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Kein Verbot der Abschiebung nach Pakistan wegen HIV-Infektion und Verdachts auf Vorliegen einer PTBS

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VG Augsburg, Gerichtsbescheid v. 13.11.2018 – Au 4 K 17.32375 Titel:

Kein Verbot der Abschiebung nach Pakistan wegen HIV-Infektion und Verdachts auf Vorliegen einer PTBS

Normenketten:

AsylG § 3, § 3e, § 4

AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1-3, § 60a Abs. 2c Leitsätze:

1. Die Behandlung bzw. Therapie einer HIV-Infektion ist in Pakistan möglich. So können auch im Ausland begonnene HIV-Therapien in Pakistan weitergeführt werden, wobei die nötigen

Untersuchungen und eine antiretrovirale Behandlung dort kostenlos erreichbar sind. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

2. Wird der Verdacht des Vorliegens einer posttraumatischen Belastungsstörung im

Asylstreitverfahren geltend gemacht, ist die Beantwortung der Frage, ob das Vorbringen des Klägers zu dem belastenden Ereignis glaubhaft ist, ausschließlich Sache des Tatrichters. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Pakistan, familiäre Vermögensstreitigkeit, Vortrag unglaubhaft, jedenfalls innerstaatliche Fluchtalternative, HIV, psychische Erkrankungen (nicht ärztlich substantiiert), HIV-Infektion, PTBS, Behandlungsmöglichkeit, Anforderungen an ärztliche Bescheinigung

Fundstelle:

BeckRS 2018, 30338  

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Der Gerichtsbescheid ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand 1

Der Kläger begehrt die positive Verbescheidung seines Asylantrags.

2

Nach eigenen Angaben ist der Kläger pakistanischer Staatsangehöriger vom Volk der Punjabis und sunnitischen Glaubens. Auf seinen am 12. Januar 2017 gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für ...

(Bundesamt) nach Anhörung des Klägers am 17. Januar 2017 mit Bescheid vom 21. April 2017 den Antrag auf Asylanerkennung ab und erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft, den subsidiären Schutz noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu (1. - 4.). Die Abschiebung des Klägers nach Pakistan wurde angedroht (5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (6.). Auf die Gründe des Bescheids vom 21. April 2017 wird Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

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Der Kläger erhob am 27. April 2017 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg und beantragte, 4

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 21.4.2017 zu verpflichten, den Kläger als

Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 bis 7 AufenthG vorliegen.

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Zur Begründung wurden Arztbriefe bzw. ärztliche Bescheinigungen (u.a. zu einer HIV-Infektion des Klägers) vorgelegt. In Pakistan sei eine entsprechender ärztliche Behandlung nicht möglich.

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Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2017 bestellte sich der Klägerbevollmächtigte und teilte mit, dass die Anerkennung als Asylberechtigter nicht begehrt werde.

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Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2017 ließ der Kläger einen Arztbrief des Klinikums Augsburg vom 2. Mai 2017 vorlegen. Danach bestehe beim Kläger eine HIV-Infektion im CDC Stadium A2. Der Kläger müsse bereits antiretrovirale Medikamente nehmen. Diese Behandlung sei in Pakistan für den Kläger weder möglich noch bezahlbar. Ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liege daher vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 12. Juni 2017 und den beigefügten ärztlichen Kurzbrief Bezug genommen.

8

Am 22. August 2018 ging beim Verwaltungsgericht ein ärztliches Attest des Bezirkskrankenhauses Augsburg vom 14. August 2018 ein; darin ist unter anderem aufgeführt, dass der Kläger dringend weiter psychiatrisch abklärungssowie auch behandlungsbedürftig sei. Zusätzlich sei auch eine neuroleptische sowie antidepressive Behandlung erforderlich. Infolge der aus einer Abschiebung resultierenden massiven Stressbelastung sei mit einer deutlichen Verschlechterung der psychiatrischen Symptomatik zu rechnen;

das Auftreten einer suizidalen Krise sei dann eine sehr realistische Gefahr. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Attest vom 14. August 2018 verwiesen.

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Die Beklagte übermittelte am 9. Mai 2017 ihre Akten; in der Sache äußerte sie sich nicht.

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Mit Beschluss vom 26. September 2018 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Die Klagepartei wurde zum beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheids angehört. Die Beklagte hat auf eine solche Anhörung mittels allgemeiner Prozesserklärung verzichtet.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe 12

Das Gericht kann durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO).

