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Natur und Kultur Italiens in der Wahrnehmung der "nordischen Wanderer"

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Abb. 1 Abraham-Louis-Rodolphe Ducros: Die Grotte von Posillipo mit dem sog. Grab des Vergil, 1794-1800, Lausanne, Musee cantonal des Beaux-Arts

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Originalveröffentlichung in: Reuter, Astrid (Red.): Viaggio in Italia : Künstler auf Reisen 1770 - 1880 ; Werke aus der Sammlung der Staatlichen Kunsthalle

Karlsruhe, Berlin 2010, S. 40-57

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STEFFI R O E T T G E N

Natur und Kultur Italiens in der Wahrnehmung der »nordischen Wanderer«*

S o weit die Geschichte hinaufreicht, war Italien ja das Paradies der Erde.« - Italien:

das Paradies der Erde? Den heutigen Italienreisenden dürfte dieses Bild erstau­

nen, das sich in einer 1876 von mehreren Autoren verfassten und reich mit litho­

graphischen Ansichten illustrierten Beschreibung findet, deren Anliegen es war, »eine Wanderung von den Alpen bis zum Aetna« zu schildern.' In einem saloppen und unter­

haltsamen Feuilletonstil, der von suggestiv gehaltenen Natur- und Wegbeschreibungen zu rhetorisch gefälligen und blumigen Impressionen von Ortschaften, Sehenswürdig­

keiten und berühmten Reisezielen wechselt, passieren - opulent mit 84 ganzseitigen Lithographien und mehr als 150 Xylographien bebildert - die natürlichen, folkloris­

tischen und künstlerischen Attraktionen des Landes vom Norden bis zum Süden Revue.

Neben einführenden Texten und Ratschlägen für den »Wanderer«, die diesen auf das Lokalkolorit einstimmen wollen, bietet dieses aufwendige Panorama Italiens im Folio­

format außerdem einen flüchtigen Blick auf die sozialen Klassen, auf das städtische Bürgertum und seine Geschäfte in Mailand, das Kaffeehausleben im Veneto und die Tavernen in Rom und Florenz, auf die »Lazzaroni« in Neapel, das lebhafte und laute Markt- und Gassenleben zu nächtlicher Zeit, auf zerlumpte Bettelkinder, bigotte Pries­

ter, gerissene Kutscher und nicht zuletzt auf das malerische Erscheinungsbild der Land­

bevölkerung. »Natur und Leben sind die Quellen«, aus denen Woldemar Kaden, der für den größten Teil des Textes verantwortlich war, schöpfen wollte.

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Dieses Italienbild beruhte auf der Vielzahl von Bildern und Texten, die sich seit dem Be­

ginn der bürgerlichen und der künstlerischen Italienreisen in der kollektiven Erinne­

rung festgeschrieben hatten. Nahezu alles, was Generationen von schreibenden und zeichnenden Reisenden an Italien und seiner Landes- und Volkskultur angezogen und zu Schilderungen bewegt hatte, wird hier in einer geschickt für den kultivierten und ge­

nießenden Tourismus oder auch für die Erinnerung an eine eigene Reise aufbereiteten Form zur Sprache gebracht. ' Passend dazu ruft der erste Teil des Eingangszitats (»so weit die Geschichte hinaufreicht«) auch die Antike zum Zeugen auf. Der Mythos Italiens als einer von geschichtlichen, landschaftlichen und künstlerischen Attraktionen, aber auch von klimatischen und sozialen Kontrasten geprägten nahezu exotischen Welt am Rande Europas - in Kultur, Geschichte und Traditionen auf das Engste mit diesem ver­

knüpft -, war 1876 allerdings schon recht abgegriffen, deutlich ablesbar an der Flut von Reisebüchern, persönlichen »Reisebildern« und Handreichungen zum praktischen Gebrauch,-' die auf die Begegnung mit dem Land, mit seiner Kultur und Kunst vorberei­

teten und sie zugleich selektierten. Die dominanten Themen der aus privaten Reisen hervorgegangenen Literatur waren das milde Klima des Südens, in dem - wie im Para­

dies-Ölbäume, Palmen, Feigen, Orangen, Wein und Lorbeer gediehen, die freund­

lichen Landleute, aber auch der Unrat und die Unreinlichkeit,

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die Banditen

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und die

abenteuerlichen und unbequemen Fahrten mit dem Vetturin, bei denen man um den

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Fahrpreis feilschen musste, aber auch nützliche und interessante Reisebekanntschaften machte.

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Die Überwältigung durch die Landschaft, durch die Sonnenuntergänge

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in der römi­

schen Campagna oder durch die von Grotten gesäumten Küsten des Thyrrenischen Meeres, das Vollmondlicht und den Gesang der Nachtigallen über romantischen Rui­

nen, plätschernde Brunnen mit rauschenden Lorbeerbäumen und Zypressen war mitt­

lerweile zum literarischen Gemeinplatz geworden: »Unter dem Glänze der Nacht, unter dem berauschenden Dufte des Traumes steht gebannt der nordische Wanderer, er lauscht den Klängen im Lorbeerbaum und in seiner Brust ertönt die beseligende Lö­

sung der sehnsüchtigen Frage. »Kennst du das Land?«<

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Dieses Goethe-Zitat war ge­

nauso vertraut wie der Untertitel seiner »Italienischen Reise«. Entsprechend dem Bild, das man sich dank der bekannten Gemälde Guercinos und Poussins von dem durch Vergil zur geistigen Landschaft erhobenen Arkadien machte, wurde Goethes Motto »Et in Arcadia ego« zum Synonym der literarischen Italiensehnsucht.

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Goethes in großen Teilen aus dem Rückblick und aus der Auswertung von Briefen und Tagebüchern entstandene »Italienische Reise«

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fand viele mehr oder weniger be­

rufene Nachahmer. Aus der Massenproduktion dieser Literatur ragen die zunächst als Zeitungsartikel und ab 1856 in Buchform erschienenen Schilderungen »Wanderjahre in Italien« von Ferdinand Gregorovius heraus,

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die von einer scharfen Beobachtung und einem tiefem Verständnis für Land und Menschen, Geschichte und Kultur geprägt sind, sowie die brillant geschriebenen, aber gern polarisierenden »Ansichten und Streiflich­

ter« von Victor Hehn, deren individuell geprägter Blick auf Italien jenen Klischees zuwi­

der läuft, die in der Prachtpublikation von 1876 so beredt bedient und fortgeschrieben werden. Hehn warnte seine Leser sogar: »Geht nicht über die Alpen, nicht ans mittel­

ländische Meer, nicht ins Citronenland. Es ist nicht so schön wie Ihr denkt, Ihr werdet nicht finden, was Ihr suchet.«

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Sarkastisch nimmt er die modernen Reisegewohnheiten aufs Korn und zieht über den braven Deutschen her, der, nachdem Italien »so nahe gerückt ist«, einen Ausflug nach Neapel machen kann und »am nächsten Tag wieder daheim bei den lieben Seinigen und Abends am Stammtische« ist: »wer in München, Morgens nach dem Kaffee, seine Fahrkarte löst, der steht am Nachmittag des folgenden Tages am Walle des Servius Tullius, nachdem er zwei Gebirge, die Alpen und die Apen­

nin, überstiegen und über Etsch und Po und Tiber gesetzt«.

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Verglichen mit den heuti­

gen Reisegeschwindigkeiten nehmen sich die 52 Stunden, die man 1878 von Berlin aus brauchte, um nach Rom zu kommen, wie eine Ewigkeit aus. Seit einem Jahr werden für die Bahnfahrt von Mailand nach Neapel nur noch fünf Stunden benötigt und die Reise von Berlin nach Rom dauert heute knapp 15 Stunden.

