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Archiv "Notfallmedizin: Höchst beengter Behandlungsplatz" (11.03.2005)

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Notfallmedizin

Zu dem Beitrag: „Notfallmedizin im Flugzeug: Erste Hilfe über den Wolken“ von Anke Gabler et al.

in Heft 6/2005:

Fluggesellschaft muss zahlen

Der interessante Beitrag be- handelt zwar die prekäre Haf- tungslage des Arztes, der im Flugzeug ärztliche Hilfe lei- stet, lässt aber eine andere Frage offen: Wer bezahlt ei- gentlich den Arzt für seine Be- mühungen? Offenbar kann ein Arzt, der im Flugzeug Hil- fe leistet, noch froh sein, nicht dafür haftbar gemacht zu wer- den. Wobei dem Arzt sogar die exorbitanten Schadensersatz- leistungen nach US-Recht drohen können. Aber an eine Bezahlung des Arztes denkt niemand. Als ein Arzt während eines Fluges mehrere Stunden ei- nen angstneuroti- schen, randalierenden Fluggast ruhig stellte, erntete er seitens der Fluggesellschaft völli- ges Unverständnis, als er nach einer (be- scheidenen) Honorie- rung fragte. Er solle sich an den Patienten halten, der aber nicht in Deutschland wohn- te. Der Arzt musste sogar den Flugpreis zahlen, obwohl er den Flug wohl kaum als Fluggast „genossen“, sondern für die Fluggesell- schaft gearbeitet hat. So stand es hier im Ärzteblatt. Zumin- dest für deutsche Flugzeuge dürfte allerdings in diesem Fall die Rechtslage klar sein:

Dient die ärztliche Hilfe auch

dem Flugbetrieb, etwa weil ein Randalierer beruhigt oder ein Zwischenstopp vermieden wird, so liegt eine Geschäfts- besorgung nicht nur für den Patienten, sondern auch für die Fluggesellschaft vor. Die Fluggesellschaft muss zahlen.

Dr. med. Derick W. Lochner,Cranger Straße 271, 45891 Gelsenkirchen

Höchst beengter Behandlungsplatz

Mit Interesse habe ich Ihren Artikel über die Notfallver- sorgung im Flugzeug gelesen.

Ich selber habe als Facharzt für Allgemeinmedizin schon mehrfach Notfallpatienten unter den höchst beengten Verhältnissen in einem Flug- zeug versorgen müssen. Die Bedingungen sind hier so- wohl für den behandelnden Arzt als auch für die Patien-

ten äußerst ungünstig. Das heißt „auf Hochdeutsch“: Es ist einfach kein Platz da für solche gesundheitlichen Zwischenfälle. Die Untersu- chungs- und Behandlungsbe- dingungen sind hier quasi noch schlechter als im Straßengraben bei einem Verkehrsunfall. Meiner An-

sicht nach sollten die Flugge- sellschaften dafür Sorge tra- gen, dass zumindest in Flug- zeugen von einer bestimmten Größe an, die Möglichkeit besteht, Patienten entspre- chend der medizinischen Notwendigkeit zu lagern, d. h. ganz schlicht und ein- fach, es muss ein Liegeplatz vorhanden sein, der es dem behandelnden Mediziner auch erlaubt, einigermaßen unbeengt an den zu behan- delnden Fluggast heranzu- kommen. Da ja insbesondere der Kreislaufkollaps mit über einem Viertel aller Notfälle die häufigste Komplikation darstellt, wäre ein solcher Be- handlungsplatz, der eine ent- sprechende Schocklagerung zulässt, eigentlich unverzicht- bar . . . Den Fluggesellschaf- ten sollte das gesundheitliche Wohl ihrer Gäste so viel wert sein, selbst wenn zum Bei- spiel bei einer Maschine mit 260 Sitzplätzen vier Fluggast- sitze dadurch wegfallen.

Karen und Dr. Wolfgang Loch, W.-Ellermann-Straße 4, 49577 Ankum

Air Berlin fehlt

Mit großem Interesse haben wir den Artikel gelesen. Den- noch mussten wir mit Verwun- derung feststellen, dass Air Berlin in dem Bericht gar nicht erwähnt wurde. Sicher- heit, Gesundheit und Wohlbe- finden unserer Passagiere ha- ben für uns höchste Priorität.

Darum haben wir den Zwi- schenfallbericht bei medizini- schen Vorfällen schon vor lan- ger Zeit eingeführt. Air Berlin war zudem die erste Airline, die auf allen Maschinen der Kurz- und Mittelstreckenflüge Defibrillatoren einsetzte.