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die die

Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung subsidiären Schutzes; er hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts vom 21. April 2017 ist insgesamt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

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Das Gericht ist der Überzeugung, dass das Vorbringen des Klägers vor dem Bundesamt sowie die allgemeine, insbesondere die Sicherheits- und die Menschenrechtslage sowie die humanitäre Situation in Pakistan und auch die Folgen für den Kläger bei einer Rückkehr in dem Bescheid vom 21. April 2017 zutreffend gewürdigt worden sind. Das Gericht folgt daher gem. § 77 Abs. 2 AsylG in vollem Umfang der Begründung des Bescheids und nimmt hierauf Bezug.

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Insbesondere führt der Bescheid zu Recht aus (S. 4 f.), dass das Vorbringen des Klägers nicht den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung des von ihm in Pakistan Erlebten entspricht. So trifft es - wie im Bescheid ausgeführt - zu, dass die vom Kläger zum Beleg des von ihm behaupteten Geschehens

vorgelegten Dokumente nicht mit seinem Vortrag vor dem Bundesamt übereinstimmen. Nach diesen

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Dokumenten wurde der Kläger von seinem Vater von der Erbfolge - wegen schlechten Verhaltens - ausgeschlossen (Bundesamtsakte, Bl. 54 - 56); in einer Zeitungsanzeige sollen weiter der Vater des Klägers und sein Onkel kundgetan haben, mit dem Kläger nichts mehr zu tun gehabt zu haben (Bundesamtsakte, Bl. 76). Ein Zusammenhang mit der den Kern seines Vorbringens darstellenden Behauptung des Klägers, sein Onkel sowie dessen Söhne bzw. auch die Stiefbrüder hätten den Kläger wiederholt entführt und misshandelt, weil der Kläger nicht bereit gewesen sei, die von ihm von seinem Großvater ererbten bzw. erhaltenen Immobilien auf die genannten Personen umzuschreiben, ist nicht erkennbar. Auch ergibt sich aus den klägerseits vorgelegten Dokumenten - anders als vom Kläger behauptet (Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 5) - gerade nicht, dass er über eine Zeitungsanzeige gesucht und für seine Ergreifung eine Belohnung ausgesetzt worden sei. Vielmehr ist völlig die Behauptung des Klägers, sich in einem anderen Landesteil Pakistans wegen einer ihn betreffenden Suche per

Zeitungsinserat nicht aufhalten zu können (vgl. Anhörungsniederschrift, S. 5 f.), völlig unglaubwürdig; ein Zusammenhang zwischen einer im Jahr 2013 veröffentlichten - vom Kläger aber gerade nicht vorgelegten - Zeitungsanzeige und seiner vorgeblichen (erneuten) Entführung (erst) im Jahr 2015 ist nicht erkennbar, jedenfalls nicht in dem vom Kläger behaupteten Sinne, dass ihm Folgen wegen eines Verrats auf Grund der Zeitungsanzeige drohen würden. Daneben kann das Gericht nicht glauben, dass die Schwester des Klägers und der Onkel mütterlicherseits ausgerechnet kurz (15 Tage) vor der Anhörung des Klägers beim

Bundesamt getötet worden sein sollen; nähere Umstände zu diesem unvermittelten Ereignis hat der Kläger nicht vorgebracht.

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Dass es dem Vorbringen des Klägers an jeglicher Stimmigkeit fehlt, zeigt sich ferner daran, dass er bei einer polizeilichen Befragung im Dezember 2016 angegeben hat, er sei vier Jahre im Haus des Onkels gefangen gehalten worden (Bundesamtsakte, Bl. 79). Dies steht mit den Angaben des Klägers vor dem Bundesamt, wonach er jeweils nach 25 Tagen bzw. nach vier Monaten bzw. sogar unmittelbar „in der Hektik der Situation“ entkommen konnte (vgl. Anhörungsniederschrift, S. 4 f.), ersichtlich nicht in Einklang. Auch hat der Kläger vor dem Bundesamt die Frage, ob er in anderen Ländern erkennungsdienstlich behandelt worden sei, verneint, obwohl bei ihm Fingerabdrücke in Griechenland genommen wurden

(Anhörungsniederschrift, S. 2). Weiter hat der Kläger unzutreffend behauptet, erst vier Monate vor der Einreise nach Deutschland Pakistan verlassen zu haben (dies wäre im August 2016 gewesen), während er tatsächlich bereits im April 2016 in Griechenland registriert worden war (vgl. Anhörungsniederschrift, S. 3).

