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Archiv "Ernährung in der Schwangerschaft: Für das Leben des Kindes prägend" (29.03.2013)

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A 612 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 13

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29. März 2013

E

ine gesunde Lebensweise vor und in der Schwangerschaft ist wichtig für Mutter und Kind. Im Netzwerk „Gesund ins Leben – Netzwerk Junge Familie“, gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Ver- braucherschutz im Rahmen von IN FORM Deutschland – Initiative für gesunde Ernährung und mehr Be- wegung, haben sich Institutionen und Organisationen aus den Berei- chen Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit auf einen nationalen Kon- sens für einheitliche Botschaften und Empfehlungen verständigt.

Ausgewogene Ernährung und re- gelmäßige körperliche Bewegung wirken sich nicht nur kurzfristig auf Mutter und Kind aus, sondern prä- gen auch langfristig Gesundheit und Wohlbefinden. Auch das kind- liche Allergierisiko kann bereits in der Schwangerschaft günstig beein- flusst werden. Im Alltag treffen werdende Mütter und Väter jedoch immer wieder auf widersprüchli- che Empfehlungen. Deshalb hat das Netzwerk Junge Familie „Gesund ins Leben“ Handlungsempfehlun- gen zur Ernährung in der Schwan- gerschaft und angrenzenden Berei- chen im Expertenkonsens formu- liert. Werdende Eltern sind für Ver- änderungen ihres Gesundheitsstils offen. Die Kernaussagen betreffen unter anderem die im Folgenden genannten Bereiche.

Energie- und Nährstoffbe- darf: Der Energiebedarf ist in den letzten Monaten der Schwanger- schaft nur etwa zehn Prozent höher als vor der Schwangerschaft. Im Verhältnis dazu steigt der Bedarf an einzelnen Vitaminen und Mineral- stoffen/Spurenelementen aber er- heblich stärker. Bei Folat, Jod und Eisen wird schon vor, beziehungs- weise ab Beginn der Schwanger-

schaft eine deutlich erhöhte Zu - fuhrmenge empfohlen. Schwangere Frauen sollten besonders auf die Qualität ihrer Ernährung achten und bei der Lebensmittelauswahl für zwei denken, aber nicht das Doppel- te essen. Denn ein Zuviel an Nah- rungsenergie kann sich nachteilig auswirken, es erhöht das Risiko für ein hohes kindliches Geburtsgewicht und für Übergewicht und Diabetes mellitus Typ 2 im späteren Leben.

Gewichtsentwicklung: Das Körpergewicht der Frau vor der Schwangerschaft ist von großer Be- deutung für ihre Empfängnisbereit- schaft, den Schwangerschafts- und Geburtsverlauf sowie für die Ge- sundheit des Kindes. Es wirkt sich stärker aus als die Gewichtszunahme während der Schwangerschaft. Des-

halb sollten Frauen schon vor der Schwangerschaft Normalgewicht an- streben. Die normale Gewichtsent- wicklung in der Schwangerschaft liegt zwischen etwa zehn und 16 kg.

Ernährungsweise: Schwan- gere Frauen brauchen keine speziel- le Ernährung. Mit einer Ernährung, wie sie der Allgemeinbevölkerung empfohlen wird, können sie ihren Mehrbedarf für zahlreiche Nähr- stoffe decken. Ausnahmen sind die kritischen Nährstoffe Folat und Jod.

Schwangere sollten auf einen re - gelmäßigen Verzehr von Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, fettarmer Milch und fettarmen Milchproduk- ten, fettarmem Fleisch und (fettrei- chem) Meeresfisch achten. Ausge- wogen sollte die Ernährung sein:

Mit ihr kommen reichlich kalorien- ERNÄHRUNG IN DER SCHWANGERSCHAFT

Für das Leben des Kindes prägend

Die von den relevanten Fachgesellschaften erarbeiteten nationalen Handlungsempfehlungen sind Grundlage für die Beratung zu Fragen der Ernährung und Bewegung in der Schwangerschaft.

M E D I Z I N R E P O R T

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29. März 2013 A 613 freie/-arme Getränke und pflanzli-

che Lebensmittel auf den Tisch.

Tierische Lebensmittel werden mäßig verzehrt und sollten, Meeres- fisch ausgenommen, fettarm sein.

Fette mit hohem Anteil gesättigter Fettsäuren sowie Süßigkeiten und Snackprodukte gibt es sparsam. Bei einer gezielten Lebensmittelaus- wahl kann auch eine ovo-lacto- vegetarische Ernährung eine gute Nährstoffversorgung ermöglichen.

Eine rein pflanzliche (vegane) Er- nährung birgt dagegen ernsthafte gesundheitliche Risiken – vor allem für die Entwicklung des kindlichen Nervensystems.

Supplemente: Zur Deckung des Bedarfs an Folat und Jod wer- den zusätzlich zu einer ausgewoge- nen Ernährung Supplemente emp- fohlen. 400 μg Folsäure täglich bei Kinderwunsch und mindestens bis zum Ende des ersten Schwanger- schaftsdrittels sowie 100–150 μg Jod täglich während der gesam- ten Schwangerschaft sollen es sein.

Eine generelle Eisensupplementie- rung wird nicht empfohlen, da sie bei gefüllten Eisenspeichern nach- teilige Wirkungen haben kann. Die Eisensupplementierung sollte indi- viduell medizinisch, auf Grundlage einer Anamnese und Blutuntersu- chung, abgeklärt werden.

