Mitteilungsweisen keine Terme und Formeln im eigentlichen Sinn mehr sind sondern meta- sprachliche Umschreibungen solcher Objekte. Die präzise formale Defi- nition der syntaktischen Objekte ist notwendig für die Präzisierung des Begriffs einer logischen Aussage, für die Analyse des Beweisbegriffs und insbesondere für die maschinelle Verarbeitung mathematischer Aussagen. Für die metasprachliche Kommunikation ist eine allzu for- male Notation hingegen eher hinderlich als hilfreich. Dies gilt nicht nur für logische Formeln; auch in der Kommunikation über andere

(17)

2.3 Syntax der Prädikatenlogik syntaktische Objekte, etwa Computer-Programme (für die eine präzise Syntax natürlich zwingend erforderlich ist), wird man, etwa bei der Konzeption und Analyse informellere Beschreibungen vorziehen.

Wir weisen außerdem darauf hin, dass ein Ausdruckt1 =t2 je nach Kontext entweder eine Formel aus FO(τ)oder aber eine meta- sprachliche Aussage sein kann, welche die Gleichheit der beiden Terme t1,t2 als syntaktische Objekte ausdrückt. Um diese mögliche Quelle von Konfusionen zu vermeiden, kann man entweder zwei verschiedene Gleichheitszeichen einführen oder einfach versuchen, sorgfältig zu sein.

Wir wählen hier die zweite Möglichkeit.

Freie und gebundeneVariablen. EinVorkommeneiner Variablenx in einer Formelψkannfreiodergebundensein. Es ist gebunden, wenn es in einer Unterformel der Form∃xψoder∀xψstattfindet, andernfalls ist es frei.

Beispiel. In der folgenden Formel sind unterstrichene Vorkommen von Variablen gebunden, nicht unterstrichene Vorkommen sind frei.

∃x(Eyz∧ ∀z(z=x∨Eyz)).

Man beachte, dasszin dieser Formel sowohl frei als auch gebunden vorkommt.

Formal ist die Menge der in einer Formel frei auftretenden Varia- blen wie folgt definiert.

Definition 2.7. Sei t ∈ T(τ) ein Term und ψ ∈ FO(τ) eine Formel.

Mit var(t) bzw. var(ψ) bezeichnen wir die Menge aller in t bzw. ψ auftretenden Variablen. Die Menge frei(ψ)der freien Variablen vonψ ist induktiv wie folgt definiert:

• Für atomare Formelnψist frei(ψ):=var(ψ).

• frei(¬ψ):=frei(ψ).

• frei(ψφ):=frei(ψ)∪frei(φ)für◦ ∈ {∧,,→}.

• frei(∃xψ) =frei(∀xψ):=frei(ψ)\ {x}.

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Oft bezeichnen wir eine Formel in der Formψ(x1, . . . ,xk), um an- zudeuten, dass höchstens die Variablenx1, . . . ,xkinψfrei vorkommen.

Einτ-Satzist eineτ-Formel ohne freie Variablen.

Mächtigkeit von T(τ) undFO(τ). Wenn τ abzählbar ist, dann auch das Alphabet Alph(τ). Es folgt dann, dass auch Alph(τ), und damit insbesondere T(τ)und FO(τ)abzählbar sind. Andererseits sind T(τ) und FO(τ)auch bei endlicher Signaturτ(sogar beiτ=∅) unendlich.

In der Tat enthält T(τ)alle Variablen und FO(τ)alle Formelnx=yfür x,y∈VAR.

2.4 Semantik der Prädikatenlogik

Definition 2.8(Modellbeziehung). Seiτeine Signatur. Eineτ-Interpre- tationist ein PaarI= (A,β), wobeiAeineτ-Struktur undβ:X→A eine Belegung von Variablen durch Elemente vonAist. Dabei istX= dom(β)⊆VAR. Eineτ-InterpretationI= (A,β)ordnet

• jedem Termt∈T(τ)mit var(t)⊆dom(β)einen WertJtKI∈Azu, und

• jeder Formelψ∈ FO(τ) mit frei(ψ) ⊆dom(β) einen Wahrheits- wertJψKI∈ {0, 1}. (Wie üblich steht 0 fürfalschund 1 fürwahr.) Die Zuordnung dieser Werte erfolgt induktiv gemäß dem Aufbau der Terme und Formeln. Für einen TermtistJtKIdefiniert durch:

• Fürx∈dom(β)istJxKI:=β(x).

• Fürt=f t1· · ·tnistJtKI:= fA(Jt1KI, . . . ,JtnKI). Für atomare FormelnψistJψKIwie folgt definiert:

• Jt1=t2KI:=



1 wennJt1KI=Jt2KI, 0 sonst.

• JPt1· · ·tnKI:=



1 wenn(Jt1KI, . . . ,JtnKI)∈PA, 0 sonst.

Die Bedeutung der Junktoren¬,,und→ist genau die gleiche wie in der Aussagenlogik:

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2.4 Semantik der Prädikatenlogik

• J¬ψKI:=1−JψKI.

• Jψ∨φKI:=max(JψKI,JφKI).

• Jψ∧φKI:=min(JψKI,JφKI).

