Einführung
in die Meteorologie
- Teil II: Meteorologische Elemente -
Clemens Simmer Meteorologisches Institut
Rheinische Friedrich-Wilhelms Universität Bonn Sommersemester 2006
Wintersemester 2006/2007
II Meteorologische Elemente
II.1 Luftdruck und Luftdichte II.2 Windgeschwindigkeit II.3 Temperatur
II.4 Feuchte
II.5 Strahlung
II.5 Strahlung
II.5.1 Meteorologisch wirksame Strahlung II.5.2 Strahlungsgesetze
II.5.3 Solare und terrestrische Strahlung
II.5.4 Phänomenologie der Strahlungsflüsse II.5.5 Optische Erscheinungen in der
Atmosphäre
II.5.1 Meteorologisch wirksame Strahlung
Strahlung tauchte bislang auf
• im diabatischen Term beim 1. Hauptsatz
• in der Oberflächenenergiebilanzgleichung
• beim Strahlungsfehler beim Thermometer
• in der Fernerkundung
Strahlung besteht aus elektromagnetischen Wellen. Eine
elektromagnetische Welle hat die Energie E=h mit der Frequenz der Welle und h=6.6263x10
-34Js dem Planckschen Wirkungsquantum.
Strahlung enthält also Energie (siehe 1. Hauptsatz).
E.m. Wellen entstehen (werden emittiert), wenn Moleküle auf einen niedrigeren Energiezustand (beschrieben u.a. durch Elektronen-
konfiguration, Schwingungs- und Rotationszustand) übergehen.
Werden elektromagnetische Wellen von einem Molekül absorbiert
(vernichtet),dann gelangt das Molekül entsprechend auf einen höheren
Energiezustand.
Spektrale Eigenschaften
Frequenz und Wellenlänge der elektromagnetischen Welle sind verbunden durch =c/ mit c der Wellenausbreitungsgeschwindigkeit (Lichtgeschwindigkeit, konstant im Vakuum, 2,99793x10
8m/s). Je höher die Frequenz desto kürzer die Wellenlänge desto höher die Energie der elektromagnetischen Welle (E=h ) . Strahlung ist also „spektral“, d.h. sie hängt von der Wellenlänge (oder
Frequenz ) der in der Strahlung versammelten elektromagnetischen Wellen ab.
Auch turbulente Flüsse (z.B. fühlbare Wärme) haben „spektrale“
Eigenschaften, da die Turbulenzelemente unterschiedliche Größen haben H
1 10 100 1000 /m
/m H
1 10 100 1000 100 m Höhe
10 m Höhe
λ d λ H H
= ∞ 0
Gesamtfluss H ergibt sich durch spektrale Integration von H
über den gesamten
Größenbereich der Wirbel
Vergleich
spektrale Eigenschaften turbulenter Flüsse und Strahlungsflüsse
• Spektral diskontinuierlich
• Keine Wechselwirkungen zwischen den Wellen
unterschiedlicher Wellenlänge
• Entstehung durch Emission (Änderung der Energiezustände von Molekülen)
• Energietransport ist nicht an Masse gebunden
• Spektral kontinuierlich
• Spektrale Elemente (Wirbel) wechselwirken miteinander
(Kombination, Zerfall)
• Entstehung durch
Scherungsinstabilität oder Thermik
• Energietransport ist an Masse gebunden
Strahlungsflüsse
Turbulente Flüsse
Elektromagnetisches Spektrum
Strahlungsquellen
• Solare Strahlung (0,2 - 5 m)
„Sonnenatmosphäre“, T ca. 6000 K 1350 W/m 2 am Erdatmosphärenoberrand, senkrecht zur
Einstrahlungsrichtung
• Terrestrische Strahlung (3 - 100 m)
– Erdoberfläche, T ca. 300 K, kontinuierliches Spektrum – Atmosphärische Gase, T ca. 200 – 300 K, spektral sehr
differenziert durch
• Rotationsübergänge
• Vibrationsübergänge
• Elektronenübergänge
– Niederschlag, Wolken, Aerosole, T ca. 200 – 300 K,
kontinuierliches Spektrum
Absorption von Strahlung in der
Atmosphäre
Übungen zu II.5.1
• In welchen der meteorologischen
Grundgleichungen taucht die Strahlung als Energiequelle/senke auf?
• Welche Intervalle in Wellenlänge,
Frequenz und Wellenzahl (2 / ) umfassen
solare und terrestrische Strahlung?
