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Anaphylaktische Reaktion auf Protamin

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Kasuistiken 632 Mitteilungen

Communications Case Reports

© Anästh Intensivmed 2012;53:632-635 Aktiv Druck & Verlag GmbH Schlüsselwörter

Protamin – Anaphylaktische Reaktion – Akutes Koronar- syndrom – ST-Streckenhebung – Adrenalin

Keywords

Protamine – Anaphylactic Reac tion – Acute Coronary Syn- drome – ST-Segment Ele vation – Adrenaline

1 Klinik für Anästhesiologie und Intensiv- therapie, Notfallmedizin und Schmerz- therapie, Städtisches Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt, Dresden (Chefarzt: Dr. A. Nowak)

2 Klinik für Gefäßchirurgie, vaskuläre und endovaskuläre Chirurgie, Phlebologie, Städtisches Krankenhaus Dresden- Friedrichstadt, Dresden (Chefärztin: Dr. F. Zimmermann)

Anaphylaktische Reaktion auf Protamin

Anaphylactic reaction caused by protamine

M. F. Struck1 · A. Michel1 · T.-P. Wendlandt2 · A. Nowak1

Zusammenfassung

Protamin wird bei einigen Eingriffen in der Herz- und Gefäßchirurgie periopera- tiv zur Aufhebung einer vorhergehenden Heparingabe verabreicht. Dabei sind schwere anaphylaktische Reaktionen nach Protamingabe selten, aber bekannt und gefürchtet. Voraussetzungen eines erfolgreichen Managements dieser Kom- plikation sind eine schnelle Diagnose- stellung und angemessene Maßnahmen zur Wiederherstellung stabiler Kreislauf- verhältnisse. Wir berichten über eine schwere anaphylaktische Reaktion nach Protamingabe während einer gefäßchir- urgischen Operation und gehen auf die Pathophysiologie und mögliche weitere Komplikationen durch das klinische Management ein.

Summary

Although serious anaphylactic reactions induced by protamine are rare, they are nevertheless a known and dreaded complication that may occur during surgery when the effects of previous heparin administration are to be rever- sed. Transient cardiac manifestations of anaphylaxis may be caused by impaired coronary perfusion due to shock-related systemic hypotension and coronary ar- tery vasospasm. Successful management includes rapid diagnosis and appropriate measures to restore and maintain hae- modynamic stability. We report a case of severe cardiac involvement after prota- mine-induced anaphylaxis that occurred during peripheral vascular surgery, and discuss further potential complications associated with clinical management.

Der Fall

Ein 66-jähriger Mann mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit Stadium II b war für einen gefäßchirurgischen Eingriff seiner rechten iliaco-femoralen Arterien aufgeklärt und vorbereitet. Sein arterieller Hypertonus war mit Bisoprolol und Diovan gut eingestellt, des Weiteren nahm er Simvastatin ein. Er hatte einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus und betrieb einen Nikotinabusus (40 pack-years); es waren weder Allergien bekannt noch eine Exposition auf Pro- tamin in seiner Vorgeschichte.

Eine Stunde vor dem Eingriff erhielt er 10 mg Bisoprolol und 7 mg Midazolam als orale Prämedikation. Der Implemen- tation des Standardmonitorings und der Präoxigenation folgte die Narkoseeinlei - tung mit 0,5 μg /kg-1 /min-1 Remifentanil, 100 mg Propofol und 50 mg Rocu - ronium. Nach problemloser endotra- chealer Intu bation wurde der Patient mit einem Gasgemisch aus Luft/Sauerstoff und Sevofluran (endtidale Konzentration 1,0-1,5 Vol%) beatmet und kontinuierlich mit 0,2 μg /kg-1 /min-1 Remifentanil infun- diert. Die Fraktion des inspiratorischen Sauerstoffs betrug 0,4, das Tidalvolumen 520 ml, die Beatmungsfrequenz 12/min bei einem positiven endexspiratorischen Druck von 8 cm H2O. Folgende Parame- ter wurden kontinuierlich überwacht:

EKG einschließlich automatisierte, am individuellen J-Punkt adjustierte ST-Seg- ment-Analyse, pulsoxymetrische Sauer- stoffsättigung und endtidale CO2- und Narkosegaskonzentration. Der Blut-

