A
b dem 1. Januar 2006 dür- fen Fluorchlorkohlenwas- serstoffe (FCKW) auch in Arzneimitteln nicht mehr ver- wendet werden. Das haben die Bundesministerien für Gesundheit und Umwelt mit- geteilt. Deutschland habe da- mit als eines der ersten Län- der weltweit den Ausstieg bei FCKW in Arzneimitteln voll- zogen. Herstellung und Ver- brauch von FCKW sind in den Industrieländern nach dem Montrealer Protokoll über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen, be-reits seit 1995 verboten. Eine Ausnahmeregelung erlaubte jedoch die weitere Verwen- dung in Arzneimitteln zur Be- handlung schwerwiegender Gesundheitsstörungen. Dazu gehörte die Behandlung von Asthma und chronisch ob- struktiven Atemwegserkran- kungen mit Dosieraerosolen.
Inzwischen, so die Ministeri- en, gebe es in Deutschland Alternativen zu FCKW-halti- gen Dosieraerosolen, zum Beispiel in Form von Pulver- inhalatoren oder alternativen
Treibmitteln. HK
A K T U E L L
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 50⏐⏐16. Dezember 2005 AA3469
Rofecoxib-Studie
Drei Herzinfarkte verschwiegen
D
ie Autoren einer Studie, die im Jahr 2000 die bessere gastrointestinale Verträglichkeit des COX-2-Inhibitors Rofecoxib (Vioxx®) zeigen sollte, ha- ben offenbar kardiovaskuläre Neben- wirkungen verschwiegen. Drei Herzin- farkte seien nicht in der Publikation berücksichtigt worden, obwohl sie den Autoren bekannt gewesen seien, be- klagt der Chefredakteur des New Eng- land Journal of Medicine in einem Edi- torial (NEJM 2005; 353: 2813). Außer- dem seien noch zwei Tage vor Einrei- chen der Arbeit wichtige Daten von ei- ner Diskette gelöscht worden. Der Her- steller Merck & Co. bestritt jede Beteili- gung an einer Datenmanipulation.D
ie Anschuldigungen betreffen die Vioxx-Gastrointestinal-Outcomes Research(VIGOR)-Studie, die im No- vember 2000 publiziert wurde (NEJM 2000; 343: 1520–1528), also etwa vier Jahre vor der Rücknahme von Rofeco- xib wegen kardiovaskulärer Komplika- tionen. Die Studie hatte die gastroin- testinale Verträglichkeit des COX-2- Inhibitors mit der von Naproxen vergli- chen; Rofecoxib erwies sich nach diesen Daten als verträglicher. Eine erhöhte Rate von Herzinfarkten wird eher beiläufig erwähnt. Danach hatten von den 4 047 Anwendern von Rofecoxib 17 einen Infarkt erlitten, während es unter Naproxen nur vier von 4 029 Anwen- dern waren. Diese Unterschiede hatten die Autoren, darunter zwei Merck-Ange- stellte, damals auf eine „protektive“Wirkung von Naproxen zurückgeführt.
Außerdem seien die meisten Infarkte bei Patienten aufgetreten, die ein er- höhtes Herzinfarktrisiko hatten.
J
etzt veröffentlicht das Editorial eine detaillierte Aufschlüsselung der Da- ten. Dabei zeigt sich, dass insgesamt 20 (statt 17) Herzinfarkte bei Patienten der Vioxx-Gruppe aufgetreten waren, davon zwölf (statt neun) bei Patienten, die kein erhöhtes Herz-Kreislauf-Risi- ko aufwiesen. In der Gesamtgruppe der Patienten erhöhte Rofecoxib das Risi- ko eines Herzinfarktes um den Faktor 5,00 statt um 4,25 nach den Daten aus der Originalpublikation. Die zusätzli- chen Herzinfarkte wurden erstmals in einem Dokument der Zulassungs- behörde FDA im Jahr 2001 erwähnt.Damals sei das New England Journal of Medicine noch davon ausgegangen, dass die Herzinfarkte nach Einreichen der Publikation aufgetreten seien. Aus einer Zeugenaussage in einer der Schadenersatzklagen gegen Merck sei aber klar geworden, dass die Herzin- farkte bereits viereinhalb Monate vor der Publikation bekannt waren. EB Akut
Arzneimittel
Ab Januar FCKW-frei
Ausnahmeregelung läuft aus, weil es Alternativen gibt.
Bislang durfte FCKW als Treib- gas in Dosier- aerosolen aus- nahmsweise weiterverwen- det werden.
Ärzteproteste
Stift statt Skalpell
Chirurgen beklagen ausufernde Bürokratie.
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ie Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCh) sieht die Versorgung der Pati- enten durch qualifizierte Chirurgen bedroht. Unter den aktuellen Bedingungen sei die Qualität der Versor- gung nicht zu halten, erklärte deren Präsident, Prof. Dr.med. Hans-Detlev Saeger, Anfang Dezember. Mit Blick auf die anhaltenden Ärzte- proteste appellierte Saeger an die Politik, insbesondere jun- ge Ärzte durch angemessene Arbeits- und Vergütungsbe- dingungen davon abzuhalten, in andere Länder abzuwan- dern oder sich alternative Betätigungsfelder zu suchen.
Unattraktiv seien nicht nur die Bedingungen in der Pa- tientenversorgung, sondern auch die Möglichkeiten in der Forschung. Das Arbeitszeit- gesetz erlaube Ärzten nicht
länger, eine Maximalversor- gung zu überschreiten. Sie dürften dann nur noch bei Freistellung von klinischer Tätigkeit forschen. „Der Frei- zeit- und Wochenendforscher ist aber international längst nicht mehr konkurrenzfä- hig“, so Saeger. Zudem ver- brächten Chirurgen täglich fast drei Stunden mit admi- nistrativer Dokumentation.
„Wir haben heute häufiger den Stift in der Hand als das Skalpell“, kritisierte Dr. Nor- bert Hennes, Oberarzt der Kli- nik für Allgemein- und Visze- ralchirurgie in Krefeld. Unter dem zeitlichen Druck kämen Zuwendung und das Arzt-Pa- tienten-Gespräch zwangsläu- fig zu kurz.
Trotzdem nehme das deut- sche Gesundheitssystem im in- ternationalen Vergleich immer noch eine Spitzenposition ein, sagte Prof. Dr. med. Hartwig Bauer, Generalsekretär der DGCh. Wesentlich habe dazu die Leistungsbereitschaft der Ärzte beigetragen. Bei ständig steigender Arbeitsüberlastung seien aber vor allem junge Me- diziner nicht mehr bereit, dies angesichts der unangemesse- nen Bezahlung länger aufrecht-
zuerhalten. SR
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