II.5.2 Strahlungsgesetze
• Nomenklatur
• Plancksches Strahlungsgesetz
• Wiensches Verschiebungsgesetz
• Stefan-Boltzmann Gesetz
• Kirchhoffsches Gesetz
II.5.2.1 Nomenklatur
Strahlungsflussdichte F, [F] = W/m²
gesamter Strahlungsenergiefluss durch eine Einheitsfläche Strahldichte I, [I] = W/(m²sr), sr = Steradian, Raumwinkeleinheit (gesamter Winkelbereich=4 , anlog zu 2 (Radian)=180
obeim Kreis) Zusammenhang zwischen Strahlungsflussdichte und Strahldichte durch Integration über den Halbraum
Ω Ω
=
π
θ
2
cos )
( d
I F
I ist der Energiefluss durch eine Einheitsfläche (EF) aus einer Raumwinkeleinheit, wobei aber die Einheitsfläche senkrecht auf dem Blickstrahl steht (daher cos in Integration für F.
EF d
I
Raumwinkelintegration
= Ω
→
≡ Ω
= Ω
=
=
Ω
=
=
=
=
Ω
π
π ϕ
θ θ
θ ϕ
θ
θ ϕ
θ ϕ
4
4 sin
) (
) sin
(
2 2
2
2 2
d
r d
r d
r dO
O
d r d
d r
rd d
r dU
dU dO
d
dU dU
x
y z
dU
dU Raumwinkel werden in Steradian (sr) angegeben, so wie „normale“ Winkel in Radian (rad) angegeben werden.
[ ] , [ ]
d
, d
d
4 0 sr
in
2 0 rad
in ,
∈ Ω
ϕ ∈
θ
Isotrope Strahlung und Lambert-Reflektor
Ein Körper strahlt isotrop (gleich in alle Richtungen), wenn er aus allen Richtungen gleich hell erscheint (z.B. Schnee).
Ein Lambert-Reflektor reflektiert alle eintreffende Strahlung und verteilt sie isotrop.
Bei isotroper Strahlung hängt also die Strahldichte I nicht vom Winkel ab:
π
θ θ
π π π
π π
θ θ θ ϕ
ϕ θ θ θ
π π
) (
2 ) ( 1 ) 2 ( sin
cos sin
cos
2 )
( 2
) (
) (
cos
cos )
(
2 2 2
isotrop
d d
d d isotrop
isotrop isotrop
I
d I
d I
F
I I
=
Ω
=
Ω
=
→
= Ω
=
⋅
≡
=
Spektrale Einheiten
[ ] ( )
[ ] ( )
[ ] ( )
l Wellenzah 2
Frequenz,
ge, Wellenlän mit
/ /
mit
/ /
mit
/ /
mit
2
2 2
3 2
c k
m W m
Wm F
F
m Ws Hz
m W F
F
m W m
m W F
F
k k
=
=
=
=
=
=
=
=
ν ν
λ λ
dk F dF
d F dF
d F dF
dk F d
F d
F dF
dk F d
F d
F F
k k k
k
k
−
=
−
=
=
−
=
−
=
=
=
=
=
=∞ =∞
=
=
=
∞
=
∞
=
=
∞
,
,
0 ) (
) 0 ( 0
) (
) 0 ( 0
ν λ
ν λ
ν λ
ν λ
ν λ
λ λ λ
ν λ
ν ν
λ
Strahlung ist wellenlängenabhängig; daher lassen sich alle Strahlungsmaße auch spektral ausdrücken.
Da wir die Spektralität durch verschiedene Maße (Wellenlänge, Frequenz, Wellenzahl) beschreiben können, gibt es auch verschiedene spektrale Strahlungsmaße, z.B. für die Strahlungsflussdichte F.
