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Das Kreuz mit dem Kreuz

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Academic year: 2022

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Das Kreuz mit dem Kreuz

Warum der Satz ‚Wer nicht wählt, darf sich hinterher auch nicht beschweren’ nicht gilt, wie der Bundestag jetzt repräsentativer und demokratischer werden kann – und was es mit der post-voting society auf sich hat.

Von Olga Masur

Das Zitat "Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie längst verboten", wird mal Kurt Tucholsky, Mark Twain oder der Anarchistin, Friedensaktivistin und Feministin Emmy Goldman zugesprochen.

Volker Pispers bestätigt, dass er in über 30 Jahren Kabarett alle möglichen Regierungskoalitionen erlebt hat, und währenddessen in keinem einzigen großen Bereich – Rente, Gesundheit,

Staatsverschuldung, Steuergerechtigkeit, Bildungsproblematik – Verbesserungen für den Großteil der Bevölkerung erwirkt worden seien. Es hätten sich zwar „Jahrhundertreformen gestapelt“, aber besser geworden sei es weder für Patienten, Ärzte, Arbeitslose, Steuerpflichtige oder irgendeine andere Mehrheit. Er fragt: Warum wählen wir überhaupt?! Und beobachtet weiter: Dennoch machen die Medien sich alle vier Jahre „wirklich Mühe, das muss man mal sagen“ und organisieren eine

„Richtungswahl auf einer einzelnen Schiene“, bei der wir den „Lokführer austauschen dürfen“.

Insofern kann der aktuelle Welt-Podcast zur Bundestagswahl mit dem imposanten Titel

„Machtwechsel“ getrost als Satire bezeichnet werden – oder womöglich als das, was der Psychologe Professor Rainer Mausfeld, Mitglied der Leopoldina, in einem Vortrag als „Meinungs- und

Empörungsmanagement“ bezeichnet. Der Vortrag trägt den Titel „Warum schweigen die Lämmer?

Wie Elitendemokratie und Neoliberalismus unsere Gesellschaft und unsere Lebensgrundlagen zerstören“ (https://www.youtube.com/watch?v=-kLzmatet8w und

https://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/150806_Mausfeld.pdf.) Wobei auch andere Medien sich nahtlos in dieses Narrativ einreihen bzw. nach Pispers „sich wirklich Mühe geben“.

Was umso bemerkenswerter ist, da selbst das oben genannte Gleis offenbar von anderen als den gesetzlichen Vertreter*innen der Demokratie verlegt wurde, wie Horst Seehofer schon vor Jahren im ZDF bekannte: „Diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt – und diejenigen, die gewählt werden, haben nichts zu entscheiden“.

Dass 2die Mehrheit verliert, sobald sie anderer Meinung ist als die Wirtschafts-Eliten oder organisierte Gruppen“, ist seit 2014 zumindest für die USA durch eine groß angelegte Studie der Universität Princeton auch empirisch belegt. Die Forscher bezweifelten offen, dass die USA noch eine Demokratie sei. Und auch für Deutschland spricht etwa Professor Mausfeld von der "Illusion von Demokratie".

Warum machen am Ende immer alle Regierungen Dasselbe?

Nach Meinung von Rechtsanwalt Tobias Ulbrich, weil die Lobbyisten schon in den Fluren des

Bundestags sitzen, und diese es sind, die die Gesetze schreiben. Er hat in den „zähen Verhandlungen im Rahmen der Musterfeststellungsklage zum Volkswagen-Dieselskandal einen Eindruck über die Verzahnung von Wirtschaft und Politik gewinnen“ können und spricht wörtlich von

Wirtschaftsdiktatur. Sicher ist: Wenn die Urheber immer die gleichen sind, wird sich das Ergebnis kaum ändern. Oder anders: Wenn sich so gar nichts ändert, aber die Entscheider*innen angeblich so andere Ansichten haben, dass sie sogar verschiedene Parteien brauchen, dann müssen ganz

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offensichtlich andere entscheiden, als das vorgeblich der Fall ist. Eigentlich hätte man Seehofers Eingeständnis nicht gebraucht, um das zu erkennen.

