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Internationalisierung von Forschung und Entwicklung – Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft | Die Volkswirtschaft - Plattform für Wirtschaftspolitik

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Monatsthema

38 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 10-2010

Stand und Entwicklung von F&E im Ausland

Die Schweizer Wirtschaft ist – gemessen an den Direktinvestitionen im Ausland – eine der am stärksten internationalisierten Volks­

wirtschaften. Lange stand der Aufbau von Produktionsstätten und Distributionskanä­

len im Vordergrund. Mittlerweile wird je­

doch in grossem Umfang auch in F&E inves­

tiert. Der Anteil der im Ausland investierten Mittel an den gesamten F&E­Aufwendungen der Schweizer Wirtschaft nahm seit Mitte der 1980er­Jahre bis 2008 von 38% auf 57%

zu – dies bei einer enormen Steigerung der gesamten F&E­Ausgaben (siehe Tabelle 1).

Aller dings entfällt ein grosser Teil dieser Aus­

gaben auf die Branche Pharma/Chemie – im Jahr 2008 rund 70%.

Nimmt man als Mass der Internationali­

sierung von F&E nicht das entsprechende In­

vestitionsvolumen, sondern die Zahl der Fir­

men mit ausländischen F&E­Aktivitäten, ist die Konzentration nach Branchen wesentlich geringer. So verzeichnen in der Industrie ne­

ben Chemie/Pharma auch die anderen High­

tech­Branchen (Elektronik, Elektrotechnik, Maschinenbau) einen hohen Anteil von Fir­

men, die nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland F&E betreiben; dasselbe gilt für gewisse wissensintensive Dienstleistungs­

branchen (z.B. EDV­Dienstleistungen). Zwi­

schen 2000/02 und 2006/08 nahm auf ge­

samtwirtschaftlicher Ebene der Anteil der Firmen mit Auslands­F&E an allen F&E­trei­

benden Unternehmen merklich zu – und zwar von 10% auf 18%.

Firmengrösse und Zielregionen

Von den F&E­treibenden Unternehmen sind – wenig überraschend – die grösseren wesentlich häufiger im Ausland F&E­aktiv als die kleineren. Aber auch unter den KMU ist der Anteil derer, die im Ausland F&E be­

treiben, in den 1990er­Jahren stark gestiegen.

2006/08 betrug dieser Anteil bereits 16% für die Firmen mit 5–49 Beschäftigten, für jene mit 50–249 Beschäftigten 19%.

Wichtigste Zielregion schweizerischer F&E­Aktivitäten ist der EU­Raum, sind dort doch fast alle im Ausland F&E­aktiven Unter­

nehmen präsent (siehe Tabelle 2). Mit grossem

Abstand folgen Nordamerika und China/In­

dien. Die geografische Reichweite der Aus­

landspräsenz – ablesbar an der Spaltensum­

me, die infolge von Mehrfachnennungen über 100% beträgt – ist mit 172% beträchtlich. Die geografische Reichweite kleiner Unternehmen ist wesentlich geringer als jene der Grossfir­

men. Nordamerika ist – neben der EU – pri­

mär für mittelgrosse und grosse Unternehmen eine bedeutende Zielregion, für China/Indien gilt dies nur für Grossfirmen. Angesichts der beschränkten Finanzkraft und Management­

kapazität von KMU sind die geografische Dis­

tanz und die «Komplexität» entfernter Stand­

orte für ausländische F&E­Aktivitäten schwer überwindbare Hindernisse.

Strategien der Internationalisierung Als theoretische Basis zur Ermittlung der Determinanten und Strategien der Interna­

tionalisierung von F&E sowie ihres Einflusses auf die Leistungsfähigkeit der Mutterfirmen dient das OLI-Paradigma von Dunning (2000).

Dieses integriert die meisten theo retischen Ansätze zur Erklärung von Aus lands inves ti­

tionen in ein übergeordnetes Interpretations­

schema, das drei Gruppen von Bestimmungs­

faktoren unterscheidet:

Ownerhip-specific Advantages (O): Vorteile der Unternehmung gegenüber Konkur­

renten in der Zielregion aufgrund fir­

menspezifischer, vorwiegend immateriel­

ler Assets wie z.B. Innovationsfähigkeit, Patente, technologisches Potenzial, Ein­

bindung in Wissensnetzwerke;

Location-specific Disadvantages (L): Stand­

ortnachteile gegenüber dem Ausland be­

züglich F&E­relevanter Faktoren wie z.B.