Damit gilt für Umrechnungen zwischen spektralen Einheiten:
F c F
F d F
F dk F
F c F c
d F d F
k k
k k
π λ
π λ
π λ
λ λ
λ ν
ν λ
ν ν
ν
λ
2
2 2
2 2
2
2
=
=
−
−
=
−
=
=
−
−
=
−
=
Analoges gilt für spektrale Strahldichten I , I , und I
kII.5.2.2
Plancksches Strahlungsgesetz
sr m) W/(m
T k
hc T hc
B
B 2
5 2
in
1 exp
1 ) 2
(
−
=
λ
λ λ
isotrop )
( B da
) ( B ))
( F(B
Konstante, -
Boltzmann
/ 10
38065 ,
1
23T
T T
K J k
Bλ
λ
λ
= π
⋅
=
−Absorbiert ein Körper alle auf ihn auftreffende Strahlung (schwarzer Strahler), dann strahlt dieser
Körper isotrop diese Energie wieder ab (Energieerhaltung) in einer
eindeutigen Funktion der
Temperatur T .und der Wellenlänge , B (T) (Planck, 1901)
0 1 2 3 4
Wellenlänge in µm 0.0
0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5
6000 K
5000 K
4000 K 3000 K
Wellenlänge, B (T ), 1 0
7W /(m
2sr m )
? )
(
? )
(
=
= T
B
T B
k
ν
II.5.2.3 Wiensches Verschiebungs-
gesetz
0 1 2 3 4
Wellenlänge in µm 0.0
0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5
6000 K
5000 K
4000 K 3000 K
Wellenlänge, B (T ), 1 0
7W /(m
2sr m )
10 max max
max '
max
max 10 max
5099 T
10 8789 ,
) 5 (
: Achtung
Hz , T 10 8789 ,
5 0
m 2898 ,
0
max max
ν λ ν
λ λ
ν ν λ λ
ν ν
λ λ
≠
⋅ =
=
=
=
⋅
=
∂ =
∂
=
∂ =
∂
T c
c B
T B
Das Maximum der Planckschen Strahlung verschiebt sich mit zunehmender Temperatur nach kürzeren Wellenlängen
Beispiel: T=6000 K
max
=0,5 m (grün)
‘
max=0,8 m (nahes IR)
Wiensches Verschiebungs-
gesetz
0.1 0 1 1.0 2 5 10.0 20 50 100.0 1E-002
1E-001 1E+000 1E+001 1E+002 1E+003 1E+004 1E+005 1E+006 1E+007 1E+008
6000 K
3000 K
750 K
300 K 1500 K
Σ
Wellenlänge , m
ΣB , W /(m
2sr m Durch Einsetzen der Gleichung
für
maxin die Planck-Funktion wird der Exponent unter dem Bruchstrich konstant und man erhält:
max max
5max max
log 5 log
) ( log
) (
λ λ
λ λ
−
=
=
a T
B T a B
D.h. die Planck-Funktion im Maximum B
maxnimmt um genau 5
Größenordnungen ab, wenn die Wellenlänge um eine Größenordnung
zunimmt.
II.5.2.4 Stefan-Boltzmann-Gesetz
Das Stefan-Boltzmann-Gesetz gibt die Temperatur-
abhängigkeit der spektral integrierten Strahlungsflussdichte der Planck-Strahlung E an.
E lässt sich wie folgt aus der Planck-Strahlung ableiten:
2 4
4 2
8 4 4
2 3
4 4
0 0
2
0
W/m ,
T B(T)
E(T)
Konstante -
Boltzmann -
Stefan
10 67
, 5
, 15
2
) ( cos
) ( )
(
σ π
σ π σ
π
λ π
λ
θ λ
π λ
=
=
⋅
=
=
=
= Ω
=
−
−
−
∞
∞
K Wm
c T h
T k
d T B
d d
T B
T E
B
II.5.2.3 Kirchhoffsches Gesetz
Gesetz für den grauen Strahler:
Absorbiert ein Körper nur den Teil ( )<1 der auftreffenden Strahlung dann gilt für seine Ausstrahlung:
Körpers schwarzen Emission des
Körpers grauen des Emission
) ( )
( )
( T B T
E λ = ε λ λ
Bogenlampe (T
Bsehr heiss)
Natrium-Dampf absorbiert bei
Nund
emittiert –nur dort - entsprechend eigener Temperatur (T
Nviel kälter als T
B)
B (T
B) B (T
B)(1- ( ))+ B (T
N) ( )
„Selbstumkehr“
von Spektrallinien
Kirchhoffsches Gesetz und der 2. Hauptsatz der Thermodynamik
Schwarz
T
S ,, ‘=1 Grau
T
G,, ‘
mit Absorptionsvermögen
‘ Emissionsvermögen
betreiben maschine
Wärmekraft
eine man
könnte dann
' '
>
<
<
>
=
G S
G S
G S
T T
T T
T T
ε ε
ε ε
Annahme: Beide Temperaturen seien gleich, doch für
den grauen Körper gelte ‘ :
Absorption von Strahlung durch atmosphärische Gase
(nach Valley 1965)
So wie Natriumdampf wirken auch die
atmosphärischen Gase : 1. Sie absorbieren Strah- lung sehr wellenlängen- selektiv.
2. Sie emittieren aber auch genau nur bei den
Wellenlängen bei denen sie
absorbieren.
(nach Bolle 1982)
Emissionsspektrum der Atmosphäre
In polaren Breiten ist die Atmosphäre oft wärmer als der Untergrund -> weniger Ausstrahlung im IR-Fenster In der Ozonbande im
Zentrum des IR-Fensters kann man (bei
vorhandenem Ozon) die Temperatur der Obergrenze der Ozonschicht ableiten.
Der meiste Wasserdampf.