Und es wundert dann auch nicht, dass Parteien regelmäßig ihre Klientel verraten. Ob es die SPD ist, die – mit den Grünen – Hartz IV eingeführt hat. Oder die Grünen, die angeblich sogar raus aus der Nato wollten, aber dann dem Einsatz im Kosovo zustimmten. Ebenso wie die CDU, die die

Wehrpflicht abschaffte, die Homo-Ehe einführte und derzeit dabei ist, den Mittelstand zu ruinieren, was die ersten Unternehmen dazu brachte, sich in „Wir stehen zusammen“ zu organisieren.

https://wir-stehen-zusammen.com (s. auch https://wie-soll-es-weitergehen.de/files/deu/Wie-soll-es- weitergehen-DIN-A4-small-v2.pdf)

Darüber hinaus hat die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten im Rahmen des

Infektionsschutzgesetzes zugestimmt, dass sie nicht mehr gefragt sind. Man kann es als Einsicht in die Notwendigkeit einer Krisensituation sehen; man kann es aber auch als Arbeitsverweigerung

bezeichnen – oder gleich als Einsicht in die oben beschriebene Bedeutungslosigkeit? Was es auch war: Tröstlich für alle Betroffenen war und ist dabei sicher, dass die Abgeordnetendiäten weiter in voller Höhe gezahlt wurden und werden.

Während andere um ihre Existenzen bangen oder sie verloren angesichts einer Politik, die nicht nur im Bundestag Fragen in Sachen Logik, Evidenzbasierung und Konsistenz aufwarf und -wirft. Die Universität Erfurt ermittelte mit Stand 14.07.2021, in der 47. „Welle“ (sic!) der Befragung, dass die Hälfte der befragten Erwachsenen kein Vertrauen in das Corona-Krisenmanagement der Regierung hat, 30 Prozent halten die Corona-Maßnahmen für übertrieben, 27 Prozent gehen sie zu weit, fast ebenso viele, 26, empfinden sie als „unfair“. Und 12 Prozent wären bereit, dagegen zu

demonstrieren, was bei rund 70 Millionen Erwachsenen in Deutschland mehr als 8 Millionen wären.

Dass es dann zwar weit mehr als berichtet tun, aber eben nicht regelmäßig 8 Millionen, mag ebenfalls an Arbeitsverweigerung in Sachen Staatsbürgerdasein denken lassen – oder ist es das Erahnen der eigenen Bedeutungslosigkeit in dieser Funktion?

Was an dieser – und ähnlichen – Befragungen noch mehr irritiert: Wie ist es möglich, dass man schon im März 2020 Zeit und Muße hatte, die Maßnahmen-Akzeptanz der Bevölkerung abzufragen, anstatt sich mehr um die Datenerhebung zu Maßnahmen-Wirksamkeit und deren Folgen, also um die Pandemiebekämpfung zu kümmern? Letztere wurden zumindest vernachlässigt, wenn nicht mutwillig verhindert – wie etwa, und das ist nur ein Beispiel, bei der Ansage des Robert Koch Instituts, dass Obduktionen bei an oder mit Covid-19-Erkrankten nicht durchzuführen seien – was sich aktuell bei nach Impfung Gestorbenen wiederholt, wie Peter Schirmacher, der Chef-Pathologe der Uni Heidelberg und ebenfalls Mitglied der Leopoldina, und auch der Bundesverband Deutscher Pathologen beklagt. (https://www.aerztezeitung.de/Nachrichten/Heidelberger-Chef-Pathologe- fordert-mehr-Obduktionen-von-Geimpften-421725.html)