Aus dieser unwahren Beantwortung von Fragen zu seiner Vorgeschichte hat der Kläger versucht, für seinen Asylantrag Vorteile zu ziehen, was maßgeblich auch die Richtigkeit seines sonstigen Vorbringens in Zweifel zieht.

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Ferner führt der streitgegenständliche Bescheid zu Recht aus (S. 5 - 7), dass dem Kläger jedenfalls interner Schutz gem. § 3e AsylG (bezüglich des subsidiären Schutzes i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG) zur Verfügung steht.

Dafür spricht auch, dass es dem Kläger nach seinem Vorbringen bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt zwei Mal für mehrere Jahre gelungen ist, sich des Zugriffs seiner Verwandten zu entziehen. Eine

nachvollziehbare Erklärung, wie es diesen gelungen sein soll, des Klägers erneut habhaft zu werden, ist nicht erkennbar. Insbesondere ist die Behauptung des Klägers, per Zeitungsanzeige gesucht worden zu sein, nicht nur nicht belegt, sondern durch die von ihm vorgelegten Dokumente widerlegt. Auch ist es dem Kläger nach seinen Angaben trotz behaupteter fehlender Schulbildung gelungen, Arbeit als angestellter Koch zu finden; hiervon hat er zumindest einen erheblichen Anteil der Kosten für seine Flucht i.H.v. 2.700,- EUR finanzieren können. Er hat weiter angegeben, „öfters die Gegend und die Arbeit gewechselt“ zu haben (vgl. Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 3 und S. 5). Insofern ist davon auszugehen, dass der Kläger auch in einem anderen Landesteil oder einer Großstadt im Stande wäre, ein existenzsicherndes

Einkommen zu erzielen und so über die für seinen Lebensunterhalt nötigen Mittel zu verfügen. In den Städten Pakistans - vor allem in den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Peshawar oder Multan - leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, könnten in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 20.10.2017, S. 20 - Nr. II.4). Dies ist nicht zuletzt dadurch bedingt, dass in Pakistan kein funktionierendes Meldewesen existiert, so dass die Übersiedlung in einen anderen Landesteil die Möglichkeit bietet, unerkannt und unbehelligt zu bleiben.

Angesichts der hohen Bevölkerungszahl in Pakistan und mehrerer Millionenstädte landesweit ist nicht

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ersichtlich, dass eventuelle den Kläger bedrohende Personen die Möglichkeit hätten, diesen auch in einer anderen Provinz und/oder landesweit ausfindig zu machen und zu verfolgen.

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Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG, insbesondere nicht aus gesundheitlichen Gründen. Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG) wird zunächst erneut auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides (S. 8 bis 10). Zunächst ist davon auszugehen, dass die Behandlung bzw. Therapie der HIV-Infektion des Klägers auch in Pakistan möglich sowie für den Kläger finanzierbar ist. Greifbare Anhaltspunkte für die Annahme, die - auch im Bescheid wiedergegebenen (S. 10) - Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes und des European Asylum Support Office (EASO) seien beschönigend und unrichtig, bestehen nicht, zumal der Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich bestimmt hat, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat nicht mit der Versorgung in der Bundesrepublik gleichwertig sein muss und dass eine ausreichende medizinische Versorgung in der Regel auch vorliegt, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 und 4 AufenthG). Dass - entgegen den konkreten Angaben im Länderüberblick des EASO (August 2015, S. 41) - Therapie- bzw. Behandlungsmöglichkeiten in Pakistan nicht bestehen, lässt sich den klägerseits angeführten Erkenntnisquellen nicht entnehmen, insbesondere nicht, dass auf diese Therapien bzw. Behandlungen die pauschale Aussage zuträfe, 30% bis 40% der Medikamente seien gefälscht (so Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 27.3.2014, S. 3), zumal es sich - siehe sogleich - um ein von der Regierung getragenes Programm handelt und die von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe angegebene Quelle (nur) von Medikamenten in „Medical Stores“ berichtet (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 27.3.2014, a.a.O., Fn. 12). Im Kern geht es daher um die Frage, ob der Kläger etwa nötigen Kosten aufbringen könnte (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 27.3.2014, S. 3). Dies ist anzunehmen. In Bezug auf HIV / AIDS ist zunächst hervorzuheben, dass es sich um ein von der Regierung getragenes nationales Behandlungsprogramm handelt (EASO vom August 2015, S. 41), so dass sich insoweit die Probleme der Kommerzialisierung des Gesundheitswesens und die Notwendigkeit des Ausweichens auf private Anbieter (vgl. EASO vom August 2015, S. 40 f.) nur begrenzt stellen. Zudem ist der Kläger auch angesichts der bei ihm festgestellten ärztlichen Diagnosen weiterhin arbeitsfähig. Trotz nach seinen Angaben fehlender Schulbildung konnte er in Pakistan Arbeit finden (vgl. u.a. erneut

