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Korrekturbedürftige entwicklungspolitische Entscheide des Bundesrates | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Wirtschaftspolitische Stellungnahmen

28 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 5-2008

Die Konzentration der Schwerpunktlän- der entspricht dem Wunsch des Parlaments.

Wegen der «Entflechtung» präsentiert sie sich allerdings widersprüchlich. Die Schweiz zieht sich aus acht Schwerpunktländern zu- rück und steigt in zwei neue ein. Waren bis- her Deza und Seco in acht Ländern gemein- sam tätig (ein Beitrag zur Konzentration), sind sie es neu nur noch in zwei (ein Beitrag zur Verzettelung). Falls es um die Konzentra- tion der Mittel ginge, müssten weniger die Zahl der Schwerpunktländer als vielmehr die Vielzahl kleiner Engagements in anderen Ländern hinterfragt werden.

Fatale Verknüpfung von Eigeninteressen und EZA

Im Streit um die Neuausrichtung wurden vermehrt Ideen geäussert, die EZA für Zwe- cke einzuspannen, die mit Entwicklung nichts zu tun haben. Das Seco wählte als neue Schwerpunktländer solche, mit denen die Schweiz bilaterale Freihandelsabkommen hat oder anstrebt. Schon haben Regierungen – so Ägypten – als Gegenleistung für den Frei- handelsvertrag Entwicklungshilfe eingefor- dert. Das ist eine suboptimale Voraussetzung für die Gestaltung einer wirksamen EZA.

Aber auch im Eidg. Departement für auswär- tige Angelegenheiten (EDA) gibt es Ideen, die Deza und ihr Budget in die Verfolgung der eigenen aussenpolitischen Ziele einzuspan- nen. In beiden Fällen wird sichtbar, dass der Bund für seine Aussenpolitik und -wirtschaft kein operatives Budget hat und deshalb dazu neigt, sich dafür aus dem Entwicklungsbud- get zu bedienen.

Diese Tendenz ist fatal. Aus der interna- tionalen Diskussion über die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe schälte sich ein Punkt klar heraus: Wenn die Geberländer ihre Hilfe auf die Erfordernisse der Empfängerländer ausrichten, entfaltet sie Wirkung. Wenn sie hingegen mit den Entwicklungsbudgets die Verfolgung eigener Interessen finanzieren, hat die Hilfe keine Entwicklungswirkung.

Diesbezüglich stand die Schweiz im inter- nationalen Vergleich bisher gut da, weshalb ihre Hilfe auch Anerkennung fand. Die neu- en Begehrlichkeiten drohen jedoch dieses Kapital zu verspielen. Die Grundsätze der schweizerischen EZA müssen deshalb neu

bekräftigt werden: Erstens muss sie sich an den Bedürfnissen der Partnerländer orientie- ren und darf nicht für aussenpolitische Inter- essen instrumentalisiert werden. Zweitens müssen die beiden zuständigen Verwaltungs- abteilungen die ihrer Aufgabe entsprechende Handlungsfreiheit bewahren. Es darf nicht sein, dass der Seco-Entwicklungsdienst ne- benbei noch wirtschaftliche Interessen der Schweiz vertritt, wie es vorübergehend im Gespräch war. Dafür gibt es andere kompe- tente Stellen im Seco. Und es darf auch nicht sein, dass das EDA die Aufgaben der Deza auf andere Abteilungen und die Botschaften verlagert. Nur mit dieser Eigenständigkeit kann übrigens garantiert werden, dass in der Bundesverwaltung weiterhin eine Auseinan- dersetzung über die Kohärenz der Nord-Süd- Politik stattfindet.

Schweizer Sparkurs international problematisch

Schliesslich ist es wichtig, den finanziellen Stillstand zu überwinden und das Entwick- lungsbudget zu erhöhen. Während fast alle OECD-Länder – so auch die USA – substan- zielle Erhöhungen vornahmen und die EU- Mitglieder ihre Hilfe bis 2015 auf 0,7% des Bruttonationaleinkommens steigern werden, hat die Schweiz ihres lediglich durch statisti- sche Umgruppierungen erhöht. Die Schweiz dürfte Mühe haben, ihre Sparsamkeit inter- national verständlich zu machen. Niemand nimmt es ihr ab, dass sie zu arm sei, ihren Beitrag an die Erfüllung der Millennium- Entwicklungsziele zu leisten.

Die Stagnation des Entwicklungsbudgets hat übrigens unbeabsichtigte Folgen. Weil die anderen Länder ihre Budgets steigern, steigt auch die Finanzierung multilateraler Institutionen wie der Weltbank. Die Schweiz zieht mit, weil sie ihre Sitze im Direktorium der Bretton-Woods-Institutionen behalten will. Damit erhöht sich der Anteil für die multilaterale Hilfe stetig, während derjenige für die bilaterale sinkt, obwohl diese quer durch alle Parteien grosse Unterstützung ge- niesst. Es ist deshalb zu hoffen, dass das Par- lament in der kommenden Beratung der Entwicklungszusammenarbeit den Sparent- scheid des Bundesrates korrigiert.

Korrekturbedürftige entwicklungspolitische Entscheide des Bundesrates

Peter Niggli Geschäftsleiter von Alliance Sud, der entwick- lungspolitischen Arbeits- gemeinschaft von Swiss- aid, Fastenopfer, Brot für alle, Helvetas, Caritas und Heks, Bern

Der Bundesrat hat die beiden Bot- schaften über die Entwicklungs- zusammenarbeit verabschiedet.

In diesem Zusammenhang von einer «Neuausrichtung» zu spre- chen, ist ziemlich übertrieben. Es gibt keine institutionelle Verein- fachung. Weiterhin sind zwei Ver- waltungseinheiten – die Direktion für Entwicklung und Zusammen- arbeit (Deza) und das Staatsse- kretariat für Wirtschaft (Seco) – zuständig. Um die bürokratischen Reibungsverluste zu reduzieren, die sich daraus ergeben, wird die Arbeit der beiden nun geografisch

«entflochten». Das Koordinati- onsproblem bleibt jedoch beste- hen. Finanziell schlägt der Bun- desrat – entgegen seinen Verlaut- barungen an den Uno-Generalver- sammlungen – Stillstand vor, während andere Geberstaaten ih- re Entwicklungsbudgets beträcht- lich steigerten.

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