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Änderung eines Flurbereinigungsplans - Anspruch auf wertgleiche Abfindung

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VGH München, Urteil v. 16.04.2018 – 13 A 17.1444 Titel:

Änderung eines Flurbereinigungsplans - Anspruch auf wertgleiche Abfindung Normenkette:

FlurbG § 44, § 54, § 64, § 144 Leitsätze:

1. Bei der Ermittlung, ob eine wertgleiche Abfindung im Sinne des § 44 Abs. 1 FlurbG vorliegt, ist stets die gesamte Einlage der gesamten Abfindung gegenüberzustellen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

2. Wertgleich ist die Abfindung dann, wenn der Wert des gesamten neuen Besitzes im erzielbaren Ertrag und den Benutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten dem Wert des gesamten Altbesitzes entspricht. Der Tauschwert der Gesamtzuteilung muss dem Tauschwert der Gesamteinlage entsprechen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

3. Auf zugeteiltes Masseland können Behörde wie Gerichte bis zur Unanfechtbarkeit der Abfindung aller Teilnehmer und nach § 64 FlurbG zurückgreifen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Flurbereinigung, Wertgleichheit der Abfindung, gerichtliche Gestaltungsbefugnis, Inanspruchnahme von Masseland, Tauschwert, Gesamteinlage

Fundstelle:

BeckRS 2018, 14498  

Tenor

I. Der Flurbereinigungsplan C. wird wie folgt geändert:

1. Die Nordgrenze des Abfindungsflurstücks 4...9 des Klägers in der Fassung des Flurbereinigungsplans 2007 wird um zehn Meter parallel nach Norden verschoben.

2. Die sich aus der Verkleinerung des neuen Abfindungsflurstücks 4...9 ergebende Minderung der

Wertverhältniszahlen wird durch eine parallele Verschiebung der Westgrenze des Abfindungsflurstücks 7...0 des Klägers nach Westen ausgeglichen.

3. Die Westgrenze des Abfindungsflurstücks 7...1 der Beigeladenen zu 1 wird wertgleich parallel nach Westen verschoben. Dadurch verkleinert sich das Abfindungsflurstück 7...2 der Beigeladenen zu 3 ohne Geldausgleich und das Abfindungsflurstück 7...3 der Beigeladenen zu 2 mit Geldausgleich.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten durch den Kläger im Vorverfahren war notwendig. Für die baren Auslagen des Gerichts wird ein Pauschsatz von 1.142,00 Euro erhoben. Das Verfahren ist gebührenpflichtig.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand 1

Der Kläger ist mit einer Einlagefläche von 25,3446 ha Teilnehmer des durch Beschluss der damaligen Direktion für Ländliche Entwicklung Bamberg (DLE) vom 24. April 1986 nach §§ 1, 86 FlurbG angeordneten vereinfachten Flurbereinigungsverfahrens C.

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Am 23. Februar 1999 beschloss der Vorstand der beklagten Teilnehmergemeinschaft (TG) die Grundsätze der Wertermittlung (FN S. 98) und stellte am 3. April 2002 die Ergebnisse der Wertermittlung fest, die in der Zeit vom 5. März bis 7. April 2008 öffentlich bekannt gemacht wurden. Hiergegen erhob der Kläger am 3. April 2008 Widerspruch, machte zu zahlreichen Einlage- und Abfindungsflurstücken Einwände geltend und rügte u.a. Nässeabschläge, Hangabschläge und Wertzahlen. Am 23. Mai und am 31. Juli 2007

beschloss der Vorstand der Beklagten den Flurbereinigungsplan Teil I, zu dem der Anhörungstermin am 17.