Vielleicht auch ein Grund, dass ca. 45 Prozent der Befragten Covid-19 für „weniger oder gleich gefährlich halten als die Grippe“. Alles Corona-„Leugner“? (https://projekte.uni-

erfurt.de/cosmo2020/web/summary/ und direkt auf https://projekte.uni-

erfurt.de/cosmo2020/web/topic/impfung/10-impfungen/#gr%C3%BCnde-des-nicht-impfens)

Wenn also so gut wie jede denkbare Koalition keines der wirklich wichtigen Themen zielführend und gemeinwohlorientiert angepackt hat, und wenn der Bundestag sich selbst aus dem Spiel nimmt, wenn er am wichtigsten wäre, dann kann man sich fragen, warum dieser nicht gleich per Los befüllt wird? („42 – Die Antwort auf fast alles. Sollten wir losen statt wählen?“

https://www.arte.tv/de/videos/101941-006-A/42-die-antwort-auf-fast-alles/) Und zwar zu

mindestens 30 Prozent, denn das ist die soziologisch wirksame Marke, um ein System zu verändern.

Und am besten auch gleich repräsentativ – und zwar nicht nach (parteien-) Proporz und

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ausgehandelten Quoten, sondern nach Bevölkerungszusammensetzung. Dann säßen nicht immer dieselben insbesondere Juristen und Beamten im Plenarsaal, die es sich im Berufs-Politiker-Dasein gemütlich gemacht haben, sondern Menschen, die die Auswirkungen ihrer Politik

hautnah gespürt haben – oder gar erleiden mussten. Sachverstand kann man sich immer dazuholen, Vernunft, Lebenserfahrung und gesunden Menschenverstand muss man haben. Oder wie eine Teilnehmerin eines Beteiligungs-Projektes des Lichthof-Theaters in Hamburg sagte: „Ich hatte so gehofft, nicht in die Finanzgruppe gelost zu werden, aber als ich mich reingefuchst hatte, begann es wirklich Spaß zu machen.“ Das Partizipations-Projekt fußte unter anderem auf dem Buch „Gegen Wahlen: Warum Abstimmen nicht demokratisch ist“ von David van Reybrouck. Er führt etwa aus, dass alle vier Jahre ein Kreuz zu machen, kein zeitgemäßes Demokratiemodell sein könne.

https://www.wallstein-verlag.de/9783835318717-david-van-reybrouck-gegen-wahlen.html

Da das Losen derzeit nicht vorgesehen ist – und die Parteien auch keine Anstalten machen, die Wirtschafts-Lobbyisten aus den Fluren zu scheuchen ... Soll man dann überhaupt wählen? Und wenn ja:

Gibt es eine wirksam verändernde Strategie, um mehr Gemeinwohl in den Bundestag zu bringen?

Zu Letzterem: Ja, viele!

Mehr direkte Demokratie, keine Listenwahlplätze – und damit kein Liebkindseinmüssen von

Parteimitgliedern, die Abschaffung des Berufspolitikertums durch Begrenzung von Legislaturperioden auf Lebenszeit, transparente Gesetzgebungsverfahren, Verbot von professionellem Lobbyismus, Politikerhaftung – vgl. https://politikerhaftung.de – und wirksame Korruptionsbegrenzung, etwa auch indem Verträge, die widerrechtlich oder unter Korruption geschlossen wurden, auch rückwirkend unwirksam sind. (Ist hier ein scheuer Aufschrei zu hören?)