F&E­Kosten, Marktregulierung, Restrik­

tionen für die Technologieentwicklung;

Internalising Advantages (I): Vorteile, die darauf beruhen, dass eine Firma Transak­

tionen auf häufig instabilen Technologie­

märkten in die Firma integriert, so z.B.

durch die Akquisition eines Anbieters komplexer Zwischenprodukte zwecks Qualitätssicherung.

Motive für F&E-Investitionen im Ausland Die in Tabelle 3 aufgeführten Motive für F&E­Investitionen im Ausland haben einen engen Bezug zum OLI­Paradigma. So wider­

Internationalisierung von Forschung und Entwicklung – Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft

Dr. Spyros Arvanitis Leiter des Forschungs- bereichs Innovations- ökonomik, KOF Konjunk- turforschungsstelle der ETH Zürich

Dr. Heinz Hollenstein Strategieberater und Koordinator, KOF Kon- junkturforschungsstelle der ETH Zürich

Die Internationalisierung von Forschung und Entwicklung (F&E) einheimischer Unternehmen hat in den letzten 20 Jahren stark zugenommen. In diesem Beitrag werden die grundlegenden Muster und Triebkräfte (Motive) von F&E-Investitionen an auslän- dischen Standorten aufgezeigt.

Untersucht werden zudem die Auswirkungen dieser Art von Auslandsaktivitäten auf die Leis- tungsfähigkeit (Innovation, Pro- duktivität) der Mutterfirmen und der Schweizer Wirtschaft insge- samt. Die Analyse erlaubt unter anderem eine Beurteilung der populären These, nach welcher vermehrte F&E-Investitionen im Ausland den Technologie- und Wirtschaftsstandort Schweiz schwächen.

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Monatsthema

39 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 10-2010

liale auf O­Vorteilen der Mutterfirma. Hinter dem Wissensmotiv stehen sowohl I­ als auch O­Vorteile. Der Zugang zu im Ausland vor­

handenem Wissen lässt sich vor Ort häufig besser realisieren – und zwar durch Interna­

lisierung von Beziehungen mit ausländischen Wissensanbietern (Forschungslabors, hoch innovative Firmen) mittels F&E­Koopera­

tionen oder Akquisitionen (I­Vorteile). Ähn­

liches gilt für das Ressourcenmotiv, das auf den Zugang zu spezialisierten Wissensträ­

gern abzielt. Wissens­ wie Ressourcenmotiv setzen voraus, dass die Firma als Kooperati­

onspartner attraktiv ist, d.h. vor Ort – basie­

rend auf ihren spezifischen O­Vorteilen – hochwertige F&E betreibt.

Gemäss Tabelle 3 steht das Marktmotiv bei F&E­Investitionen im Ausland an erster Stelle. Von grosser Bedeutung sind jedoch auch das Wissensmotiv – dabei vor allem die Nähe zu Netzwerken innovativer Firmen – und das Ressourcenmotiv. O­ und I­Vorteile stehen also im Vordergrund. Das Kostenmo­

tiv – d.h. ein Gang ins Ausland infolge von L­Nachteilen der Schweiz – spielt eine ge­

ringe Rolle. In den letzten Jahren ist das Wis­

sensmotiv wichtiger geworden, während das Kostenmotiv an Bedeutung verloren hat. In jüngster Zeit hat auch die im Ausland bessere Verfügbarkeit von F&E­Personal an Relevanz gewonnen. Bei grossen Unternehmen, die in quantitativer Hinsicht die F&E­Investitionen im Ausland dominieren, ragt die Bedeutung des Marktmotivs deutlich hervor; auch das Ressourcenmotiv spielt für grosse Firmen ei­

ne überdurchschnittliche Rolle. Demgegenü­

ber fällt das Kostenmotiv vor allem bei klei­

nen Unternehmen ins Gewicht. Das Wissensmotiv ist überraschenderweise bei grossen Firmen nicht bedeutsamer als bei kleinen.