Kurzwelliges (solares)
Reflexionsvermögen (Albedo) von Oberflächen
15-30 25-40 10-35 5-20 5-10 10-20 10-30 Nasser Sand
Trockener Sand Beton
Asphalt
Dunkler Boden Wald
Wiesen und Felder 75-90
60-70 40-70 30-45 20-30 30-40 6-12 Reiner Neuschnee
reiner Nassschnee Altschnee
Reines Gletschereis Unreines Gletschereis See-Eis
Meer, Seen
% Oberfläche
%
Oberfläche
Spektrale Eigenschaften von Vegetation
0.4 0.5 0.6 0.7
Wellenlänge in µm 0
20 40 60 80 100
Absorption in %
Wellenlänge in µm 0
20 40 60 80 100
Reflexion
Transmission Absorption
%
0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 2.0
Absorption eines Spinatblattes und des Chlorophyllextraktes davon (gestrichelt)
Reflexion, Absorption und Transmission eines
Pappelblattes
(nach Larcher 1994)
Übungen zu II.5.2
• Leite aus der spektralen Strahldichte eines schwarzen Körpers nach Planck in Abhängigkeit von der Wellenlänge B die Formulierung für die Wellenzahl k=2 / , also B
k, ab.
• Wie ist der Zusammenhang zwischen Strahldichte und
Strahlungsflussdichte, wenn die Strahldichte proportional zum
Cosinus des Zenitwinkels abnimmt?
II.5.3 Solare und terrestrische Strahlung
- Strahlungsbilanz des Systems Erdoberfläche-Atmosphäre -
• Solarkonstante
• Mittlere solare Einstrahlung in das System
• Ausstrahlungstemperatur der Erde
• Treibhauseffekt der Atmosphäre
II.5.3.1 Solarkonstante
Die Solarkonstante I
kist die Strahlungsflussdichte, die extraterrestrisch an der Erde (im Abstand von 1496x10
8m von der Sonne) auf einer Einheitsfläche senkrecht zur Strahlrichtung der Sonne ankommt.
Aphel (Juli)
~1328 W/m
2Perihel (Januar)
~1420 W/m
2I
k=1373±5 W/m²
Aus der Solarkonstante kann man mit dem Stefan-Boltzmann-Gesetz unter der Annahme, dass die Sonne ein schwarzer Strahler ist, die Strahlungstemperatur der Sonne berechnen.
r
S-Er
ST
4I
kr K r T I
r T I r
r I
T r
S E S S k
S E
S k S
E S k
S S
5783 4
4
2 2
4 2
2
2 4
2
=
=
=
⋅
≡
⋅
−
−
−
σ σ
π σ
π
II.5.3.2 Mittlere solare Einstrahlung
2 2 , Oberfläche 4 E
E t
Querschnit r F r
F = π = π
I k
r E r E
Im Mittel über eine Tag und gemittelt über die Erdoberfläche kommen (ohne Berücksichtigung der Atmosphäreneffekte an der Erdoberfläche an:
2 2
2
W/m 4 343
4 = k =
E
k E I
r I r
π
π
II.5.3.3 Ausstrahlungstemperatur des Systems Erde-Atmosphäre
Die Erde muss die von der Sonne absorbierte Strahlungsenergie wieder
abgeben, da sie sich nicht ständig erwärmt. Die Erde gibt diese Energie durch Ausstrahlung ins All wieder ab. Dieser Ausstrahlung kann man nach dem Stefan-Boltzmann-Gesetz eine Temperatur zuordnen – die
Strahlungsgleichgewichtstemperatur T
Eder Erde.
Zu berücksichtigen bei dieser Rechnung ist, dass die Erde nicht alle
Sonnenstrahlung absorbiert, sondern einen Teil – die planetare Albedo - (z.B. durch Reflexion an Wolken) ins All reflektiert
T E
I k /4
T E 4 ( ) ( )
Höhe km 5 in
~ 4 4
W/m 240
C) (-18
255
) Satellit aus
3 , 0 (
C) (6 279 )
Erde scharze
, 0 (
4 1 4 1
2
T E
E
E k k E
K T
K T
T I I T
°
=
=
°
=
=
=
−
=
=
−
⋅ α α
σ α σ
α
Zusammenfassung
T
S~10
6K
Photosphäre T
S~6000K
6x10
7W/m² 1373
W/m²
~240 W/m² absorbiert 1373
W/m²
343 W/m²
=30%
T
E4, T
E=255 K
Spektrale Darstellung der Haushaltskomponenten
0 5 10 15 20
Wellenlänge in µm 0
20 40 60 80 100
B in W / (m² sr µm)
λ 5783 K
255 K reduziert
0.1 1.0 10.0 100.0
0 20 40 60 λBλ
λ in µm
5783 K 255 K
reduziert W/(m sr)2
4
4) 1
( − α ⋅ I
k= σ T
ELinerare Achsen
logarithmisch
( ) λ
λ λ λ λ
λ λ λ
λ ln
0 0
0
d d B
B d
B B
∞
∞
∞ = =
=
Flächen unter den Kurven sind in beiden Fällen proportional zur Strahlungsenergie.