• Jψ→φKI:=J¬ψφKI=max(1−JψKI,JφKI).

UmJ∃xψKIundJ∀xψKIzu definieren, verwenden wir folgende Nota- tion: Seiβ:X→Aeine Belegung,xeine Variable undaein Element vonA. Wir definieren eine neue Belegungβ[x/a]:X∪ {x} →Adurch

β[x/a](y):=



β(y) wenny̸=x, a sonst.

und definieren:

• J∃xψKI:=max

aAJψKI[x/a].

• J∀xψKI:=min

a∈AJψKI[x/a].

Es gilt also genau dann J∃xψKI = 1, wenn ein a ∈ A existiert, so dassJψKI[x/a] = 1, undJ∀xψKI =1, wenn für alle a ∈ Agilt, dass JψKI[x/a]=1.

EinModelleiner Formelψist eine InterpretationI= (A,β), so dass frei(ψ)⊆dom(β)undJψKI=1. Wir schreiben dann:(A,β)|=ψoder auchA|=ψ[β]und sagen, dassψinAunter der Belegungβgilt. Istψein Satz, schreiben wir auchA|=ψ.

EinModell einer FormelmengeΦ⊆FO(τ)ist eineτ-Interpretation I = (A,β), so dass A|= φ[β] für alle φ ∈ Φgilt. Ein Modell einer Formelmenge erfüllt also alle Formeln in dieser Menge gleichzeitig.

Man beachte, dass eine FormelψFO(σ)auch zu FO(τ)gehört, wennστ. Eine Interpretation(A,β)ist alsopassendfür eine Formel ψ(oder eine FormelmengeΦ)wenn alle Funktions- und Relationssym- bole von ψ(bzw.Φ) in der Signatur vonAenthalten sind und alle freien Variablen vonψ(bzw.Φ) zum Definitionsbereich von βgehö- ren. Offensichtlich ist für die Modellbeziehung die Interpretation der Relations- und Funktionssymbole, welche inψgar nicht vorkommen, sowie die Belegung der inψnicht frei auftretenden Variablen unerheb- lich. Dieser Sachverhalt, den man durch eine einfache, aber langweilige

(20)

Induktion über den Formelaufbau nachweisen kann, wird durch das Koinzidenzlemma ausgedrückt.

Lemma 2.9(Koinzidenzlemma). Seiψ∈FO(στ),(A,β)eineσ-Inter- pretation und(A,β)eineτ-Interpretation, so dass folgendes gilt:

(i) A undA haben dasselbe (στ)-Redukt: A ↾ (στ) = A ↾ (στ).

(ii) frei(ψ)⊆dom(β)∩dom(β)undβ(x) =β(x)für allex∈frei(ψ). Dann giltA|=ψ[β]genau dann, wennA|=ψ[β].

Notation. Wie erwähnt, deuten wir mit der Notationψ(x1, . . . ,xk)an, dass frei(ψ)⊆ {x1, . . . ,xk}. Sei nun(A,β)eine Interpretation welche die Variablenx1, . . . ,xkdurch die Elementea1=β(x1), . . . ,ak=β(xk) bewertet. Wir schreiben dann anstelle von A |= ψ[β] meistensA |= ψ(a1, . . . ,ak). (Diese Notation ist durch das Koinzidenzlemma gerecht- fertigt, denn es gilt dann A |= ψ[β]für alle Belegungenβ, welche x1, . . . ,xk aufa1, . . .ak abbilden.) Istψein Satz (also frei(ψ) = ∅) so schreiben wirJψKA=1 bzw.A|=ψund nennenAein Modell vonψ.

Beispiel. Seiψ:=∃z(Exz∧Ezy)undφ:=∀x∀y(Exy→ψ). Offensicht- lich istψeine{E}-Formel mit frei(ψ) ={x,y}undφein{E}-Satz.

Die InterpretationI = (A,β) mitA= (N,EA), EA = {(m,n) : mist ein echter Teiler vonn}undβ(x) =2,β(y) =36 ist ein Modell von ψ(x,y), d.h. A |= ψ(2, 36). In der Tat existiert ein m ∈ N (z.B.

m=6), so dass unter der Belegungβ[z/m]die Formel(Exz∧Ezy)inA gilt. Jedoch giltnichtA|=φ, denn unter der Belegungx7→2,y7→4 ist (Exy→ψ)falsch inA(2 ist echter Teiler von 4, aber es gibt keine Zahl, welche echt von 2 geteilt wird und ihrerseits 4 echt teilt). Hingegen ist

(Q,<)ein Modell vonφ, daQdicht geordnet ist.

Definition 2.10. SeiΦeine Menge vonτ-Sätzen. DieModellklasse vonΦ (kurz: Mod(Φ)) besteht aus aus allenτ-StrukturenAmitA|=Φ. Eine KlasseKvonτ-Strukturen istaxiomatisiert durchΦ, wennK=Mod(Φ). Wir nennenΦdann einAxiomensystemfürK.

(21)

2.4 Semantik der Prädikatenlogik

Beispiel.

• Die Klasse allerungerichteten Graphenist die Modellklasse von ΦGraph={∀x¬Exx, ∀x∀y(Exy→Eyx)}.