Internationalisierungsstrategien

Häufig sind für Unternehmen mehrere Motive relevant. Anhand ihrer unterschied­

lichen Gewichtung lassen sich mithilfe einer Clusteranalyse Gruppen von Firmen identi­

fizieren, die durch eine ähnliche Kombina­

tion von Motiven gekennzeichnet sind und bezüglich F&E eine ähnliche Internationali­

sierungsstrategie verfolgen. Gemäss Hollen- stein (2009) lassen sich auf der Basis der Da­

ten der KOF­Innovationserhebung 2005 vier Strategietypen unterscheiden:

Strategie 1: Firmen, die eine breit ange­

legte Strategie verfolgen, für die also die meisten der sieben Motive relevant sind.

Dabei fällt das Wissensmotiv (vor allem die Kooperation mit Hochschulen), aber auch der Zugang zu hoch qualifiziertem F&E­Personal besonders ins Gewicht. Fir­

men dieses Typs verfügen über ausge­

Jahr F&E-Ausgaben insgesamt %-Anteil der Auslands-F&E

1975 3484 32

1980 4454 38

1983 5824 38

1986 7969 38

1989 11 480 46

1992 13 460 53

1996 15 120 53

2000 17 678 55

2004 19 262 50

2008 27 748 57

Tabelle 1

F&E-Ausgaben schweizerischer Unternehmen im Ausland 1975 bis 2008 (in Mio Fr.)

Tabelle 2

Zielregionen von F&E-Aktivitäten nach Grössenklassen

Anteil von Firmen in %, die in der jeweiligen Region präsent sind; Mehrfachantworten

Tabelle 3

Motive für F&E-Aktivitäten im Ausland nach Grössenklassen

Anteil von Firmen in %, die dem jeweiligen Motiv eine hohe Bedeutung beimessen

Quelle: BFS / Die Volkswirtschaft

Quelle: KOF-Innovationserhebung 2008 / Die Volkswirtschaft

Quelle: KOF-Innovationserhebung 2008 / Die Volkswirtschaft

Zielregion Unternehmensgrösse (Beschäftigte) Total

5–49 50–249 250 u. mehr

EU 90 90 86 89

Nordamerika 10 31 46 33

Japan 10 4 17 10

China, Indien 14 17 37 24

Andere Länder 24 17 14 17

Spaltensumme 148 159 200 172

Unternehmensgrösse (Beschäftigte) Total

5–49 50–249 250 u. mehr

Einzelmotive

Unterstützung von Fertigung und Absatz 18 30 64 40

Nähe zu führenden Hochschulen 21 29 29 27

Nähe zu innovativen Firmen(netzwerken) 40 41 38 40

Wissenstransfer in die Schweiz 21 21 18 20

Gute Verfügbarkeit von F&E-Personal 21 29 35 29

Tiefere F&E-Kosten 29 16 22 21

Stärkere F&E-Förderung (inkl. Steueranreize) 18 7 14 12

Motivgruppena

Marktmotiv 18 30 64 40

Wissensmotiv 27 30 28 29

Ressourcenmotiv 21 29 35 29

Kostenmotiv 24 11 18 16

Durchschnitt aller Einzelmotive 24 25 31 27

a Marktmotiv = Motiv 1; Wissensmotiv = Durchschnitt der Motive 2 bis 4; Ressourcenmotiv = Motiv 5; Kostenmotiv = Durchschnitt der Motive 6 und 7.

spiegelt das Kostenmotiv L­Nachteile des Standorts Schweiz, die für Firmen den Anreiz für Auslandsengagements erhöhen. Bei Un­

ternehmen, für die das Marktmotiv im Vor­

dergrund steht, dient die Auslandspräsenz mit F&E dazu, Produkte, die im Wesentlichen am Hauptsitz entwickelt wurden, an die in der Zielregion herrschenden Präferenzen und Marktverhältnisse anzupassen, um so die lokalen Märkte besser bearbeiten zu kön­

nen. In diesem Fall beruht die Arbeitsteilung bei F&E zwischen Hauptsitz und Auslandsfi­

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Monatsthema

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gische Potenzial eher begrenzt erscheint.

L­Nachteile sind vorhanden, fallen aber nicht allzu sehr ins Gewicht. Bei diesem Strategietyp dominieren grosse, gut eta­

blierte (alte) Industriefirmen mit äusserst starker Exportorientierung.

Strategie 4: Firmen mit einer relativ eng ausgelegten, hauptsächlich kostenorien­

tierten Strategie, wobei im Zielland ausser den tieferen F&E­Kosten auch das grös­

sere Angebot an Fachkräften genutzt wird.