Anhörungsniederschrift, S. 5: „öfters die Gegend und die Arbeit gewechselt“). Hieraus ist es ihm gelungen, die ganz erheblichen Kosten seiner Ausreise - jedenfalls zu einem gewichtigen Teil - zu finanzieren (Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 3; polizeiliche Befragung vom 20.12.2016, vgl. Bl. 80

Bundesamtsakte). Der Kläger hat sich trotz der von ihm vorgetragenen Verfolgungs- bzw. Bedrohungslage, die etwa ab dem Jahre 2008 bestanden haben soll, unter widrigen Bedingungen bis Ende 2015 in Pakistan aufgehalten; in diesem Zeitraum war er etwa Anfang bis Mitte zwanzig. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die allgemeine Situation in Pakistan keinesfalls fremd ist und es ihm gelingen kann, auch jenseits des reinen Finanzierungsaspekts die nötigen Schritte zu unternehmen, um etwa nötige Behandlungen zu erhalten. Dass die Schwester des Klägers und der Onkel mütterlicherseits (letzterer hat offenbar den Kläger wiederholt geholfen und ihn unterstützt) vor der Anhörung des Klägers beim

Bundesamt getötet worden sein sollen, ist, wie ausgeführt, nicht glaubhaft. Insofern und mit Blick darauf, dass auch das sonstige Vorbringen des Klägers nicht glaubhaft ist, kann mit dem streitgegenständlichen Bescheid (S. 6) davon ausgegangen werden, dass der Kläger, was die Finanzier- und die sonstige

Erreichbarkeit einer Behandlung angeht, auch auf familiäre Bindungen zurückgreifen könnte. Insofern stellt sich die klägerseits angesprochene Problematik einer Übernahme der Behandlungskosten für Mittellose nicht. Vielmehr ist in der Rechtsprechung ohne weiteres davon ausgegangen worden, dass sich aus einer HIV-Therapiebedürftigkeit kein Abschiebungsverbot ergibt, da auch im Ausland begonnene HIV-Therapien in Pakistan durchgeführt werden können und die nötigen Untersuchungen und eine antiretrovirale

Behandlung dort kostenlos erreichbar sind (VG Dresden, U.v. 24.4.2015 - 2 K 3548/14.A - juris).

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Hinreichende Erfolgsaussichten bestehen auch nicht hinsichtlich eines Abschiebungsverbots aus

gesundheitlichen Gründen auf Grund des Ärztlichen Attests des Bezirkskrankenhauses ... vom 14. August 2018. Das Gericht vermag dem Attest belastbare Aussagen, die eine Prüfung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 ff. AufenthG erlauben würden, nicht zu entnehmen. So ist nach dem Attest die Diagnose trotz eines (einmonatigen) stationären Aufenthalts des Klägers ausdrücklich „noch unklar“ geblieben. Die vorgenommene „differentialdiagnostische Einschätzung“ liefert keine klare Aussage. Die Anforderungen an ein ärztliches Attest gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG sind auf die Substantiierung der Voraussetzungen

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eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2018 - 10 ZB 18.30105 m.w.N.). Eine derartige qualifizierte ärztliche Bescheinigung stellt das Ärztliche Attest vom 14. August 2018 nicht dar, welche unter anderem - entgegen § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG - keine Diagnose enthält, sondern diese ausdrücklich als unklar bezeichnet und im Übrigen weitgehend Einschätzungen aufzeigt, einen Diagnoseverdacht äußert, von einer weiteren

Abklärungsbedürftigkeit ausgeht sowie allgemein von einer Behandlungsbedürftigkeit spricht. Einzig konkret wird eine medikamentöse Therapie angeführt. Insoweit ist jedoch angesichts der obigen Ausführungen davon auszugehen, dass der Kläger, soweit diese Therapie in Pakistan fortgesetzt werden müsste, die entsprechenden Medikamente erhalten könnte; in diesem Zusammenhang ist erneut darauf hinzuweisen, dass die medizinische Versorgung in Pakistan nicht mit der in der Bundesrepublik vergleichbar sein muss (§

60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Insofern trifft auch die Angabe in dem Ärztlichen Attest nicht zu, dass im Falle einer Abschiebung eine Behandlungskontiuität nicht gewährleistet wäre; sollte die Kontinuität der

Behandlung in Deutschland gemeint sein, handelte es sich um eine selbstverständliche Aussage ohne näheren Erkenntniswert. Soweit in dem Attest von einer „aus der Abschiebung resultierenden massiven Stressbelastung“ mit der Gefahr einer deutlichen Verschlechterung der psychiatrischen Symptomatik die Rede ist, betrifft dies offenbar die Abschiebung als solche und kein zielstaatsbezogenes

Abschiebungshindernis.