Gregorovius, der viele seiner Erkundungen Italiens zu Fuß, zu Pferde und mit dem Vetturin

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unternahm, hat auf einer seiner letzten Reisen nach Italien eine prophetisch anmutende Analyse der Veränderung des Reisens durch die Eisenbahn gegeben: »Nur zu schnell stürmt der Eisenbahnzug durch die Gärten der Hesperiden hin, für welche er nicht erfunden ist, und ich muß mir oft genug sagen, daß die reisende Hast, mit der wir jetzt über die Erde fortgeschleift werden, den Reisenden zu verflachen droht. Die Selbsttätigkeit des Geistes hört dabei auf, an die Stelle der erworbenen Erfahrung tritt das nur passive visionenhafte Schauen flüchtiger zusammenhangloser Erscheinun­

gen.«

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Das Italienbuch von 1876 begrüßte die Eisenbahn dagegen als ein Vehikel der

unaufhaltsamen Modernisierung: »Die Brennerbahn eröffnet gleichsam jene Epoche

titanischer Bauten, die sich nun in rascher Reihe folgen, und die dereinst den Stempel

unseres Jahrhunderts bilden werden; denn wenn die Gothik Kirchen schuf und die

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Renaissance Paläste, so baut die Gegenwart Eisenbahnen, die ja auch fast bis zum Him­

mel steigen. Schon an sich ist natürlich eine Höhenbahn viel fesselnder, als wenn der Pfad durch die Tiefen des Berges führt, aber der Reiz wird hier noch dadurch erhöht, daß uns der wilde eigenartige Charakter des Weges fast von den ersten Augenblicken des Weges entgegenspringt. Die Landschaft entwickelt sich nicht allmälig, sondern im Fluge steht sie vor uns, im ersten Schauen, wenn der Zug berganstürmt, ist sie vollen­

det.«

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Durch die Brennereisenbahn, der wenige Jahre später die Gotthardeisenbahn folgte, war der Traum der schnellen Ankunft in Rom Wirklichkeit geworden, die Goethe und andere Reisende zu einer wachsenden Ungeduld trieb, je näher sie ihrem Ziel kamen.'

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Dieser heute kaum mehr vorstellbare Zustand der Erwartung der Begegnung mit der Ewigen Stadt war das Resultat einer seit Winckehnanns Zeiten und dank seiner Schriften kultivierten und weit verbreiteten Sehnsucht nach dem Erlebnis der Antike in der Gegenwart.

Auch wenn neben dem Reisen auf der Schiene oder auf den Zielgeraden des Äthers die langsamen Fortbevvegungsmittel weiterhin existieren und es noch und wieder Wan­

derer und Pilger gibt, die Alpenpässe und Apenninerhebungen zu Fuß bezwingen,

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ist die Wahrnehmung der Landesnatur, der Landschaft, die Vertrautheit mit Gebirgsforma- tionen, die genaue Kenntnis der für einzelne Regionen spezifischen Flora und Vegeta­

tion, der Bergesgipfel und Felsennester, der Wasserläufe und Wege heute weitgehend verloren gegangen, es sei denn, man hat sich zur Erkundung einer der vielen Kleinwel­

ten entschlossen, die Italien aufgrund der Mannigfaltigkeit seiner geologisch, kulturell und klimatisch zergliederten Gestalt in weitaus höherem Maße bietet als das zentrale Europa. Was früher als »Kirchturmoptik« einen schlechten Ruf hatte, bewahrt manchen Orten, die abseits der großen Verkehrsachsen liegen, noch Relikte jenes Italiens, nach dem sonnen- und lichtbegierige Nordeuropäer gesucht haben und immer noch su­

chen.

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Wer mit solchen Mikrokosmen vertraut ist, vornehmlich in den heutigen »Vor­

zeigeregionen« Toskana, Ligurien und den Marken, für die man sich im 19. Jahrhundert nur marginal interessierte, oder wer sich dort gar häuslich eingerichtet hat und gebor­

gen fühlt, kann sich die Reisebedingungen kaum mehr vorstellen, die der Aufbruch nach Italien in der Zeit vor der Eisenbahn und dem Automobil bedeutete.

Die Alpenüberquerung wurde noch in den ersten Jahrzehnten des ig. Jahrhunderts als furchteinflößend und schauerlich erlebt. Selbst für die von Kufstein über die Brenner­

straße kommenden Reisenden war die Fahrt durch die schroffen Felswände und Ab­

bräche der Südtiroler Gebirgsschluchten des Eisacktals ein Erlebnis, das erschauern ließ:

»Die ungeheuren Stücke, die früher von der Höhe schon losgerissen, und bis an den Weg gestürzt sind, vermehren mit jedem Augenblicke die Furcht des Reisenden. Wahrlich, es kömmt einem vor, als sollte man leise hier vorüberziehen, um ja diese Verderben schleu­

dernden Ungeheuer nicht aus ihrer Ruhe aufzuschrecken, und durch erschütterndes Geräusch des rollenden Wagens aus dem Zusammenhange bringen.« Dies ist die Schilde­

rung des Münchner Domherrn Balthasar Speth, der diese Fahrt im September i8r8 in Begleitung von Johann Georg Dillis machte, mit dem er ab und zu die Fahrstraße verließ, damit der Maler von einem malerischen Wasserfall »eine Abschrift« nehmen konnte.

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Als Befreiung und Erlösung wurde das Erreichen der warmen, fruchtbaren und bevölker­

ten Täler jenseits der Pässe, des südlichen Tirols, der Lombardei oder des Friaul wahrge­

nommen. Das wohlige Gefühl der überstandenen Gefahren stimmte auf die Weiterreise

durch einen »immerwährenden Lustgarten« ein, »wo Wein, Getreide und Obst, auf einem

und demselben Boden gedeihen, und wo man sagen kann, daß die Saaten zwischen den

Wäldern und die Wälder zwischen den Saaten wachsen [...] wo das hohe Korn im Schat-

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t e n d e r Bä u m e steht, u n d d i e W e i n r a n k e n , w e l c h e w i e G u i r l a n d e n v o n e i n e m B a u m z u m a n d e r n v o l l s c h w e r e r T r a u b e n h ä n g e n , v o n o b e n e i n e i m m e r f o r t g e h e n d e L a u b e b i l ­ d e n . «2 2 M i t d i e s e n W o r t e n m a l t K a r l P h i l i p p M o r i t z d i e E m i l i a u n d R o m a g n a , d i e er 1786 d u r c h f u h r , u m R i m i n i z u e r r e i c h e n . E i n e r d e r e r s t e n K ü n s t l e r , d e r d i e S e h e n s w ü r d i g k e i t e n s ü d l i c h d e s B r e n n e r p a s s e s b i l d l i c h f e s t g e h a l t e n h a t , w a r d e r 1494 g e n V e n e d i g z i e h e n d e A l b r e c h t D ü r e r , d e r j e d o c h n i c h t d i e d a m a l s w o h l n o c h w e n i g e r k u l t i v i e r t e n E b e n e n d a r ­