Ebenso selbstverständlich ist es für uns, unser Flugpersonal ständig in Recurrent-Kursen auf den neuesten Stand der medizinischen Notversorgung an Bord zu bringen. Auf allen unseren Flugzeugen führen wir natürlich neben dem „First Aid Kit“ auch ein „Doctor Kit“ mit. Unsere Flugbegleiter lernen in ihrer vom Luftfahrt- bundesamt anerkannten Air- Berlin-Ausbildung und auch in den Auffrischungskursen ver-

schiedenste Maßnahmen zur Behandlung von Passagieren bei medizinischen Notfällen an Bord. Der Ausbildungsin- halt umfasst unter anderem die Versorgung bei Vital- störungen, Wiederbelebungs- übungen, Behandlungsmaß- nahmen bei Angina pectoris oder Asthma oder einem Herzinfarkt. Sogar auf eine Geburt an Bord ist unser Per- sonal medizinisch geschult.

Angelika Schwaff,AIR BERLIN + NIKI, Pressereferentin,

Saatwinkler Damm 42–43, 13627 Berlin

Massiv Übergewichtige sind flugunfähig

Schon merkwürdig: Da sind medizinische Probleme an Bord eines Flugzeugs längst täglicher „Standard“, aber an der Standardisierung der Er- fassung und des medizini- schen Materials mangelt es doch sehr. Nicht nur im Be- reich der Notfallmedizin ist nun mal das „angelsächsische System“ (Pharmakanamen, Geräteeigenschaften wie Konnektoren etc.) das Maß aller Dinge. Da müssen konti- nentaleuropäische Mediziner also ernsthaft dazulernen, wenn sie über den Wolken mithalten wollen. Ich erinnere mich dabei an eine Reanima- tion vor ein paar Wochen in Bali (Indonesien) mit einem deutschen Anästhesisten und Intensivmediziner und einer in England studierten indi- schen Ärztin. Ein immenser

„cultural gap“ kam da noch hinzu. Ärzte verstehen sich in ihrer Tätigkeit nicht immer automatisch. Das Video der halbstündigen Bemühungen hätte immensen Unterrichts- wert . . . Das größte Problem an Bord sind nicht die schick- salhaften Zwischenfälle, son- dern (oft sehr aggressive) Rau- cher auf Entzug und Alkoho- liker (meist auch Raucher).

Die große Zahl der massiv Übergewichtigen, in Flieger- kreisen schlicht Marsh- mallow-Fraktion genannt, die dazu in keinen Flugzeugsitz mehr passen, würde man, wenn man denn nicht daran verdiente, als flugunfähig ein- A

A658 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1011. März 2005

B R I E F E

Leserzuschriften werden von der Redaktion sehr beachtet. Sie geben in erster Linie die Meinung des Briefschreibers wieder und nicht die der Redaktion. Die Veröffentlichungsmöglichkeiten sind leider beschränkt; der Redaktion bleibt oft keine andere Wahl, als unter der Vielzahl der Zuschriften eine Auswahl zu treffen. Die Chance, ins Heft zu kommen, ist umso größer, je kürzer der Brief ist. Die Redaktion muss sich zudem eine – selbst- verständlich sinnwahrende – Kürzung vorbehalten.

LESERZUSCHRIFTEN

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stufen. Aber welche Airline hat den Mut dazu?

Gerhard Schuster,11, rue Scribe, F-75009 Paris

Freistellung von Haftungsansprüchen

Medizinische Zwischenfälle in Flugzeugen sind häufig. Vor al- lem bei Langstreckenflügen habe ich es oft erlebt, dass das Kabinenpersonal einen Arzt ausruft. Dies geschieht nach meiner persönlichen Erfah- rung bei mindestens einem von fünf bis zehn Langstrecken- flügen, kaum dagegen bei Kurzstreckenflügen von einer bis drei Stunden Flugzeit . . . Fluggesellschaften sparen viel Geld, indem sie darauf vertrau- en, dass auf Urlaubs- oder Ge- schäftsreise befindliche Ärzte anwesend sind, die bei akuten Zwischenfällen an Bord (mög-

lichst unentgeltlich) Hilfe lei- sten. Ärztliche Behandlung an Bord von Flugzeugen ist schwierig, sehr verantwor- tungsvoll und kostet die Flug- gesellschaften häufig nur eine Flasche Sekt, die sie für die Hil- fe spendieren. Von daher könn- ten die Fluggesellschaften we- nigstens eine umfassende Frei- stellung von möglichen Haf- tungsansprüchen garantieren.

