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104 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Oktober 2014 | www.pta-aktuell.de

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rüher mussten sich Di- abetiker an einen vor- geschriebenen Zeitplan und strenge Diäten mit genauem Abzählen von Broteinhei- ten (BE) halten. Eine BE oder eine Kohlenhydratportion entspricht etwa zehn bis zwölf Gramm Koh- lenhydraten. Inzwischen weiß man längst, dass es auf die Gesamtheit der Ernährungsweise und der Be- wegungsgewohnheiten ankommt, nicht nur auf den Zucker in der Nahrung. BE werden immer noch

herangezogen, aber um den Gehalt an Kohlenhydraten abzuschätzen, nicht zur peniblen Berechnung – und auch das ist nur bei Patienten erforderlich, die insulinpflichtig sind oder Sulfonylharnstoffe einnehmen.

Dann lassen sich mithilfe spezieller Kohlenhydrattabellen die Menge der zugeführten Kohlenhydrate und die Insulindosis beziehungsweise die Medikamenteneinnahme aufeinan- der abstimmen – und so gefährliche Hypoglykämien (Unterzuckerung) oder Blutzuckerspitzen nach dem Essen verhindern.

Nicht alle Kohlenhydrate wirken sich gleich stark auf die Höhe des Blutzuckers aus. Das Maß für diese

„Blutzuckerwirksamkeit“ ist der glykämische Index (GI). Während beispielsweise Pasta aus Hartweizen eher einen niedrigen (also vorteilhaf- ten) GI aufweist, schneiden manche Arten Weißbrot sowie Kartoffel-

püree schlecht ab. Der GI hängt von einer Reihe von Faktoren ab, bei- spielsweise ist er in der Regel umso höher, je stärker ein Lebensmittel verarbeitet ist. Auch begleitende Komponenten spielen eine Rolle, so reduziert Fett die Geschwindigkeit, mit der nach dem Essen die Glukose im Blut zunimmt. Und weil Mahl- zeiten aus vielen Nahrungsmitteln bestehen, die sich wechselseitig be- einflussen, ist eine Orientierung an diesem Index wenig alltagstauglich.

Besser umsetzbar ist das Wissen

um einfache Zusammenhänge: Ein hoher Fasergehalt etwa lässt die Glu- kosewerte nicht so steil ansteigen, daher gelten Ballaststoffe wie sie in Vollkornprodukten, Hülsenfrüch- ten, Gemüse und Obst vorkommen, generell als günstig, zumal sie auch noch den Sättigungseffekt steigern.

Das heißt, man kann Diabetikern (wie Gesunden) in jedem Fall raten, immer wieder mal Rohkost und Salat auf den Teller zu bringen oder lieber einen Apfel zu essen als Apfelsaft zu trinken.

Naschen erlaubt Auch Zucker dürfen Diabetiker zu sich nehmen, jedoch möglichst nur bis zu 50 Gramm pro Tag. Dabei muss der Zuckergehalt in diversen Lebens- mitteln, neben Früchten etwa auch in vielen Fertigspeisen, berücksich- tigt werden. Vorsicht ist gegenüber Fertiggetränken wie Eistee, Limona-

den etc. geboten, da sich diese durch einen besonders hohen Zuckergehalt auszeichnen. Solche Produkte sind für Diabetiker allenfalls geeignet, um – ähnlich wie mit Traubenzucker – eine Hypoglykämie zu behandeln.

Gegen die – maßvolle – Verwen- dung von Süßstoffen wie zum Bei- spiel Saccharin oder Aspartam ist nichts einzuwenden. Der Verdacht auf Kanzerogenität solcher Stoffe hat sich nach Untersuchungen der Euro- päischen Lebensmittelbehörde EFSA nicht bestätigt.

Die Energiebilanz im Blick Spe- ziell bei Typ-2-Diabetes ist es wich- tig, dass Übergewicht reduziert wird, was bedeutet, dass sie auf den Kalo- riengehalt von Speisen achten müs- sen. Denn Übergewicht verstärkt die Insulinresistenz. Gewichtsabnahme sorgt dagegen dafür, dass das noch produzierte Pankreashormon besser wirkt. Damit gehen die Zuckerwerte im Blut zurück. Auch regelmäßige Bewegung verhilft zu einem besseren Wirkungsgrad des Insulins. Um Fett zu sparen, ist eine fleischarme Er- nährung mit viel Gemüse, Salat und Vollkornprodukten sinnvoll.