März 2009 stattfand. Am 30. März 2009 erhob der Kläger gegen den Flurbereinigungsplan Widerspruch und beantragte, ihn von den Beiträgen zu befreien, weil sich die Erschließung der im Wesentlichen unverändert wieder zugeteilten Einlageflurstücke im Nahbereich seiner Hofstelle sowie der neu zugeteilten Flächen durch die zusätzlichen Wege nicht verbessert habe, weshalb eine offensichtliche und unbillige Härte vorliege. Weiter wurde der Ausbauzustand bestimmter Wege bemängelt und wegen der Wassergräben im Bereich seiner Abfindung die Anlegung von Drainagen und Überfahrten sowie die Verfüllung des Hohlwegs im Flurstück 231 (alt) gefordert. Ferner wurde die Zuteilung der Flurstücke 502 und 518 begehrt und die Zuteilung der Flurstücke 186 (alt) und 190 (alt) abgelehnt. Im Übrigen machte er geltend, die neu zugeteilten Flurstücke müssten für den ökologischen Landbau geeignet sein.

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Die vorläufige Besitzeinweisung wurde vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) am 2. August 2007 zum 1.

November 2007 angeordnet.

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Der Vorstand der TG beschloss am 28./29. April 2009 sowie am 22. Juni 2010 im Rahmen des Widerspruchsverfahrens Änderungen des Flurbereinigungsplans. Am 9. April 2013 beschloss er den Flurbereinigungsplan Teil II. Am 20. Oktober 2014 erging die vorzeitige Ausführungsanordnung mit Eintritt des neuen Rechtszustands zum 1. Februar 2015.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2015, dem Kläger am 9. Januar 2015 zugestellt, wies der Spruchausschuss beim ALE die Widersprüche gegen die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung und gegen den Flurbereinigungsplan zurück. Am 5. Februar 2015 hat der Kläger wegen der Wertermittlung (13 A 15.311) und wegen des Flurbereinigungsplans (13 A 15.312) Klagen beim Bayerischen

Verwaltungsgerichtshof - Flurbereinigungsgericht - erhoben. Er macht geltend, dass er seinen insgesamt ca. 60 ha großen Betrieb nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus bewirtschafte. Seine Einlage mache ca. 25 ha aus. Der Schwerpunkt des 1972 errichteten Betriebs liege auf der Viehhaltung mit ca. 41 ha Weidefläche. Er habe die Abfindungsflächen seit der vorläufigen Besitzeinweisung nunmehr acht Jahre lang bewirtschaftet, sodass er deren Nutzungswert genau beurteilen könne.

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Nach einer Inaugenscheinnahme der betroffenen Flächen durch den erkennenden Senat am 18. und 19.

April 2016 wies der Senatsvorsitzende in der mündlichen Verhandlung am 20. April 2016 darauf hin, dass Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung bestünden. Insgesamt dürfte sich eine Forderungsmehrung von rund 12.000 Wertverhältniszahlen (WVZ) ergeben. Hinsichtlich des den Flurbereinigungsplan betreffenden Verfahrens 13 A 15.312 wurde das Ruhen angeordnet und dieses am 21. Oktober 2016 statistisch erledigt. Nach Beiladung von mehreren Teilnehmern und Durchführung von weiteren Inaugenscheinnahmen am 2. Mai 2017 (Verfahren 13 A 16.980, 13 A 16.981, 13 A 16.982 und 13 A 16.983) teilte der Senatsvorsitzende in der mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2017 mit, dass weiterhin Bedenken gegen die Feststellung der Ergebnisse der Wertermittlung bestünden. Daraufhin erklärte der Vertreter der Beklagten, der Kläger erhalte eine Forderungsmehrung in Höhe von 11.695 WVZ. Diese werde im Flurbereinigungsplan durch eine Vergrößerung des Abfindungsflurstücks 4...9 nach Norden, durch Zuteilung des Abfindungsflurstücks 489 westlich vom Abfindungsflurstück 490 mit 6.470 WVZ sowie durch eine Vergrößerung des Abfindungsflurstücks 7...0 nach Westen ausgeglichen. Die genauen Zuteilungen würden miteinander abgesprochen. Der Vertreter der Beklagten erklärte weiter, die zugesagten

Baumaßnahmen würden ausgeführt, weitere Umstellungskosten jedoch nicht übernommen. Einen Ausgleich nach § 51 FlurbG werde die Beklagte dem Kläger mit der Plansache zusprechen. Darauf erklärten der Kläger und der Vertreter der Beklagten die genannten Verfahren sowie das Verfahren 13 A 15.311 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt, woraufhin die Verfahren durch Beschluss eingestellt wurden.