r e i s e n d e n e n t s t a n d e n , d e s s e n Z i e l e z w a r a u c h n o c h d i e d e r k l a s s i s c h e n K a v a l i e r s t o u r w a r e n , d e r e n V e r l a u f u n d S t a t i o n e n a b e r a n d e r s a l s d i e s e l o g i s t i s c h a u f w e n d i g e n u n d p o m p ö s e n U n t e r n e h m u n g e n n i c h t v o n g e s e l l s c h a f t l i c h e n R a h m e n p r o g r a m m e n u n d d e n T e r m i n e n d e r g r o ß e n l o k a l e n F e s t i v i t ä t e n - K a r n e v a l i n V e n e d i g , K a r w o c h e i n R o m , P f i n g s t e n i n B o l o g n a - b e s t i m m t w u r d e n .2 : 1 A n s t e l l e d e r k l a s s i s c h e n u n d i n g e w i s s e m S i n n e a u c h s c h e m a t i s c h e n I t i n e r a r i e n d e r K a v a l i e r s r e i s e k u l t i v i e r t e d i e s e r n e u e T y p d e s I t a l i e n f a h r e r s , f ü r d e n d e r B e g r i f f d e s » e m p f i n d s a m e n R e i s e n d e n « g e p r ä g t w u r d e ,2 4 d i e E r f a h r u n g v o n N a t u r , L a n d s c h a f t u n d V o l k . D a s ä s t h e t i s c h e E r l e b n i s d e r s ü d l i c h e n L a n d s c h a f t w a r d i e a u f r e g e n d s t e E n t d e c k u n g , d i e d e r W a n d e r e r a u s d e m N o r d e n m a c h t e . Er b r a c h t e d a z u w i c h t i g e V o r a u s s e t z u n g e n m i t , d i e d e m K a v a l i e r a u f G r a n d T o u r i n d e r R e g e l f e h l t e n . D e r W a n d e r e r , d e r i n e i n f r e m d e s L a n d k a m , m u s s t e p h y s i s c h u n d p e k u n i ä r a u t o n o m s e i n . O f t w a r e r a l l e i n u n t e r w e g s u n d f a n d s e i n e R e i s e g e f ä h r t e n p e r Z u f a l l ; i n d e r R e g e l h a t t e e r e i n h o h e s B i l d u n g s n i v e a u , e i n e a n h a n d d e r L i t e r a t u r z u v o r e r w o r b e n e O r t s k e n n t n i s u n d p a s s a b l e , m e i s t e n s a u s d e m L a t e i n i s c h e n h e r v o r g e ­ g a n g e n e S p r a c h k e n n t n i s s e ; d a z u w a r e r w i s s b e g i e r i g , a u f g e s c h l o s s e n , a u f n a h m e f ä h i g u n d j u n g , d a s h e i ß t g u t z u F u ß u n d r o b u s t g e n u g , u m e i n e l a n g e u n d b e s c h w e r l i c h e W a n d e r u n g z u w a g e n u n d g e s u n d z u ü b e r s t e h e n . Er w u r d e d i r e k t e r m i t d e n u n b e q u e ­ m e n S e i t e n d e s R e i s e n s k o n f r o n t i e r t a l s d e r M a n n v o n S t a n d , a b e r e r h a t t e d a f ü r m e i s ­ t e n s m e h r Z e i t u n d er s a h u n d b e r i c h t e t e ü b e r E r l e b n i s s e , d i e d e m b e q u e m R e i s e n d e n e n t g i n g e n . J o h a n n G o t t f r i e d S e u m e , d e r s e i n e W a n d e r u n g n a c h S y r a k u s g r ö ß t e n t e i l s z u F u ß u n t e r n a h m ,2 5 h i e l t d a s G e h e n » f ü r d a s S e l b s t ä n d i g s t e a m M a n n e , d e r s i c h , s o b a l d e r i m W a g e n f a h r e , u m e i n i g e G r a d e v o n d e r u r s p r ü n g l i c h e n H u m a n i t ä t e n t f e r n e « .2 6

S e i n e E r l e b n i s p e r s p e k t i v e w a r d a h e r v o n a n d e r e r A r t a l s d i e d e s i n e i n e r E q u i p a g e u n d m i t G e f o l g e r e i s e n d e n A r i s t o k r a t e n , f ü r d e n d i e W e g s t r e c k e z w i s c h e n d e n S t ä d t e n , a u f d i e s i c h s e i n s o z i a l e s u n d k u l t u r e l l e s I n t e r e s s e r i c h t e t e , b e s t e n f a l l s e i n e p i t t o r e s k e K u l i s s e b i l d e t e : » W e i l w i r b e s t ä n d i g f o r t r e i ß t e n , s o k o n t e n w i r a u c h w e n i g s e h e n , a u c h s e l b s t b e y T a g e , a u ß e r , d a ß w i r d i e z e r s c h i e d e n e A r t d e r G e g e n d E b e n e u n d B e r g e , d i v e r s e C u l t u r u n d d e r g l : b i ß z u m a n s p a n n e n d e r P o s t P f e r d e , h i e u n d d a e i n i g e G a s s e n u n d M a r c k t p l ä t z e , a u c h K i r c h e n o b e n h i n b e s a h e n . «2 7 D i e s ist d e r K o m m e n t a r , d e n d a s T a g e b u c h d e s O b e r h o f p r e d i g e r s F i s c h e r z u m V e r l a u f d e r K a v a l i e r s r e i s e g i b t , d i e d e r w ü r t t e m b e r g i s c h e H e r z o g K a r l E u g e n 1 7 5 3 m i t G e m a h l i n u n d g r o ß e m G e f o l g e u n t e r ­ n a h m .

D a s B e w u s s t s e i n d e r ä s t h e t i s c h e n D i m e n s i o n v o n L a n d s c h a f t w a r e i n e F o l g e d e s G a n g e s i n d i e N a t u r , d e r s e i t d e r z w e i t e n Flälfte d e s 18. J a h r h u n d e r t s a l s B e f r e i u n g a u s gestellt h a t , s o n d e r n d i e m a r k a n t e n B a u t e n u n d O r t e d e s s ü d l i c h e n T i r o l s : d a s m a l e r i s c h e K l a u s e n , d e n b i z a r r e n , a u s d e m T a l e m p o r r a g e n d e n B e r g v o n A r c o ( A b b . 2 ) o d e r d i e m ä c h t i g e B i s c h o f s b u r g v o n T r i e n t . Ä h n l i c h w i e s e i n e s p ä t e r e n M a l e r k o l l e g e n w a r a u c h D ü r e r b e s o n d e r s v o n d e r V e r s c h i e d e n a r t i g k e i t d e r F e l s f o r m a t i o n e n f a s z i n i e r t .

D E R E M P F I N D S A M E R E I S E N D E

Abb. 2 Albrecht Dürer: Berg von Arco, 1495, Paris,

Mitsee du Louwe, Departement des Arts graphiques I n d e n l e t z t e n b e i d e n J a h r z e h n t e n d e s 18. J a h r h u n d e r t s w a r e i n n e u e r T y p d e s I t a l i e n -

4 4

(6)

ta.' ' ^

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der Enge der Stadt erlebt wurde.

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Ausgehend hiervon gewann die Begegnung mit der vom Menschen unbeeinflussten Natur in der Epoche der Romantik eine Beziehung zum Seelenleben, die bis dahin unvorstellbar gewesen war und die Italiens Landschaf­

ten für mehr als ein Jahrhundert zu einem der bevorzugten Ziele für den in der freien Natur zeichnenden Künstler gemacht hat. Der Landschaftsmaler müsse »die Sommer­

monate in öden Landschaften zubringen, wo die Natur von Menschenhänden noch nicht verstümmelt ist [...] Je weniger die Gegenden kultiviert sind, je malerischer sind sie.«

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Dies war die Auffassung von Jakob Philipp Hackert, für den eine durch den Men­

schen geformte Kulturlandschaft wie die Toskana, die er als »wahren Garten« bezeich­

net, kein malerischer Gegenstand war. Diese Ansicht erstaunt bei einem Maler wie Hackert, der trotz seiner ausgiebigen Studien nach der freien Natur noch der Tradition der älteren Landschaftsmalerei verhaftet war. Zur Seelen- und Stimmungslandschaft verklärt wird die italienische Landschaft erst im rg. Jahrhundert: »Die Rosen blühen die Mauern herauf, der Sommerwind flüstert in den Ranken des Epheu's und süßer Duft weht von den Hängen der Berge. Die Cicaden zirpen ihr sommerfrohes Lied in den Weingärten, und die Schwalben schwingen die blitzenden Flügel um das ernste Gestein [...] Da löst sich die Seele vom Körper und fliegt auf den Schwingen des Traumes glück­

selig über das Land hin, dem entfliehenden Tage nach, in den reinen Aether hinein und taucht in dem abendlichen Purpur unter.«

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" Düsterer nimmt sich die Reaktion des Dresdner Landschaftsmalers Friedrich Wasmann auf die römische Campagna aus: »Die Campagna ringsum lag schweigend und totenstill wie ein Gottesacker, kein Laut eines Vogels ließ sich hören, und darüber spannte sich der tiefblaue italienische Himmel.