• Die Klasse allerGruppen(G,◦,e, 1)ist axiomatisiert durch ΦGruppe={∀x∀y∀z(x◦(y◦z) = (x◦y)◦z),

∀x(x◦e=x),∀x(x◦x−1=e)}.

• Ein Axiomensystem für die Klasse aller linearen Ordnungen ist Φ<={∀x¬x<x,∀x∀y∀z(x<y∧y<z→x<z),

∀x∀y(x<y∨x=y∨y<x)}.

• Für eine beliebige Signaturτundn∈NseiKndie Klasse der τ-Strukturen mit mindestensn Elementen. K≥n ist (fürn ≥ 2) axiomatisiert durch den Satz

φ≥n:=∃x1· · · ∃xn ^ 1⩽i<j⩽n

xi̸=xj.

Die KlasseK aller unendlichen τ-Strukturen ist axiomatisiert durch das unendliche AxiomensystemΦ={φ≥n:n∈N}. Die semantische Folgerungsbeziehung Φ |= ψ („ψ folgt aus Φ“), sowie die Begriffe „erfüllbar“, „allgemeingültig“ und „logisch äquivalent“(φ≡ψ) sind wie für die Aussagenlogik definiert.

Definition 2.11(Semantische Folgerungsbeziehung). SeiΦ⊆ FO(τ) eine Formelmenge,ψFO(τ)eine Formel. Wir sagen, dassψausΦ folgt (kurz:Φ |= ψ), wenn jede zuΦ∪ {ψ}passende Interpretation, welche ein Modell vonΦist, auch Modell vonψist. WennΦ={φ} schreiben wir auchφ|=ψanstelle von{φ} |=ψ.

Beispiel.

• ΦGruppe|=ψbedeutet, dassψin jeder Gruppe gilt. Man beachte, dassΦGruppeeine Menge von Sätzen ist, dass aber inψdurchaus

(22)

freie Variablen vorkommen dürfen. Da jedes Modell vonΦGruppe auch ein Modell von ψsein muss, bedeutet ΦGruppe |= ψ, dass (G,β)|=ψfür jede GruppeGund jede Belegungβ. Zum Beispiel giltΦGruppe|=x1◦x=e(da in jeder Gruppe das (Rechts-)Inverse jedes Elements auch Linksinverses ist.) Hingegen istΦGruppe ̸|= x◦y=y◦x, da nicht jede Gruppe kommutativ ist.

• Φ|=ψbedeutet, dassψin allen unendlichen Strukturen gilt.

Definition 2.12. Hat eine Formelψ(oder eine FormelmengeΦ) ein Mo- dell, so heißtψ(bzw.Φ)erfüllbar, andernfallsunerfüllbar. Eine Formelψ heißtallgemeingültig(kurz:|=ψ), wenn jede zuψpassende Interpretati- on ein Modell vonψist. Dies ist äquivalent zu∅|=ψ. Zwei Formelnψ undφheißenlogisch äquivalent(kurz:ψφ), wennψ|=φundφ|=ψ.

Definition 2.13. Seiψeine Formel mit freien Variablenx1, . . . ,xk. Dann nennen wir die Sätze∃x1· · · ∃xkψund∀x1· · · ∀xkψdenexistentiellen bzw.universellen Abschlussvonψ.

Lemma 2.14.

(i) Eine Formel ist genau dann erfüllbar, wenn ihr existentieller Ab- schluss erfüllbar ist.

(ii) Eine Formel ist genau dann allgemeingültig, wenn ihr universeller Abschluss allgemeingültig ist.

2.5 Normalformen

Der Begriff einer Normalform taucht in vielen Gebieten der Mathematik auf. Die allgemeine Situation ist die, dass auf einer MengeMvon ma- thematischen Objekten (hier: von Formeln) ein Begriff der Äquivalenz gegeben ist (formalisiert durch eine Äquivalenzrelation1∼). Angestrebt wird eine Aussage der Art, dass für eine bestimmte TeilmengeN⊆M (von Objekten „in Normalform“) jede∼-Äquivalenzklasse einen Re- präsentanten inNbesitzt. Oft sind auch stärkere Aussagen erwünscht, etwa über die effiziente Konstruierbarkeit solcher Repräsentanten. Ein

1Erinnerung: Eine Äquivalenzrelation ist reflexiv, symmetrisch und transitiv. Die Äqui- valenzklasse vonaunterist[a] ={b|a=b}, Elemente von[a]heiß Repräsentanten.

(23)

2.5 Normalformen bekanntes Beispiel aus der Linearen Algebra sind die Sätze über Nor- malformen von Matrizen.

Wir sind hier interessiert an Normalformen für Formeln der Prädi- katenlogik. Die zugrunde gelegte Äquivalenzrelation ist in der Regel die logische Äquivalenz; wir werden aber am Ende dieses Abschnitts auch eine Normalform für eine schwächere Äquivalenzrelation betrachten, nämlich dieSkolem-Normalform.

Wir beginnen mit einer einfachen Beobachtung, welche die Technik begründet, Transformationen in äquivalente Formeln per Induktion über den Formelaufbau durchzuführen.