Die von Ihnen zitierten Flying- Doctor-Programme sind aus meiner Sicht vor allem eine einträgliche Geschäftsidee. Se- minarkosten von 1 260 Euro für ein zweitägiges Seminar sind ja wohl ein schlechter Witz oder durch die gemeine Hirn- laus (Pediculus pecuniae cere- bralis) verursacht. Sie sind durch eine Schulung in flug- physiologischen Grundlagen, reisemedizinischer Beratung, notfallmedizinischen Fallsimu- lationen und eine Evaku-

ierungsübung nicht nachvoll- ziehbar erklärt, auch wenn teil- weise in Kabinensimulatoren oder Full-Motion-Simulatoren geübt wird. Außerdem sollten die Fluggesellschaften etwas mehr Interesse daran zeigen,

dass Ärzte sich überhaupt in ihrer Freizeit in diesem Bereich fortbilden und im Notfall im Flugzeug ganz selbstverständ- lich ärztliche Hilfe leisten.

Dr. med. Rainer Hakimi, Schickhardtstraße 33, 70199 Stuttgart B R I E F E

Medizinstudium

Zu dem Beitrag „Innovation im Medi- zinstudium: Geschichte, Theorie und Ethik“ von Dr. phil. Sigrid Stöckel, M. P. H., et al. in Heft 6/2005:

Sinnvolles Projekt

Ausdrücklich möchte ich Ih- nen für den interessanten Ar- tikel danken und das sinnvolle Projekt inhaltlich und didak- tisch befürworten! Sie sind nicht auf Vorbilder oder Vor- gänger in dieser Hinsicht ein- gegangen; das hätte den kom-

pakten Artikel vielleicht auch überfrachtet. Erwähnen möch- te ich aber unbedingt, dass ich selbst vor 20 Jahren bei meinem Medizinstudium in Lübeck im Fach Medizinge- schichte in Prof. Dietrich von Engelhardt einen Hochschul- lehrer und späteren Doktor- vater hatte, der genau diese Ansprüche an seinen Unter- richt stellte und uns bereits damals auch expressis verbis mit den „Medical Humanities“

in Berührung brachte . . . Dr. Andreas Pernice,

Hohenlohestraße 32, 28209 Bremen

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Vaterschaftstests

Zu dem Beitrag „Heimliche Vater- schaftstests: Unethisch und bedenk- lich“ von Samir Rabbata und Dr. med. Eva A. Richter-Kuhlmann in Heft 3/2005:

Klarheit für die Kinder

Als Mutter zweier Töchter muss ich nach eingehender Diskussion mit meinem Ehe- mann und Vater dieser Töchter eine Lanze für die betroffenen Männer brechen. Da es offen- sichtlich Frauen zu geben scheint, die ihren Partnern Kin- der „unterschieben“, so muss es auch für diese mutmaßli- chen bis vermeintlichen Väter eine Möglichkeit geben, Zwei- fel an ihrer Vaterschaft aus- zuräumen. Im Sinne der Klar- heit, die Kinder für ihre Ent- wicklung benötigen, sind Vater- schaftstests dabei möglicher- weise unumgänglich, damit die- se Kinder wissen, wohin sie gehören. Bisher konnten Frau Zypries und ihre Mitstreiter nicht plausibel machen, welche objektiven Gründe es für Müt- ter gibt, einem Vaterschaftstest nicht zuzustimmen. Natürlich stellt das Prozedere eine psy- chische Belastung für die Part- nerschaft und damit auch indi- rekt für das Verhältnis der El- tern zu ihrem Kind dar. Diese Belastung verschwindet aber nicht einfach, wenn man die Zustimmung zur Untersu- chung verweigert. Und: Sind erst einmal Zweifel gesät, so gibt es in einem ehelichen oder nichtehelichen Verhältnis der Eltern zueinander wohl kaum noch etwas zu zerrütten – dann ist das arme Kind, das eigent- lich geschützt und geschont werden soll, längst in den Brunnen gefallen.

