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Archiv "Soziale Sicherheit nur bei wirtschaftlicher „Schönwetterlage“?: Sozialpolitik ist ohne Familienpolitik unausführbar" (05.05.1977)

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen

Bilanz der Psychiatrie-Enquete

des Begriffs der psychischen Krank- heit und damit auch des Gegen- stands der psychiatrischen Versor- gung in quantitativer und qualitati- ver Sicht. Wenn in der Präambel zu den Satzungen der Weltgesund- heitsorganisation Gesundheit als Optimum körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens defi- niert wird, so ist das eine Idealnorm, die als solche und an dieser Stelle ihre Berechtigung hat. In der Praxis kann man sich aber immer nur be- mühen, dieser Idealnorm unter ad- äquater Berücksichtigung der indi- viduellen und sozialen Gegebenhei- ten so nahe wie möglich zu kom- men. Deshalb gehört auch das in dem Enquete-Bericht postulierte

„Prinzip der umfassenden Versor- gung" in das Reich der Utopie, einer übrigens in mehrfacher Hinsicht ge- fährlichen Utopie.

Je mehr wir die breiten und kaum abgrenzbaren Randzonen der Psychiatrie als Aufgabe in die psych- iatrische Versorgung einbeziehen, um so weniger werden wir für den engeren Bereich der psychisch Kranken tun und erreichen können.

Psychiatrische Versorgung ist zwei- fellos ein Teilgebiet sozialer Fürsor- ge und Vorsorge. Die verbreitete Tendenz zu direkter oder indirekter Ausweitung dieses Teilbereichs kann sich nur zum Nachteil der Kranken, insbesondere der mehr oder weniger chronisch Kranken und der auf Dauer Pflegebedürftigen auswirken. Das Niveau der Versor- gung gerade dieses Personenkrei- ses ist aber einer der kritischsten Maßstäbe für das Gesamtniveau ge- sundheitlicher und sozialer Fürsor- ge in einem Lande.

(Im Anschluß an eine Gastvorlesung an der Universität Helsinki am 26.

Oktober 1976. — Ausführlich in „Ar- chiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit" Heft 2/1977.) Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. Dr. H. E. Ehrhardt

Institut für Gerichtliche und Sozial- Psychiatrie der Philipps-Universität Marburg

Ortenbergstraße 8 3550 Marburg

FORUM

Ernst Th. Mayer

Ohne konsequente Familien- politik ist das Jahrhundert- werk unseres Systems sozia- ler Sicherheit nicht mehr zu sanieren, lautet die in diesem Beitrag vertretene Haupt- these.

Schon nach kurzer Lektüre der in der Welt bislang einmaligen Ge- schichte deutscher Sozialgesetzge- bung stößt man auf die für unser heutiges Anspruchsverhalten völlig überraschende Tatsache, daß zu Be- ginn, sowohl der gesetzlichen Ren- tenversicherung wie der gesetzli- chen Krankenversicherung, das Zu- sammenleben auch mit der Großel- terngeneration damals entscheiden- de Voraussetzung war (siehe auch den Auszug aus einem älteren Lehr- buch zur deutschen Sozialgesetzge- bung auf Seite 1233).

I. Die gesetzliche Rentenversicherung

Jede Rentenversicherung ist von Beginn an problematisch. Es gehör- te der Mut und der ungewöhnliche Fürsorgewille der deutschen konsti- tutionellen Monarchie dazu, das Wagnis einer Rentenversicherung einzugehen. Denn weder eine Pri- vatwirtschaft noch eine Planwirt- schaft kann so etwas wirklich orga- nisieren. Die westlichen Demokra- tien haben die deutsche Rentenver- sicherung ja auch nicht nachahmen können bzw. nicht nachzuahmen gewagt. Eine volle Rentenversiche- rung kostet nämlich 1 /3 des aktiven

Einkommens einer Bevölkerung.

Dazu vergleiche man in den öffentli- chen Etats nur die Zahlen der Besol- dung und die der Pensionierung. Die Streichung der Krankenversiche- rungsbeiträge der Rentner ab 1. Ja- nuar 1968 hätte schon damals mas- sive Zweifel an der Verantwortlich- keit der Sozialpolitiker aller im Bun- destag vertretenen Parteien begrün- den müssen. Denn solch ein durch und durch unseriöser Beschluß kann nur bei wirtschaftlicher Schön- wetterlage und das nur für einige Jahre durchgehalten werden.