Ebenso wäre zu überlegen, ob die Vorbildfunktion von Politiker*innen es erfordert, dass die Strafen für Verstöße gegen selbst erlassene Vorschriften automatisch das X-fache dessen betragen sollten, was für einen Normalbürger gelten würde (https://www.heise.de/tp/features/Menschsein-in-Zeiten- von-Corona-4874776.html). Der Rechtsanwalt und unabhängige Direktkandidat Helmut P. Krause bringt darüber hinaus eine Vertragsstrafe bei Nicht-Einhaltung seiner Wahlversprechen ins Spiel:

https://www.rakrause.de/mdb. Und die Kandidaten von Bündnis21 stimmen einer

Selbstverpflichtung zu, wonach sie nach zwei Legislaturperioden nicht mehr antreten, keine Tätigkeit mit „lobbyistischem Charakter“ während oder bis fünf Jahre nach ihrem Mandat übernehmen und für Politikerhaftung und Volksentscheide abstimmen.

https://www.buendnis21.de/buendnisregeln/selbstverpflichtung/

Weiter ist echte Gewaltenteilung wichtig: Indem etwa zum einen Richter*innen selbst die Besten aus ihren Reihen wählen und zum anderen Staatsanwaltschaften nicht mehr weisungsgebunden

gegenüber Politiker*innen sind, sprich: Diese könnten sie nicht mehr zurückpfeifen und unliebsame Verfahren stoppen. Und eben die repräsentative Besetzung von Abgeordnetenplätzen durch Losverfahren. Rechtsanwalt Ulbrich hat zwölf Thesen zu einer möglichen „Neustrukturierung des Staates“ veröffentlich, die als Diskussionsgrundlage dienen können – von insgesamt 95 zur

„Wiederherstellung der freiheitlich demokratischen Grundordnung“. https://jetzt- demokratie.de/thema/thesen/neustrukturierung-des-staates/

Mehr zu diesem Thema auch bei Mehr Demokratie e.V.: https://www.mehr-demokratie.de.

Dass Politiker*innen in Berlin wenig Interesse an solchen Veränderungen haben, zeigt die Gesetzeslage, wobei selbst das ab 2022 geplante Lobbyregister entscheidende Informationen darüber auslässt, wer wen wann zu welchem Thema und mit welchen finanziellen Ressourcen trifft, also den so genannten „exekutiven Fußabdruck“, der die konkreten Effekte von Lobbyismus

transparent machen würde https://lobbyregister.org.

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Vielmehr haben Parteipolitiker es sich sogar so eingerichtet, dass Parteien, die wie kriminelle Vereinigungen handeln, dennoch nicht als solche behandelt werden, solange sie nicht offiziell als verfassungswidrig eingestuft wurden: § 129 StGB. Darüber hinaus gilt für Politiker grundsätzlich: Sie haften nicht (§ 37 BGB und § 54 BGB).

Insofern darf wohl kaum auf das politische Establishment setzen, wer strukturelle Veränderungen möchte. Umso mehr stellt sich die Frage:

Gibt es auch jetzt und zur aktuellen Bundestagswahl eine Strategie, um die eingerosteten Strukturen ein wenig aufzubrechen? Also ein Wählerverhalten, das immerhin die Chance hat, echte

Veränderung herbeizuführen, anstatt lediglich ein bestehendes Kartendeck neu zu mischen? Zwei Möglichkeiten sind insbesondere denkbar: Zum einen die Wahl von parteiunabhängigen Direkt- Kandidat*innen. Zum Anderen die Wahl von Parteien, die sich strukturell anders aufgestellt haben.

Parteiunabhängige Direktkandidat*innen als Strategie für mehr Demokratie und Repräsentanz

Es gibt viele engagierte Menschen, die als unabhängige Direktkandidat*innen antreten. Diesen die Erststimme zu geben, führt tendenziell zu mehr Vielfalt und Repräsentanz und weniger

Fraktionszwang und Parteiraison. Sie erfüllen den Artikel 38 (1) des Grundgesetzes „Die

Abgeordneten ... sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ in besonderem Maße. Wobei: Sicher, auch unabhängig antretende Kandidat*innen könnten gekauft oder gar gezielt lanciert sein, aber erstens ist das über Parteien einfacher und zweitens würden sie selbst dann die Parteienmacht etwas mindern, vielleicht sogar, indem dann mehr Abgeordnete, die sich schon lange nicht mehr heimisch fühlen in ihrer Partei, den Schritt zum parteilosen Bundestagsabgeordneten wagen. Wer dann noch die Zweitstimme eher kleineren Parteien gibt, hätte als Nebeneffekt, dass der Bundestag nicht unvernünftig und teuer aufgebläht wird, wie mit derzeit 709 statt 598 Plätzen, weil dann weniger so genannte

