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Archiv "Trimming nach Maß: Sport im höheren Lebensalter" (21.01.1983)

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Academic year: 2022

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen KURZBERICHTE

„Höheres Lebensalter" wird je nach Blickwinkel ganz unter- schiedlich angesetzt. Für den Chirurgen ist es hinsichtlich des Operationsrisikos die Zeit ab dem sechzigsten Lebensjahr, für den krassen Fuchs ist der eben Phili- strierte bereits ein altes Haus, für den Sportler kommt das Epitheton ornans „höheres Lebensalter" ab dem 40. Lebensjahr zum Tragen.

Von ganz wenigen (vor allem Aus- dauer-)Sportarten abgesehen, ist die Lebensspanne für den Lei- stungssport in der Regel die Zeit von 18 bis 30 Jahren. Alterssport und Jugendsport haben gemein- sam, daß beide keine Höchstlei- stungen, sondern allgemeine kör- perliche Ertüchtigung anstreben.

Im übrigen: Die körperliche Lei- stungsbreite der 50- bis 60jährigen entspricht der von den 14- bis 15jährigen, die der 60- bis 70jähri- gen der der 13- bis 14jährigen. Da- bei wird die körperliche Leistungs- fähigkeit durch die Parameter Mo- torik, Muskelkraft und Herz-Kreis-

lauf-System bestimmt. Letzteres ist im höheren Lebensalter beson- ders wichtig und wird am einfach- sten durch die Sauerstoffaufnah- me in der Zeiteinheit beurteilt. Hier ist nun wieder die Herzfrequenz die wichtigste Determinante, die jeder bei sich leicht am Puls mes- sen kann. Die Pulsfrequenz sollte bei Belastung nicht rascher wer- den als 180 minus der Zahl der Lebensjahre des Probanden. Je- der kann also leicht feststellen, ob er seinen Kreislauf überfordert.

Kurzdauernde hohe Belastungen sollten unbedingt vermieden wer- den, zumal sie für ein Kreislauftrai- ning überhaupt nichts bringen.

Die etwa 200 plötzlichen Todesfäl- le im Sport, eine verschwindend geringe Zahl unter den 700 000 jährlichen Todesfällen überhaupt, sind fast ausschließlich die Folge solch überschießender Spitzenbe- lastung, die zu Herzrhythmusstö- rungen und in deren Verlauf zu tödlichem Kammerflimmern füh- ren. Ein primär gesundes Herz wird durch den Sport nicht ge-

schädigt. Vorsicht ist aber nötig bei Bluthochdruck, Koronarinsuf- fizienz ohne offen erkennbare Krankheitszeichen und Altersherz- insuffizienz. Die Leistungsbreite des älteren Sportlers, spiroergo- metrisch gemessen, sollte nicht überschritten werden. Anderer- seits muß eine sportliche Lei- stung, wenn sie überhaupt etwas bringen soll, wenigstens 30 Pro- zent der gesamten Leistungsbreite betragen. Eine ärztliche Kontrolle ist für jeden Älteren sowohl bei Beginn seiner sportlichen Aktivitä- ten als auch bei ihrem Verlauf in Abständen nötig. Dabei müssen neben dem Kalenderalter die Lei- stungs- einschließlich Krankheits- vorgeschichte, der derzeitige Ge- sundheitszustand und die Lei- stungsbreite berücksichtigt wer- den.

Durch vernünftigen Ausgleichs- sport kann die Widerstandsfähig- keit gegenüber Erkrankungen er- höht werden und nach Operatio- nen und Unfällen die Leistungsfä- higkeit wieder schneller herge- stellt werden. Außerdem bewirkt die körperliche Bewegung eine deutliche vegetative Umstellung mit geringerer Katecholaminpro- duktion und damit geringerer In- farktmorbidität und -mortalität so- wie eine vermehrte Kollateralen- bildung in der Arbeitsmuskulatur, die eine verbesserte Sauerstoff- versorgung ermöglicht. Die vege- tative Umstellung hilft im übrigen auch beim Abgewöhnen von Alko- hol und Nikotin.

Welche Sportarten kommen, auch unter dem Aspekt Lebensfreude, bevorzugt in Frage? Im Mittel- punkt der physiologischen Überle- gungen zum Sport stand das Herz- Kreislauf-System, dessen Leistung zu fördern ist. Ein Krafttraining bietet dafür keinen Anpassungs- reiz. Dies bringt nur die Dauerbe- lastung und das Intervalltraining.

Beide fördern die Kollateralenöff- nung und dämpfen die oft rein ve- getativen Kreislaufstörungen. In- tervalltraining heißt: Belastung bis zu 60 Sekunden, Erholung bis zu 90 Sekunden. Bei normalem Blut-

Trimming nach Maß

Sport im höheren Lebensalter

Friedhelm Otto

„Trimming 130" heißt die neue Aktion, in der Deutscher Sport- bund und Bundesärztekammer zusammenwirken. Das Motto ist zugleich Richtschnur für gesunden Ausgleichssport. Das muß der Patient wissen: Der Puls soll — grob über den Daumen gepeilt — nicht über 130 Schläge pro Minute klettern; Ältere ab dem 60.

Lebensjahr rechnen besser 180 minus Lebensalter. Die Aktion, die am 10. Januar offiziell startet, ist durch zahlreiche Vorveröffent- lichungen (auch DEUTSCHES ÄRZTEBLATT, Heft 43/1982, und 1/2- 1983) bereits bekanntgeworden; dazu tauchen jetzt Fragen auf.

Zum Beispiel: Welcher Sport ist für wen geeignet? Der Verfasser bemüht sich, die Vor- und Nachteile einzelner Sportarten genauer herauszuarbeiten und dadurch ein „Trimming nach Maß" zu er- leichtern.