Schwangere, die nicht regelmä- ßig Meeresfisch essen, sollten ein Supplement mit der Omega-3-Fett- säure DHA einnehmen (mindestens 200 mg/Tag). Eine ausreichende Vi- tamin-D-Versorgung wird bei einem hellen Hauttyp in unseren Breiten in den Sommermonaten in der Regel erreicht, wenn Gesicht und Arme et- wa fünf bis zehn Minuten täglich in der Mittagszeit ohne Lichtschutz der Sonne ausgesetzt werden. Bei fehlender Vitamin-D-Eigensynthese wird die Einnahme eines Supple- mentes mit täglich 20 μg (800 IU) Vitamin D angeraten. Ob weitere Nährstoffe ergänzt werden sollten, hängt von der Ernährungs- und Lebensweise der Schwangeren ab und ist im Einzelfall zu prüfen.

Empfehlungen für Vegeta- rierinnen: Eine vegetarische Er- nährung mit Verzehr von Milch (-produkten) und Eiern (ovo-lakto- vegetarisch) kann bei gezielter Le-

bensmittelauswahl auch in der Schwangerschaft den Bedarf an den meisten Nährstoffen decken.

Um eine ausreichende Eisenver- sorgung sicherzustellen, sollen nach entsprechender Blutuntersuchung und medizinischer Beratung gege - benenfalls Eisensupplemente einge- setzt werden.

Bei Verzicht auf den Verzehr von Meeresfisch sollten Supplemente mit langkettigen Omega-3-Fettsäu- ren verwendet werden.

Schutz vor Lebensmittelin- fektionen: Lebensmittelbedingte In- fektionen wie Listeriose und Toxo - plasmose können das ungeborene Kind gefährden. Deshalb sollen Schwangere auf rohes oder nicht durchgegartes Fleisch, Rohwurst und Rohschinken und andere rohe tieri- sche Lebensmittel verzichten, ebenso auf Lebensmittel, die daraus herge- stellt und nicht ausreichend erhitzt sind. Auch Weichkäse, Räucherfisch und vorbereitete, abgepackte Salate sind zu meiden. Frisches Obst, Ge- müse und Salat sollen gründlich ge- waschen, frisch zubereitet und bald verzehrt werden, eine Beachtung grundlegender Regeln der Küchen- hygiene soll selbstverständlich sein.

Allergieprävention: Das Mei- den bestimmter Lebensmittel in der Schwangerschaft hat keinen Nutzen für eine Allergieprävention beim Kind.

Regelmäßiger Verzehr von fett- reichem Meeresfisch wird auch un- ter dem Gesichtspunkt der Allergie- prävention empfohlen.

Eine Zufuhr von Prä- und Pro- biotika in der Schwangerschaft bie- tet keine hinreichend bewiesenen Vorteile für die Allergieprävention beim Kind.

Bewegung : Sofern keine me- dizinischen Komplikationen vorlie- gen, ist in der Schwangerschaft täg- liche Bewegung – als körperliche Aktivität im Alltag oder als Sport mit moderater Intensität – wün- schenswert. Sie unterstützt das Wohl- befinden der Schwangeren und trägt zu einer gesunden Gewichtsent- wicklung bei. Besonders überge- wichtige Schwangere sollten ge- zielt auf regelmäßige Bewegung und eine ausgewogene Ernährung hingewiesen werden.

Genussmittel: Schwangere sollen Alkohol meiden. Eine für den Fetus sichere, risikolose Alkohol- menge oder ein Zeitfenster in der Schwangerschaft, in dem Alkohol- konsum keine Risiken birgt, kann nicht definiert werden. Deshalb ist es am sichersten, in der Schwanger- schaft keinen Alkohol zu trinken.

Schwangere sollen nicht rauchen oder sich nicht in Räumen aufhalten, in denen geraucht wird oder wurde.

Da Frauen aus niedrigen sozioöko- nomischen Gruppen, alleinstehende Frauen und Frauen unter 20 Jahren häufiger in der Schwangerschaft rauchen, sollten Gynäkologen, Heb- ammen und weitere Multiplikatoren gezielt das Rauchverhalten anspre- chen und zu Entwöhnungsmaßnah- men motivieren.

Koffeinhaltige Getränke:

Schwangere sollten koffeinhaltige Getränke nur in moderaten Mengen trinken. Bis zu drei Tassen Kaffee pro Tag werden als unbedenklich an- gesehen. Von koffeinhaltigen Ener- gydrinks wird abgeraten.

Vorbereitung auf das Stillen:

Stillen ist das Beste für Mutter und Kind. Werdende Eltern sollten sich bereits in der Schwangerschaft über das Stillen informieren und bera- ten lassen. Fachleute, die zum Stil- len beraten, sind gefragt, aktiv auf Schwangere zuzugehen und sie zum Stillen zu ermutigen.

Die Autoren haben sich bei der Entwicklung der Empfehlungen vor allem auf vorhandene Leitlinien, Metaanalysen und systematische Übersichten gestützt. Im Rahmen des Netzwerks wurde keine eigene systematische Literatursuche durch- geführt. Die im Konsens formulier- ten Kernaussagen entsprechen da- mit dem Evidenzniveau einer Ex- pertenempfehlung. Sie sollten in regelmäßigen Abständen, spätes- tens nach fünf Jahren, aktualisiert werden, um ihre Gültigkeit zu be-

halten.

Prof. Dr. med. Berthold Koletzko Sprecher des wissenschaftlichen Beirats des Netzwerks „Gesund ins Leben“ im Nationalen Aktionsplan IN FORM der Bundesregierung,

Dr. von Haunersches Kinderspital, Klinikum der Universität München

@

Die Handlungsempfehlungen im Internet: www.aerzteblatt.de/13612 Der Bedarf an

Vitaminen und Mineralstoffen steigt in den letzten

Monaten der Schwangerschaft stärker als der Energiebedarf.

Foto: Fotolia contrastwerkstatt

M E D I Z I N R E P O R T

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