Die wenigen Rentner, die noch Erin- nerungen aus der Zeit vor 1914 ha- ben (als sie ihre eigenen Solidarge- meinschaften mit aufbauen halfen) haben dies ja schon 1967 gewußt und gesagt, als man im Bundestag sich gegenseitig sozialpolitisch übertreffen wollte. Die Stimmen aber, daß man so etwas nie werde bezahlen können, wurden überhört, und so wurde den Rentnern der Bei- trag zu ihrer Krankenversicherung erlassen. Seither kann der Rentner nicht mehr ahnen, geschweige denn wissen, was für ihn aufgewendet wird. Durch solche Gesetzgebung wurde also selbst die Masse der al- ten Menschen, die doch eigentlich viel vernünftiger und verantwortli- cher handelt als die jüngere Genera- tion, zu einem unverantwortlichen Anspruchsverhalten geradezu genö- tigt. Und wer in solch überdimensio- nierter Weise wie unsere Rentner derzeit sozial und ärztlich betreut wird, kann dem Betreuer erfah- rungsgemäß keine Kosten sparen helfen, wenn er nicht einmal in der Größenordnung ermessen kann, was für ihn aufgewendet wird.

Soziale Sicherheit nur bei

wirtschaftlicher „Schönwetterlage"?

Sozialpolitik ist ohne Familienpolitik unausführbar

1232 Heft 18 vom 5. Mai 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Segen der Arbeit

Aus: J. Conrad:

Politische Ökonomie II. Teil, Volkswirtschaftspolitik, 7. Aufl., Seite 362 (1919):

„Es ist in Deutschland gar nicht die Absicht gewesen, sofort in der Alters- und Invalidenrente den ganzen Lebensunterhalt zu gewähren, sie soll vielmehr nur eine Beihilfe sein, und zwar mit vollem Recht, einmal weil sonst ein zu großes Opfer auf einmal von den Beteiligten gefordert werden müßte, dann weil der An- reiz, sich um Invalidenrente zu bewerben und die Arbeit aufzu- geben, zu groß wäre. Man hat vielmehr mit Recht vorausge- setzt, daß in der ersten unteren Klasse die wirtschaftliche Lei- stungsfähigkeit nur in Ausnah- mefällen völlig erlischt, vielmehr auch alte Leute und Invaliden sich in der Häuslichkeit so nütz- lich zu machen vermögen, daß sie einen erheblichen Teil ihres Unterhalts verdienen. Sie über- nehmen die Wartung der Kinder, besorgen das Haus und ermögli- chen es so der Frau, sich außer- halb ergänzenden Verdienst zu

verschaffen. Sie versorgen das Garten- und Gemüseland und vermögen so den Rest ihrer Ar- beitskraft auf verschiedene Weise wirtschaftlich zu verwer- ten. Beziehen dann solche alten Leute noch eine Rente, so daß sie in den Haushalt jährlich etwa 100 Mark einzahlen können, so sind sie für diesen nicht etwa eine Last, sondern im Gegenteil eine äußerst erwünschte Hilfe, die vielfach besonders gesucht wird.

Man sucht sie zu halten und ih- nen das Leben durch gute Be- handlung angenehm zu machen.

Diese Tatsache allein ist so be- deutsam, daß sie die ganze Ein- richtung als einen Segen erschei- nen läßt, welcher der Arbeitsbe- völkerung dann sofort klar wer- den würde, wenn man den Ver- such machte, sie wieder zu besei- tigen, und der gerade von deut- schen Arbeitern im Auslande, wo die Versicherung fehlt, voll aner- kannt wird. Wo aber hohe Löhne gezahlt werden, die Arbeiterbe- völkerung an Vorsorge für die Zukunft gewöhnt ist, und sichere Spargelegenheit nicht fehlt, wird diese Form der Versicherung am ehesten entbehrt und ihr auch in Deutschland am frühesten der Zwangscharakter genommen werden können."

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Konsequente Familienpolitik

In den meisten Fällen wäre zudem eine Familienpflege nicht nur sehr viel billiger, sondern auch sehr viel menschenwürdiger für die alten Leute; dann nämlich könnten sie sich trotz ihres invaliden Zustandes noch nützlich machen und so das Gefühl vermittelt bekommen, daß sie gebraucht werden. Denn auch der alte Mensch braucht ehrenvolle Be- schäftigung für sich und andere.