Lemma 2.15(Ersetzungslemma). Für beliebige Formelnψ,ψ,φ,φ∈ FO(τ)gilt:

(i) Wennψφ, dann auch¬ψ≡ ¬φ.

(ii) Wenn ψψ und φφ, dann auch (ψφ) ≡ (ψφ) für

◦ ∈ {∧,,→}.

(iii) Wennψφ, dann auch∃xψ≡ ∃xφund∀xψ≡ ∀xφ.

(iv) Sei ϑ eine Teilformel von ψ und sei ϑφ. Sei weiter ψ[ϑ/φ] diejenige Formel, die man aus ψerhält, indem man ϑdurch φ ersetzt. Dann istψψ[ϑ/φ].

Beweis. Die Aussagen (i)–(iii) sind trivial; (iv) ergibt sich durch Indukti- on über den Formelaufbau mittels (i)–(iii). q.e.d.

ReduzierteFormeln. Aus der Definition der Modellbeziehung ergibt sich sofort, dass für beliebige Formeln ψ,φ folgende Äquivalenzen gelten. (1) und (2) kennen wir bereits aus der Aussagenlogik.

(1) ψφ≡ ¬(¬ψ∨ ¬φ), (2) ψφ≡ ¬ψφund (3) ∀xψ≡ ¬∃x¬ψ.

Daraus folgt, dass wir uns ohne Verlust an Ausdrucksstärke etwa auf die Junktoren∨,¬und den Quantor∃beschränken können. Wir nennen Formeln, in denen die Symbole∧,und∀nicht vorkommen, reduziert.

(24)

Lemma 2.16. Zu jeder FormelψFO(τ)kann man effektiv eine logisch äquivalente reduzierte Formel konstruieren.

Wir können daher in vielen Fällen die Betrachtung auf reduzierte Formeln beschränken. Der Vorteil der Verwendung reduzierter Formeln liegt darin, dass sie aus weniger Symbolen aufgebaut sind und daher konzisere Definitionen und kürzere Induktionsbeweise erlauben.2Ein Nachteil reduzierter Formeln ist, dass sie länger und schlechter lesbar werden.

Negationsnormalform. In manchen Situationen (z.B. für Auswer- tungsalgorithmen oder für die spieltheoretische Deutung der Semantik, siehe Abschnitt 2.6) ist es praktisch, den nicht-monotonen Junktor→ auszuschließen und die Anwendung der Negation auf atomare Formeln einzuschränken.

Definition 2.17. Eine Formel ist inNegationsnormalform, wenn sie aus Literalen (d.h. atomaren Formeln und Negationen atomarer Formeln) nur mit Hilfe der Junktoren∨,∧und der Quantoren∃undaufgebaut ist.

Satz 2.18(Satz über die Negationsnormalform). Jede Formel aus FO ist logisch äquivalent zu einer Formel in Negationsnormalform.

Beweis. Wir haben bereits gesehen, dass → eliminiert werden kann.

Durch wiederholte Anwendung der De Morganschen Regeln

¬(ψφ)≡(¬ψ∨ ¬φ), ¬(ψφ)≡(¬ψ∧ ¬φ) und den Quantorenregeln

¬∃xψ≡ ∀x¬ψ, ¬∀xψ≡ ∃x¬ψ sowie der Regel

¬¬ψψ

2Aus diesem Grund wird in einigen Lehrbüchern die Prädikatenlogik nur mit den Junktoren,¬und dem Existenzquantor eingeführt. Formeln mit,,undwerden als abkürzende, informelle Schreibweisen für die eigentlichen, reduzierten Formeln verstanden.

(25)

2.5 Normalformen kann jede FO-Formel in eine äquivalente Formel transformiert werden, in der Negationen nur noch auf Atome angewandt werden. q.e.d.

Beispiel. Um die Formel¬∃x(Rxy∧ ∀z(Sxz→Ryy))in Negationsnor- malform zu überführen, zieht man die Negationen schrittweise „nach innen“ und eliminiert→:

¬∃x(Rxy∧ ∀z(Sxz→Ryy))≡ ∀x¬(Rxy∧ ∀z(Sxz→Ryy))

≡ ∀x(¬Rxy∨ ¬∀z(Sxz→Ryy))

≡ ∀x(¬Rxy∨ ∃z¬(Sxz→Ryy))

≡ ∀x(¬Rxy∨ ∃z(Sxz∧ ¬Ryy))

TermreduzierteFormeln. Eine weitere Normalform, welche insbe- sondere für die Elimination von Funktionen nützlich ist, betrifft die Komplexität der darin auftretenden Terme. Eine Formel heißttermredu- ziert, wenn sie nur Atome der FormRx¯, fx¯=yundx=yenthält (also insbesondere keine Terme der Tiefe≥2).

Termreduzierte Formeln ermöglichen einfachere Induktionsbewei- se, weil so keine Induktion über den Aufbau der atomaren Formeln notwendig ist.

Lemma 2.19. Zu jeder Formel gibt es eine logisch äquivalente termre- duzierte Formel.