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Insbesondere aber ist unerklärlich, weshalb der Kläger etwa erst 1 ½ Jahre nach seiner Einreise (und darüber hinaus völlig unvermittelt) Fragestellungen in den medizinischen Bereichen, wie sie sich aus dem ärztlichen Attest vom 14. August 2018 ergeben, aufgeworfen hat. Ein Diagnose-, Abklärungs- bzw.

Behandlungsbedarf in diesen Bereichen war klägerseits im gesamten Bundesamts- und im gerichtlichen Verfahren bis zur Einreichung des Attests - d.h. ebenfalls über mehr als 1 ½ Jahre - auch nicht ansatzweise thematisiert worden. Insofern ist nicht erkennbar, dass ein Zusammenhang mit dem vom Kläger in Pakistan Erlebten bestehen könnte. Soweit das Attest den Verdacht auf Vorliegen einer komplexen

posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) äußert, bedürfte es - nachdem hier die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen wurden - unter anderem einer Begründung dafür, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (vgl. etwa BayVGH, B.v. 6.7.2018 - 21 ZB 16.30187 - juris Rn. 5). Eine solche Begründung ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

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Soweit das Ärztliche Attest - jedenfalls nicht unwesentlich - auf den Angaben des Klägers beruht, ist überdies darauf zu verweisen, dass seine Angaben - wie ausgeführt - nicht den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung entsprechen, sondern vielmehr nicht nachvollziehbar bzw. widersprüchlich sind. Dies gilt umso mehr, als in dem ärztlichen Attest von Angaben des Klägers die Rede ist, er sei in Pakistan über viele Jahre misshandelt worden, während der Kläger beim Bundesamt von vergleichsweise kurzen Zeiträumen berichtet hat, in denen er in die Hände der ihm nach-stellenden Familienmitglieder geraten war. Auch hat der Kläger bei der genannten Befragung durch die Polizei im Dezember 2016 allein seinen Onkel als Verantwortlichen bezeichnet; vor dem Bundesamt war dann von einem Onkel sowie dessen Söhnen und den Stiefgeschwistern die Rede, während der Onkel in den im Ärztlichen Attest wiedergegebenen Angaben des Klägers nicht mehr erwähnt wird. Insoweit liegt nunmehr ein weiterer Widerspruch, jedenfalls aber eine weitere Unschlüssigkeit im Klägervortrag vor. Auch und gerade deshalb, weil das Attest nicht unwesentlich auf den Angaben des Klägers beruht, ist es nicht geeignet, eine erhebliche konkrete Gefahr aus

gesundheitlichen Gründen i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG darzutun. Insbesondere hinsichtlich des Verdachts auf Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung ist darauf hinzuweisen, dass die Beantwortung der Frage, ob das Vorbringen des Klägers zum belastenden Ereignis glaubhaft ist,

ausschließlich Sache des Tatrichters ist (vgl. etwa BayVGH, B.v. 17.1.2018 - 10 ZB 17.30723 - juris Rn. 17).

Eine Glaubhaftigkeit liegt jedoch, wie ausgeführt, nicht vor.

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Der Kläger kann sich daher auch nicht auf die von ihm angeführte Entscheidung des Verwaltungsgerichts Bayreuth (U.v. 29.1.2018 - B 5 K 16.31983) berufen. Der Kläger dort hatte - anders als der Kläger im hiesigen Verfahren - eine erhebliche krankheitsbedingte Gefahr in der gebotenen Weise dargetan, namentlich eine ärztliche Unterlage vorgelegt, welche - ebenfalls anders als hier - den Anforderungen, die an eine PTBS diagnostizierende fachärztliche Stellungnahme zu stellen sind, genügte (VG Bayreuth, a.a.O., juris Rn. 25 f.).

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23

Die weiteren vom Kläger vorgelegten Arztbriefe bzw. Bescheinigungen betreffend seine Gesundheit lässt sich eine aktuelle, schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankung i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nicht entnehmen.

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Die Klage war danach mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG abzuweisen. Die

Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 84 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3, 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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