Und so erleben wir heute —trotz aller sozialstaatlicher Wohltaten — eine

„Proletarisierung" der alten Men- schen, die zudem infolge der Infla- tionspolitik der Jungen nicht mehr auf dem eigenen Recht des Selbst- ersparten leben können, sondern auf einen recht fragwürdig geworde- nen „Generationenvertrag" ange- wiesen sind (und das bei 0,72 Kinder unter 18 Jahren pro westdeutscher Familie im Jahre 1976!).

Nun können und wollen wir freilich nicht zu den sozialen Zuständen zu- rück, die am Beginn der Sozialge- setzgebung standen. Aber wir kön- nen auch nicht weiter hineinrennen wollen in eine am Ende dann unaus- weichlich inhumane Totalbetreu- ung. Ist doch schon der „soziale"

Wohnungsbau in seiner Familien- feindlichkeit mindestens seit einigen Jahren unerträglich geworden. So hieß es früher, daß der Segen der Väter den Kindern Häuser baue, heute dagegen baut zum Beispiel die „Neue Heimat" Sozialwohnun- gen, in denen die mithelfende oder zu pflegende Großmutter nicht ein- mal zu Besuch kommen, geschwei- ge denn mit separatem Eingang dort auf Dauer wohnen kann.

II. Die gesetzliche Krankenversicherung

Die gesetzliche Krankenversiche- rung ist in der Geschichte der deut- schen Sozialgesetzgebung heute wie damals sehr viel unproblemati- scher als die gesetzliche Rentenver- sicherung und wäre auch als Privat- versicherung organisierbar. Den- noch wurde sie nur in der deutschen konstitutionellen Monarchie einge- führt, und zwar gegen den leiden- schaftlichen Widerstand der Libera-

len, der Sozialisten und der Sozialli- beralen. Die Liberalen protestierten aus ihrer Ideologie des „laissez faire", die Sozialisten beiderlei Rich- tung aus ihrer letztenendes immer wieder in die Bekämpfung statt Er- kämpfung des Menschenrechts ein- mündende Klassenkampfideologie und alle drei, weil sie befürchteten, daß der in einer konstitutionellen Monarchie tatsächlich unmittelbar verantwortlich zu machende Staat das Vertrauen der Bevölkerung sich auf Dauer erhalten könnte. Tatsäch- lich ist das für viele heutige Soziali- sten unverständliche Verhalten der deutschen Arbeiterschaft in beiden Weltkriegen, insbesondere im 1.

Weltkrieg, durch das deutsche So- zialversicherungswerk erst ermög- licht worden, durch die Garantie, ei- ner sozialen Sicherheit also, die es eben nur in Deutschland gab und auch weiterhin geben soll, sofern wir uns jetzt nicht dazu verleiten las- sen, den Boden der sozialpoliti- schen Vernunft aufzugeben.

Doch hat die in unseren Tagen ra- sant zunehmende Überbürdung der gesetzlichen Krankenversicherung mit kassenfremden Leistungen schon früh begonnen. Als endgültig erst nach dem ersten Weltkrieg selbst Kranke

ohne

ärztliche Unter- suchung in die GKV aufgenommen werden konnten, so wurde auch schon damals der Versicherungs- grundsatz überdehnt bzw. sogar verletzt. Die Übertragung der Sozial- fürsorge auf die AOK wäre dagegen sehr viel unbedenklicher gewesen.

Später kamen unter vielem anderen die Zahlungen von persönlichen und materiellen Mutterschaftsgeldern in Milliardenhöhe hinzu, vor kurzem sogar noch die Millionen-Zahlungen für die viele Frauen zudem noch krankmachenden Abtreibungen aus nichtmedizinischer Indikation.