II.5.3.4 Treibhauseffekt der Atmosphäre
Unter dem Treibhauseffekt der Atmosphäre versteht man die Beobachtung, dass die Temperatur nahe der Erdoberfläche (in 2 m Höhe im Mittel ca. 287 K) höher ist als die Ausstrahlungstemperatur der Erde (ca. 255 K), die sich im Strahlungsgleichgewicht mit Sonne und Weltall einstellen würde
Dies lässt sich durch ein einfaches 2-Schichten-Modell veranschaulichen, das annimmt:
a) Im solaren Spektralbereich ist die Atmosphäre bis auf Wolken vollständig transparent
b) Im terrestrischen Spektralbereich ist die Atmosphäre ein schwarzer Körper.
Atmo- sphäre
Erd- ober-
fläche solar terrestrisch I
k/4 I
k/4
T
B4T
A4T
A4) 30 (
303
) 18 (
255 7 4 , 0 0
4 0 7
, 0
0 2
4 4 4
4 4
C K
T
C -
K T
T I T I T
T T
B A
A k A k B
B A
° +
=
=
°
=
= +
−
=
= +
−
= +
−
σ σ σ
σ
σ
Treibhauseffekt bei „grauer“ Atmosphäre
Die Annahme einer im terrestrischen Spektralbereich schwarzen Atmosphäre führt zu zu hohen Oberflächentemperaturen.
Man erreicht eine Verallgemeinerung/Verbesserung, wenn man die Atmosphäre mit einer Emissivität <1 im Terrestrischen versieht. Sie berücksichtigt, dass es auch im terrestrischen Spektralbereich Fenster gibt, z.B. zwischen 8 und 12 m.
Atmo- sphäre
Erd- ober-
fläche solar terrestrisch I
k/4 I
k/4
T
B4T
A4T
A4(1- ) T
B414 14
14 4 4 4
4 4
4 mit 1
2 ) 1
(
) - (2
) 4 1
( 2 )
2 ( 0
- 2
* 4 0
) 1
(
0 2
−
−
−
= −
−
=
=
− +
−
−
=
=
− + +
−
= +
−
E k E
B
E A
B k A k B
B A
T I T
T
T T
T I T I T
T T
σ α ε
ε
α σ
ε
α εσ
σ
εσ εσ
Die gesamte terrestrische Ausstrahlung (die wie vorher (1- )I
k/4 ausgleichen muss) setzt sich nun aus Strahlung der Atmosphäre und des Bodens zusammen.
Für den beobachteten mittleren Wert für T
B=288,15 K ergibt sich zu 0,7706 und
T
A=242,30 K.
Übungen zu II.5.3 (1)
Wie ändert sich nach dem in der Vorlesung besprochenen einfachen Modell
(nur eine Atmosphärenschicht) die Oberflächentemperatur der Erde, wenn sich
die Albedo (30%) oder die Solarkonstante (1373 Wm
-2) oder die langwellige
Emissivität der Atmosphäre (0.7706) um 1% ihres Wertes ändern? Welche
Oberflächentemperaturänderungen entsprechen nach dem einfachen Modell
der Variation der Solarkonstanten durch die elliptische Erdbahn um die Sonne?
Übungen zu II.5.3 (2)
Erstellen Sie ein 3-Flächen- Treibhausmodell der
Atmosphäre. Die Atmosphäre wird hier von 2 Schichten
repräsentiert, welche beide das gleiche Absorptions- vermögen besitzen.
Wir wissen, dass die global gemittelte Temperatur an der Erdoberfläche etwa T
B=288.15K beträgt.
(a) Berechne aus den Bilanzgleichungen
(b) Nun lassen sich die Temperaturen T
A1und T
A2bestimmen.
(c) Bewerten Sie diesen Ansatz, das ursprüngliche Treibhausmodell, in dem die Atmosphäre ja nur durch eine Schicht repräsentiert wird, weiter zu verfeinern. Wie sinnvoll ist das Ergebnis (vertikaler Temperaturgradient?), welche zusätzlichen Annahmen würden das Modell verbessern?