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druck wurde oszillotonometrisch alle 3 Minuten gemessen. Nach der Narkose- einleitung waren die Vitalfunktionen stabil mit einem Blutdruck von 110/70 mmHg, einer Herzfrequenz von 70/min, einer pulsoxymetrischen Sauerstoffsät- tigung von 100% und einer endtidalen CO2-Konzentration von 33 mmHg. Elek - tro kardiografisch bestand ein Sinusrhyth- mus. Heparin (5.000 I.E.) wurde auf Anordnung der Operateure verabreicht, und der weitere OP-Verlauf war vorerst unauffällig. Kurz vor Eingriffsende (122 min nach Heparingabe) wurde Protamin (5.000 I.E.) über den Zeitraum von ca.

drei Minuten verabreicht. Fünf Minuten nach Protamingabe wurden ein Anstieg der Herzfrequenz auf 95/min, eine signi- fikante ST-Streckenhebung im EKG, ein Blutdruckabfall auf 40/22 mmHg, Sau- erstoffsättigungsabfall auf 88% und eine Hypokapnie von 14 mmHg beobachtet.

Der Beatmungsdruck stieg nicht an.

Eine anaphylaktische Reaktion wurde sofort angenommen. Die FiO2 wurde auf 1,0 maximiert und die Sevofluran- zufuhr gestoppt. Es wurden 1.000 ml Hydroxyäthylstärke 6% (Vitafusal, MG 130,000 Da; Serumwerk Bernburg AG, Bernburg, Deutschland) im Zeitraum von 7 Minuten verabreicht, begleitet von wiederholten intravenösen Adrenalin- Boli von 500 μg (insgesamt 4,5 mg). In Absprache mit den Operateuren erhielt der Patient bei Verdacht auf akuten Myokardinfarkt eine Wiederholungs- dosis Heparin (5.000 I.E.) und 500 mg Acetylsalicylsäure. Gleichzeitig wurden 100 mg Ranitidin, 8 mg Dimetinden und 1 g Methylprednisolon verabreicht. Nach 17 Minuten stabilisierten sich die Kreis- laufverhältnisse und schlugen um in eine hypertensive Episode mit Blutdruckwer- ten bis 285/135 mmHg über 4 Minuten.

Die Hypertension wurde mit Sevofluran und 100 mg Propofol behandelt. Die chirurgische Re-exploration ergab keine Blutung durch die Hypertension und die erneute Antikoagulation. Die ST-Hebung verschwand nach 25 Minuten, und ein noch perioperativ durchgeführtes 12-Ka- nal-EKG und eine transthorakale Echo- kardiographie zeigten keine Residuen.

Im Labor wurden erhöhte Troponin-I- Werte gemessen, die ihren Maximalwert

Kasuistiken

Case Reports

© Anästh Intensivmed 2012;53:632-635

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1. Müller-Schwefe GHH et al. Deutscher Schmerzkongress, 05. – 08.10.2011, Mannheim. Poster 14.7.

2. Gupta S, Satyhan G. J Pain Symptom Manage. 2007;

33: S19 – S24.

3. Palangio M et al. J Pain Symptom Manage. 2002; 23:

355 – 68.

4. Sabaté E (editor). Adherence to long-term therapies: evi- dence for action. Geneva, Switzerland: World Health Organization 2003.

5. Hale M et al. Clinical Therapeutics. Volume 29, Issue 5, 874 – 888, May 2007.

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Kasuistiken 634 Mitteilungen

Communications Case Reports

© Anästh Intensivmed 2012;53:632-635 Aktiv Druck & Verlag GmbH 6 Stunden postoperativ bei 1.128 μg /l-1

hatten. Im weiteren Verlauf wurden ein arterieller und zentralvenöser Zugang angelegt, und Noradrenalin wurde zur Kreislaufunterstützung (Maximalrate 0,2 μg /kg-1 /min-1 ) infundiert. Eine generali- sierte Hautrötung und ein ausgeprägtes Lidödem etwickelte sich ca. eine halbe Stunde nach Protamingabe, wobei die Hautröung nach einer weiteren Stunde wieder verschwand. Die Operation wurde beendet, und der Zustand des Pa- tienten stabilisierte sich weiter. Er wurde intubiert und beatmet auf die Intensivsta- tion verlegt. Ein HNO-Konsil ergab ein ausgeprägtes Glottisödem, so dass die Extubation erst am zweiten postoperati- ven Tag durgeführt werden konnte. Nach insgesamt fünf Tagen wurde der Patient wieder auf die Normalstation verlegt.

