Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 9|
1. März 2013 145M E D I Z I N
DISKUSSION
Die Blockade der Angst
Soldaten unterliegen berufsbedingt einem höheren Ri- siko traumatischen Ereignissen ausgesetzt zu sein und in der Folge eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) zu entwickeln als der Rest der Bevölkerung.
Ein besonders hohes Risiko besteht bei Auslandseinsät- zen mit Kampfhandlungen.
Wenn man das Risiko einer PTBS mit 20 % und die tatsächliche Inzidenz mit 0,9 % ermittelt, so er- gibt sich eine rechnerische Inzidenz von 4,5 % an traumatischen Ereignissen. Wittchen und Koautoren kommen hingegen nur auf 2,9 %, während für engli- sche Soldaten ein PTBS auf 4 % geschätzt wird. Die Zahlen für amerikanische Soldaten von bis zu 20 % mögen neben dem anderen militärischen Auftrag auch mit der Mentalität und dem geringen Kranken- versicherungsschutz und einem Rechtssystem, das Entschädigungszahlungen begünstigt, zusammen- hängen.
Eigene (eher geringe) Erfahrungen mit PTBS-Pa- tienten zeigen bei einem Ansatz nach Brunet (1) (= Be- ta-Blockergabe bei PTBS) bei etwa 30 % Erfolge. Hilf- reich scheint auch die Methode „Eye Movement De- sensitization and Reprocessing“ (EMDR) zu sein, das ich allerdings nicht anwende. Die typischen psychothe- rapeutischen Verfahren bei PTBS sind sehr langwierig und benötigen meist eine medikamentöse Unterstüt- zung durch Lorazepam beziehungsweise Pregabalin – was zu medikamentösen Abhängigkeiten führt, die sich aber oft nicht vermeiden lassen.
Wenn eine vorbestehende Drogenabhängigkeit be- steht oder ein Rentenbegehren beziehungsweise Ent- schädigungsforderungen im Vordergrund stehen, sind die Behandlungschancen eher gering.
DOI: 10.3238/arztebl.2013.0145
LITERATUR
1. Brunet A, Orr SP, Tremblay J, et al.: Effect of post-retrieval proprano- lol on psychophysiologic responding during subsequent script-driven traumatic imagery in post traumatic stress disorder. J Psych Res 2008; 42: 503–6.
2. Wittchen HU, Schönfeld S, Kirschbaum C, et al.: Traumatic experi- ences and posttraumatic stress disorder in soldiers following deploy- ment abroad: how big is the hidden problem? Dtsch Arztebl Int 2012;
109(35–36): 559–68.
Dr. med. Manfred Kerschreiter Augsburg
drmkerschreiter@web.de Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren des Beitrags haben auf ein Schlusswort verzichtet.
zu dem Beitrag
Traumatische Ereignisse und posttraumatische Belastungsstörungen bei im Ausland eingesetzten Soldaten: Wie hoch ist die Dunkelziffer?
von Prof. Dr. phil. Hans-Ulrich Wittchen, Dr. rer. nat. Sabine Schönfeld, Prof. Dr. rer. nat. Clemens Kirschbaum, Dipl.-Psych. Christin Thurau, Dipl.-Psych. Sebastian Trautmann, Dipl.-Psych. Susann Steudte, Dr. rer. nat.
Dipl. Stat. Jens Klotsche, Dr. phil. Dipl. Stat. Michael Höfler, Dr. med. Robin Hauffa, PD Dr. med. Peter Zimmermann in Heft 35–36/12
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