Unverantwortlich waren bereits die seit der Wirtschaftswunderzeit zu- nehmenden sözial-monomanen Übertreibungen, die seit Anbeginn

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 18 vom 5. Mai 1977 1233

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Konsequente Familienpolitik

der sozialen Agitation in unserer jüngeren Geschichte motiviert wa- ren durch das aussichtslose Bestre- ben, die sozialen Leistungen der konstitutionellen Monarchie über- bieten zu wollen. Nach dem bereits erwähnten Erlaß der Beitragszah- lungen der Rentner zu ihrer Kran- kenversicherung in jüngster Zeit und der wohl nicht mehr eigentlich zu rechtfertigenden Ausweitung der Vorsorgeuntersuchungen, des „Kur- laubs" usw. muß jetzt dem Bedarfs- erweckungs-Schwindel des „Leicht- Wünschbaren" aber „Nicht-Mögli- chen" endlich ein Ende gesetzt wer- den. Immerhin ist auch heute noch die gesetzliche Krankenversiche- rung so kräftig, daß sie diese erheb- lichen Übertreibungen und sogar eine sehr hoch bezahlte Kranken- kassenbürokratie ausgehalten hat.

Jetzt aber die Bezahlung von mehr als 50 Prozent der Rentnerkrank- heitskosten auf die Beitragszahler der GKV „verteilen", das heißt ihnen aufbürden zu wollen, wie das die Bundesregierung mit ihrem „Sozial- paket" aus dem Hause Ehrenberg jetzt vorhat, heißt die gesetzliche Krankenversicherung angesichts des uns noch bevorstehenden

„Rentnerberges" (1980 wird es eine Million Rentner mehr geben ais 1970) vorsätzlich in den Ruin führen.

In diesen Tagen schickt sich die für die soziale Sicherheit in unserem Lande zuvörderst verantwortliche Bundesregierung an, die gesetzliche Krankenversicherung auszuplün- dern, um die gesetzliche Rentenver- sicherung nur notdürftig entlasten zu können, und das noch unter dem Etikettenschwindel einer Kosten- dämpfung im Gesundheitswesen.

Dabei ist es ganz ohne Zweifel not- wendig, nicht etwa nur über Kosten- dämpfungsmaßnahmen im Gesund- heitswesen zu diskutieren, sondern diese auch bald, notfalls durch ge- setzliche Maßnahmen, wirksam her- beizuführen. Was aber die von den niedergelassenen Ärzten verursach- ten Kosten betrifft, so ist zu sagen, daß selbst wenn manche ärztlichen Leistungen von der Krankenversi- cherung zu hoch vergütet werden sollten, sie doch so sehr gar nicht zu Buche schlagen können. Jeder Pri-

vatpatient ersieht aus seiner Rech- nung, wenn er auch nur einen Tag zur Diagnose stationär aufgenom- men wurde, daß die Krankenhaus- rechnung immer wesentlich höher ist als die Privatliquidation, selbst die eines hervorragenden Speziali- sten (und das obgleich der Service im Krankenhaus in der Regel weit unter dem Niveau eines mittleren Hotels steht). Laborkosten usw.

müssen außerdem gesondert be- zahlt werden. Dennoch müssen na- türlich auch die Ärzte sich zusam- mennehmen und ihren Leistungska- talog mit durchforsten helfen. Auf die Dauer kann das aber schon des- halb nicht viel bringen, weil durch die verfehlte Bildungs- und Studien- politik eine gewaltige Überzahl von Medizin-Studenten auf die Hoch- schulen getrieben wurde. Und da man diese Menschen doch schließ- lich etwas verdienen lassen muß (nachdem sie die Bahn, auf die man sie gebracht hat, auch erfolgreich abgeschlossen haben) ist es unum- gänglich, daß die Arztkosten insge- samt sehr viel stärker ansteigen müssen, als jemals durch die gebo- tene Wirtschaftlichkeit ärztlicher Be- mühungen eingespart werden könnte; dies insonderheit, wenn man behauptet, die Freiberuflichkeit des Arztes grundsätzlich erhalten zu wollen.

Auf der anderen Seite entstanden und entstehen besondere Kosten durch Prestigebauten von Kranken- häusern in einzelnen Ballungszent- ren. Baut man aber einen sog. Bet- tenberg, so muß man ihn schließlich auch bevölkern, obwohl Familien- pflege nicht nur menschlich, son- dern auch medizinisch vorzuziehen wäre. Die Organisation von Fami- lienhilfen würde zudem sehr viel we- niger Milliarden verschlingen.

