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Wirtschaft aktuell 06 / 2008 - Aktuelle wirtschaftspolitische Analysen der IG Metall

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Herausgeber: IG Metall Vorstand - Wirtschaft, Technologie, Umwelt - 60519 Frankfurt am Main – 13. Februar 2008 Kontakt: wi@igmetall.de - www.igmetall.de/download- Tel.: +49(69)6693-2641 - Fax: +49(69)6693-80-2641

Wirtschaft aktuell

06 / 2008 - Aktuelle wirtschaftspolitische Analysen der IG Metall

Steuerlast gerecht verteilen

Steuerentlastung ist keine Alternative zu Lohnsteigerungen

Wer hätte das erwartet? Die Metallarbeitergeber beklagen die zunehmende Steuerlast von Arbeit- nehmern. Vom Mehr beim Bruttolohn bleibt netto immer weniger übrig. Der Abgabenkeil zwischen Brutto und Netto sei zu groß. Und schon hat sich Gesamtmetall die Forderung nach Senkung der Steuern und Abgaben auf die Fahnen geschrieben.

Populistische Forderung

Der Hintergedanke ist offensichtlich: wenn Steuern und Abgaben gesenkt werden, haben die Beschäftig- ten mehr in der Tasche und die Gewinne der Unter- nehmen bleiben unangetastet. Auch Vertreter von CDU und CSU stoßen ins gleiche Horn. Es ist auf den ersten Blick eine populäre Forderung. Welcher Arbeit- nehmer und welche Arbeitnehmerin könnte nicht ein paar Euro mehr auf seinem Konto gebrauchen. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich diese populisti- sche Forderung aber als Irrweg. Bei den Abgaben muss man nämlich unterscheiden.

Sozialabgaben sind Versicherungsleistungen

Zum einen haben wir es mit Sozialabgaben zu tun.

Diese hat die Bundesregierung per Saldo leicht ge- senkt. Doch Sozi-

alabgaben sind Versicherungsleis- tungen, also auch Beitragsgeld der Arbeitnehmer. Der Euro, den sie bei den Abgaben ein- sparen, der fehlt ihnen unter Um- ständen schmerz- lich, wenn der Ver- sicherungsfall, wie zum Beispiel Ar- beitslosigkeit oder Rente eintritt: Ge- rade mit Blick auf die aktuellen De- batten von drohen- der Altersarmut wurde hier eher schon zu viel ge- kürzt.

Nicht Steuern senken, sondern gerechter verteilen Zwischen der IG-Metall und dem Arbeitgeberverband Ge- samtmetall gibt es unterschiedliche Auffassungen über die Sinnhaftigkeit von Steuersenkungen zum aktuellen Zeit- punkt. IG Metall-Vorstandsmitglied Wolfgang Rhode warnte in einem Gespräch mit der Leipziger Volkszeitung davor, eine Verbindung zwischen steuerlicher Entlastung und tarif- lichen Lohnsteigerungen herzustellen. Das Gebot der Stun- de laute nicht: Steuern senken, sondern gerechter zu vertei- len. Tarifauseinandersetzungen hingegen blieben ein klas- sischer Verteilungskonflikt, in dem sich die Arbeitnehmer ih- ren gerechten Anteil an der Wohlstandsentwicklung holen.

Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser hatte mit Blick auf bevorstehende Tarifauseinandersetzungen im Handelsblatt gefordert, die Steuerlast für mittlere Einkom- men zu verringern. Facharbeiter, Techniker und Ingenieure seien von der Steuerprogression besonders betroffen, sagte der Chef des Arbeitgeberverbandes. Die große Differenz zwischen Brutto- und Nettoeinkommen sei "ein zunehmen- des Ärgernis". Kannegiessers Forderung sei populistisch und führe in die Irre, kritisierte das für wirtschaftspolitische Fragen zuständige Vorstandsmitglied der IG Metall.

Vorstand Wirtschaft

Technologie Umwelt

Kaum ein anderes Land investiert so wenig in seine Infrastruktur wie Deutschland

Anteile öffentlicher Investitionen am Bruttoinlandsprodukt 2006 Prozent

5,0

3,8

3,4 3,3

3,1

2,5 2,3

1,8 1,5

1,1

Tschech- ien

Spanien Frank- reich

Nieder- lande

Schwe- den

EU 27 Italien Groß- britannien

Deutsch- land

Öster- reich Quelle: Eurostat, Statistisches Bundesamt, D=2007

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06/2008 Wirtschaft aktuell: Steuerlast gerecht verteilen: Steuerentlastung ist keine Alternative zu Lohnsteigerungen

Herausgeber: IG Metall Vorstand - Wirtschaft, Technologie, Umwelt - 60519 Frankfurt am Main – 13. Februar 2008 Kontakt: wi@igmetall.de - www.igmetall.de/download- Tel.: +49(69)6693-2641 - Fax: +49(69)6693-80-2641

Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten

Das andere sind die Steuern. Auch gezahlte Steuern verschwinden nicht in schwarzen Löchern. Der Staat ist auf die Steuereinnahmen angewiesen, um seine Aufgaben zu erfüllen: Leistungsfähige Krankenhäu- ser, gute Schulen und moderne Verkehrsnetze müssen finanziert werden. Gerade eine hoch entwi- ckelte Ökonomie ist auf eine ausgebaute Infrastruktur angewiesen. Dazu gehört auch eine soziale Infrastruk- tur. Bildungschancen hängen in diesem Land maßgeb- lich vom Einkommen der Eltern ab. Wir brauchen drin- gend mehr finanzielle Mittel für das Bildungssystem.