Beweis. Wenn ψnicht termreduziert ist, dann enthältψ einen Term t der Form t = fx, der in¯ ψ an einer „verbotenen“ Stelle auftritt (z.B. als Argument in einem AtomR. . .t. . . odert=t, oder als Sub- term eines komplizierteren Terms). Führe eine neue Variable xt ein und ersetze jedes Atomα, dastan einer solchen Stelle enthält, durch

∃xt(xt =t∧α[t/xt]), wobeiα[t/xt]die Formel sein soll, die man durch Ersetzten von tdurchxt gewinnt. Offensichtlich ist die modifizierte Formel logisch äquivalent zuψ. Dieser Eliminationsschritt wird solange

ausgeführt, bisψtermreduziert ist. q.e.d.

Pränex-Normalform. Wir betrachten zunächst einige logische Äqui- valenzen für einfache Quantorenanwendungen.

(26)

Lemma 2.20. Für alle Formeln ψ,φFO(τ) gelten die folgenden logischen Äquivalenzen.

(i) ∃x(ψφ)≡ ∃xψ∨ ∃xφund∀x(ψφ)≡ ∀xψ∧ ∀xφ.

(ii) Fallsxnicht inψvorkommt, gilt:

ψ∨ ∃xφ≡ ∃x(ψφ), ψ∧ ∃xφ≡ ∃x(ψφ), ψ∨ ∀xφ≡ ∀x(ψφ), ψ∧ ∀xφ≡ ∀x(ψφ). (iii) ¬∃xψ≡ ∀x¬ψund¬∀xψ≡ ∃x¬ψ.

(iv) ∃x∃yψ≡ ∃y∃xψund∀x∀yψ≡ ∀y∀xψ.

Beweis. Wir führen exemplarisch den Beweis für die erste Behauptung in (ii) vor. Für jede zu beiden Seiten der Äquivalenz passende Interpre- tationI= (A,β)gilt:

I|=ψ∨ ∃xφ

gdw. I|=ψoder es gibt eina∈A, so dassI[x/a]|=φ gdw. es gibt eina∈A, so dassI[x/a]|=ψoderI[x/a]|=φ

(Dax̸∈frei(ψ)gilt nach dem Koinzidenzlemma, dassI|=ψgdw.I[x/a]|=ψ.)

gdw. es gibt eina∈A, so dassI[x/a]|=ψφ

gdw. I|=∃x(ψφ). q.e.d.

Man beachte, dass einige zu (i) ganz ähnlich aussehende Formel- paarenichtäquivalent sind:

∃x(ψφ)̸≡ ∃xψ∧ ∃xφ,

∀x(ψφ)̸≡ ∀xψ∨ ∀xφ.

Weiter ist zu beachten, dass die Äquivalenzen in (ii) nicht gelten müssen, wennxinψvorkommt.

Beispiel. Die Formel∀x(Px∨Qx)ist weder zu∀xPx∨ ∀xQxnoch zu Px∨ ∀xQxäquivalent.

(27)

2.5 Normalformen Wir sehen also, dass wir auf Konflikte zwischen freien und ge- bundenen Variablen achten müssen. Offensichtlich können wir aber gebundene Variablen umbenennen. Wenn die Variableyin∃xψnicht vorkommt, dann ist nämlich∃xψ≡ ∃yψ[x/y]. Wir nennen eine Formel ψbereinigt, wenn keine Variable inψsowohl frei wie gebunden auftritt, und wenn keine Variable mehr als einmal quantifiziert wird. Per In- duktion über den Formelaufbau folgt, dass man durch systematisches Umbenennen gebundener Variablen zu jeder Formel eine äquivalente bereinigte Formel konstruieren kann.

Definition 2.21. Eine Formel ist inPränex-Normalform(PNF), wenn sie bereinigt ist und die FormQ1x1· · ·Qrxrφhat, wobei φquantorenfrei undQi ∈ {∃,∀}ist. Das Anfangsstück Q1x1· · ·Qrxrnennt man das (Quantoren-)Präfixder Formel.

Die Pränex-Normalform ermöglicht es also, den quantorenfreien Teil einer Formel und das Quantorenpräfix unabhängig voneinander zu untersuchen. Außerdem wird oft die Ausdrucksstärke von prädikatenlo- gischen Formeln anhand der Struktur des Quantorenpräfix klassifiziert.

Satz 2.22(Satz über die Pränex-Normalform). Jede Formelψ∈FO(τ) lässt sich in eine logisch äquivalente Formel in Pränex-Normalform transformieren.

Beweis. Der Beweis wird per Induktion über den Aufbau vonψgeführt.

Ohne Beschränkung der Allgemeinheit können wir annehmen, dassψ den Junktor→nicht enthält.

• Quantorenfreie Formeln sind bereits in PNF.

• Seiψφ. Nach Induktionsvoraussetzung kannφin eine logisch äquivalente Formel φ = Q1x1· · ·Qrxrϑ transformiert werden.

Durch wiederholte Anwendung von Lemma 2.20 (iii) folgt, dass ψ≡Q1x1· · ·Qrxr¬ϑ

wobei∃:=∀und∀:=∃. Diese Formel hat die gewünschte Form.

