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Perspektiven der Direktvermarktung aus Sicht von Landwirten und Landwirtinnen zu Beginn der Corona-Pandemie

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Academic year: 2022

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Notizen aus der Forschung Nr. 23 / Juni2020

- Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest -

www4.fh-swf.de/cms/forschungsnotizen/ ISSN 2567-0484

Perspektiven der Direktvermarktung aus Sicht von Landwirten und Landwirtinnen zu Beginn der Corona-Pandemie

Jessica Berkes, Carla Ollier, Marcus Mergenthaler Einleitung

Anfang April 2020 waren weltweit 212 Länder von der Corona-Pandemie betroffen, unter anderem Deutschland, welches zu diesem Zeitpunkt eine der höchsten Infektionszahlen aufwies (WHO 2020). Um der Ausbreitung des Virus entgegenzuwirken, wurden u.a. In- und Auslandsreisen beschränkt (LAND NRW 2020).

Jedoch sind die Liefer- und Absatzwege der deutschen Landwirtschaft eng mit dem europäischen und außereuropäischen Ausland verwoben (EUROPEAN UNION 2015). Durch die Anerkennung als systemrelevanter Sektor (DBV 2020) kann eine Krise jedoch ein neues Selbstbewusstsein unter den Landwirten und Landwirtinnen stärken und neue Vermarktungsmöglichkeiten schaffen. Hieraus ergibt sich folgende Forschungsfrage: Wie verändert die Corona-Krise die Vermarktungswege in der Landwirtschaft?

Daten und Methoden

Die vorliegende Untersuchung ist Teil einer bundesweiten Studie zur Landwirtschaft in der Corona-Krise. Die Befragung fand vom 27.03.2020 bis 20.04.2020 statt und wurde über LimeSurvey programmiert. Die Rekrutierung der Landwirte und Landwirtinnen erfolgte über Fachverlage und Verbände. Die Fragen wurden in Form von binären Fragen, Statements mit fünfstufigen Likert-Skalen und offenen Fragen gestellt. Die Auswertung erfolgte deskriptiv mit Microsoft Excel und bei offenen Fragen qualitativ-strukturierend.

Bivariate Analysen zeigen Häufigkeitsverteilungen und Mittelwerte.

Ergebnisse Die Befragung wurde von 450 Teilnehmenden vollständig ausgefüllt. Das Durchschnittsalter betrug 44,6 Jahre, davon waren 27% weiblich und 72% männlich. Die Mehrheit der Befragten von 74% war über eine betriebsleitende Funktion in den Betrieb eingebunden. Knapp ein Fünftel gab

an, u.a. Einkommen aus dem Garten-, Wein-, Obst-, oder Sonderkulturanbau zu generieren.

Hiervon sind zwei Drittel direktvermarktende Betriebe (s. Tab. 1).

Tab. 1: Verteilung der Anteile der Befragten (Angabe in Anzahl Nennungen und in Prozent) nach Garten-, Obst-, Wein-, oder Sonderkulturanbau und Direktvermarktung (n=450)

Während sich für nur ca. 9% der Nicht-Garten-, Obst-, Wein-, und Sonderkulturanbauern durch die Corona-Krise neue Vermarktungswege ergeben, ist dies mit 18% bei ca. doppelt so vielen Befragten, die Garten-, Obst-, Wein-, und Sonderkulturbau betreiben, der Fall. Hier lag der durchschnittliche Zustimmungswert auf einer Likert-Skala von 1 (stimme gar nicht zu) bis 5 (stimme voll und ganz zu) mit x̅=2,3 höher als bei der Vergleichsgruppe mit x̅=1,9. Insbesondere Befragte von Betrieben mit bereits vorhandener Direktvermarktung geben zu einem Drittel an, dass sich für sie neue Vermarktungswege ergeben; dies ist nur in Einzelfällen der nicht- direktvermarktenden Betriebe der Fall (s. Abb. 1).

Die Mehrheit der Befragten stimmen zu, derzeit eine besonders hohe Verantwortung bei der Nahrungsmittelproduktion zu empfinden (61%) und dass diese wieder an Bedeutung gewinnt (59%). Direktvermarktende Betriebe tendieren dazu, dem eher zuzustimmen. Einer wachsenden Wertschätzung der Landwirtschaft seitens der Bevölkerung wird zu 35% zugestimmt und zu 29%

wird dem nicht zugestimmt. Dieses Meinungsbild unterscheidet sich nicht zwischen direkt- bzw.

nicht-direktvermarktenden Betrieben.

Die offene Frage „Welche Erwartungen haben Sie als Landwirt oder Landwirtin an die politischen

Vermarktung /

Betriebszweig Direktver-

marktung Keine Direkt-

vermarktung gesamt Garten-, Obst-, Wein-,

Sonderkulturanbau 51

61% 31

39% 83

Kein Garten-, Obst-, Wein-, 18%

Sonderkulturanbau 59

16% 309

84% 368

82%

gesamt 110

24% 340

76% 450

100%

Wortlaut der Frage: Durch die Corona-Krise ergeben sich neue Vermarktungswege für mich.

Abb. 1: Zustimmungswerte für direktvermarktende und nicht-direktvermarktende Betriebe (n=450)

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Notizen aus der Forschung Nr. 23 / Juni2020

- Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest -

www4.fh-swf.de/cms/forschungsnotizen/ ISSN 2567-0484

Entscheidungsträger mit der Situation umzugehen?“ haben 253 der 450 Befragten beantwortet. Einige Teilnehmende (n=18) erwarten nun besonders eine stärkere Förderung heimischer Produktion und verweisen auf die Wichtigkeit dezentralerer, kleinerer Strukturen.