Es kommt auch auf die Art der ver- zehrten Fette an: Höchstens zehn Prozent der Kalorien sollten von ge- sättigten Fettsäuren stammen, also Produkten tierischen Ursprungs.

Da Eiweiß tierischer Herkunft nicht isoliert verzehrt werden kann, son- dern im Allgemeinen zusammen

PRAXIS ERNÄHRUNG ALS MEDIZIN

Rigorose Tabus und detaillierte Diätvorschriften gehören der

Vergangenheit an; heute ist, in Maßen, alles erlaubt. Somit gelten im Prinzip für Diabetiker die gleichen Empfehlungen wie für Gesunde.

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mit gesättigten Fetten vorkommt, wird empfohlen, – soweit dies ver- tragen wird – Fleischgerichte öfter mal durch proteinreiche pflanzliche Kost zu ersetzen, zum Beispiel Hül- senfrüchte. Besonderes Augenmerk muss dem versteckten Fett gelten, sei es in Fleischerzeugnissen, in Gebäck oder den verschiedensten Fertigpro- dukten.

Als protektiv für das Herz-Kreis- lauf-System gelten einfach ungesät- tigte Fettsäuren, wie sie sich etwa in Olivenöl finden; Rapsöl enthält darüber hinaus wertvolle Ome- ga-3-Fettsäuren.

Warum es keine „Diabetiker- produkte“ mehr gibt Früher wur- den Zuckeraustauschstoffe wie zum Beispiel Fruchtzucker (Fruktose) empfohlen, da damit die Konzent- ration der Glukose im Blut langsa- mer ansteigt. Eine ganze Branche stellte eigene Diabetikerprodukte her, von Marmeladen bis zu Fertig- salaten. Doch die Fokussierung auf den Blutzucker war zu kurz gegrif- fen. In Maßen genossener normaler Haushaltszucker (Saccharose, ein

Zweifachzucker, der aus je einem Molekül Glukose und Fruktose be- steht) durchaus kein Tabu; extra Lebensmittel für Diabetiker sind daher überflüssig. Vor allem aber weiß man heute, dass größere Men- gen Fruktose sich äußerst ungünstig auf den Fettstoffwechsel auswirken.

Die aufgenommene Energie wird offenbar schneller in Körperfett um- gewandelt als nach Zufuhr anderer Zucker; eine erhöhte Fruktoseauf- nahme begünstigt nach Aussagen des Bundesinstituts für Risikobewer- tung die Entwicklung von Adipositas und metabolischem Syndrom. Und überdies enthielten die sogenannten

„Diätprodukte“ sogar mehr Kalorien und Fett als Vergleichsprodukte.

Vor diesem Hintergrund wurde der Vertrieb von Lebensmitteln, die als spezielle Diabetikerprodukte ge- kennzeichnet werden, verboten. ■

Waldtraud Paukstadt, Dipl. Biologin

© alein / 123rf.com

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | Oktober 2014 | www.pta-aktuell.de

WEIN & CO.

Sparsam genossen ist auch Al- kohol kein Tabu bei Diabetes;

maximal 15 Gramm dürfen es am Tag sein, jedoch möglichst nicht an jedem Tag in der Woche. Das entspricht in etwa einem kleinen Glas Wein oder einem (Pils-)Glas Bier. Die Pa- tienten müssen aber darüber aufgeklärt sein, dass – abgese- hen von den generellen Risiken – das Genussmittel die Neusyn- these von Glukose in der Leber unterdrückt, sprich: es ist mit einer Hypoglykämie zu rechnen.

Um dieser Entwicklung vorzu- beugen, sollten vor allem Pati- enten, die Insulin spritzen oder Sulfonylharnstoffe einnehmen, Alkohol nur zusammen mit einer (kohlenhydrathaltigen) Mahlzeit genießen.

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