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Archiv "Objektivierung von chronischem Alkoholabusus: Neuer Test erlaubt zuverlässige Diagnose" (15.03.1996)

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Die Objektivierung eines chroni- schen Alkoholabusus ist ein Anliegen zahlreicher medizinischer Fachrich- tungen angesichts der Verleug- nungstendenz der Betroffenen und mangels spezifischer klinisch-chemi- scher Marker. Der Blutalkoholspiegel ist nur als Parameter für den aktuellen Alkoholisierungsgrad zu werten. Bei Toleranzentwicklung infolge chroni- schen Alkoholkonsums verändert sich die Dosis-Wirkung-Beziehung.

Ein Methanolspiegel von mehr als 10 mg/ml gibt mit hoher Sensiti- vität einen Hinweis auf kontinuierli- chen Alkoholkonsum über ein bis zwei Tage. Die bisher am häufigsten als Marker für chronischen Alkoho- lismus eingesetzte Gamma-Glutamyl- Transferase (y-GT) ist nur in frischen Blutproben zuverlässig zu bestim- men. Eine Erhöhung der y-GT tritt durch Induktion des Enzyms erst nach mehrmonatigem übermäßigen Alkoholkonsum ein.

Sie verliert ihren Aussagewert hinsichtlich einer Alkoholätiologie, wenn gleichzeitig eine Hepatopathie nicht alkoholischer Ursache vorliegt.

Bei hoher Sensitivität besteht auf- grund mangelnder Spezifität das Risi- ko einer fälschlichen Unterstellung von Alkoholabusus. Das mittlere kor- puskuläre Volumen der Erythrozyten (MCV) wird nach mehrwöchigem Al- koholabusus erhöht. Doch wird die- ser Parameter bei Einwirken anderer Noxen auf das Knochenmark, bei Fol- säure- und Vitamin-B12-Mangel eben- falls verändert.

Als neuer Marker für chroni- schen Alkoholabusus wurde vor kur- zem das Carbohydrate-Deficient- Transferrin (CDT) eingeführt. Für die quantitative Bestimmung dieses Transportproteins brachte das Unter- nehmen Pharmacia 1992 den CDTect®-Radio-Immunassay auf den Markt, vor wenigen Wochen folgte der CDTect®als Enzym-Immunassay.

CDT ist eine 1976 im Liquor entdeck-

te Variante des Eisentransportpro- teins Transferrin. Es ist charakteri- siert durch verminderte Glykosylie- rung der Seitenkette mit reduziertem Gehalt an endständigen Kohlenwas- serstoffverbindungen wie Sialinsäure, Galaktose und N-acetyl-Glucosamin.

Bei einem freiwilligen Trinkver- such mit Alkoholmengen von 60 Gramm pro Tag (dies entspricht einer Flasche Wein oder drei Halben Bier) beobachtete Dr. T. Gilg vom Institut für Rechtsmedizin der Universität München bei 60 Prozent der Männer

nach drei Wochen einen Serumspie- gel von 20 U/l; bei Frauen lagen die Werte nach zwei Wochen bei 26 U/l.

Eine Normalisierung der Werte er- folgte innerhalb zwölf Tagen (±± 3).

Dr. M. Soyka (Psychiatrische Kli- nik der Universität München) fand bei Alkoholikern nach Entzug eine Normalisierung innerhalb 17 Tagen (±± 4). Wird das asservierte Serum bei zwei bis acht Grad Celsius aufbe- wahrt, ist die Analyse von CDT noch bis zu 48 Stunden möglich; bei minus 20 Grad Celsius verlängert sich der Analysezeitraum bis zu einem Jahr.

Die erforderliche Probenmenge be- trägt 0,5 ml; Plasma eignet sich für den CDTect®-Test nicht.

Vorwiegend in skandinavischen Ländern durchgeführte Studien erga- ben für den Test bei Personen mit Al- koholkonsum von 60 Gramm pro Tag eine Spezifität von 90 bis 100 Prozent und eine Sensitivität von 76 bis 91 Prozent. Die Sensitivität erwies sich bei Personen mit hohem Alkoholkon- sum als sehr viel höher als bei einer unselektierten Kontrollpopulation.

CDT wird derzeit hinsichtlich Spezifität als der zuverlässigste Mar- ker angesehen, mit dem ein chroni- scher Alkoholkonsum festgestellt werden kann. Zwischen CDT und an- deren Alkoholmarkern besteht keine direkte Korrelation. Zu berücksichti- gen ist, daß in sehr seltenen Fällen wie bei einer genetisch determinierten Variante des Transferrin, bei biliärer Zirrhose, bei Autoimmunhepatitis und bei einer seltenen Stoffwechsel- störung, der Glukanose, ebenfalls pa- thologisch hohe Werte zu finden sind.

Bei extremem Eisenmangel und in der Schwangerschaft sind ebenfalls Veränderungen der CDT-Serumspie- gel möglich.

Die Bedeutung des CDT in der klinischen Medizin liegt in der Mög- lichkeit einer Differenzierung zwi- schen alkoholbedingten und nicht alkoholbedingten Hepatopathien, Pankreaserkrankungen und neurolo- gischen Störungen. Bei Traumapati- enten oder chirurgischen Patienten, die wegen eines alkoholassoziierten Tumors (Oropharyngealbereich) ope- riert werden, ist zur Prävention eines Alkoholentzugssyndroms die Erken- nung der Alkoholabhängigkeit von großer Bedeutung. Vermuteter Alko- holabusus kann durch einen Abfall der CDT-Werte bei Alkoholkarenz bestätigt werden. Für den Nachweis der absoluten Alkoholkarenz eignet sich der Test hingegen nicht.

Im Bereich der forensischen Me- dizin hat CDT als Marker chroni- schen Alkoholkonsums große Bedeu- tung, da er auch bei Obduktionen ein- gesetzt werden kann. Gilg geht davon aus, daß für Fragen der verminderten Schuldfähigkeit durch Alkoholein- fluß ein Grenzwert von 30 U/l für schweren Alkoholmißbrauch vorzu- ziehen ist. Dr. E. Gabler-Sandberger A-668 (32) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 11, 15. März 1996

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Objektivierung von chronischem Alkoholabusus

Neuer Test erlaubt

zuverlässige Diagnose

Referenzen

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