• Seiψ = φ1φ2 für◦ ∈ {∨,∧}. Nach Induktionsvoraussetzung lassen sichφ1undφ2in logisch äquivalente Formeln in PNF um- formen. Durch Umbenennung gebundener Variablen erreichen

(28)

wir, dass diese Formeln die Form φ1 = Q1x1· · ·Qrxrϑ1 und φ2 = Q1y1. . .Qsysϑ2 haben, wobei x1, . . . ,xr,y1, . . . ,ys paarwei- se verschieden und verschieden von allen freien Variablen inφ1

undφ2sind. Sei nun

ψ:=Q1x1· · ·QrxrQ1y1· · ·Qsys(ϑ1ϑ2).

Diese Formel hat die gewünschte Form, und da die Variablen y1, . . . ,ysnicht in φ1undx1, . . . ,xrnicht inφ2 vorkommen, folgt mit Lemma 2.20 (ii), dassψψ.

• Seiψ=QxφfürQ∈ {∃,∀}und seiφ:=Q1x1· · ·Qrxrϑeine zu φäquivalente Formel in PNF. Durch Umbenennen kann erreicht werden, dass die gebundenen Variablen vonφvonxverschieden sind. Dann istQxφeine zuψäquivalente Formel in PNF. q.e.d.

Beispiel. Seiψ:=¬∀x¬Rxx∧ ∀x∃y(Rxy∧(¬Ryy∧ ∃xRyx)). Die Trans- formation in eine äquivalente Formel in PNF, gemäß dem im Beweis beschriebenen Verfahren, ergibt:

ψ≡ ∃xRxx∧ ∀x∃y(Rxy∧ ∃x(¬Ryy∧Ryx))

≡ ∃uRuu∧ ∀x∃y∃z(Rxy∧(¬Ryy∧Ryz))

≡ ∃u∀x∃y∃z(Ruu∧Rxy∧ ¬Ryy∧Ryz).

Übung 2.1. Geben Sie zu den folgenden Formeln äquivalente Formeln in PNF an:

(a) ∀x∃yPxy∨(¬Qz∧ ¬∃xRxy), (b) ∃yRxy gdw. ∀xRxx.

Skolem-Normalform. Im Gegensatz zur Pränex-Normalform ist die Skolem-Normalformeiner Formel im Allgemeinen nicht zur ursprüng- lischen Formel logisch äquivalent; sie ist jedocherfüllbarkeitsäquivalent (d.h. die Formel in Skolem-Normalform genau dann erfüllbar, wenn die ursprüngliche Formel erfüllbar ist).

Formeln werden oft in Skolem-Normalform überführt, bevor sie algorithmisch verarbeitet werden, z.B. in automatisierten Beweissyste-

(29)

2.5 Normalformen men oder für prädikatenlogische Resolution (eine Variante der zuvor vorgestellten aussagenlogischen Resolution).

Satz 2.23 (Satz über die Skolem-Normalform). Zu jedem Satz ψ ∈ FO(σ)lässt sich ein Satz φ∈ FO(τ)mitστ konstruieren, so dass gilt:

(i) φ=∀y1· · · ∀ysφ, wobeiφquantorenfrei ist.

(ii) φ|=ψ.

(iii) Zu jedem Modell vonψexistiert eine Expansion, welche Modell vonφist.

Die letzten beiden Punkte implizieren insbesondere, dassψundφüber den selben Universen erfüllbar sind.

Beweis. Nach dem Satz über die Pränex-Normalform können wir ohne Beschränkung der Allgemeinheit annehmen, dass

ψ=Q1x1. . .Qrxrϑ(x1, . . . ,xr),

wobeiϑ(x1, . . . ,xr)quantorenfrei ist. Für jedesk≤rsei

ψk(x1, . . . ,xk):=Qk+1xk+1. . .Qrxrϑ(x1, . . . ,xk,xk+1, . . . ,xr). Wir eliminieren Existenzquantoren schrittweise von außen nach innen durch folgenden Algorithmus. SeiQkder vorderste Existenzquantor.

Die gegebene Formel hat also die Form ψ=∀x1. . .∀xk−1∃xkψk(x1, . . . ,xk).

Sei fein neues, d.h. nicht inψvorkommendes,(k−1)-stelliges Funkti- onssymbol (fürk=1 also ein Konstantensymbol). Setze

ψ:=∀x1· · · ∀xk1ψk(x1, . . . ,xk1,f x1· · ·xk1).

Also istψdie Formel, die wir ausψerhalten, indem wir die vorder- ste existentiell quantifizierte Variablexkdurch den Term f x1. . .xk−1 ersetzen und den dazugehörenden Existenzquantor∃xkeliminieren. Of- fensichtlich liefert die Iteration dieses Eliminationsschrittes schließlich

(30)

eine Formel der gewünschten syntaktischen Gestalt. Zu zeigen bleibt, dass ψ |=ψund dass jedes Modell von ψzu einem Modell von ψ expandiert werden kann.

Zur ersten Behauptung nehmen wir an, dass

A|=ψ:=∀x1· · · ∀xk−1ψk(x1, . . . ,xk−1,f x1· · ·xk−1).

Also folgt, dass für allea1, . . . ,ak−1∈A, und fürb:= fA(a1, . . . ,ak−1) gilt, dassA|=ψk(a1, . . . ,ak1,b). Damit ist gezeigt, dass

A|=∀x1· · · ∀xk1∃xkψk(x1, . . . ,xk), alsoA|=ψ.