Dr. med. Sigrid Planz-Kuhlendahl, Aliceplatz 7, 63065 Offenbach

Moralisches Dilemma

In dem Artikel wird die Pro- blematik heimlicher Vater- schaftstests einseitig und ver- kürzt dargestellt. Es werden

„Experten“ zitiert und deren moralisierende Beurteilungen als einzig kompetente Fach- meinung hingestellt. Dadurch

entsteht ein einseitiges Bild mit einer unterschwelligen Schuldzuweisung an Männer insgesamt. Diese simple Dar- stellung wird der Komplexität der fraglichen Vaterschafts- problematik in keinster Weise gerecht, denn dabei handelt es sich um ein moralisches Di- lemma zwischen drei bis vier Personen mit gleichwertigen, aber gegensätzlichen Interes- sen . . . In dem Artikel wird von Justizministerin Zypries ein Vergleich zum Postgeheim- nis angestellt. Doch dieser Ver- gleich ist in Bezug auf Vater- schaftstests weder fair noch zu- treffend. Einerseits kennt auch das Postgeheimnis begründete Ausnahmen, andererseits hat jeder Mensch ein ernsthaftes Interesse, seine wahren Wur- zeln zu kennen. In dem Artikel wird stillschweigend unter- stellt, den betroffenen Kindern sei ihre biologische Identität piepegal . . . Insbesondere wir Ärzte sollten einen klaren Kopf behalten und versuchen, geschlechtsneutral und ohne Öl ins lodernde Feuer zu schütten, zum Wohl der Patien- ten zu handeln. Wenn unsere Gesellschaft dieses Familien- problem nicht einigermaßen gerecht und geschlechtsneutral regeln kann, dann werden wir alle mit den Auswirkungen in unseren Beziehungen und bei unserer Altersversorgung kon- frontiert werden . . .

Günter Rau,Ölbergstraße 15, 51375 Leverkusen

Gleichberechtigung

Bundesjustizministerin Zy- pries will das illegale Durch- forsten des genetischen Mate- rials mit dem Hinweis auf das Grundrecht auf informationel- le Selbstbestimmung mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestra- fen, wenn neben dem Vater nicht auch die Mutter und das Kind zustimmen. Nett formu- liert, wer möchte dem nicht zu- stimmen, denkt man doch so- gleich an dunkle Machenschaf- ten krimineller Elemente, die mit dem genetischen Material unlautere Absichten verfolgen.

Die Sache eher beim Namen nennt dann schon Rechtsmedi- ziner Prof. Dr. med. Dieter

Krause, Präsident der deut- schen Gesellschaft für Ab- stammungsgutachten, wenn er von heimlichen Vaterschafts- tests spricht, die unethisch, un- sittlich und verfassungsbe- denklich seien und deshalb verboten werden müssten, un- ter anderem mit dem Hinweis auf den „gläsernen Menschen“

und den eventuell fehlenden Qualitätskriterien privater La- bors. Ganz anders sieht die Sa- che aus, wenn die Mutter und das Kind zustimmen. Geht man davon aus, dass die krimi- nalisierten heimlichen Vater- schaftstests von hinsichtlich ih- rer Vaterschaft unsicheren Männern fast ausschließlich in den ersten Lebensmonaten oder -jahren eines Kindes er- folgen, in denen dieses noch gar nicht zustimmungsfähig ist (und welches nicht durch müt- terliche Interessen gesteuerte Kind würde nicht wissen wol- len, wer der wirkliche Vater ist), hängt es also allein von der Zustimmung der Mutter ab, ob ein Vaterschaftstest geset- zeskonform ist. Unethisch, un- sittlich und verfassungsbe- denklich und mit bis zu einem Jahr Gefängnis zu bestrafen (wie ein heimlicher Vater- schaftstest) ist es aber nicht, wenn eine Mutter die Zustim- mung zu einem Vaterschafts- test verweigert, um sich ihre und des Kindes Versorgung durch den hintergangenen Ehemann oder Partner zu si- chern und dem Kind einen in seiner Vaterschaft verunsicher- ten oder tatsächlich belogenen und in falscher Sicherheit ge- wiegten Vater zu präsentieren.

Welche verheerenden Folgen für die seelische Entwicklung eines Kindes, das Aufwachsen in einer solchen unbewusst wahrgenommenen und wirksa- men Konstellation, die geprägt ist von einer Mutter, die dem Kind den wirklichen Vater vor- enthält, und einem Vater und einem Kind, die auf unbewuss- ter Ebene wirksame Faktoren der Fremdheit, der unbewuss- ten Ablehnung und Unsicher- heit und der mangelnden Ver- trauensbildung erleiden, lässt sich hier nur skizzieren, die ganze Tragweite nur in einem tiefenpsychologisch fundierten

oder analytischen Setting er- schließen. Das Recht eines Mannes, die Vaterschaft auch gegen den Willen einer Mutter feststellen zu lassen, was oh- nehin nur in einer im Vorfeld durch Vertrauensbrüche bela- steten Beziehung von Bedeu- tung sein wird, ist daher unbe- dingt zu befürworten und ist ethisch mindestens ebenso le- gitim, wie das Recht einer Frau, Empfängnisverhütung zu betreiben oder insbesondere Schwangerschaftsabbrüche vornehmen zu lassen. Eine ge- setzliche Verankerung des Rechts auf Feststellung der Va- terschaft ohne Risiko des Miss- brauchs der genetischen Daten (durch gesetzliche Absiche- rung) ist unverzichtbarer Be- standteil der Gleichberechti- gung von Männern, Frauen und insbesondere auch Kindern . . . Dr. med. Wolfgang Büsing, Hugo-Heiß-Straße 5, 80997 München