III. Die grundgesetzwidrige Familienpolitik

Die Frage, ob es soziale Sicherheit nur in einer wirtschaftlichen Schön- wetterperiode geben kann, ist nur so zu beantworten, daß ohne eine hu- mane und folgerichtige Familienpo- litik (auf dem nicht mehr ständig in

Frage gestellten Boden des Grund- gesetzes der Bundesrepublik Deutschland) das Jahrhundertwerk unserer sozialen Sicherheit nicht mehr zu sanieren ist. Keine Gesell- schaft der Welt, und schon gar nicht eine sozialistische, hat so viel Geld, daß sie die hohen Kosten jedes Ein- zelmitgliedes befürsorgen kann. Der notwendige Anteil der Familienhilfe kann also gar nicht übersehen wer- den und ist weder menschlich noch materiell zu entbehren.

Wie miserabel aber die derzeit be- triebene Familienpolitik selbst im freien Teil Deutschlands ist, beweist nicht nur das neue Ehescheidungs- recht, bei dem der Staat sich selbst- zerstörerisch auf eine wertfreie Po- sition zurückgezogen hat, sondern zum Beispiel auch der skandalöse zweite Familienbericht der Bundes- regierung, der zunächst einmal das in Artikel 6 Grundgesetz garantierte Elternrecht endgültig außer Kraft setzen will. Dabei sollte nach der Erfahrung mit der nicht zuletzt durch das neue Jugendarbeits- schutz-Gesetz verursachten „künst- lichen" Arbeitslosigkeit gerade der Jugendlichen endlich Schluß ge- macht werden mit den reformeri- schen Menschenversuchen. — Indivi- dualbezogene Grundrechtsauffas- sung und gesellschaftsbezogene Grundrechtsauffassung (Familien- begriff und Gruppenbegriff) stehen sich aber auch hier schon längst un- versöhnlich gegenüber.

Die Antwort, daß ohne Zutun der Fa- milien soziale Sicherheit auf Dauer nicht aufrechtzuerhalten ist, sollte auch zu sozial-anthropologischen Betrachtungen anregen. Frühere Zeiten ehrten die Alten, weil nur sie von den mühsam errungenen Ent- wicklungen menschlicher Einrich- tungen, in denen die nachfolgenden Generationen groß wurden, erzäh- len konnten. Die Heutigen dagegen meinen, die Alten entbehren und sie als „Senioren" abschieben zu können.

Derart Aufgeklärte und Emanzipierte richten sich in der Hilflosigkeit ihrer soliden Halbbildung dabei nach den vom Tages-Journalismus und von sog. engagierten Schriftstellern pro-

1234 Heft 18 vom 5. Mai 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Bundesärztekammer

Film-Fortbildungsprogramm anläßlich des 80. Deutschen Ärztetages in Saarbrücken

Mittwoch, den 11. Mai 1977 10.00 Uhr Eröffnung des medizi-

nisch-wissenschaftlichen Film-Fortbildungspro- gramms der Bundesärzte- kammer durch den Vorsit- zenden des Ausschusses

„Film in der ärztlichen Fortbildung", Herrn Pro- fessor Dr. med. Walter Kreienberg

O 10.15 Uhr Das Omentum majus - Die Wiederentdeckung eines vergessenen Organs (aus- gezeichnet mit dem Fort- bildungsfilmpreis der Bun- desärztekammer 1976) O 10.30 Uhr Thrombosis - Atheroscle-

rosis

O 11.10 Uhr Die Blasenlähmung bei Querschnittsläsionen O 11.40 Uhr Arterielle Hypertonie O 12.05 Uhr Vorhofflimmern O 12.30 Uhr Der gesunde Patient