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Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2017 beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens 13 A 15.312, da entgegen der vergleichsweisen Erledigung die Beklagte neben dem festgeschriebenen Flurstück 489 dem Kläger lediglich eine Zuteilung neben dem Flurstück 4...9 durch Zuteilung von Flurstück 502 gewährt habe, nicht jedoch eine Vergrößerung des Abfindungsflurstücks 7...0 nach Westen. Nach seiner Ansicht müsse die fehlende Zuteilung aufgrund der Ergebnisse der Wertermittlung zumindest hälftig an den beiden im Vergleich genannten Flurstücken 4...9 und 7...0 erfüllt werden. Das Verfahren 13 A 15.312 wurde unter dem nunmehrigen Aktenzeichen 13 A 17.1444 fortgesetzt. Mit Schreiben vom 9. August 2017 teilte die Beklagte daraufhin mit, ihr Vorstand habe am 5. Juli 2017 zur Herstellung der Wertgleichheit des Klägers eine Abfindung „auf Grundlage des geschlossenen Vergleichs“ erarbeitet und beschlossen. Der Kläger erhalte die gesamte Forderung von 11.695 WVZ durch die Zuteilung der Flurstücke 489 und 4...9 unmittelbar angrenzend an seine Abfindungsflurstücke. Die Begründung hierfür sei im Schreiben vom 20. Juli 2017 dargelegt, wobei die Beklagte den am 3. Mai 2017 geschlossenen Vergleich umgesetzt habe. Nach dem angefügten Plan vom 18. Juli 2017 im Maßstab 1:2.500 wurde das Abfindungsflurstück 4...9 in Richtung Norden um 5.731 WVZ (3.196 qm) erweitert und dem Kläger das Abfindungsflurstück 489 mit 6.470 WVZ (3.664 qm) zugeteilt. Im mitübersandten Schreiben an die Bevollmächtigten des Klägers führte die Beklagte aus, das gesamte Flurstück 489 sei mit 6.470 WVZ dem Kläger zugerechnet worden. Anschließend sei ihm aus Abfindungsflurstück 502 in Verlängerung der Ostgrenze seines Abfindungsflurstücks 4...9 eine Fläche bis zum Uferschutzstreifen zugerechnet worden. Eine sich hieraus ergebende Mehrzuteilung von 506 WVZ erfolge ohne Geldausgleich, mit den beiden Zuteilungen sei die gesamte Forderung zugeteilt.

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Mit Schriftsätzen vom 17. Oktober 2017 vom 9. April 2018 beantragte der Kläger, die Vereinbarung vom 3.

Mai 2017 entsprechend den berechtigten Anträgen des Klägers anzuordnen und festzulegen, dass die von der Beklagten vorgeschlagene Abfindungsregelung der Vereinbarung nicht entspreche. Die Beklagte beabsichtige, die fehlende Zuteilung lediglich auf zwei Grundstücken zu verlegen, während in der

Vereinbarung drei Grundstücke genannt seien, in die die fehlende Zuteilung gelegt werden solle. Er wolle nicht zum ganz überwiegenden Teil mit dem Grundstück bis zum Bach abgefunden werden. Dieses sei in gleicher Weise wie die Vergrößerung des Abfindungsflurstücks 7...0 nach Westen genannt. Diesen Teil habe die Beklagte nicht erfüllt.

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Bei der Durchführung eines erneuten Augenscheins am 16. April 2018 teilte der Senatsvorsitzende mit, der Senat erwäge eine Änderung des Flurbereinigungsplans dahingehend, dass neben der erfolgten Zuteilung des Abfindungsflurstücks 489 an den Kläger das Abfindungsflurstück 4...9 in der Fassung des

Flurbereinigungsplans 2007 um einen 10 m-Streifen nach Norden vergrößert und die restlichen

Wertverhältniszahlen dem Kläger durch eine Vergrößerung seines Abfindungsflurstücks 7...0 nach Westen zugeteilt würden.