Die dermatologische Nachuntersuchung mit immunologischer Testung bewies drei Monate später eine allergische Disposition des Patienten auf Protamin.

Diskussion

Für die systemische Verwendung so- wohl von Heparin als auch für dessen Antagonisierung mit Protamin gibt es in der gefäßchirurgischen Literatur kaum belastbare Daten mit hohem Evidenz- niveau. Dennoch ist dieses Vorgehen weit verbreitet und wird aufgrund po- sitiver Erfahrungswerte bei bestimmten peripheren gefäßchirurgischen Eingrif- fen, abhängig von den Klemmzeiten der Gefäße, auch an der Einrichtung der Verfasser durchgeführt.

Schwere anaphylaktische Reaktionen auf Protamin sind selten, dann aber oft mit einem fulminanten Verlauf und hoher Letalität verbunden. In einer systematischen Literaturübersicht wurde eine Inzidenz von 0,69% in prospek- tiven Studien (verglichen mit 0,19% in retrospektiven Studien) beschrieben, wobei nur wenige prospektive Studien existieren [1,2]. Insulinpflichtige Diabe- tiker (wie der hier beschriebene Patient) scheinen dabei ein erhöhtes Risiko für diese Komplikation zu haben, was mit einer immunologischen Sensibilisierung durch Fremdeiweiß enthaltendes Insulin erklärt wird. In einer retrospektiven Stu-

die mit 1.150 gefäßchirurgischen Pati- enten erlitten 11 Patienten schwere ana- phylaktische Reaktionen auf Protamin (Inzidenz 1%), wobei neun von ihnen zu den 325 Patienten mit insulinpflichtigem Diabetes mellius (Inzidenz 3%) gehör- ten. Zehn der 11 Patienten hatten eine vorbestehende koronare Herzkrankheit, wovon 6 während der anaphylaktischen Reaktion einen Myokardinfarkt erlitten.

Drei Patienten starben dabei, und ein weiterer Patient starb an therapierefrak- tärem Kammerflimmern ohne vorherige Infarktzeichen (Gesamtmortaliltät 36%) [3].

Die Pathophysiologie der Anaphylaxie auf Protamin ist komplex, und ihre kardiale Auswirkung ist noch nicht ausreichend erforscht. In der veröffent- lichten Literatur herrscht eine gewisse Verzerrung, da dort meist über Patienten mit bereits vorbestehender koronarer Herzkrankheit berichtet wird [2]. Kardi- ale Auswirkungen bei herzgesunden Pa- tienten sind selten. Die im vorliegenden Fall berichteten kardialen Auswirkungen der anaphylaktischen Reaktion können durch einen koronaren Vasospasmus mit konsekutiver koronarer Minderper- fusion hervorgerufen werden [1]. Dabei entwickelt sich die Schocksymptomatik durch einen Widerstandsverlust der peripheren Gefäße. Zusätzlich führt die Protamin-induzierte Hypotension zu ei- ner temporären myokardialen Ischämie und reduziert die Verfügbarkeit koronar vasodilatierend wirkender Mediatoren, was Thrombosen und Verschlüsse der Arteriolen sowie eine Myozytenschä- digung begünstigen kann. Protamin- induzierte Konzentrationssteigerungen von Komplement C3a und C4a können dabei auch bei intaktem Koronarendo- thel zu Vasospasmus und Thrombosen führen [1]. Perivaskulär lokalisierte kar- diale Mastzellen der arteriellen Intima können über die Vermittlung von IgE und C5a eine schnelle Freisetzung von Histamin und Tryptase bewirken. Diese Stimulation der Histaminrezeptoren im Endothel setzt Stickstoff und Prostazy- klin frei, welche als potente vasoaktive Mediatoren auch bei anaphylaktisch bedingten koronaren Manifestationen eine Schlüsselrolle spielen [1,4,5].