Die aktuelle Situation sei auf Seiten der Landwirtschaft auch eine „Chance, eines sich möglicherweise verändernden Verbraucher- bewusstseins“ anzunehmen, diese wahrzu- nehmen und zu nutzen. Einigen (n=17) ist wichtig, dass die Saisonarbeitskräfte einreisen können und dass Handelsketten und Absatzwege (n=16) auch in der Corona-Krise funktionieren müssen.

Diesbezüglich erwähnt ein Teil (n=20) die Dringlichkeit des Ausgleichs finanzieller Einbußen.

Auf die Frage „Welche Erwartungen haben Sie als Landwirt oder Landwirtin an die berufsständischen Vertretungen mit der Situation umzugehen?“ haben 199 geantwortet; 87 von ihnen geben an, dass sie sich ein genaueres Hinsehen der Bedürfnisse und Interessen, verbesserte Kommunikations- und Informations- prozesse und ein selbstbewussteres Auftreten in der Öffentlichkeit wünschen.

Diskussion

Es wird ersichtlich, dass von den berufsständischen Vertretungen mehr Transparenz, ein souveräneres Auftreten und eine mehr an den Bedürfnissen orientierte Interessenvertretung erwartet wird. Dieser Unmut wird bereits von Fachpersonen in einer anderen Untersuchung aufgezeigt (BERKES 2020):

Die verschiedenen Interessen aus der Bauernschaft werden nicht zufriedenstellend in Verhandlungen miteinbezogen. Diese Probleme gab es jedoch bereits vor der Corona-Pandemie, sodass an dieser Stelle weiterhin untersucht werden könnte, ob und inwiefern die Corona-Krise die Zufriedenheit mit den Interessenvertretungen beeinflusst.

Auch aus Verbandssicht wird in dieser Krisensituation der heimischen Produktion und der Sicherung von Absatzwegen Nachdruck verliehen. Nicht ohne Grund: Insbesondere Betrieben mit hoher betrieblicher Wertschöpfung im Tourismus- oder Gastronomiebereich fallen Absatzwege weg, wodurch ein Ausgleich finanzieller Einbußen unerlässlich wird (BVDF 2020).

Gleichzeitig zeigt sich, dass sich insbesondere bei direktvermarktenden Betrieben durch die Corona- Krise neue Vermarktungsmöglichkeiten ergeben.

Dies geht einher mit den aktuellen Zahlen: Der Umsatz in der Direktvermarktung auf Wochenmärkten und in Hofläden ist zeitweise um 20 bis 30 Prozent gestiegen (FLEISCHWIRTSCHAFT

2020). Insofern kann sich erklären, dass die

wertschätzende Haltung aus der

Verbraucherschaft gegenüber der heimischen Landwirtschaft durch die Corona-Krise gestiegen ist (TOP AGRAR 2020) und die Chance biete, diese zu

festigen (BVDF 2020).

Es bleibt zu untersuchen, ob der durch die Direktvermarktung persönliche Kontakt mit der vorübergehend gestiegenen wertschätzenden Haltung der Verbraucherschaft zusammenhängt und ob Direktvermarktung in neuen Modellen und Strukturen in Zukunft für mehr Landwirte und Landwirtinnen eine Vermarktungsmöglichkeit darstellt. Hier ist zu prüfen, inwiefern die Krisenresilienz durch stärker regional verankerte Ernährungssysteme tatsächlich gestärkt werden kann oder ob dies lediglich ein Wahrnehmungseffekt durch Befürchtungen in einer Krisensituation geschuldet ist. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund zu betrachten, dass es zu Beginn der Corona-Pandemie zwar vereinzelt zu Lieferengpässen gekommen ist, jedoch keine grundlegenden Versorgungs- probleme entstanden sind.

Quellen:

BERKES,J.C.M. (2020). Chancen und Perspektiven für einen Dialog zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft für mehr Akzeptanz und Wertschätzung–Einschätzungen von Branchenvertretern aus NRW. Berichte über Landwirtschaft- Zeitschrift für Agrarpolitik und Landwirtschaft.

BUNDESVERBAND DER DEUTSCHEN FLEISCHWARENINDUSTRIE E.V. (BVDF) (2020). Pressemitteilung. Wertschätzung für Wertschöpfung in der Heimat: Corona-Krise zeigt Bedeutung regionaler Strukturen. Bonn.

DEUTSCHER BAUERNVERBAND (DBV) (2020). Pressemitteilung.

Landwirtschaft bleibt auch nach der Corona-Pandemie systemrelevant. Berlin: DBV.

EUROPEAN UNION (2015). Agri-food trade in 2014: EU-US interaction strengthened. European Union: DG Agriculture &

Rural Development.

FLEISCHWIRTSCHAFT (2020). Regionale Produkte in der Krise gefragt.

https://www.fleischwirtschaft.de/wirtschaft/nachrichten/Co rona-Pandemie-Regionale-Produkte-in-der-Krise-gefragt- 41940?crefresh=1 (08.06.2020)

Land Nordrhein-Westfalen (NRW) (2020).

Coronaeinreiseverordnung ab dem 07. Mai 2020 – CoronaEinrVO. Die Staatskanzlei des Landes Nordrhein- Westfalen.

TOP AGRAR 2020. Viele Landwirte erfahren plötzlich wieder Wertschätzung von Verbrauchern.

https://www.topagrar.com/suedplus/news/viele-landwirte- erfahren-ploetzlich-wieder-wertschaetzung-von-

verbrauchern-12015286.html (09.06.2020).

WORLD HEALTH ORGANIZATION (WHO) (2020). Corona disease (Covid-19) outbreak situation.

https://www.who.int/emergencies/diseases/novel- coronavirus-2019. (04.04.2020).

Referenzen

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