TA1 TA2 TB I K/4
I K/4
I K/4 (1-αg) IK/4
(1-αg) IK/4
(1-αg) IK/4 εσΤΑ14
(1−ε)σΤΒ4 (1−ε)2 σΤΒ4
σΤΒ4 εσΤΑ14
(1−ε)εσΤΑ24
εσΤΑ24 εσΤΑ24
(1−ε)εσΤΑ14
Langwellig (terrestrisch) Kurzwellig (solar)
II.5.4 Phänomenologie der Strahlungsflussdichten
• Globale und langzeitliche Mittel
• Tagesgang der Strahlungsflussdichten und der gesamten Energiebilanz an der Erdoberfläche
• Globale räumliche Verteilung der Strahlungsbilanz
• Strahlungstransportgleichung
II.5.4.1 Globale langzeitliches Mittel
-28 -53
+25
Haushalt der Atmosphäre Extraterrestrische Bilanz
H0 E0
A
R0 0
L 0 K 0
D0 S0
+23 +26 - 4 +97 - 2 - 112 +6 +22
Q = - 0,17 I /4L0 Q = 0,45 I /4K0 K
Bilanz an der Erdoberfläche
+ 100 = I /4K - 30 - 70
K Q = + 0,28 I /40 K
Bezeichnungen:
S direkte solare Strahlung
D diffuse Strahlung K gesamte aufwärtige
solare Strahlung K gesamte abwärtige
solare Strahlung (S+D) Q
K=S+D-K kurzwellige
Strahlungsbilanz
L atm. Gegenstrahlung R terr. Reflexstrahlung A Emissionsstrahlung
der Oberfläche
L =A+R gesamte aufwärt.
terrestrische Strahlung QL= L - L langwellige
Strahlungsbilanz
H turb. fühlb. Wärmefluss E turb. lat. Wärmefluss Die Atmosphäre verliert mehr an terrestrischer Strahlung
(-53) als sie an solarer absorbiert (+25). Der Nettoverlust
(-28) wird durch die turbulenten Flüsse ausgeglichen.
II.5.4.2 Tagesgang der Strahlungsflussdichten an der Erdoberfläche (a)
0 6 12 18 24
-100 100 300 500 700 W/m
2Zeit (MOZ)
SU SA
K
L Q
L
K
0
0
0
0 0
5.6.1954, Wiese bei Hamburg-Fuhlsbüttel
Die solare Einstrahlung ist tagsüber etwa Sinus-förmig (nachts null).
Die solare Strahlungsbilanz verläuft analog, doch ist sie nachts negativ, da
keine solare Einstrahlung herrscht, aber langwellige Nettoausstrahlung
(mehr Ein- als Ausstrahlung).
Tagesgang der Strahlungsflussdichten an der Erdoberfläche (b)
Die solare Einstrahlung ist tagsüber wieder etwa Sinus- förmig, aber Modifikation durch Tallage.
Die ausgeglichene langwellige Bilanz am Morgen (und damit augeglichene Strahlungsbilanz) lässt auf Nebel schließen.
Die Albedo zeigt eine vom Sonnenwinkel abhängige
Variation auf (höher bei kleinen Elevationswinkel)
-200 0 200 400 600 800 1000
Dischma-Tal, Schweiz 6. Aug. 1980 mit Gras bewachsener Talboden
W/m
2SA SU
K 0
Q0
L 0 L 0 K 0
0 6 12 18 24
10 18
26
AlbedoZeit (MEZ)
%
II.5.4.3 Tagesgang der Gesamtenergiebilanz an der Erdoberfläche (a)
0 6 12 18 24
-400 -200 0 200 400 600
Ikengüng, Gobi 11.-31. Mai 1931 sandiger Boden mit spärlichem Gras
W/m2
Zeit
Q
- E - B - H
0
0 0 0
0 6 12 18 24
-400 -200 0 200 400
600 Quickborn, Nord-Deutschland Mai 1954
Wiesen
W/m2
Zeit (MEZ)
Q0
- B0
- H0 - E0
SA SU
0 0
0 0
0 − B − H − E =
Q
Die turbulenten Flüsse gleichen über Landoberflächen i.w. die Strahlungsbilanz aus.
Der turbulente Fluss fühlbarer Wärme geht Nachts dabei meist von der Atmosphäre zur
Erdoberfläche.
Über vegetationslosen Böden (Wüste) dominiert der Fluss
fühlbarer Wärme H
0über den der latenten Wärme E
0.
Über Vegetation dominiert der
Fluss latenter Wärme über den
der fühlbaren Wärme.
Tagesgang der
Gesamtenergiebilanz an der Erdoberfläche (b)
0 0
0 0
0 − B − H − E =
Q
Über Wasseroberflächen sind die turbulenten Flüsse von
Strahlung und „Bodenwärme- strom“ entkoppelt.
Der „Bodenwärmestrom“ ist hier weitgehend der solare
Strahlungsfluss, der in das
Wasser hinein geht und dort in verschiedenen Tiefen absorbiert wird.
Die turbulenten Flüsse sind weitgehend proportional zur Windgeschwindigkeit.