Zur zweiten Behauptung nehmen wir an, dassA|=ψ. Da f inψ nicht vorkommt, können wir annehmen, dass fnicht in der Signatur vonAenthalten ist. Wir definieren eine Funktion fA :Ak−1 →A, so dass die Expansion(A,fA)ein Modell vonψist.

Da A |= ∀x1· · · ∀xk−1∃xkψk(x1, . . . ,xk) gibt es für allea1, . . . ,ak einb, so dassA|=ψk(a1, . . . ,ak−1,b). Wir wählen nun für jedes Tupel (a1, . . . ,ak1)einsolchesbund setzen fA(a1, . . . ,ak1):=b. Offensicht- lich gilt also für alle a1, . . . ,ak−1, dass (A,fA) |= ψk(a1, . . . ,ak−1,b). Damit folgt, dass

(A,fA)|=∀x1· · · ∀xk−1ψk(x1, . . . ,xk−1,f x1· · ·xk−1),

d.h.(A,fA)|=ψ. q.e.d.

Übung 2.2(Relationale Skolem-Normalform). Zeigen Sie, dass zu je- der Formel ψFO(σ)einerelationaleFormel φFO(τ)der Gestalt

∀x1· · · ∀xr∃y1· · · ∃ysηmit quantorenfreiemηexistiert, so dassψund φüber den selben Universen erfüllbar sind.

2.6 Spieltheoretische Semantik

Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur,

(31)

2.6 Spieltheoretische Semantik wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist,

und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.

Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen Nessuno ha mai sostenuto seriamente che i giochi siano inutili.

Umberto Eco: Über Gott und die Welt

Die Semantik der Prädikatenlogik kann man auch spieltheoretisch for- mulieren. Diese Formulierung liefert oft eine intuitivere Sichtweise auf komplexere Formeln. Aus dem hier vorgestellten Auswertungsspiel ergibt sich außerdem ein Algorithmus zur Auswertung von prädikaten- logischen Formeln.

Ein FO-Satzψund eine dazu passende StrukturAdefinieren ein Auswertungsspiel(Model-Checking-Spiel) MC(A,ψ)zwischen zwei Spie- lern, derVerifiziererin Vund demFalsifizierer F. Die Verifiziererin möchte zeigen, dassAein Modell fürψist, der Falsifizierer möchte nachweisen, dass dies nicht der Fall ist.

Der Einfachheit halber nehmen wir hier an, dassψin Negations- normalform ist. Die Positionen des Spiels sind Paare(φ,β)bestehend aus einer Unterformelφvonψund einer Belegungβ: frei(φ)→A. Für φ=φ(x¯)undβ: ¯x7→a¯bezeichnen wir die Position(φ,β)in der Regel durchφ(a¯).

Das Spiel beginnt bei der Positionψ. Seiφ(a¯)die aktuelle Position.

Dann geht das Spiel, abhängig von der Gestalt vonφ, wie folgt weiter:

• Wennφein Literal ist, dann ist das Spiel beendet. Die Verifiziererin hat gewonnen, fallsA |= φ(a¯), andernfalls hat der Falsifizierer gewonnen.

• An einer Position(ϑη)ist die Verifiziererin am Zug und kann entweder zuϑoder zuηziehen.

• Analog zieht von einer Position(ϑη)der Falsifizierer entweder zuϑoder zuη.

• An einer Position der Form∃xϑ(x, ¯b)wählt die Verifiziererin ein Elementa∈Aund zieht zuϑ(a, ¯b).

• Entsprechend darf an einer Position der Form∀xϑ(x, ¯b)der Fal- sifizierer ein Elementa ∈ Aauswählen und zur Positionϑ(a, ¯b) ziehen.

(32)

1

2 3

4 5

Abbildung 2.1.Ein Spielgraph

EndlicheSpiele. Wir geben hier eine allgemeinere Beschreibung von Spielen an (genauer: von Zweipersonenspielen mit vollständiger Information und positionaler Gewinnbedingung). Wir bezeichnen die Spieler als Spieler 0 und Spieler 1 und beschreiben das Spiel durch einen SpielgraphenG= (V,V0,E)bestehend aus

• der MengeVallerSpielpositionen,

• der TeilmengeV0⊆Vder Positionen, an denen Spieler 0 am Zug ist; entsprechend ist V1 := V\V0 die Menge der Positionen an denen Spieler 1 am Zug ist,

• der MengeE⊆V×Vder möglichenZüge.

Beispiel. Abbildung 2.1 zeigt einen Spielgraphen. Dabei ist die Menge V0mit Kreisen, die MengeV1mit Rechtecken dargestellt.

Für eine Position vsei vE := {w : (v,w) ∈ E}die Menge der unmittelbaren Nachfolgepositionen. Eine Position vmitvE = ∅ ist eineEndposition. Wenn im Spiel eine Endposition erreicht wird, hat der Spieler verloren der am Zug ist (aber nicht ziehen kann). Mit anderen Worten: Fürσ∈ {0, 1}ist die MengeTσder Endpositionen, an denen Spielerσgewonnen hat, definiert durch

Tσ:={v∈V1−σ:vE=∅}.