Ausgleichsmandate anfallen, mit denen die Problematik der Überhangsmandate verschlimmbessert wurde. (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestag-der-drohende-riesenbundestag-und- wie-er-noch-verhindert-werden-kann-a-7c71863d-2a68-4f98-bb57-63bf111169a2-amp)– zudem erhalten Parteien bei Bundestagswahlen ab einem Stimmenanteil von 0.5 Prozent und

Direktkandidat*innen bei einem Anteil von 10 Prozent auch Wahlkampfkostenerstattung, so dass sie ihre Anliegen weiter verfolgen können.

Helmut P. Krause hat die Möglichkeiten und Vorteile von Direktkandidat*innen ausführlich

beschrieben – und vor allem erläutert, weswegen sie an Gewicht gewinnen sollten: „Derzeit sind 71

% der 60,4 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland nicht durch ein Direktmandat im Deutschen Bundestag vertreten“. Er schlägt eine Art Vorwahl-Verfahren vor:

https://www.rakrause.de/bInitiativen. Auch unter https://direktkandidaten2021.de kann man sich informieren. (Oder auf https://brandnewbundestag.de/top-50/, allerdings verknüpft die Initiative Brand New Bundestag ihr Bestreben nach mehr Diversitätund Repräsentanz und ihre Unterstützung mit inhaltlichen Forderungen. Und es finden sich dort unter „brandneu“ etwa auch die Politiker Kevin Kühnert ... und Karl Lauterbach.)

Alle KandidatInnen, inklusive unabhängige Einzelkanditat*innen nach Wahlkreisen, hat die Welt dakenswerterweise aufgeführt:

https://www.welt.de/politik/bundestagswahl/article233171595/Bundestagswahl-2021-Kandidaten- Wahlkreise-Wer-kandidiert-bei-Ihnen.html (Die eigene Wahlkreisnummer findet sich hier:

https://bundeswahlleiter.de/dam/jcr/b12222b4-c1aa-4d6c-a763- 9d6b8e38a8f8/btw21_karte_wahlkreise_a1.pdf.)

Parteien, die strukturelle Veränderungen bieten, statt ein „neues“, „bestes“ Programm

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Was Parteien angeht, die sich strukturell neu aufgestellt haben, fallen besonders das oben genannte Bündnis21, Demokratie in Bewegung https://bewegung.jetzt und dieBasis https://diebasis-partei.de auf, die sowohl in der Programmgestaltung wie in den Abstimmungen neue Wege gehen. Die Parteien haben sich Machtbegrenzung auf die Fahnen geschrieben und sind basisdemokratisch aufgestellt. Demokratie in Bewegung nutzt das so genannte Initiativprinzip, wonach jede und jeder Programmideen einbringen und öffentlich diskutieren lassen kann. DieBasis bezieht sich hierfür auf die „Schwarmintelligenz“, mit der sie die „Weisheit der Vielen“ in fachübergreifend

zusammengesetzten Teams nutzen will, wobei letztlich alle Mitglieder der Schwarm sind und per moderner Abstimmungstechnik gemeinsam entscheiden sollen – die Piraten haben es vorgemacht.

Da am Ende ohnehin immer was anderes herauskommt, als in Programmen steht oder aber – s.o. – etwas, das in Programmen nie erscheint, mag derart fluide Programmgestaltung nicht mehr allzu abwegig erscheinen.