Arztbesuch

Zu dem Leserbrief „Bessere Organi- sation notwendig“ von Prof. Norbert Matussek in Heft 5/2005:

Unplanbare Praxistage

Natürlich mögen wir alle die Wartezeiten nicht, auch wir Behandelnden. Mir wird im- mer mulmig, wenn sich meine Wartezeit im Verlauf des Tages an eine Stunde bewegt. Wie oft haben wir in unserer Gemein- schaftspraxis schon auf Abhilfe gesonnen! Doch was machen Sie, wenn jeder vierte bis fünf- te Patient nicht kommt, dafür gelegentlich drei in einer Stun- de zusätzlich? Was tun Sie, wenn ein Patient mit Span- nungskopfschmerz angemeldet wurde und sehr schnell klar wird, dass sich eine brisante depressive Störung dahinter verbirgt? Wollen wir unsere Patienten am Fließband be- handeln, mit schellendem Wecker nach zehn Minuten, plangenau, also pünktlich?

Lassen wir den akut anrufen- den Hausarzt-Kollegen mit- samt seinem Notfall im Regen stehen? Ich bin sicher für gute Organisation, aber zu oft wird ein Praxistag unplanbar; da A

A660 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1011. März 2005

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müssen wir es alle nehmen, wie es kommt, Patienten, Helferin- nen und Patienten. Und dann gehe ich ins Wartezimmer, ent- schuldige mich höflich, bitte um Verständnis. Sich nach we- niger als einer Stunde Warte- zeit zu beschweren, empfinde ich aber doch als ungeduldig und angesichts unseres herun- terkommenden Berufs viel- leicht auch als arrogant.

Dr. Matthias Göhmann, Frankfurter Straße 3, 64293 Darmstadt

Welch eine Einfalt!

Welch ein Abstieg! Gezwunge- nermaßen bewegt sich Herr Prof. Matussek in den Nie- derungen der vertragsärztli- chen Praxis und diagnostiziert dort schwere Organisations- mängel. Sein Therapievorschlag lautet: Man möge doch einfach verstärkt Seminare in Praxisor- ganisation anbieten und besu- chen.Welch eine Einfalt! Die Rahmenbedingungen einer Praxis sind nun mal andere als die einer Privatsprechstunde in der Klinik, auch wenn es immer gilt, die eigenen Behandlungs- abläufe zu optimieren.Aber ob Klinikambulanzen und univer- sitäre Polikliniken die beste al- ler organisatorischen Patien- tenwelten darstellen, wagt mein Praxisteam zu bezweifeln.

Dr. med. Günther Klötzl, Meiendorfer Straße 46, 22145 Hamburg

Ungeduld ist keine Tugend des Alters

Herrn Prof. Matussek möchte ich einige Erklärungen geben, damit er die Welt besser ver- steht:

ŒNiedergelassene haben we- niger Wasserträger, an die sie delegieren können. Ihre Arbeit ist stärker persönlich erbracht und damit störanfälliger be- züglich eines Zeitplans.

Fahrzeiten von Zügen sind besser planbar als die Behand- lungsdauer unselektierter Pati- enten. In meiner Praxis arbei- ten wir noch ohne (Bahnhof-) Lautsprecher, stattdessen pflegen wir den „Blick von Angesicht zu Angesicht“.

ŽWenn ich zum Kollegen, aber auch zum Zahnarzt, Tier-

Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1011. März 2005 AA661

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arzt, Frisör gehe, beende ich meine Anmeldung mit den Worten: „Ich habe Zeit mitge- bracht“ (und etwas zum Le- sen). Das entspannt alle; und

ich drücke so gerne meine Wertschätzung aus.

Ich halte es für ein signum mali ominis für die gesellschaftliche Entwicklung, wenn nun auch

von Lebenserfahrenen Hektik verbreitet wird. Ungeduld ist keine Tugend des Alters.

Dr. Alexander Ulbrich, Birkheckenstraße 1, 70599 Stuttgart

Referenzen

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