Man bringt sein Inneres unwillkürlich in Beziehung zur umgebenden Natur.«

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Aus solchen Stimmungen entstanden Studien und Skizzen, die auf die klassischen Kompositionsregeln der Landschaftsmalerei verzichten, um ein auffälliges Detail oder eine ausdrucks- oder stimmungsvolle Konstellation in den Blick zu nehmen (Abb. 3).

Gerade die unwirtliche und weitläufige römische Campagna wurde zum beliebten Mo­

tivreservoir für die Maler des 19. Jahrhunderts. Das Italienbuch von r876 warnt den Liebhaber deutscher Waldes- und Wiesennatur vor dieser Landschaft, »die sich dürr und leer wie eines Bettlers Hand ihm entgegenstreckt«, in der jedoch der Maler, der Dichter und der Denker »mit stummem Entzücken wandeln und anschauen, und aus den tiefgefurchten Linien dieser Hand alte Orakel lesen« kann und »die Campagnawan- derungen zu dem Schönsten rechnen, was Italien bietet«.

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Liest man, was Gregorovius über diese Landschaft schreibt, die heute nur noch in oasenartigen Rückzugsgebieten existiert, so gewinnt man eine Vorstellung von der Überwältigung, die sie einst hervor­

gerufen hat: »Ich habe die meisten Gefilde Italiens durchzogen, ich habe die berühmten Fluren von Agrigent und Syrakus durchwandert, aber trotz aller Farbenpracht jener süd­

lichen Zone muß ich doch bekennen, daß mir die Campagna von Rom und Latium den mächtigsten Eindruck macht. Diese Landschaft [...] bleibt immer neu und groß für mich, und sie erweckt mir, wenn ich sie verließ, immer wieder dieselbe Sehnsucht [...].

Durchaus von großem historischen Stil und von der feierlichsten Ruhe des Tragischen ist die Campagna von Rom allein [...]. Kein Wort des Poeten, kein Pinselstrich des Malers, so viele Bilder davon gemalt sind, kann die verklärte Heldenschönheit Latiums auch nur andeutend demjenigen ahnen lassen, der sie nicht selber sah und emp­

fand.«

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Der Blick auf die weite römische Ebene, auf das Tyrrhenische Meer, in dem sich die untergehende Sonne spiegelte, die Faszination durch die von Grün überwucherten Felsformationen und Ruinen ist hundertfach festgehalten und in unzähligen Varia­

tionen auf das Papier oder die Leinwand fixiert worden. Die »Aufnahmen vor dem

Abb. ;j Ernst Willers: Felswand bei Cervara, 1842, Oldenburg, Landesmuseum für Kunst und Kultur­

geschichte

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Objekt«-oft sehr viel reizvoller als die Kompositionen-verschwanden in Nachlässen und Konvoluten, die erst in den letzten Jahrzehnten als Vorboten eines oft erstaunlich modernen und individuellen Blicks ins allgemeine Bewusstsein getreten sind. Aus­

lösend für eine Studie war die Konfrontation mit Anblicken und Landschaftssitua­

tionen, die den im visuellen Gedächtnis verankerten Gemälden von Claude Lorrain, Nicolas Poussin und von Gaspard Dughet Poussin glichen. Auch Karl Friedrich Schin­

kel, der auf seiner ersten Italienreise von 1803 bis r8os zahlreiche Skizzen, Veduten und Landschaftsstudien angefertigt hat, fühlt sich an »ein Bild in dem Geist des Caspar Poussin« erinnert, als er nach San Lorenzo Nuovo am Lago di Bolsena kommt, wo sich seinem Blick üppige Baumgruppen und kleine Wasserfälle in einem Felsental darbie­

ten.

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Als »Poussin-Tal« wurde noch im 20. Jahrhundert eine Partie bei Crotta Rossa im Norden Roms bezeichnet (Abb. 4),

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etwa 2 km entfernt vom Ponte Milvio, bis zu dem die nach dem Norden Heimkehrenden von der deutschen Künstlerkolonie begleitet wurden. Camille Corot hat noch 1826 das r624 von Poussin entdeckte und das auch von Lorrain mehrfach als »point de vue« verwendete Motiv aus der gleichen Perspektive gemalt.

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Das heute bewaldete Tal mit dem mächtigen Castello La Crescenza im Hinter­

grund ist eine der wenigen Oasen, die, obwohl im unmittelbaren Weichbild Roms gele­

gen, erstaunlicherweise erhalten geblieben sind.

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Würde man einen Katalog der Lieblingsmotive der nach und in Italien reisenden Künst­

ler aufstellen, so gehören schroffe und bewachsene Felsen und tiefe Schluchten, wie sie in der Nähe von Civita Castellana, Subiaco oder in Cervara di Roma (Abb. 5, Kat. 123, t2s), dem Schauplatz der weinseligen deutschen Künstlerfeste,

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zu finden waren, bis ins späte rg. Jahrhundert zu den Favoriten. Küstenfelsen wie die Faraglioni und die Grotten der Insel Capri (Kat. 12, 121, 124, 128), die antiken Steinbrüche von Syrakus, das Nymphäum der Egeria an der Via Appia Antica (Kat. 157), die Wasserfälle von Terniund von Tivoli (Kat. 1, try, 118), die Quellen des Clitumnus, stille und stimmungsvolle Berg­

seen, Klöster und Orte auf hohen Felsen, im Licht verschwimmende Bergkonturen, malerische und schattige Wege mit Brunnen, Wäscherinnen, Hirten und Ziegen, sowie das breite Spektrum der mediterranen Flora von den immergrünen »Schwarzeichen« zu den bizarren Agaven - all das gehörte zum Reservoir »malerischer« Gegenstände. Auch die antiken Ruinen Roms, die seit dem r6. Jahrhundert ein beliebtes Thema für die Studien der Künstler aus dem Norden waren (Abb. 6), hatten im frühen 19. Jahrhundert ihren Reiz noch bewahrt und blieben so lange »malerische« Motive, bis im späteren 19. Jahrhundert ihre systematische Ausgrabung und Freilegung einsetzte. Sie betraf die ehemaligen »Ruinenlandschaften« des Palatin, des Forum Roinanum (Kat. t3i), der Villa Hadriana und Ostias ebenso wie die griechischen Tempel Siziliens: »Statt der vom Pflanzenwuchs umschlungenen Steinblöcke gestürzter Tempel, deren tragischen Un­

tergang die Natur selbst zu sühnen schien, indem sie diese zerstörte Pracht unter Blu­

men bestatteten, sieht jetzt der zu künstlerischen und dichterischen Empfindungen geneigte Wanderer mit Unwillen nur kahle, sorgsam gereinigte Architrave, Metopen, Triglyphen, Säulenstücke auf nacktem Erdboden gruppenweise hingelagert.«

39

So be­

schrieb Gregorovius 1886 die »von der klassischen Wissenschaft eroberte Trümmer­

welt« Siziliens, der die Poesie der Ruinen genommen worden war. Er konnte nicht wis­

sen, dass dies nur der Anfang der Musealisierung ehemals malerischer Ruinen war. Als

reizvoll und »malerisch« wurden außer lauschigen, öden und geschichtsträchtigen

Landstrichen, zu denen auch die antiken Ruinen von Alba Fucens

4

" und Corfinium in

den Abruzzen " gehörten, die Gebirgslandschaften der zentralen und südlichen Appe-

ninkette empfunden, denen die bedrohliche Enge und Schroffheit der Alpen fehlte. Den

(8)