Beispiel. Im Beispielgraphen hat also Spieler 0 in Knoten 4 verloren, und Spieler 1 verliert in Knoten 5.

(33)

2.6 Spieltheoretische Semantik EinePartiemit Anfangspositionv0ist ein endlicher oder unend- licher Pfad(v0,v1, . . . ,vm)bzw.(v0,v1, . . .), so dass(vi−1,vi)∈ Efür allei>0 undvmeine Endposition ist.

Beispiel. Partien sind z.B. die Folgen(1, 2, 4)und(3, 5)im Beispielgra- phen.

Auswertungsspiele für FO sind insofern speziell als alle Partien endlich sind (da jeder Zug die Komplexität der Formel reduziert). Spiele mit dieser Eigenschaft nennt manfundiert.3

EineStrategiefür Spielerσist eine Funktion f:{v∈Vσ:vE̸=∅} →V,

so dass(v,f(v))∈E; sie ordnet also jeder nicht-terminalen Position von Spielerσeinen Zug zu. Wenn Spielerσjede Partie mit Anfangsposition v0gewinnt, wenn er mit Strategiefspielt, dann istfeineGewinnstrategie von Positionv0 aus. Formaler: Eine Partiev0v1. . . ist konsistent mit der Strategie f wenn für alleimitvi∈Vσgilt, dassvi+1=f(vi); f ist Gewinnstrategie für Spielerσvonv0, wenn jede beiv0beginnende und mit f konsistente Partie endlich ist und in einer Position inTσendet.

DieGewinnregionvon Spielerσist

Wσ:={v: Spielerσhat eine Gewinnstrategie von Positionv}. Ein Spiel istdeterminiert, wenn von jeder Position aus einer der beiden Spieler eine Gewinnstrategie hat, d.h. wennW0∪W1=V.

Beispiel. Die Strategien für Spieler 0 im Spiel in Abbildung 2.1 sind die Funktionen f: 17→2, 37→5 undg: 17→3, 37→5. Nurgist auch eine Gewinnstrategie von Position 1 aus. Die Partie(1, 3, 5)ist konsistent mitg. Die Gewinnregion von Spieler 0 ist{1, 3, 5}, die Gewinnregion von Spieler 1 ist{2, 4}. Das Spiel ist also determiniert.

Übung 2.3. Zeigen Sie, dass fundierte Spiele determiniert sind.

Sei nunψFO undAeine zuψpassende Struktur. Per Induktion

3Allgemeine Spiele lassen auch unendliche Partien zu. In der Theorie unendlicher Spiele braucht man daher Gewinnbedingungen für unendliche Partien. Hier werten wir unendliche Partien als unentschieden.

(34)

über den Aufbau vonφ(x¯)zeigt man leicht, dass in dem Spiel MC(A,ψ) die Verifiziererin eine Gewinnstrategie von Position φ(a¯) hat, wenn A|=φ(a¯), und dass der Falsifizierer eine Gewinnstrategie von Position φ(a¯)hat, wennA|=¬φ(a¯). Insbesondere folgt damit:

Satz 2.24. Für jeden SatzψFO(τ)und jedeτ-StrukturAgilt:A|=ψ genau dann, wenn die Verifiziererin eine Gewinnstrategie für das Spiel MC(A,ψ)von der Anfangspositionψhat.

Algorithmen fürStrategieprobleme. Sei Gamedas Strategiepro- blem für Spiele mit endlichen Spielgraphen, d.h.

Game={(G,v): Spieler 0 hat eine Gewinnstrategie fürG von Positionv}.

Es ist nicht schwer einzusehen, dass man Game in Polynomialzeit lösen kann. Sei Wσn die Menge der Positionen von denen Spieler σ eine Strategie hat, um in höchstens nZügen zu gewinnen. Dann ist Wσ0 = Tσ = {v ∈ V1−σ : vE = ∅} die Menge der Endpositionen an denen Spieler σgewonnen hat, und wir können die MengenWσn induktiv berechnen mit

Wσn+1:={v∈Vσ:vE∩Wσn̸=∅} ∪ {v∈V1−σ:vE⊆Wσn} bisWσn+1=Wσn.

Beispiel. Für den Beispielgraphen in Abbildung 2.1 würden die Ge- winnregionen wie folgt berechnet.W00besteht aus allen Knoten inV1, die keine Nachfolger haben, alsoW00 = {5}. Analog gilgW10 = {4}. W01besteht aus allen Knoten, in denen Spieler 0 am Zug ist und die mindestens einen Nachfolger inW00haben, sowie Knoten von Spieler 1, die nur Nachfolger inW00haben. AlsoW01={3, 5}undW11={2, 4}. Schließlich giltW02={1, 3, 5}, da 1∈V0und 3∈W01.

Man kann das Game-Problem sogar inLinearzeitlösen. Der folgen- de Algorithmus ist eine Variante der Tiefensuche und berechnet die GewinnregionenWσfür beide Spieler in ZeitO(|V|+|E|).

Abbildung

Abbildung 2.1. Ein Spielgraph

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