Es gilt die alte Weisheit: Nur Reiche Leute können sich einen armen Staat leisten.

Die öffentliche Infrastruktur ist in einem schlech- ten Zustand. Es mangelt an Geld für notwendige Investitionen. Der Staat ist unterfinanziert. Dies wird auch im internationalen Vergleich deutlich. Kaum ein anderes Land investiert so wenig in seine Infrastruktur wie Deutschland. So ist die Zukunft nicht zu gewinnen.

Wachstumschancen werden vertan. Das gilt erst recht, wenn die Finanzkrise auf die Konjunktur durchschla- gen sollte. Dann ist der Staat gefordert zu investieren, statt Steuern und Ausgaben zu kürzen.

Die Quadratur des Kreises gibt es nicht. Satte Gewin- ne der Unternehmen können in der Tarifrunde nicht unangetastet bleiben und gleichzeitig die Arbeitnehme- rinnen und Arbeitnehmer auf den Staat verwiesen wer- den. Von dieser Nebelkerze lassen wir uns nicht irritie- ren. Es bleibt ein klassischer Verteilungskonflikt, bei dem sich die Arbeitnehmer ihren gerechten Anteil vom Aufschwung holen werden.

Unehrliche Steuerdebatte

Die Steuersenkungsdebatte, die wir jetzt erleben, ist unehrlich. Die Steuerlast ist nicht zu hoch, sondern ungerecht verteilt. Mit der letzten Reform erhielten Unternehmen großzügige Steuergeschenke. Im kom- menden Jahr folgt mit der Abgeltungsteuer der nächs- te Schritt. Die anstehende Reform der Erbschaftsteuer sieht weitere Geschenke für Unternehmen vor, und sie gehen den Lobbyvertretern noch längst nicht weit ge- nug. Konsequenz: Unternehmenssteuern tragen im- mer weniger zur Finanzierung der öffentlichen Aufga- ben bei.

Zwar wurden vor ein paar Jahren mit der Senkung der Einkommensteuersätze auch Arbeitnehmer entlastet, doch diese Entlastung wurde durch die kalte Progres- sion längst wieder aufgezehrt. Hier ist die Politik auf der schiefen Bahn. Doch die Antwort lautet nicht:

Steuern senken, sondern gerechter verteilen. Besteue- rung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit ist das Gebot der Stunde. Ohne großzügige Steuerge- schenke an Unternehmen und Vermögende hätte der Staat genug Geld für Zukunftsinvestitionen, Bildung und soziale Sicherheit. Gleichzeitig könnte

die Steuerlast für Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- mer gesenkt werden.

Was ist „kalte Progression?“

Um höhere Einkommen stärker bei der Steuer zu berück- sichtigen, steigt der Steuersatz mit der Höhe des Einkom- mens (Progressiver Steuertarif). Als „Nebenwirkung“ rut- schen Arbeitnehmer mit jeder Lohnerhöhung in einen höhe- ren Steuersatz. Da die Lohnsteigerung zu einem Teil aber lediglich ein Ausgleich für Preissteigerungen darstellt, also keine reale Lohnerhöhung ist, drückt die steigende Steuer- belastung den Lebensstandard. Dieser automatische An- stieg des Steuersatzes wird als kalte Progression bezeich- net.

Unternehmen unterliegen nur dann der kalten Progression, wenn sie Einkommensteuer zahlen. Da die Gewerbesteuer und die Körperschaftsteuer keinen progressiven Steuertarif kennen, gibt es für diese Steuerarten auch keine kalte Pro- gression. Es sind also vor allem Arbeitnehmer betroffen. Al- lerdings war für sie die finanzielle Belastung durch die Er- höhung der Mehrwertsteuer im letzten Jahr erheblich größer als durch die kalte Progression.

Steueralternativen der IG Metall

Die IG Metall hat, zusammen mit anderen Organisati- onen, mit der „Solidarischen Einfachsteuer“ Vor- schläge für ein Steuersystem gemacht, das ein höhe- res Steueraufkommen sichert und gleichzeitig zu einer gerechteren Lastenverteilung bei der Besteuerung führt. Wesentliche Elemente sind:

• Anderer Tarifverlauf (linear-progressiv) entlastet

„kleine“ Einkommen.

• Höherer Spitzensteuersatz (45%)

• Keine Abgeltungsteuer, sondern volle Besteuerung von Kapitalerträgen.

• Größerer Beitrag der Unternehmen an der Finan- zierung öffentlicher Aufgaben, vor allem durch Einschränkung steuerlicher Gestaltungsmöglich- keiten, keine Steuerfreiheit für Veräußerungsge- winne.

• Kommunale Wertschöpfungsteuer statt Gewerbe- steuer

• Wiedereinführung der Vermögensteuer

• Keine Steuergeschenke für Unternehmen bei der Erbschaftsteuer

Referenzen

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