»erhabenen Gefilden« der Abruzzen bei Sulmona, dem Geburtsort von Ovid, hat Grego- rovius eine Beschreibung von suggestiver Bildhaftigkeit gewidmet: »Es ist ein Zentrum gewaltiger Alpenwelt, aber einer italienischen, in dem smaragdenen feenhaften Licht des Südens. Auch auf diesen vorn Sonnenglanz umflossenen Bergen liegt wie auf den Schweizer Alpen ewiger Schnee, doch lastet er nicht darauf mit Lawinenwucht als Ele­

ment, er ist nur über die leuchtenden Felsenzacken wie von Geisterflügeln hinge­

haucht, um die magische Schönheit dieser Berge zu erhöhen.«

42

Obwohl die Wahrnehmung Italiens für den Durchschnittsreisenden des späten 19. Jahr­

hunderts von vorgeprägten Bildern bestimmt wurde, war - gemessen am heutigen frag­

mentierten Erfahrungshorizont-das Spektrum seiner Referenzpunkte thematisch immer noch sehr weit gespannt. Es sparte zwar oft die Moderne aus, die das geeinte Ita­

lien ab 1870 zu einer europäischen Mittelmacht aufstiegen ließ, aber die Wahrnehmung des Landes war differenziert und vielfarbig, wie selbst das genannte, für eine bürger­

liche Leserschaft produzierte Italienbuch von 1876 zeigt. Eine der vielleicht auffälligsten Eigenarten dieses Buches ist die geringe Relevanz dessen, was-vor allem seit Burck- hardts »Cicerone«

4

'

1

- den bildungsbeflissenen Reisenden mehr als Land, Leute und All­

tagskultur nach Italien zog, nämlich das Kunsterlebnis, das sich im 19. Jahrhundert auch auf die Toskana und Florenz ausgedehnt hatte. Hehn dagegen empfahl, sich die mit der Kunstreise verbundenen äußeren Mühen zu ersparen, und stattdessen »einige Prachtwerke mit Abbildungen italienischer Bauten, Figuren und Ornamente zu kaufen und des Abends gemüthlich, ohne Drehung des Halses und Schwindeln des Kopfes [...]

herumzureichen«

44

Der Grund dafür, dass Hehns »Rathschläge, die nicht im Bädeker stehen«, so sarkastisch und schneidend ausfielen, war aber nicht etwa die kritische Ein­

stellung, die als Kehrseite der Begeisterung für das Land und die Kunst Italiens seit Seu- mes »Spaziergang nach Syrakus« Bestandteil der Berichte der Nordländer war, sondern gerade die Passion und die gute Kenntnis des Landes, das Hehn dreimal bereist hatte.

Im Anschluss an seinen ersten Italienaufenthalt

1 8 3 9 - 1 8 4 0

hatte er sogar eine Studie über die Landschaft Italiens herausgegeben, in der er sich mit ihrer »Physiognomie«, der Morphologie, dem Klima und der Vegetation und deren Einfluss auf die Zivilisation auseinandersetzte.

45

In Analogie zur menschlichen Gestalt sah er in der geophysika­

lischen Gestalt Italiens eine über Zeit und Raum hinausragende erdgeschichtliche Di­

mension: »Die phantasievolle Zeichnung, die in der gröbern Schweiz nur als Ausnahme erscheint [...] wird hier das durchgängige Gesetz. Der harte Eigensinn, die ungeschickt aufgethürmte cyclopische Wuth ist getilgt; in Gestalten und Profilen herrscht eine reife Milde, plastischer Schwung, weicherer Wellenfluß, der aber den Ernst, die Bestimmt­

heit und Energie nicht ausschließt. Es ist als ob die bauende Thätigkeit der Erde nach einer Periode wilder Umwälzungen, deren Spuren in den Alpen vorliegen, hier in dem klassischen Lande sich beruhigt und geklärt hätte.«

4

'

1

Hehns Empfehlung für eine ange­

messene Italienreise folgt dem anspruchsvollen und daher zunehmend unzeitgemäßen Modell der »klassischen« Bildungsreise, das sich seit Goethes »Italienischer Reise« eta­

bliert hatte: »Um Italien, diesem höchst mannichfaltigen Lande, einiger Massen gerecht zu werden, sind alle vier Jahreszeiten nöthig, Karneval und Weinlese, Allerseelen und Ostern, Theater und Fastenpredigt, Saat und Ernte, Blumen und Früchte, - eben so alle Regionen, Land und Meer, Ebene und Gebirge, der Norden und der Süden, nicht bloß die Eisenbahn, sondern auch der steinige Reitweg, und die ländliche Schenke und der Umgang mit dem Volke wie mit dem Gebildeten. Und nicht bloß mannichfach ist das Objekt, sondern so eigen geartet, daß die ersten Blicke des Herantretenden ohne Ge­

nüge von ihm abgleiten, so spröde und in sich beschlossen, daß es sich nur einer lang-

. - - . i

Abb. 5 Johann Georg Dillis: Albaner See mit Palazzolo und Monte Cavo, UiiH, Privatbesitz

1--i t

5 v

Abb. 6 Maarten van Heemskeck: Blick auf das Velabrum, links der Janas Quadrifrons, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinelt

47

(9)

s a m e n U e b u n g u n d S e l b s t e r z i e h u n g zö g e r n d e r g i e b t . «1 7 Z u g l e i c h h a t t e d e r p o l i t i s c h l i b e r a l e H e h n a u c h e i n e n k l a r e n u n d a u f m e r k s a m e n B l i c k f ü r d i e G e g e n w a r t u n d a u f d i e P o l i t i k . S e i n F a z i t z u m V e r g l e i c h z w i s c h e n d e m n a t i o n a l e n I t a l i e n u n d d e m d e u t ­ s c h e n R e i c h l a u t e t : » W e n n s o v i e l e s i n P r e u ß e n u n d D e u t s c h l a n d d e n I t a l i e n e r n a l s V o r ­ b i l d e n t g e g e n g e h a l t e n w e r d e n k a n n , z u r B e s c h ä m u n g u n d z u r N a c h e i f e r u n g [...] s o k a n n u m g e k e h r t I t a l i e n m i t S t o l z a u f d i e A r t h i n w e i s e n , w i e d i e p o l i t i s c h e E i n h e i t d o r t , u n d w i e s i e s i c h i n D e u t s c h l a n d v o l l z o g e n h a t . «4 8

D I E K L A S S I S C H E N D I C H T E R A L S R E I S E B E G L E I T E R Abb. 7 lakob Philipp Hackert: Lago dAverno, 179-1.

München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen,

Neue Pinakothek D e r T o p o s v o n I t a l i e n a l s d e m L a n d , i n d e m g r i e c h i s c h e K u l t u r u n d g r i e c h i s c h e G r ö ß e i h r e n e u e H e i m a t g e f u n d e n h a t t e n , w a r d a n k d e r k l a s s i s c h e n A u t o r e n u n d D i c h t e r a l l g e ­ g e n w ä r t i g u n d b e s t i m m t e i n V e r b i n d u n g m i t d e n R e i s e s t a t i o n e n d e r g e b i l d e t e n N o r d ­ l ä n d e r w ä h r e n d d e s 18. u n d 19. J a h r h u n d e r t s d i e W a h r n e h m u n g d e r L a n d s c h a f t u n d d e r T o p o g r a p h i e I t a l i e n s ;4 9 S e l b s t d e r W a n d e r e r f ü h r t e d i e w i c h t i g s t e n T e x t e i n s e i n e m G e p ä c k m i t s i c h .5" S e u m e e t w a h a t t e H o m e r , T h e o k r i t , A n a k r e o n , P l a u t u s , H o r a z , V e r g i l , T a c i t u s , S u e t o n , T e r e n z , T i b u l l , C a t u l l , P r o p e r z i n s e i n e m R u c k s a c k .5 1 Z u m B i l d u n g s ­ k a n o n d e r R e i s e n d e n g e h ö r t e m i t e i n e r h e u t e n i c h t m e h r v o r s t e l l b a r e n S e l b s t v e r s t ä n d ­ l i c h k e i t d i e L e k t ü r e d e r a n t i k e n T e x t e , o f t g e n u g a u c h i n d e r O r i g i n a l s p r a c h e . D i e s gilt a u c h n o c h f ü r G r e g o r o v i u s u n d H e h n , d i e - s e l b s t a n u n s c h e i n b a r e n O r t e n - b e i h i s t o r i ­ s c h e n , g e o g r a p h i s c h e n , k l i m a t i s c h e n u n d l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n B e s o n d e r h e i t e n a n t i k e Z e u g e n a u f r u f e n : » W o m a n i n I t a l i e n a u c h g e h e n m a g , i n d i e s e n P a r a d i e s e n d e r Natur, d i e i m m e r w e c h s e l n u n d v o m S c h ö n e n z u m S c h ö n e r n f ü h r e n , ü b e r a l l r a u s c h e n d i e Q u e l l e n d e r G e s c h i c h t e . Ü b e r a l l s t e i g e n v o n d e r M y t h e b i s a u f u n s e r e G e g e n w a r t h e r a b G e i s t e r u n d G e s t a l t e n d e r m ä c h t i g s t e n u n d r e i c h s t e n G e s c h i c h t e a u f , d i e i h r e n B e z u g a u f d i e W e l t n i m m t . «5 2 D i e a n t i k e n A u t o r e n , a l l e n v o r a n V e r g i l u n d H o r a z , w u r d e n m e m o ­ r i e r t o d e r z i t i e r t , u m s i c h a u f d i e w e l t g e s c h i c h t l i c h e n D i m e n s i o n e n d e s R e i s e e r l e b n i s s e s e i n z u s t i m m e n , d i e s i c h , a n d e r s als a n d e n a n t i k e n M o n u m e n t e n R o m s , n u r d e m G e b i l ­ d e t e n u n d m i t p o e t i s c h e r E i n b i l d u n g s k r a f t b e g a b t e n R e i s e n d e n o f f e n b a r t e n : » D e r E i n ­ d r u c k e i n e s g r o ß e n L a n d s c h a f t s g e m ä l d e s e r h ö h t s i c h f ü r d e n D e n k e n d e n , w e n n er es m i t d e r G e s c h i c h t e z u v e r b i n d e n w e i ß u n d w e n n e s ü b e r h a u p t v o n d i e s e r b e l e b t w i r d . «5 3