Standardtherapie beim anaphylakti- schen Schock ist Adrenalin, ein Kate- cholamin mit sowohl alpha- als auch beta-adrenergem Effekt [6-8]. Adrenalin verbessert die kardiale Auswurfleistung, verstärkt den Gefäßtonus, reduziert Bronchokonstriktion und unterbindet die weitere Freisetzung vasodilatierender Mediatoren von Mastzellen. Bei einigen Patienten kann Adrenalin für die Wieder- herstellung stabiler Kreislaufverhältnisse jedoch unwirksam oder sogar schädlich sein. Patienten, die, wie im vorliegenden Fall, mit Betablockern behandelt wer- den, können durch kompetitiven Anta- gonismus an adrenergen Rezeptoren nur unzureichend auf Adrenalin reagieren.

Glukagon kann bei diesen Patienten die Betablockade antagonisieren und eine Adrenalinwirkung verbessern, es ist jedoch in vielen OP-Bereichen nicht standardmäßig verfügbar [6]. Darüber hinaus sind Patienten mit koronarer Herzkrankheit oder Aortenklappen- stenose sehr empfindlich gegenüber unerwünschten Nebenwirkungen von Adrenalin wie ventrikulärer Arrhythmie, Tachykardie, erhöhtem Sauerstoffver- brauch, hypertensiver Entgleisung und Myokardinfarkt. Als Alternative bietet Noradrenalin einen selektiven alpha- adrenergen Effekt [9]. Auch Vasopressin kann anaphylaktische Reaktionen effek- tiv umkehren, was bei Patienten mit feh- lendem Ansprechen auf Volumengabe, Adrenalin und Noradrenalin von Nutzen sein kann [10]. Seine vasokonstriktive Wirkung beruht auf der Aktivierung non- adrenerger vaskulärer Vasopressin-Re- zeptoren. Es blockiert außerdem direkt das intrazelluläre zyklische Guanosin- Monophosphat (cGMP), das Zielenzym der Stickstoffsynthese, was die weitere Synthese von vasoaktivem Stickstoff und damit eine weitere stickstoffvermittelte Entspannung der vaskulären glatten Muskelzellen verhindert. Vorliegende Studien über Vasopressin in der Be- handlung von Anaphylaxien sind jedoch nicht nur positiv und beschreiben auch ungünstige Verläufe und Ergebnisse, die mit einer frühen oder alleinigen Gabe bzw. höheren Dosen verbunden sein können [11]. Methylenblau kann durch einen ähnlichen Mechanismus wie Vasopressin den vaskulären Kollaps

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Kasuistiken Mitteilungen 635

Communications Case Reports

© Anästh Intensivmed 2012;53:632-635 Aktiv Druck & Verlag GmbH

Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2010 Section 8. Cardiac arrest in special circumstances: Electrolyte abnormalities, poisoning, drowning, accidental hypothermia, hyperthermia, asthma, anaphylaxis, cardiac surgery, trauma, pregnancy, electrocution.

Resuscitation 2010;81:1400-33

7. Dewachter P, Mouton-Fivre C, Emala CW:

Anaphylaxis and anesthesia: controver- sies and new insights. Anesthesiology 2009;111:141-50

8. José RJ, Fiandeiro PT: Knowledge of adrenaline (epinephrine) administration in anaphylaxis in adults is still deficient.

Has there been any improvement?

Resuscitation 2010;81:1743 9. McBrien ME, Webb ST, Breslin DS:

Anaphylaxis and anaesthesia. Brit J Anaesth 2005;94:547-8

10. Schummer C, Wirsing M, Schummer W:

The pivotal role of vasopressin in refractory anaphylactic shock. Anesth Analg 2008;107:620-4

11. Dewachter P, Raeth-Fries I, Jouan- Hureaux V, Menu P, Vigneron C, Longrois D, Mertes PM: A comparison of epinephrine only, arginine vasopressin only, and epinephrine followed by arginine vasopressin on the survival rate in a rat model of anaphylactic shock.

Anesthesiology 2007;106:977-83 12. Del Duca D, Sheth SS, Clarke AE,

Lachapelle KJ, Ergina PL: Use of methy- lene blue for catecholamine-refractory vasoplegia from protamine and aprotinin.

