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Archiv "PSA-Screening auf Prostatakarzinom: Noch nicht belegt oder unbelegbar?" (16.10.2009)

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A 2056 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 106

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Heft 42

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16. Oktober 2009

PSA-SCREENING AUF PROSTATAKARZINOM

Noch nicht belegt oder unbelegbar?

Der mögliche Wert der Prostatakrebsfrüherkennung auf Basis des PSA-Werts ist bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Urologie diskutiert worden:

Kritiker halten den Nutzen für nicht nachweisbar, die Urologen hoffen auf Studien.

H

ans-Hermann Dubben, Phy- siker und Strahlenbiologe an der Universitätsklinik Hamburg- Eppendorf, hat erhebliche Zweifel:

Ein Nutzen der auf dem PSA-Test basierenden Früherkennung des Prostatakarzinoms (PCa) werde sich schon aus prinzipiellen Gründen kaum sicher belegen lassen – unab- hängig von den Eigenschaften der Tests und der nachfolgenden Dia- gnostik und Therapie. Die methodi- schen Schwierigkeiten nannte er kürzlich in der Zeitschrift „Lancet Oncology“ (2009; 10: 294–8): Die PCa-spezifische Mortalität lasse sich wegen bekannter Mängel in der Todesursachenstatistik nicht genau genug feststellen, und das Lebens- zeitrisiko für einen Tod durch das Karzinom sei mit circa drei Prozent gering. Deshalb seien Studien mit Millionen Teilnehmern nötig, um Vorteile eines PSA-Screenings fest- zustellen – im Prinzip eine Kritik an allen Früherkennungsmaßnahmen.

Die Urologen haben diesen Aspekt in das Programm ihrer Jahrestagung in Dresden aufgenommen und auch den Stellenwert von Mammografie und Koloskopie beleuchtet.

Screening senkt individuelles Risiko um 0,6 Prozent

Hintergrund der Diskussion sind die beiden großen Studien zu dieser Fragestellung: die US-amerikani- sche PLOC-Studie1 mit 76 693 Männern zwischen 55 und 74 Jah- ren und die europäische ERSPC- Studie2 mit 162 243 Männern im Alter zwischen 55 und 69 Jahren.

Die PSA-Bestimmung sollte in der US-amerikanischen Studie bei der Hälfte der Teilnehmer (Testgruppe) jährlich erfolgen. In der europä-

ischen Studie wurden die Männer randomisiert in eine Gruppe, wel- cher der Test alle drei bis vier Jahre angeboten wurde; die Kontroll- gruppe wurde nicht gescreent.

Während in den USA keine Reduk- tion der PCa-spezifischen Mortali- tät festgestellt wurde (NEJM 2009;

360: 1310–20), senkte den Daten der europäischen Studie zufolge ei- ne konsequente Behandlung aller durch PSA-Test entdeckten Karzi- nome die Sterblichkeit um 20 Pro- zent (NEJM 2009; 360: 1320–8).

Das individuelle Risiko reduzierte sich um 0,6 Prozent, nämlich von drei auf 2,4 Prozent. Mit anderen Worten: Von 1 000 Männern ster- ben ohne Screening 3,7, mit Scree- ning 3,0 im Verlauf von neun Jah- ren. Zugleich kamen auf einen durch Früherkennung geretteten Mann in der ERSPC-Studie 48 Pa- tienten, die sich einer Operation oder Radiotherapie unterziehen mussten, mit häufig negativen Fol- gen wie Harninkontinenz oder Im- potenz.

Beide Studien hätten methodi- sche Mängel, meint der Urologe Prof. Dr. med. Michael Stöckle (Homburg/Saar): Die Auswertung der PLOC-Studie sei nach sechs Jahren zu früh erfolgt, die Daten seien „nichtssagend“. Das Gleiche gelte für die ERSPC-Studie: Auch 8,8 Jahre Beobachtungszeit seien zu kurz, da 88 Prozent der erwarte- ten PCa-Todesfälle noch nicht ein- getreten seien. In der europäischen Studie hapere es zudem an der Compliance: Bei 18 Prozent der Teilnehmer der Testgruppe sei kei- ne PSA-Bestimmung erfolgt, bei 14 Prozent der Männer mit erhöh- ten Werten keine Biopsie und bei mehr als 20 Prozent derer mit posi- tivem Biopsiebefund keine Thera- pie. In Deutschland machen sich die Fachärzte für ein PSA-basier-

tes Screening stark, der Test wird als individuelle Gesundheitsleistung angeboten. Dennoch meint Stöckle:

„Die in der europäischen Studie reduzierte Mortalität wird erkauft durch zu viele Biopsien und eine Übertherapie.“ Schließlich sterbe nur jeder zehnte Mann mit PCa an seinem Tumor. Bei der Frühdia- gnostik des Kolonkarzinoms sei die Übertherapie deutlich geringer, weil eine klare Korrelation bestehe zwischen dem Stadium, in dem der Tumor entdeckt werde, der Lebens- erwartung und der tumorbedingten Mortalität.

Nutzen von Screenings in der Bevölkerung überbewertet

Das Mammografie-Screening (sie- he nebenstehenden Bericht) dage- gen wurde in erster Linie auf Druck der Frauenverbände mit politi- schem Rückenwind als gesetzliche Leistung durchgesetzt. Der Nutzen des PSA-Screenings und der Mam- mografie werde in der Bevölkerung überbewertet, hieß es auf dem Kon- gress: Nur zwei Prozent der Teil- nehmer einer europaweiten Befra- gung schätzten den Nutzen korrekt ein. Er lässt sich in Zahlen so aus- drücken: Um einen Todesfall zu verhindern, müssen 1 410 Männer mehr als neun, und 2 000 Frauen mehr als zehn Jahre gescreent wer- den. Bei den Frauen über 50 Jahre erfolgt in zwei von zehn Fällen eine Überdiagnostik, bei den Männern bei zehn bis 30 Prozent.

Der Nutzen des PSA-Screenings wird mindestens bis 2011 umstrit- ten bleiben. Dann seien neue Daten der ERSPC-Studie zu erwarten, sagte Studienleiter Prof. Dr. Fritz Schröder (Rotterdam). „Ich bin op- timistisch, dass dann auch die bis- her viel zu hohe Zahl unnötig thera- pierter Männer sinken wird.“ ■ Dr. rer. nat. Renate Leinmüller

1 Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian Cancer Screening Trial

2 European Randomized Study of Screening for Prostate Cancer

M E D I Z I N R E P O R T

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