E i n m a r k a n t e s f r ü h e s B e i s p i e l d a f ü r s i n d d i e R e i s e b r i e f e v o n K a r l P h i l i p p M o r i t z , d e r V e r g i l b e r e i t s i n M a n t u a , w o d e r a n t i k e D i c h t e r d a s L i c h t d e r W e l t e r b l i c k t h a t t e , z u s e i n e m l i t e r a r i s c h e n R e i s e b e g l e i t e r e r w ä h l t h a t . V i e l l e i c h t s t a n d e n d a h i n t e r a u c h l i t e r a ­ r i s c h e A m b i t i o n e n , h a t t e d o c h k e i n G e r i n g e r e r a l s D a n t e i n V e r g i l s B e g l e i t u n g s e i n e i m a g i n ä r e R e i s e g e m a c h t , d i e o f t a u f d i e t o p o g r a p h i s c h e n u n d l a n d s c h a f t l i c h e n M e r k ­ m a l e I t a l i e n s B e z u g n i m m t .5 1 W ä h r e n d D a n t e a b e r V e r g i l a l s B e s c h ü t z e r i n d e r H ö l l e u n d i m F e g e f e u e r b e n ö t i g t , u m s c h l i e ß l i c h m i t B e a t r i c e s G e l e i t i n d a s h i m m l i s c h e P a r a ­ d i e s z u g e l a n g e n , b e g l e i t e t er M o r i t z b e i s e i n e m E r l e b n i s d e r i r d i s c h e n P a r a d i e s e , d i e er b e i s e i n e r R e i s e d u r c h I t a l i e n k e n n e n l e r n t . I n d e r r ö m i s c h e n V i l l a M e d i c i e n t d e c k t er:

» N a t u r u n d K u n s t h a b e n s i c h h i e r w i e v o n s e l b e r d i e H a n d g e b o t e n , u m i n d e r r e i n e n Ä t h e r l u f t , d i e m a n h i e r e i n a t m e t , e i n P a r a d i e s z u s c h a f f e n . «5 5

V o r a l l e m d i e G e g e n d u m N e a p e l , w o d e r i n B r i n d i s i v e r s t o r b e n e D i c h t e r d e r A e n e i s s e i n G r a b g e f u n d e n h a t t e , g a l t a l s » v e r g i l i s c h e s L a n d « . M o r i t z ü b e r l ä s s t s i c h w i e u n z ä h ­ l i g e R e i s e n d e v o r u n d n a c h i h m i n d e r H ö h l e d e r C u m ä i s c h e n S i b y l l e a m S e e v o n A v e r n o d e r E v o k a t i o n d e s » s c h a u e r v o l l e n E i n g a n g [ s ] i n d i e U n t e r w e l t , i n w e l c h e m A e n e a s b e h e r z t s e i n e r F ü h r e r i n d a h i n f o l g t e , w o a n d e n S c h w e l l e n d e s O r k u s d i e F u r i e n m i t S c h l a n g e n h a a r e n a u f e i s e r n e n B e t t e n s c h l i e f e n « ( A b b . 7 ) .5 6 A u c h d i e G r o t t e d e s

4 8

(10)

tix >

v^»

/I iib. 8 A'ar/ Friedrich Schinkel: Castro Giovanni mit dem Aetna, 1803-1805, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett

Posillipo, ein antiker Tunnel, der Neapel mit Pozzuoli verband, war trotz seines Staubs und der Unannehmlichkeiten seiner Benutzung für die Reiseliteratur und die Reisen­

den ein ehrwürdiger Ort,''

7

wurde doch der an seinem Eingang befindliche antike Grab­

bau als Vergils Grab gedeutet.

58

Die zahlreichen Darstellungen der suggestiven Anlage verdeutlichen, dass dieser heute bis zur Unkenntlichkeit vernachlässigte Ort eine der großen Attraktionen für die Künstler aller Nationalitäten war (Abb. 1). Neapel hatte sich erst im Verlauf des 18. Jahrhunderts durch die Ausgrabungen von Herculaneum und Pompeji und durch die Vesuvausbrüche als unabdingliche Station der Italienreise etab­

liert. Noch im 19. Jahrhundert war Campanien der Inbegriff eines Paradiesgartens, von dem auch Victor Hehn ein anschauliches Bild entwirft: »Und Frücht' auf Früchte wech­

seln durch das Jahr. In der Campagna felice ruht die Bodenarbeit eigentlich nie und kein Monat im Jahre bringt vollkommenen Stillstand: auf die Feldfrucht folgen Bohnen als Winterfutter und dann wieder Weizen oder Mais und abermals Lupinen oder Wasser­

melonen oder purpurblütiger Klee u.s.f. Dies ist Oasenfülle, Oasensegen. Aber steigt man von solchen Paradiesen in das Berggewirre auf, da beginnt jenseits der Olivenre­

gion die Wüstenflora.«

5

'

J

Die Verheißung des südlichen Paradieses konnte der Wanderer bereits von den Albaner Bergen aus als Ansicht und Ahnung erleben: »Wer den Monte Cavo, den höchsten Gipfel des Albaner Gebirges bestiegen oder auch nur von Genzano nach Velletri zu gegangen ist, der erinnert sich des Vorgebirges der Girce, der blauen Felsensphynx, der Circe, die jenseits der pontinischen Sümpfe den Eingang in das ei­

gentliche Paradies des Südens bewacht.«''

0

Die an Evokationen reiche »Campania felix« - Moritz gedachte in Pozzuoli auch des hei­

ligen Paulus, der dort Station gemacht hatte - eignete sich in jeder Weise zu einer kon­

trastvollen Wahrnehmung zwischen Genuss und Schaudern, Paradies und Hölle. Den Vesuvausbruch im März 1787 erlebte Goethe als einen »mitten im Paradies aufgetürm­

ten Höllengipfel« (vgl. Kat.6)/'

1

Goethe, der mit dem »Volkmann« reiste/'

2

war konse­

quent den Spuren der Antike gefolgt, die ihn auf dem schnellstmöglichen Wege nach Rom geführt hatten. Mit seiner anschließenden Sizilienreise betrat er, nun ausgestattet mit dem »Riedesel«''

3

, ein bis dahin nur ausnahmsweise von der Grand Tour betretenes Reich. Die Abreise nach seinem zweiwöchigen Aufenthalt in Palermo im April 1787 nahm er als Abreise aus »diesem Paradies« wahr/'