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Der Kläger beantragt, 11

den Flurbereinigungsplan entsprechend der vom Gericht vorgeschlagenen Änderung zu ändern.

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Die Beklagte beantragt, 13

die Klage abzuweisen.

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Die Beigeladenen zu 1 und 2 erklärten sich mit der vom Gericht vorgeschlagenen Änderung des Flurbereinigungsplans einverstanden, sofern die Zufahrten zu ihren Abfindungsflurstücken angepasst würden. Im Übrigen stellen die Beigeladenen keinen Antrag.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vorliegenden Gerichtsakten sowie auf die Niederschriften über den Augenschein und die mündliche Verhandlung am 16. April 2018 sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

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Entscheidungsgründe 16

Die zulässige Klage ist begründet. Der Flurbereinigungsplan in der Fassung der Änderung vom 5. Juli 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er war deshalb wie tenoriert zu ändern (§ 113 Abs. 5 VwGO, § 144 Satz 1 Alt. 1 FlurbG).

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Die am 5. Juli 2017 vom Vorstand der Beklagten beschlossene Änderung des Flurbereinigungsplans setzt die Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 2017 in den die Wertermittlung betreffenden Verfahren 13 A 15.311, 13 A 16.980, 13 A 16.981, 13 A 16.982 und 13 A 16.983 nicht ausreichend um. Dort wurde von der Beklagten dem Kläger eine Forderungsmehrung in Höhe von 11.695 WVZ zugestanden und in Aussicht gestellt, dies im Flurbereinigungsplan durch eine Vergrößerung des Abfindungsflurstücks 4...9 nach Norden, durch Zuteilung des Abfindungsflurstücks 489 westlich vom Abfindungsflurstück 490 mit 6.470 WVZ sowie im Übrigen durch eine Vergrößerung des Abfindungsflurstücks 7...0 nach Westen

auszugleichen. Da der Wertzuwachs in der dann vom Vorstand der Beklagten beschlossenen Änderung des Flurbereinigungsplans nicht ausreichend berücksichtigt wurde, ist die Änderung der Zuteilung in der

tenorierten Form geboten. Auf diese Weise wird dem Anspruch des Klägers auf wertgleiche Abfindung nach

§ 44 Abs. 1 FlurbG Rechnung getragen. Dies ist auch unter Berücksichtigung der Belange der Beigeladenen sachgerecht.

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Die Gleichwertigkeit der Abfindung bemisst sich nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FlurbG. Danach ist jeder Teilnehmer für seine Grundstücke unter Berücksichtigung der nach § 47 FlurbG vorgenommenen Abzüge mit Land von gleichem Wert abzufinden. Bei der Landabfindung sind die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse aller Teilnehmer gegeneinander abzuwägen und alle Umstände zu berücksichtigen, die auf den Ertrag, die Benutzung und die Verwertung der Grundstücke wesentlichen Einfluss haben. Auf der rechnerischen Wertgleichheit im Sinn des § 44 Abs. 1 FlurbG aufbauend sind alle

gleichwertigkeitsbestimmenden Faktoren (§ 44 Abs. 2 und 4 FlurbG) bei der Abfindung zu erfassen und berücksichtigen.

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Bei der Ermittlung, ob eine wertgleiche Abfindung im Sinne des § 44 Abs. 1 FlurbG vorliegt, ist stets die gesamte Einlage der gesamten Abfindung gegenüberzustellen. Es dürfen also nicht einzelne alte mit einzelnen neuen Grundstücken verglichen oder überhaupt einzelne neue Grundstücke, die möglicherweise Mängel aufweisen, herausgegriffen werden (Mayr in Wingerter/Mayr, FlurbG, 10. Aufl. 2018, § 44 Rn. 8).