Firmen dieses Typs verfügen nur über ge­

ringe O­Vorteile (inkrementelle, auf Kon­

struktion beruhende Neuerungen; Nut­

zung externen Wissens von Firmen der gleichen Wertschöpfungskette). Nachfra­

geseitig wird F&E nicht begünstigt, da die relevanten Märkte nur wenig wachsen und sehr preissensitiv sind. Überraschen­

derweise spielen L­Nachteile der Schweiz bei dieser Strategie keine wesentliche Rol­

le. Strategie 4 wird vor allem von kleineren, meist alten Firmen mit keiner ausge­

prägten Exportorientierung verfolgt.

Eine erste Analyse mit den neuesten Da­

ten (Innovationserhebung 2008) deutet da­

rauf hin, dass sich die ersten beiden Strate­

gietypen einander angenähert haben. Klar unterscheiden lassen sich nurmehr drei Stra- tegien: eine erste, breit angelegte Strategie, bei der das Wissensmotiv die prominenteste Rolle spielt; eine zweite, fast ausschliesslich auf das Marktmotiv fokussierte Strategie;

und eine dritte, bei der zwar das Kostenmo­

tiv im Vordergrund steht, die aber im Ver­

gleich zur viergliedrigen Gruppierung dem Ressourcenmotiv (Nutzung des reichlicher vorhandenen Humankapitals) eine grössere Bedeutung beimisst.

prägte O­Vorteile (äusserst innovativ;

intensive Nutzung von wissenschafts­

orientiertem externem Know­how; hohes technologisches Potenzial usw.). Auffal­

lend sind jedoch auch L­Nachteile des Standorts Schweiz, insbesondere restrik­

tive Marktregulierungen und ein Mangel an hoch qualifiziertem Personal, welche die F&E­Investoren «ins Ausland treiben».

Bei diesem Strategietyp sind exportorien­

tierte, mittelgrosse, aber auch junge Fir­

men besonders häufig vertreten.

Strategie 2: Firmen, bei denen eindeutig das Wissensmotiv im Vordergrund steht, und zwar in Form der Beteiligung an Netzwerken innovativer Firmen, kombi­

niert mit einem substanziellen Wissen­

stransfer zur Mutterfirma. Firmen dieses Typs sind durch ausgeprägte O­ und I­Vorteile gekennzeichnet. Sie sind stark forschungsorientiert und profitieren von sehr guten Marktperspektiven. L­Nach­

teile der Schweiz spielen keine Rolle. Of­

fenbar werden diese Firmen nicht durch ungünstige Heimbedingungen ins Aus­

land getrieben, sondern wählen auslän­

dische Standorte mit dem Ziel, ihre eigene Wissensbasis zu erweitern. Bei diesem Strategietyp finden sich viele kleine, häu­

fig junge Firmen, anderseits aber auch ei­

nige grosse Pharma­Multis.

Strategie 3: Firmen mit stark fokussierter F&E­Strategie, die fast nur der besseren Markterschliessung in der Zielregion dient. Die O­Vorteile dieser Unternehmen beruhen primär auf Entwicklungsakti­

vitäten; entsprechend sind grundlegende Neuerungen eher selten. Der stärkste Treiber sind die ausgezeichneten Nach­

frageperspektiven, während das technolo­

Tabelle 4

Einfluss von spezifischen Motiven für Auslands-F&E auf die Unternehmensleistung

Quelle: Arvanitis und Hollenstein (2010) / Die Volkswirtschaft Legende: Die Symbole +, ++ und +++ stehen für einen

signifikant positiven Einfluss bei einer Irrtumswahrschein- lichkeit von 10% bzw. 5% bzw. 1%, während nicht signifi- kante Variablen mit n.s. bezeichnet werden. Ein Schräg- strich bedeutet, dass die entsprechenden Variablen für die Erklärung nicht herangezogen wurden. Das positive Vor zeichen für 6–15 Hauptkonkurrenten impliziert, dass die Innovationsleistung auf stark konzentrierten Märkten besonders hoch ist.