4

Fasziniert von Gesteinsformationen, den Ausblicken auf die Küsten des Meeres, von den Tempeln in Segesta, dem blühen­

den Agrigent mit seinen Tempelruinen, der unwirtlichen Gegend bei Castro Giovanni

49

(11)

(Abb. 8), notiert er kurz vor der Ankunft in Catania zu einer Studie des ihn begleitenden Malers Kniep: »Kniep hatte eine recht bedeutende Ferne umrissen, weil aber der Mittel- und Vordergrund gar zu abscheulich war, setzte er [...] ein Poussinsches Vorderteil daran, welches ihm nichts kostete und das Blatt zu einem ganz hübschen Bildchen machte.«''

5

Während Goethe auf die Besichtigung von Syrakus verzichtete, widmete Schinkel im Mai 1804 dem Theater und der »kleinen Unterwelt« der unterirdischen Steinbrüche der Latomien und der Grotte mit dem sogenannten Ohr des Dionysos eine ausführliche Erkundung (Abb. 9). Enttäuschung überkam ihn allerdings an der zum VVaschtrog verkommenen Quelle der Arethusa, ein Anblick, der ihm »das schönste Bild der Phantasie verdarb«.

66

Im Vorgebirge Eryx bei Trapani gedenkt er des Aeneas, der hier seinen Vater begrub, und des Odysseus, dessen Abenteuer in den Höhlen der Zyklopen begannen, die hier von Jupiter besiegt worden waren.

67

Seine bei Castro Gio­

vanni, dem »Nabel Siziliens«, aufgenommene Landschaft nimmt die monumentalen griechischen Landschaften vorweg, die Carl Rottmann Jahrzehnte später schaffen sollte. Noch 1886 war die Allgegenwart der antiken Literatur für den Sizilienreisenden eine Selbstverständlichkeit: »Jeder weiß aus dem Virgil, daß Drepanum neben Segesta der wichtigste Schauplatz der >Aeneide< ist, und zwar wegen des uralten Kultus der Aphrodite, der göttlichen Mutter des trojanischen Heros. Anchises stirbt in Depranum, Aeneas bestattet ihn und segelt nach Afrika [...]. Ein Enthusiast des Virgil wird demnach am Fuße des Eryx mit derselben Andacht umherwandern wie in Ardea, Lavinium und Albalonga.«

68

Tatsächlich gab es auch in Latium genügend Orte, die an Vergil und seinen »Titelhelden« Aeneas erinnerten, den »einst von den Ufern von Troja / Nach Italien flüchtig sein Los an Laviniums Küsten / Trieb«,

69

wo sein Sohn Ascanius-Julus die Stadt Alba Longa gründen wird. Alba Longa befand sich etwa da, wo heute Castel Gandolfo über dem Albaner See thront, dem Zeitgenossen vertraut als Sommersitz des Papstes und früher einer der Orte in der näheren Umgebung Roms, die auch vielen Reisenden und Künstlern die Illusion gaben, sich zeitweise in einem Paradies aufzuhal­

ten (Abb.

10).

Das Hügelland der Albaner Berge, Praenestes und Tivolis vermittelte seit der Antike das Wohlgefühl, der Stadt und ihren Geschäften und Ärgernissen entkommen zu kön­

nen, ohne auf ihre sozialen Annehmlichkeiten zu verzichten. »Negotium« und »otium«

ließen sich so in dem harmonischen Gleichgewicht halten, das der römische Patrizier zu seinem Lebensprinzip erhoben hatte. Die »villeggiatura«, von dem die Römer seit der Renaissance erneut ausgiebig Gebrauch machten, indem sie sich, vor allem in Fras- cati und in Tivoli, stattliche Villen nach imperialem Vorbild errichten ließen, wurde auch von den reisenden Nordländern des 18. Jahrhunderts gepflegt. Der Besuch der Herzogin Anna Amalia zu Anfang des Monats Mai 1789 in der Villa d'Este in Tivoli, der in einem Aquarell von Johann Georg Schütz (Rom, Bibliotheca Hertziana) überliefert ist, vermittelt jene bewusst erlebte Atmosphäre gepflegter intellektueller Geselligkeit im Angesicht von großer Geschichte und Literatur. Herder, der die Reisegesellschaft der Herzogin nach Tivoli begleitete, verdankte diesem Erlebnis einen versöhnlichen Ab­

schied von Rom, das ihn ansonsten eher enttäuscht hatte.

70

Moritz, der die Exkursion in

die Berge des oberhalb von Frascati gelegenen antiken Tusculum etwa zur gleichen Zeit

wie Herder unternahm, beschreibt seine Wanderung wie folgt: »Hier wandle ich auf den

höchsten Gipfeln der tuskulanischen Hügel unter den Ruinen von dem Landsitze des

Cicero. Zu meiner Rechten schimmert aus den sabinischen Bergen das glückliche Tibur

hervor, welches Horaz besang. Vor mir in der Ebne liegt Rom auf seinen Hügeln, über

welche alle die majestätische Kuppel der Peterskirche, selbst einem Berge ähnlich, weit

emporragt. In der Ferne das Meer, auf welchem das bloße Auge die segelnden Schiffe

(12)

Abb. i o Johann Woljgang von Goethe: Albaner See mit Castell Gandolfo, 1787, Klassik Stiftung Weimar

entdeckt. Dort die sehnlich gewünschten Ufer, wo nach so mancher Widerwärtigkeit und üherstandenen Stürmen, der fromme Aeneas landete und auf jenem Fleck, wo itzl ein kleines Vorwerk steht, für seine geflüchteten Trojaner in dieser neuen Heimat die erste Stadt erbaute. Zu meiner Linken der Hügel von Alba Longa, und hinter mir der Gipfel von dem albanischen Berge, wo einst der Tempel des Jupiter Latialis stand, bei welchem die Völker Latiums alljährlich ihr Bündnis erneuerten. Zu meinen Füßen, am Abhang des tuskulanischen Hügels, liegt Frascati, in dem Bezirk, den eine einzige Villa des Lukullus einnahm, von welcher sich noch die Spuren in Ruinen zeigen.«

71

Die Lektüre der antiken Dichter an Orten, die sie besungen oder beschrieben hat­

ten, löste ein starkes emotionales Erlebnis aus, in das sich gelegentlich der Stolz über die besseren Reisekonditionen der Gegenwart mischt: »Horaz machte damals nur kleine Tagereisen, er hielt das erste Nachtlager nur drei deutsche Meilen von Rom zu Ariccia, wo wir gestern vorbeifuhren, und das zweite in Forum Appii, wo wir heute Mor­

gen schon würden vorbeigekommen sein, wenn noch eine Spur davon vorhanden wäre.«

72

Durch das Wandern und Reisen mit historischem Gepäck intensivierte sich nicht nur die Wahrnehmung der Orte, sondern schärfte sich auch der Sinn für die Kon­

traste zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart, so etwa auf Capri, wo Moritz nach seiner Besteigung des Monte Solaro und der Erinnerung an die Grausamkeiten des Kaisers Tiberius, »der hier seinen Wollüsten fröhnte«, die folgende Betrachtung an­

stellt: »Da wir wieder hinabstiegen, kamen wir an das niedrige, sehr ländlich und sim­

pel gebaute Lustschloß des Königs von Neapel, welcher hier offene Tafel hält, bei der die Bauern von Capri Zuschauer waren. Diese Insel ist der liebste Sommeraufenthalt des Königs, wo er sein Ergötzen daran findet, Wachteln zu schießen [...]. In diesem ruhigen Bezirk fühlt man sich wie zu Hause, denn alles ist so schön und wirtbar, daß einem dünkt, man müsse ewig hier bleiben.«

73

Am Ende seiner zweijährigen Italienreise lagerte sich Moritz mit seinem Vergil in der Hand am Ufer des Mincio in Mantua und resümierte seine Erfahrungen wie folgt: »Von den Gegenständen, welche damals noch in dunklen Träumen vor mir schwebten, trage ich nun ein getreues Bild in meiner Seele.«