Wertgleich ist die Abfindung dann, wenn der Wert des gesamten neuen Besitzes im erzielbaren Ertrag und den Benutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten dem Wert des gesamten Altbesitzes entspricht. Der Tauschwert der Gesamtzuteilung muss dem Tauschwert der Gesamteinlage entsprechen. Dieser Tauschwert ist durch eine Anspruchsberechnung festzustellen (BVerwG, B.v. 27.11.1961 – I B 127.61 – RdL 1962, 243 = RzF 13 zu § 44 I; U.v. 9.6.1959 – I CB 27.58 – BVerwGE 8, 343 = RdL 1959, 308). Auch nach einer Planänderung ist stets die Gesamteinlage mit der Gesamtabfindung und nicht nur der neue Teil der Abfindung mit den geänderten Festsetzungen zu vergleichen (BVerwG, U.v. 19.9.1989 – 5 C 3.87 – RdL 1990, 44 = DÖV 1990, 342 = RzF 18 zu § 60 I; BayVGH, U.v. 5.7.2011 – 13 A 10.2548 – RdL 2012, 335 = RzF 24 zu § 60 I; Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 44 Rn. 9).

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Rein rechnerisch wird mit der geänderten Zuteilung durch die Beklagte die dem Kläger zustehende Forderung von 493.070 WVZ durch die Abfindung in Höhe von 504.737 WVZ mehr als erreicht. Dabei werden die aufgrund der Wertermittlungssache dem Kläger zusätzlich zustehenden 11.695 WVZ um 506 WVZ übertroffen. Die nördliche Erweiterung des Abfindungsflurstücks 4...9 umfasst 5.731 WVZ und das neu zugeteilte Abfindungsflurstück 489 6.470 WVZ, insgesamt also 12.201 WVZ.

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Für die Gleichwertigkeit genügt es aber nicht, dass die „Schätzungswerte“ von Einlage (minus Abzug) und Abfindung übereinstimmen. Denn die Bewertung ermittelt den landwirtschaftlichen Nutzungswert der einzelnen Grundstücke nach grundstücksbezogenen Merkmalen und damit den Nutzwert für jedermann (Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 44 Rn. 11). Den Gesamttauschwert bestimmen aber neben dem

landwirtschaftlichen Nutzungswert der einzelnen Grundstücke, der nach allgemeinen Merkmalen festgestellt

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wird, noch weitere Merkmale (BVerwG, B.v. 7.2.2012 – 9 B 89.11 – RdL 2014, 348; B.v. 27.11.1961 – I B 127.61 – RdL 1962, 243 = RzF 13 zu § 44 I). Dies sind die betriebsbezogenen Merkmale, also der Nutzwert für den konkreten Betrieb, die bei der Gestaltung der konkreten Abfindung zu beachten sind. Es ist also scharf zwischen Bemessung (§ 44 Abs. 1 Satz 2 FlurbG) und Gestaltung (§ 44 Abs. 2 bis 4 FlurbG) zu unterscheiden (BVerwG, U.v. 24.2.1959 – I C 160.57 – RdL 1959, 221 = RzF 1 zu § 134 II). Denn

Gestaltungsvorteile können Bemessungsmängel nicht ausgleichen (BVerwG, U.v. 15.12.1977 – V C 46.76 – BVerwGE 55, 143 = BayVBl 1979, 88 = RzF 69 zu § 44 I).

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Die geänderte Abfindung gemäß dem Vorstandsbeschluss der Beklagten vom 5. Juli 2017, wonach die Forderungsmehrung in Höhe von 11.695 WVZ durch die Zuteilung der Flurstücke 489 und 4...9 unmittelbar angrenzend an die Abfindungsflurstücke des Klägers abgefunden werden soll, wird den vorstehenden, für die Abfindung eines Teilnehmers geltenden gesetzlichen Grundsätzen nicht gerecht, da der Kläger mit der vollständigen Zuteilung der Erweiterungsfläche nördlich des Abfindungsflurstücks 4...9 bis zum Harbach keine betrieblich ausreichend einheitlich nutzbare Fläche erhielte, die zudem unmittelbar an ein Gewässer angrenzen und auch insoweit Bewirtschaftungseinschränkungen unterliegen würde.