0 6 12 18 24
-700 -500 -300 -100 100 300 500 700
900 Atlantischer Ozean
= 8° 30' N, = 23° 30' W
6. Juli 1974 ruhiges Wetter W/m2
0 5 m/s10 u
- B0
- E0 Q0
0 6 12 18 24
-400 -200 0 200 400 600 800 W/m2
Zeit (GMT)
10 5 0 u m/s
Q
- B - E
- H0
0 0
0 Atlantischer Ozean
= 8° 30' N, = 23° 30' W
8. Juli 1974 Cloud-Cluster-Tag
II.5.4.4 Globales Breitenmittel der Strahlungsbilanz
+
- -
Im Breitenkreismittel dominiert in den niedrigen Breiten die Absorption solarer Strahlung die Emission
terrestrischer Strahlung. Die Strahlungsbilanz ist dort positiv.
Die Strahlungsbilanz ist negativ in den mittleren und hohen Breiten, weil die terrestrische Ausstrahlung die Absorption solarer Strahlung überwiegt.
Diese differentielle Erwärmung des Systems Erde-Atmosphäre schafft Temperaturgegensätze, welche die Ursache atmosphärischer
Bewegung bilden.
Die atmosphärische Bewegung gleicht zusammen mit den
Ozeanströmungen die ungleichen
Wärmebilanzen aus.
II.5.4.5 Globale Verteilung der
Strahlungsbilanz aus Satellitendaten
Übungen zu II.5.4
• Beschreibe die wesentlichen Unterschiede zwischen den Tagesgängen der Energieflüsse an der Erdoberfläche über Land und über See.
• Warum sind bei Vorhandensein von Wolken die
Tagestemperaturen geringer, die Nachttemperaturen höher als bei wolkenfreiem Himmel?
• Die Strahlungsbilanz über der Sahara ist im Jahresmittel
negativ. Worauf ist das zurück zu führen?
II.5.5 Berechnung der Strahlungsübertragung
• Die Divergenz des Strahlungsflusses
bestimmt Erwärmung oder Abkühlung einer Luftschicht.
• Das Gesetz von Bouguer-Lambert beschreibt die exponentielle Abnahme der
Strahlungsintensität beim Durchgang duchr die Atmosphäre.
• Die Strahlungsübertragungsgleichung (SÜG)
beschreibt vollständig den Strahlungsdurchgang
durch die Atmosphäre.
Strahlungsdivergenz und
Erwärmung/Abkühlung der Luft
Die beiden gezeichneten Fälle seien Beispiele für die vertikale Veränderung der Nettostrahlungs- flussdichte (F (nach oben) – F(nach unten) in der Atmosphäre.
In beiden Fällen muss offensichtlich zwischen z
1und z
2Strahlung absorbiert werden, sich also nach dem 1. Hauptsatz (diabatischer Term) die Luftschicht erwärmen.
Offensichtlich kommt es zur Strahlungsabsorption immer, wenn F (ist positiv wenn nach oben
gerichtet) mit z abnimmt(!). Es gilt genauer (Einheiten!):
z
2z
1Fall 1 Fall 2
F(z
2)
F(z
1)
z F c
t T
Strahlung p
durch
∂
− ∂
∂ =
∂
ρ 1
Verifiziere: Wenn die Troposphäre (ca. 10 km dick) 50% der solaren
Einstrahlung bei wolkenfreiem Himmel (ca. 1000 W/m²) absorbiert, dann erhöht
sich die Temperatur der Atmosphäre pro Stunde um ca 0,2 K.
Gesetz von Bouguer-Lambert
Dicke optische
mit
effizient inktionsko
Volumenext mit
δ δ
σ σ
ρ d
ds ds I k
dI
e e
e
−
=
−
=
−
=
Die relative Abschwächung der Strahldichte I um den Betrag dI, also dI/I, entlang eines Weges s ist:
• proportional zur Weglänge ds
• proportional zur Dichte des Mediums und
• proportional zu einem Medium-spezifischen Massenextinktionskoeffizienten k
e.
ds I(s)
I(s+ds)
=I(s)+dI
, k
eBei konstantem Volumenextinktionskoeffizient
eerfolgt dann eine exponentielle Abnahme der Strahldichte beim Durchgang durch das Medium:
) exp(
) 0 ( ) (
) 0 (
) ln ( ) 0 (
ln ) ( ln
ln
s I
s I
I s s s I
I s
I
ds I
d
e
e e
σ
σ σ
−
=
−
=
=
=
−
−
=
Strahlungsübertragungsgleichung (a)
ds I (s, )
I (s+ds, )
I (s, ‘) B (s(T)
Der Extinktion der Strahldichte durch Streuung (Ablenkung aus der Ursprungsrichtung) und Absorption nach dem Bouguer-Lambert-Gesetz stehen zwei Strahlungsquellen gegenüber:
a) Emissionsstrahlung nach dem Planckschen und dem Kirchhoffschen Gesetz, und
b) Streustrahlung, die aus allen anderen Richtungen in die betrachte Richtung umgelenkt wird.