98 Heft 3 vom 21. Januar 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

„Trimming 130"

druck ist das Intervalltraining gün- stiger, bei über 160 zu 100 erhöh- tem Blutdruck eher die Ausdauer- belastung.

Gehen ist vor allem etwas für sol- che älteren Menschen, die erst- mals wieder nach langer Pause mit körperlichen Übungen begin- nen. Ein Vorteil ist, daß sich die Belastung leicht dosieren und steigern läßt bis zur Terrainkur in hügeligem Gelände mit 2,5 Kilo- meter Wegstrecke in der Stunde.

Ein Intervalltraining ist einfach durchzuführen: 100 Schritt ra- sches und 200 Schritt langsames Gehen. Auch die Gehzeit und die Wegstrecke sind leicht einzutei- len. Zwei Stunden täglich sind ge- nug. Gleichmäßiges Gehen (stea- dy state) mit korrektem Abrollen des Fußes von hinten nach vorn, wenn möglich leicht bergan, ist die wirksamste Maßnahme, um ar- terielle Durchblutungsstörungen der Beine zu bekämpfen, viel wir- kungsvoller als alle zu dem Zweck gegebenen Arzneimittel.

Es soll ohne falschen Ehrgeiz gelaufen werden

Trainierend ist vor allem der Weg bergauf in gleichmäßigem, ruhi- gen Schritt, ohne daß Atemnot auftritt. Hierher gehört auch „Jog- ging", ein Begriff aus dem Englischen, der eigentlich ein ge- mächliches Dahinschlendern be- deutet.

Jogging kommt auch für den älte- ren Menschen in Frage; es sollte aber im Gelände und nicht auf Asphalt gelaufen werden. Man tue es regelmäßig, ohne Rücksicht auf das Wetter. 6 mal 10 Minuten am Tag sind bessser als 1 mal 60 Mi- nuten in der Woche, am wirksam- sten sind 4mal 20 Minuten wö- chentlich. Es soll ohne falschen Ehrgeiz gelaufen werden, wenn möglich in der Familie oder in der Gruppe. Die eigene Pulskontrolle kann Überlastungen verhüten — im übrigen: „Laufen ohne zu schnau-

fen." Jogging eignet sich auch für das Intervalltraining.

Auch der Skilanglauf eignet sich gleichermaßen für Intervalltrai- ning wie für Dauerlaufbelastung.

Man sollte aber dabei nicht ver- gessen, daß der Skilanglauf eine gute Lauftechnik erfordert und daß er eine erhebliche Anforde- rung an den Kreislauf stellt. Son- ne, Schnee und frische Winterluft

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erhöhen das Lebensgefühl derart, daß die eigene Leistungsfähigkeit leicht überschätzt wird. Der ältere Sportler sollte deshalb die Bela- stung langsam aufbauen.

Ein vorzüglicher Ausdauersport in höherem Lebensalter ist das Rad- fahren. Dabei muß der Sattel so hoch gestellt werden, daß die Knie beim Durchtreten gestreckt wer- den können, und der Lenker so, daß der Leib nicht maximal zu- sammengedrückt wird. Wenn man hierzulande dann bei einer Stei- gung von 5 Prozent und mehr ab- steigt und in gleichmäßigem, ruhi- gen Schritt bergan schiebt, ist das ein gutes Stück Intervalltraining — auf keinen Fall bergauf strampeln!

Und noch ein Tip: besser im Freien als auf dem Heimtrainer im Keller. Da geht auch das Lebens- gefühl in den Keller, und das Gan- ze wird ein öder Streß.

Wenn der Ältere seinen Sport so- zusagen unter Dach ausüben und doch nicht auf das erhöhte Le- bensgefühl verzichten will, ist das Tanzen durchaus zu empfehlen.

Ich denke dabei an das Tanzen nach melodiösen, meinetwegen auch nostalgischen Klängen, nach denen flüssig und schwungvoll getanzt werden kann, oder auch an Volks- oder Gruppentänze.

Für die Älteren in

ganz besonderem Maß ein erhöhtes Lebensgefühl

Bleiben noch die Bewegungsspie- le für Ältere. Auch wenn die Alther- renmannschaft zum Image eines Fußballvereins gehört, mir er- scheint sie nicht besonders emp- fehlenswert. Wegen ihres zwangs- läufigen Wettbewerbscharakters und ihrer Anforderungen an die Schnellkraft ist das nur sehr be- dingt für Ältere geeignet. Es wur- de ja bereits erwähnt, daß plötzli- che Belastungen für Ältere ungün- stig sind. Die Spiele sollten auch keinen Körperkontakt mit dem Gegner bringen, wie zum Bei- spiel beim Faustball oder beim Tennis.

Tennis sollte nicht bei Außentem- peraturen über 25 Grad gespielt werden, und auf ein ehrgeiziges Turnierspiel sollten die Älteren verzichten. Man sollte bei solchen Spielen bedenken, daß der Part- ner, um nicht zu sagen Gegner, die Leistungen abfordert und des- halb unser Tempo stark von ihm beeinflußt wird.

Es seien noch drei Sportarten er- wähnt, die für die Älteren in ganz besonderem Maß ein erhöhtes Le- bensgefühl bringen, weil sie in der freien Natur ausgeübt werden und weil der Sportler weitgehend seine Leistung selbst bestimmen kann:

Segeln, Golfen und Reiten, sofern man nicht mit 60 Jahren zum er- sten Mal in den Sattel steigt und nicht das nötige Kleingeld dazu fehlt.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Friedhelm Otto Ahornstraße 23

8958 Füssen

Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 3 vom 21. Januar 1983 101

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