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Die von der Beklagten vorgesehene Erweiterung des Abfindungsflurstücks 4...9 in Richtung Norden um 5.731 WVZ (3.196 qm) berücksichtigt nicht, dass diese Fläche, die unterhalb des von Süden nach Norden abfallenden Abfindungsflurstücks liegt und an den weiter nördlich gelegenen Harbach angrenzt, für den Kläger aufgrund seiner lagebedingten Vernässung allenfalls teilweise nutzbar wäre und sich die Abfindung damit nicht als gleichwertig erweist. Zudem wird das Abfindungsflurstück 4...9 als Acker genutzt, was bei der von der Beklagten vorgesehenen Erweiterungsfläche infolge ihrer teilweisen Vernässung nicht oder allenfalls eingeschränkt nur in einem kleinen Teil möglich ist. Damit scheidet eine gemeinsame

Bewirtschaftung des Abfindungsflurstücks mit der Erweiterungsfläche ganz überwiegend aus. Entsprechend war im Augenschein erkennbar, dass auch auf dem östlich angrenzenden Abfindungsflurstück ein sogar über den Bereich der vorgesehenen Erweiterungsfläche in südlicher Richtung hinausgehender Bereich nicht für den Ackerbau genutzt wurde, sondern als naturnahe Fläche angelegt war. Selbst wenn man die

Erweiterungsfläche als Grünland nutzen würde, wäre dies aufgrund der geringen Größe von 3.196 qm wenig wirtschaftlich.

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Gemäß § 144 Satz 1 Alt. 1 FlurbG kann das Gericht den angefochtenen Verwaltungsakt – hier den Flurbereinigungsplan – selbst durch Urteil ändern. Das Gericht ist damit nicht wie im sonstigen Verwaltungsprozess nach § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO auf die Aufhebung und Verpflichtung zur Entscheidung beschränkt, sondern darüber hinaus zur umfassenden Neugestaltung befugt (BVerwG, B.v.

10.5.2007 – 10 B 71.06 – RdL 2007, 221; BayVGH, U.v. 23.4.2012 – 13 A 09.1420 – RdL 2012, 304; Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 144 Rn. 1). Vom Gericht festgesetzte Änderungen sind in einen

deklaratorischen und nicht anfechtbaren Plannachtrag zu übernehmen (BVerwG, B.v. 29.3.2007 – 10 B 51.06 – RdL 2007, 219 = RzF 22 zu § 144).

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Die Wertgleichheit der Abfindung im Vergleich zur Einlage wird durch die tenorierte Änderung des Flurbereinigungsplans – Erweiterung des Abfindungsflurstücks 4...9 in Richtung Norden nur um einen 10 Meter Streifen und im Übrigen durch eine parallele Verschiebung der Westgrenze des Abfindungsflurstücks 7...0 des Klägers nach Westen und der bereits erfolgten Zuteilung des Abfindungsflurstücks 489 – erreicht.

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Dies hat zur Folge, dass die Westgrenze des Abfindungsflurstücks 7...1 der Beigeladenen zu 1 wertgleich parallel nach Westen verschoben wird, wodurch das Abfindungsflurstück 7...2 der Beigeladenen zu 3 ohne Geldausgleich und das Abfindungsflurstück 7...3 der Beigeladenen zu 2 mit Geldausgleich verkleinert werden.

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Die Zuteilung im tenorierten Umfang entspricht dem Klageantrag des Klägers, den Flurbereinigungsplan entsprechend dem Vorschlag des Senats zu ändern. Seine ursprünglich gegen den Flurbereinigungsplan geltend gemachten weiteren Rügen hat er damit nicht mehr aufrechterhalten.

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Bedenken gegen die Wertgleichheit der Abfindung der Beigeladenen zu 1 sind nicht ersichtlich, da ihr Abfindungsflurstück 7...1 im Wesentlichen der alten Lage mit einer Verschiebung nach Westen in der bisherigen Größe entspricht. Im Übrigen hat sich die Beigeladene zu 1 in der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2018 mit der veränderten Zuteilung einverstanden erklärt, soweit die Zufahrt angepasst werde, was von der Beklagten für den Fall der Änderung des Flurbereinigungsplans durch das Gericht zugesagt wurde.