Vielleicht von noch größerer Bedeutung ist ein neues Abstimmungsverfahren, das dafür sorgt, dass am Ende nicht bis zu 49 Prozent die Faust in der Hosentasche ballen, sondern zumindest verhindert wird, dass die Entscheidung getroffen wird, die die meisten am wenigsten wollen. Das systemische Konsensieren misst den Widerstand gegenüber Entscheidungsvarianten, anstatt in erster Linie Mehrheiten zusammen zu trommeln: https://bewegung.jetzt/2018/06/19/systemisches- konsensieren, https://www.youtube.com/watch?v=Up1HvGCFDA8?

Was die Mitgliederzahl von dieBasis angeht, so steht sie mit knapp 30.000 mittlerweile nahe hinter den im Bundestag vertretenen Parteien – Tendenz steigend, was vielleicht auch daran liegen mag, dass eines ihrer Kernanliegen ein Untersuchungsausschuss zur Corona-Krise ist, geleitet von Politikerinnen, Bürgern und Journalistinnen – vergleichbar dem schon jetzt tätigen

außerparlamentarischen Corona-Ausschuss: https://corona-ausschuss.de.

Wer also über den Eingangssatz - "Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie längst verboten"

hinwegsehen kann, hat zumindest ein wenig Spielraum, wenn er nicht durch Fernbleiben zum Ausdruck bringen möchte, dass er die derzeitige Wahl-Realität für illegitim hält. Der Satz ‚Wer nicht wählt, darf sich hinterher auch nicht beschweren’ stimmt in keinem Fall: Wenn ein Nachbar noch spät die Boxen scheppern lässt, kann sich ebenso beschweren, wer gar nicht eingeladen war, wie auch der, der sogar mitplanen sollte – vor allem, wenn er am Ende nur ein zweibeiniger

Garderobenständer sein und die Cashmere-Mäntel und Panamahüte der Reichen halten soll. Und das erst Recht, wenn der Ausrichter der Party für sich proklamiert, für die gesamte Nachbarschaft zu handeln.

Ob selbst eine desaströs niedrige Wahlbeteiligung allerdings von den üblichen Verdächtigen als Kritik aufgefasst würde, oder ob deren Deutung womöglich sogar dahin ginge, dass sie als vorzeitige Bestätigung der so genannten Smart City Charta des Bundesinnenministeriums gewertet würde, sei dahin gestellt. Dort wurde konstatiert, dass in einer post-voting society, „verhaltensbezogene Daten die Demokratie als das gesellschaftliche Feedbacksystem“ ablösen können, weil „wir genau wissen, was Leute tun und möchten“. Von Hoheitsakt des Souveräns keine Rede mehr. (Wobei dieser Absatz in der Version ab 2021 nicht mehr erscheint und selbst nicht mehr in allen alten PDFs des

Ursprungstextes von 2017 zu finden ist. Honi soit qui mal y pense.)

Insofern wäre Henryk M. Broders satirische Forderung, man möge den Ungeimpften konsequent das Wahlrecht entziehen (https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus233005077/Corona-Debatte- Kein-Wahlrecht-fuer-Ungeimpfte.html), nicht nur das zu Ende Denken einer Diffamierungspolitik, es wäre womöglich nur eine Vorschau für die Gesamtbevölkerung.

Allerdings: Wer konstatiert, dass Wahlen nicht wirklich etwas ändern, darf im selben Zuge feststellen, dass es so etwas wie eine „Schicksalswahl“ nicht geben kann. Irgendwie tröstlich, dass weder die

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Zukunft des Landes, und schon gar nicht des Planeten, von Wahlergebnissen abhängt, sondern davon, wie viele Menschen demokratisches Bewusstsein entwickeln und ihre Stimme auch zwischen den Wahlen erheben. Letztlich geht es um Selbstermächtigung im Rahmen der Demokratie. Wer nicht wie im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ immer wieder – also alle vier Jahre – in derselben Szene aufwachen möchte, muss die eigene Einstellung ändern und Dinge anders machen.

Besser früher als später.

Referenzen

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