Ann Thorac Surg 2008;87:640-2.

umkehren und dabei sogar Andrenalin- und Vasopressin-resistente Anaphylaxien effektiv behandeln [5,12]. Die Wahl der optimalen Substanz für die Behandlung schwerer Anaphylaxien ist Gegenstand einer andauernden Expertendebatte und bedarf derzeit weiterer Untersuchungen [7-9]. Die Richtlinien des European Resuscitation Council (ERC) zur Be- handlung von Anaphylaxien nennen Adrenalin als Referenzsubstanz in der Akutphase und erwähnen Alternativen mangels ausreichender klinischer Daten nur am Rande [6]. Im vorliegenden Fall hätte die Verwendung von Vasopressin oder Methylenblau möglicherweise das Ausmaß der beschriebenen Rebound- Hypertension vermindern können.

Darüber hinaus stellt die Steuerung der Adrenalingabe ohne invasive Blutdruck- messung eine große Herausforderung dar und birgt große Risiken, da ein ver- zögertes Ansprechen auf Adrenalin zu Überdosierungen führen kann. Hyper - tensive Episoden, wie im beschriebenen Fall erlebt, beinhalten das Risiko koro- narer und zerebraler Ischämien und erfordern eine verlängerte Intensivüber- wachung.

Sowohl die erneute Gabe von Heparin zur Umkehr der Protaminwirkung als auch die Gabe von Thrombozyten- aggregationshemmern zur Behandlung einer koronaren Minderperfusion (bei Verdacht auf akuten Myokardinfarkt) sollten nur in enger Absprache mit den Operateuren erfolgen, da sie zu schwe- ren Blutungskomplikationen führen können. Vor allem wenn, wie im Fall be- schrieben, perioperativ eine plötzliche hypertensive Episode mit einer unge- planten Antikoagulation verknüpft wird, kann eine chirurgische Re-Exploration erforderlich werden.

Die Entwicklung von anaphylaxiebe- dingten Schwellungen im Schleimhaut- bereich und oberen Respirationstrakt stellt ebenfalls ein nicht zu unterschät- zendes Risiko dar. Für eine sichere Extubation sollte neben systemischen und/oder topischen abschwellenden

Korrespondenz- adresse

Manuel F. Struck

Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Notfallmedizin und Schmerztherapie

Städtisches Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt Friedrichstraße 41

01067 Dresden, Deutschland Tel.: 0351 4801170

Fax: 0351 4801179

E-Mail: manuelstruck@web.de Maßnahmen gegebenenfalls ein HNO-

ärztliches Konsil erfolgen, zumindest jedoch eine Kontroll-Laryngoskopie durchgeführt werden.

Fazit für die Praxis

Eine anaphylaktische Reaktion auf Pro- tamin kann auch bei Patienten ohne vor- bestehende koronare Herzerkrankung zu einer schweren temporären Minder- perfusion der Koronararterien führen.

Die Behandlung der Anaphylaxie und der damit verbundenen Symptome er- fordern eine fallbezogene Therapie, die von der Art der Operation abhängt und mit weiteren Komplikationen ver- bunden sein kann. Bei unzureichender Wirkung von Adrenalin kann auch der Einsatz von Vasopressin und Methylen- blau in Erwägung gezogen werden. Vor der Extubation ist eine erneute Laryngo- skopie zur Beurteilung der Glottisregion empfehlenswert, um mögliche Schwel- lungen auszuschließen.

Literatur

1. Welsby IJ, Stafford-Smith M: Protamine contributes to myocardial ischemia.

Anesthesiology 2005;103:669

2. Nybo M, Madsen JS: Serious anaphylactic reactions due to protamine sulfate: a systematic literature review. Basic Clin Pharmacol Toxicol 2008;103:192-6 3. Gupta SK, Veith FJ, Ascer E, Wengerter

KR, Franco C, Amar D, el-Gaweet ES, Gupta A: Anaphylactoid reactions to protamine: an often lethal complication in insulin-dependent diabetic patient undergoing vascular surgery. J Vasc Surg 1989;9:342-50

4. Genovese A, Rossi FW, Spadaro G, Galdiero MR, Marone G: Human cardiac mast cells in anaphylaxis. Chem Immunol Allergy 2010;95:98-109

5. Viaros F, Dalio MB, Evora PRB:

Catastrophic cardiovascular adverse reactions to protamine are nitric oxide/

cyclic guanosine monophosphate dependent and endothelium mediated.

Chest 2002;122:1061-6

6. Soar J, Perkins GD, Abbas G, Alfonzo A, Barelli A, Bierens JJ, et al: European

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