Alles wird kombiniert in der
Strahlungsübertragungsgleichung
auch
Schuster-Schwarzschild-Gleichung
genannt:
Strahlungsübertragungsgleichung (b)
Ω Ω
Ω
← Ω +
+ Ω
− Ω =
π
λ λ λ
λ λ
λ λ
π σ
σ σ
4 ,
, ,
' )'
, ( )' ,
4 ( ) (
)) ( ( ) ( )
, ( ) ) (
, (
d s
I s
s P
s T B s s
I ds s
s dI
s
a e
ds I (s, )
I (s+ds, )
I (s, ‘) B (s(T)
‘
mit
a
Volumenabsorptionskoeffizient
s
Volumenabsorptionskoeffizient
P Streuphasenfunktion (Wahrscheinlichkeit, dass ein Strahl aus der Richtung ‘
kommend in die Richtung umgelenkt wird).
Die SÜG kombiniert die Gesetze von Bouguer- Lambert, Planck und Kirchhoff in einer
Energiebilanzgleichung.
Die SÜG gilt nur monospektral, das heißt nur für
ein sehr feines Wellenlängenintervall.
Übungen zu II.5.5
• Ein Gas habe einen Massenabsorptionskoeffizienten von 0.01 m
2kg
-1für alle Wellenlängen. Die Streuung sei vernachlässigbar ebenso wie die Emission. Welcher Bruchteil eines Strahls wird
absorbiert, wenn er vertikal durch eine Schicht geht, die 1 kg m
-2des Gases enthält? Wie groß ist die optische Dicke der Schicht? Wieviel des Gases benötigt man in der Schicht, um den Strahl beim
Durchgang um die Hälfte zu schwächen?
II.5.6 Optische Erscheinungen in der Atmosphäre
• Streuung von Strahlung an Partikel führt zu Rayleigh- und Mie-Streuung
• Lichtbrechung an Grenzflächen
unterschiedlicher Medien führt zur Änderung der Strahlrichtung und zu farbigen Ringen
• Lichtbeugung an Grenzen sehr großer Partikel
führt durch Interferenz zu farbigen Ringen
Rayleigh- und Mie-Streuung (a)
Strahlung besteht aus elektromagnetischen Wellen.
Das oszillierende elektromagnetische Feld regt in allen dielektrischen Medien elektrische und magnetische Dipole und Multipole zum Schwingen an.
Die Strahlung des dabei erzeugten Feldes nennt man Streustrahlung.
Je nach Größe des dielektrischen Teilchens relativ zur Wellenlänge weist das Streufeld eine charakteristische wellenlängenabhängige und winkelabhängige Verteilung auf.
Sind die streuenden Teilchen viel kleiner als die Wellenlänge, so dominiert die Dipolstreuung und der Streukoeffizient
sist proportional zu
-4(Rayleigh-
Streuung).
Sind die Teilchen in der Größenordnung der Wellenlänge, so ist die
wellenlängenabhängigkeit des Streukoeffizienten schwächer ( -
1,3) und zeigt
dominierende Vorwärtsstreuung (Mie-Streuung).
Rayleigh- und Mie-Streuung (b)
Bei sichtbarem Licht erfolgt dies durch Dunst, aber vor allem Wolkentropfen (Durchmesseer ca. 10 m).
Mie-Streuung erscheint wegen der schwachen Wellenlängenabhän-
gigkeit weiß. Daher sind Wolken und Dunst im Sonnenlicht weiß oder grau.
Bei sichtbarem Licht erfolgt diese durch die Luftmoleküle.
Erzeugt Himmelsblau da Blau stärker gestreut wird als Rot.
Aus gleichem Grunde erscheint die untergehende Sonne rot (Blau ist rausgestreut)
Rayleigh-Streuung ist sehr polarisiert (nur eine Polarisationsrichtung)
rechtwinklig zur Sonnenstrahlrichtung
Mie-Streuung
Rayleigh-Streuung
Lichtbrechung (a)
Sonne (oder ein Gegenstand am Horizont) erscheint höher als in Wirklichkeit . Die scheinbare Abplattung von Sonne und Mond entsteht durch die
Abhängigkeit der Krümmung vom Winkel.
rot grün blau
Der grüne Strahl (sehr seltenes
Phänomen) entsteht durch die
Wellenlängenabhängigkeit der
Brechung. Man müsste bei
Sonnenuntergang zuletzt Blau
sehen, sieht aber Grün, da Blau
schon rausgestreut ist (Rayleigh-
Streuung)
Lichtbrechung (b)
G B
1 wärmere Luft 2
kältere Luft
G'
G oben warm B
unten kalt
1 2 3
G B
3 3 2
2
1 1