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Auch hinsichtlich der Wertgleichheit der Abfindung der Beigeladenen zu 2 bestehen keine Bedenken. Zwar wird ihr Abfindungsflurstück 7...3 gegen Wertausgleich verkleinert, jedoch handelt es sich hierbei um von der Beklagten während des Flurbereinigungsverfahrens zugeteiltes Masseland im Sinn von § 54 Abs. 2 FlurbG. Der Rückgriff auf eine solche Wertzuteilung bewirkt grundsätzlich keine Rechtsbeeinträchtigung, weil auf den Erwerb von Land, das zur Abfindung der Teilnehmer nicht benötigt wurde, kein

Rechtsanspruch besteht (st. Rspr., BVerwG, B.v. 2.12.1980 – 5 B 109.79 – Buchholz 424.01 § 54 FlurbG Nr. 3; BayVGH, U.v. 15.6.2009 – 13 A 08.70 – juris m.w.N.). Bei ergänzendem Landbedarf ist derartiges Land „zuvörderst“ heranzuziehen (BVerwG, U.v. 26.11.1981 – 5 C 7.81 – RdL 1982, 327/328 = RzF 9 zu § 44 III/2; BayVGH, U.v. 15.6.2009 – 13 A 08.70 – juris; U.v. 30.9.1977 – 197 XIII 76 – RdL 1978, 234/236).

Wie jede Abfindung unter dem Vorbehalt einer möglichen nachträglichen Änderung steht (BVerwG, U.v.

26.5.1978 – V C 2.77 – BVerwGE 56, 1/2), ist auch die Vergabe von Masseland einer Korrektur zugänglich.

Vorrangig dient Masseland als Reserve zur wertgleichen Abfindung bei begründeten Widersprüchen (BVerwG, U.v. 15.3.1973 – V C 4.72 – BVerwGE 42, 87 = AgrarR 1973, 332 = RzF 54 zu § 44 I; BayVGH, U.v. 15.6.2009 – 13 A 08.70 – juris; U.v. 30.9.1977 – 197 XIII 76 – RdL 1978, 234/236). Auf zugeteiltes Masseland können Behörde wie Gerichte bis zur Unanfechtbarkeit der Abfindung aller Teilnehmer und nach

§ 64 FlurbG zurückgreifen (BVerwG, U.v. 26.11.1981 – 5 C 7.81 – RdL 1982, 327). Denn Masseland, auf das ohnehin kein Anspruch besteht, kann keinen stärkeren Bestandsschutz genießen als jede Abfindung (BVerwG, U.v. 15.3.1973 – V C 4.72 – BVerwGE 42, 87 = AgrarR 1973, 332 = RzF 54 zu § 44 I; Mayr in Wingerter/Mayr, a.a.O., § 54 Rn. 13). Im Übrigen hat sich auch die Beigeladene zu 2 in der mündlichen Verhandlung mit der veränderten Zuteilung einverstanden erklärt, soweit die Zufahrten angepasst würden, was ebenfalls von der Beklagten für den Fall der Änderung des Flurbereinigungsplans durch das Gericht zugesagt wurde.

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Soweit schließlich die Beigeladene zu 3 mit einer kleinen Flächenverkleinerung des Abfindungsflurstücks 7...2 betroffen ist, steht damit nicht die Wertgleichheit von Einlage und Abfindung inmitten, da ihr diese Fläche als Straßenböschung und damit als Bestandteil des angrenzenden Wegflurstücks zugeteilt wurde.

Durch die Verkleinerung ohne Wertausgleich wird diese in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Da die Beigeladenen keine Anträge gestellt und damit kein Kostenrisiko übernommen haben, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre

außergerichtlichen Aufwendungen selbst tragen (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 162 Rn. 23). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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