Innovationsgleichung Produktivitätsgleichung

Erklärende Variablen Umsatzanteil innovativer Produkte Arbeitsproduktivität

(1) (2) (3) (4) (5) (6)

Motive (hohe Bedeutung)

Wissensmotiv + / / n.s. / /

Marktmotiv / n.s. / / + /

Kosten-/Ressourcenmotiv / / n.s. / / +++

Ressourcen

Sachkapital + + ++ +++ +++ +++

Humankapital +++ +++ +++ +++ +++ +++

F&E-Intensität / / / +++ +++ +++

Marktumfeld

Anzahl Hauptkonkurrenten + (6–15 Konk.) + (6–15 Konk.) + (6–15 Konk.) / / /

Preiskonkurrenz n.s. n.s. n.s. / / /

Nichtpreisliche Konkurrenz ++ +++ +++ / / /

Kontrollvariablen

Unternehmensgrösse ++ ++ ++ +++ +++ +++

Firmenalter n.s. n.s. n.s. / / /

Firma im Auslandbesitz n.s. n.s. n.s. +++ +++ +++

(4)

Monatsthema

41 Die VolkswirtschaftDas Magazin für Wirtschaftspolitik 10-2010

schaftlicher) Beschäftigter, denen für die Aufnahme externen Wissens eine Schlüssel­

rolle zukommt, gemäss OECD­Daten sehr hoch. Was die Embeddedness der im Ausland in F&E investierenden Firmen betrifft, dürfte die Schweiz ebenfalls gut dastehen. Denn das schweizerische Innovationssystem zeichnet sich durch ein im internationalen Vergleich dicht geknüpftes Wissensnetzwerk aus; auch der Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Privatwirtschaft funktioniert gut.3

Vor diesem Hintergrund lässt sich der Schluss ziehen, dass auch die indirekten Ef­

fekte der Internationalisierung von F&E im Fall der Schweiz positiv sind. Hinweise für die Richtigkeit dieser Einschätzung finden sich bei Ben Hamida und Piscitello (2008).

Zusammenfassung

Die Bedeutung von F&E­Aktivitäten der Schweizer Wirtschaft an ausländischen Standorten hat in den letzten 20 Jahren stark zugenommen, und zwar sowohl hinsichtlich der Zahl involvierter Firmen als auch der eingesetzten Mittel. Dabei sind zunehmend auch KMU aktiv geworden. Wirtschaftlich hoch entwickelte, durch eine starke Wissens­

basis und grosse Märkte gekennzeichnete Zielregionen (EU, Nordamerika) stehen im Vordergrund, wobei für Grossfirmen mitt­

lerweile auch China und Indien ins Gewicht fallen. Trotz der wachsenden Internationali­

sierung verfolgt die überwiegende Mehrheit der F&E­aktiven Firmen nach wie vor eine rein inlandorientierte Strategie.

Die im Ausland F&E­aktiven Unterneh­

men wählen Strategien, die in der Gewich­

tung der treibenden Motive voneinander abweichen. Zudem wirken sie sich unter­

schiedlich – aber durchwegs positiv – auf die Peformance der Mutterfirma aus. Relativ breit angelegt sind wissens orientierte Strate­

gien, welche die Innova tions leistung der Mut­

terfirma erhöhen, nicht aber deren Produk­

tivität. Die am stärksten verbreitete marktorientierte Strategie ist stark fokussiert, was in geringerem Mass auch für die kosten­

orientierte Strategie gilt. Diese beiden Strate­

gien wirken produktivitätssteigernd, verbes­

sern jedoch nicht die Innova tionsleistung der Mutterfirma. Die positiven Auswirkungen der Internationalisierung von F&E auf die Mutterfirmen (direkte Effekte) werden noch verstärkt durch Technologie­ und Produkti­

vitäts­Spillovers zu anderen Unternehmen (indirekte Effekte). Die Resultate widerlegen die These, wonach eine Zunahme von F&E­

Investitionen zulasten des Wirtschaftsstand­

orts Schweiz geht (Substitutionsthese). Viel­

mehr sind in­ und ausländische F&E­

Aktivitäten komplementär. m

Auswirkungen auf die Schweiz:

Direkte Effekte…

Die direkten Effekte beziehen sich auf die Auswirkungen von F&E­Investitionen im Ausland auf die Leistungsfähigkeit der inlän­

dischen Mutterfirma. Tabelle 4 zeigt die Re­

sultate von ökonometrischen Schätzungen für ein Unternehmenspanel mit Daten von vier im Zeitraum 1996–2008 durchgeführten Innovationsumfragen.1 Ausgewiesen wird für die erklärenden Variablen nur die Richtung ihres Einflusses (Vorzeichen), nicht aber des­

sen Intensität. Von Interesse sind primär die Effekte der Motiv­Variablen auf die Innova­

tionsleistung (Markterfolg von Produktinno­

vationen) und die Arbeitsproduktivität der Firmen. Die übrigen Variablen dienen zur Vervollständigung des Modells bzw. zur Kon­

trolle nicht spezifizierter Effekte. Aus schätz­

technischen Gründen können die drei Motivgruppen (das Kosten­ und das Res­

sourcenmotiv werden zusammengefasst), die näherungsweise die drei Internationalisie­

rungsstrategien repräsentieren, nur einzeln in die beiden Performancegleichungen ein­

gesetzt werden (Gleichungen 1–3 bzw. 4–6).

Die Tabelle zeigt, dass sich F&E­Investi­

tionen im Ausland je nach Motivgruppe un­

terschiedlich auf die Mutterfirma auswirken.

Wissensorientierte Auslands­F&E steigern die Innovationsleistung der Mutterfirma, ha­

ben jedoch keinen Einfluss auf die Arbeits­

produktivität. Gerade umgekehrt ist es bei markt­ und kostenorientierten F&E­Strate­

gien, welche die Produktivität der Mutterfir­

ma erhöhen, nicht aber deren Innovations­

performance. Insgesamt deuten die Resultate auf positive direkte Effekte hin.

…und indirekte Effekte

Die positiven direkten Effekte werden möglicherweise durch Wissens­ und/oder Produktivitäts­Spillovers von den Mutter­

firmen auf die übrigen Unternehmen der Schweizer Wirtschaft verstärkt. Gemäss Blomström und Kokko (1998) sind die indi­

rekten Effekte dann positiv und besonders stark, wenn die potenziellen Wissensempfän­

ger über eine hohe Fähigkeit zur Aufnahme firmenexternen Wissens verfügen (Absorp­

tive Capacity) und wenn die im Ausland in F&E investierenden Unternehmen gut ins einheimische Innovationssystem eingebettet sind (Embeddedness).

Die Absorptive Capacity der schweize­

rischen Firmen ist im internationalen Ver­

gleich sehr hoch. Einerseits ist die Wissens­

basis dank eines hohen Anteils innovativer KMU breit verteilt;2 anderseits ist der Anteil gut qualifizierter (technisch­naturwissen­

1 Vgl. Arvanitis und Hollenstein (2010).

2 Vgl. Arvanitis u.a. (2010).

3 Vgl. Arvanitis u.a. (2006).

Kasten 1

Literatur

− Arvanitis, S., Bolli, T., Hollenstein, H., Ley, M. und M. Wörter (2010): Innovationsakti- vitäten in der Schweizer Wirtschaft. Eine Analyse der Ergebnisse der Innovations- erhebung 2008, Reihe Strukturberichter- stattung Nr. 46, Bern: Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco).

− Arvanitis, S. und H. Hollenstein (2010):

How Do Different Motives for R&D Invest- ment in Foreign Locations Affect Domestic Firm Performance? An Analysis Based on Swiss Micro Data, KOF Swiss Economic Insti- tute, Working Papers Nr. 258, Zürich.

− Arvanitis, S., Kubli, U., Sydow, N. und M. Wörter (2006): Knowledge and Techno- logy Transfer between Universities and Private Enterprises in Switzerland – an Analysis Based on Firm and Institutional Data, Konjunktur, 69(9), A1-A32.

− Ben Hamida, L. und L. Piscitello (2008):

The Relationship Between Overseas and Domestic R&D Activities: Evidence for Switzerland, Paper Presented at the 33th Annual Conference of the European Inter- national Business Academy (EIBA), Tallin.

− Blomström, M. und A. Kokko (1998): Multi- national Corporations and Spillovers, Jour- nal of Economic Surveys, 12, S. 247–277.

− Dunning, J.H. (2000): The Eclectic Para- digm as an Envelope for Economic and Busi- ness Theories of MNE Activity, International Business Review, 9, S. 163–190.

− Hollenstein, H. (2009): Characteristics of Foreign R&D Strategies of Swiss Firms:

Implications for Policy, in: D. Foray (ed.), The New Economics of Technology Policy, Cheltenham: Edward Elgar, S. 248–271.

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