Mittagspause

O 14.30 Uhr Hyperinsulinismus - Hy- perlipämie - Atheroskle- rose

O 15.05 Uhr Femuro-popliteale Arterienverschlüsse O 15.25 Uhr Aorto-iliakale

Arterienverschlüsse O 15.45 Uhr Die Gamma-Kinekardio-

graphie

16.05 Uhr Homöostase

O 16.40 Uhr Die chronische Venenin- suffizienz

Donnerstag, den 12. Mai 1977 O 9.00 Uhr Vom Stoffwechsel der

Hirnzellen

O 9.25 Uhr Imaginäre Behausungen O 10.00 Uhr Verwirrtheitszustände im

Alter

BEKANNTMACHUNGEN

O 10.20 Uhr Die cerebrale Leistungs- minderung

O 11.00 Uhr Craniale Computer-Tomo- graphie

O 11.25 Uhr Einer von Tausend O 12.00 Uhr Differentialdiagnostik bei

Sexualstörungen Mittagspause O 14.30 Uhr Strumaoperation

14.45 Uhr Parenterale Ernährung O 15.10 Uhr Operative Endoskopie O 15.40 Uhr Die Arthroskopie des Knie-

gelenks

O 16.10 Uhr Freie Hauttransplantation O 16.30 Uhr Die Bauchdeckenplastik O 16.55 Uhr Mikrogefäßchirurgie, I.

Teil, Freie Transplantation von Haut-, Unterhautgewebe mit mikrovaskulä- ren Anastomosen

O 17.25 Uhr Mikrogefäßchirurgie, II.

Teil, Replantationen an der Hand.

Freitag, den 13. Mai 1977

9.00 Uhr Injektionstechnik der Neu- raltherapie nach Huneke O 9.35 Uhr Enzymatische Wundreini-

gung mit Fibrolan O 10.00 Uhr Gentamycin-PMMA-

Kugeln bei chronischen Knocheninfektionen

Thematische Beschreibung der Filme

Mittwoch, 11. Mai 1977, 10.15 Uhr Das Omentum majus - Die Wiederent- deckung eines vergessenen Organs - ausgezeichnet mit dem Fortbildungs- filmpreis der Bundesärztekammer 1976 - 16 mm, Magnetton, Farbfilm, 15 Minuten Hergestellt 1976 von Prof. Dr. W. E. Vau- bel, FU Berlin

Wissenschaftliche Autoren:

Prof. Dr. W. E. Vaubel Dr. J. Dittler

M. Karsch t

Die Omentum-Transposition hat sich in den letzten Jahren in der plastischen Chirurgie durchsetzen können. Der Film soll über die Funktionen dieses Organs informieren und auf seine Bedeutung in der Plastischen Chirurgie hinweisen. I>

Konsequente Familienpolitik

duzierten papierenen Vorstellungen vom Menschen, die in die sozialisti- sche Einbahnstraße zu einer unwi- derruflichen Lebensform führen.

Diese bisweilen schon mit klerika- lem Übermut auftretenden Sinnpro- duzenten und Sinnvermittler haben bereits so weitgehende Geschichts- verfälschungen bewirkt, daß es dem einzelnen unbefangenen jungen Menschen schon nahezu unmöglich gemacht wurde, richtige Fragen über den Menschen zu stellen, näm- lich über das, was hätte sein kön- nen, und über das, was gewesen ist (ob zum Beispiel der Begriff der Gruppe nicht notwendig selbständi- ge Einzelpersönlichkeiten voraus- setzt, was die Menschen biologisch nie waren und auch heute gewiß nicht sind).

Schließlich aber wird selbst am Ende eines sozialagitatorisch verta- nen Lebens die Erkenntnis stehen, daß soziale Sicherheit nur von ver- antwortlichen Menschen geboten werden kann und schon gar nicht von einem System, das man zum Ge- genstand sozialreligiöser Anbetung erhebt. Bekanntlich hat die Suche nach dem Paradies auf Erden meist höllische Zustände erzeugt. Sozialer Fortschritt dagegen war schon im- mer das Ergebnis von Leistung und nicht von Verteilung. Soziale Sicher- heit kann nur auf persönlichen Op- fern im Familienverband beruhen, auf sozialverpflichtetem Eigentum (auch an Produktionsmitteln) und nicht zuletzt einer freien Marktwirt- schaft. Soziale Sicherheit in Freiheit ist also ebensowenig durch das so- zialistische Karussell des Eingriffs in fremde Kassen wie durch die bloße Verwaltung des Mangels zu errei- chen. Wer vorgibt, soziale Sicherheit außerhalb der Familienordnung auf Dauer bewirken zu können, der steht nicht in einer freiheitlichen Tradi- tion, sondern will eine endgültige Gesellschaftsordnung, aus der her- aus es keine Alternative und keine freiheitlichen Menschenrechte mehr gibt.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Ernst Th. Mayer Mitglied des

Landesgesundheitsrates

Brienner Straße 21, 8000 München 2

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 18 vom 5. Mai 1977 1235

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