74

Wie getreu das Bild war, bleibt eine nicht zu beantwortende Frage. Fest steht nur, dass viele Fremde, die sich in Rom oder bei ihren Wanderungen in der Umgebung kennenlernten, ähnlich gestimmt waren. Der Austausch der Erlebnisse und die Mit­

teilung von Stimmungen beflügelte ihre Konversation, wie Moritz uns wissen lässt:

»Man spricht mit Bewunderung und Enthusiasmus über das, was man gesehen, und

jeder sucht dem andern seine Empfindung mitzuteilen, weil es selbst der Eigenliebe

schmeichelt, für den Genuß des Schönen hinlängliche Empfänglichkeit zu haben.«

75

Im

(13)

Abb. 11 Jakob Philipp Hackert: Ansicht von Vicova.ro, 17H0, Düsseldorf, Goethe-Museum, Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung

U n t e r s c h i e d z u G o e t h e , m i t d e m e r i n R o m z u s a m m e n g e t r o f f e n w a r , h a t M o r i t z s e i n e I m p r e s s i o n e n a u s s c h l i e ß l i c h i n s u g g e s t i v e s p r a c h l i c h e B i l d e r g e f a s s t , u m s i e i n s e i n e r S e e l e z u v e r a n k e r n . G o e t h e d a g e g e n w a r v o n d e n » wü r d i g e n G e g e n s t ä n d e n « , d i e er i n d e r U m g e b u n g R o m s e n t d e c k t e , e h e r v i s u e l l i n s p i r i e r t , s o d a s s er s e i n e k ü n s t l e r i s c h e n T a l e n t e a k t i v i e r t e , u m e s i m Z e i c h n e n z u d e m G r a d e z u b r i n g e n , » w o m a n m i t L e i c h t i g ­ k e i t e t w a s m a c h t « . Z e i t w e i s e g i b t er s i c h d e r I l l u s i o n e i n e r Z u k u n f t a l s M a l e r h i n : »In d i e s e n G e g e n d e n m u ß m a n z u m K ü n s t l e r w e r d e n , s o d r i n g t s i c h a l l e s a u f , m a n w i r d v o l l e r u n d v o l l e r u n d g e z w u n g e n , e t w a s z u m a c h e n . «7 6

E i n e d e r f r ü h e s t e n u n d w i r k u n g s r e i c h s t e n b i l d l i c h e n E v o k a t i o n e n d e r A n t i k e in V e r b i n d u n g m i t d e r L a n d s c h a f t L a t i u m s s i n d d i e Zehn Aussichten von dem Landhause des Horaz, d i e J a k o b P h i l i p p H a c k e r t 1 7 8 0 a l s G o u a c h e n g e s c h a f f e n h a t u n d d i e a l s K u p ­ f e r s t i c h f o l g e e i n e g r o ß e B e k a n n t h e i t u n d V e r b r e i t u n g e r l a n g t e n . I n s e i n e m v o n G o e t h e r e d i g i e r t e n » F r a g m e n t ü b e r L a n d s c h a f t s m a l e r e i « h a t H a c k e r t d i e e m o t i o n a l e W i r k u n g d i e s e r 1769 v o n i h m i n G e s e l l s c h a f t v o n J o h a n n F r i e d r i c h R e i f f e n s t e i n e r w a n d e r t e n G e ­ g e n d e n i n f o l g e n d e r W e i s e c h a r a k t e r i s i e r t : » V i e l e L a n d s c h a f t e n m a c h e n u n s e i n a u ß e r ­ o r d e n t l i c h e s V e r g n ü g e n , w e n n s i e u n s G e g e n d e n v o r s t e l l e n , w o g r o ß e T a t e n g e s c h e h e n s i n d , als S c h l a c h t e n u n d a n d e r e g r o ß e B e g e b e n h e i t e n d e r G e s c h i c h t e . W e n n R e i s e n d e s o l c h e G e g e n d e n g e s e h e n h a b e n , u n d f i n d e n s i e n u n m i t T r e u e u n d a n g e n e h m e r W a h r ­ h e i t i m G e m ä l d e v o r g e s t e l l t ; s o e r w e c k t e s i h n e n e i n e g a n z e R e i h e h i s t o r i s c h e r u n d a n ­ d e r e r b e d e u t e n d e r V o r s t e l l u n g e n . A u c h G e g e n d e n , w o b e r ü h m t e M ä n n e r g e l e b t u n d g e w o h n e t h a b e n , i n t e r e s s i e r e n ö f t e r s L i e b h a b e r u n d H a l b k e n n e r . «7 7 O b e i n s o l c h e s U n ­ t e r n e h m e n f ü r d e n z e i c h n e n d e n K ü n s t l e r e b e n s o g e n u s s v o l l war, ist d u r c h a u s f r a g l i c h . H a c k e r t h a t d i e W a n d e r u n g e n i n d e n S a b i n e r B e r g e n , d e r M o n t i L u c r e t i i i u n d i m T a l d e s L i c e n z a i n d e n S o m m e r m o n a t e n g e m a c h t u n d s e i n e d e r S e r i e v o r a n g e s t e l l t e K a r t e z e i g t , d a s s d i e s e d i c h t b e w a l d e t e n O r t e S c h a t t e n u n d W a s s e r s p e n d e t e n ; d e n n o c h a b e r h a n d e l t e e s s i c h u m e i n s a m e G e g e n d e n , d i e k e i n e g a s t l i c h e n T a v e r n e n u n d H e r b e r g e n z u b i e t e n h a t t e n . D i e b u k o l i s c h e I d y l l e d e r L a n d s c h a f t , i n d e r s i c h d i e V i l l a S a b i n u m b e f u n d e n h a t t e , d i e H o r a z i n s e i n e n D i c h t u n g e n a l s » l o c u s a m o e n u s « v e r k l ä r t e , b e l e b t H a c k e r t m i t e i n e r » z e i t g e n ö s s i s c h e n « , z u g l e i c h a b e r a u c h z e i t l o s e n F i g u r e n s t a f f a g e ( A b b . 11). Z w i s c h e n d i e H i r t e n , d i e h e i m k e h r e n d e n L a n d l e u t e , d i e j u n g e n B ä u e r i n n e n m i t i h r e n K i n d e r n m i s c h e n s i c h Z i e g e n , E s e l u n d R i n d e r u n d e i n o d e r z w e i » W a n d e r e r « , d e r e n G e s t e n u n d P o s e n d i e E b e n e d e s B e t r a c h t e r s i n s B i l d e i n f ü h r e n .7 8 I n s e i n e r b e ­ reits i m F l o r e n t i n e r » E x i l « e n t s t a n d e n e n W a l d l a n d s c h a f t m i t d e m s c h l a f e n d e n H o r a z h a t H a c k e r t d i e l i e b l i c h e L a n d s c h a f t d e s S a b i n u m , n u n m i t a n t i k e r S t a f f a g e , n o c h e i n ­ m a l a u f g e r u f e n ( v g l . K a t . 8 ) . D i e erst i n s p ä t e r e r Z e i t a u s g e g r a b e n e V i l l a f u n g i e r t i n H a c k e r t s A n s i c h t e n , d i e v o n V e r s e n a u s v e r s c h i e d e n e n D i c h t u n g e n v o n H o r a z b e g l e i t e t w e r d e n , a l s i d e e l l e s u n d i m a g i n ä r e s Z e n t r u m s e i n e r t o p o g r a p h i s c h g e n a u e n L a n d ­ s c h a f t e n .

E I N E L D O R A D O G L Ü C K L I C H E R B E W O H N E R ?

D a s i r d i s c h e P a r a d i e s , d a s j e n a c h V o r l i e b e a u c h z u m E l y s i u m o d e r z u m A r k a d i e n v e r ­ k l ä r t w i r d , w u r d e v o n d e n m e i s t e n R e i s e n d e n a l s E i n h e i t v o n N a t u r u n d K u n s t erlebt.7'' W ä h r e n d d i e B e v ö l k e r u n g d e r S t ä d t e d i f f e r e n z i e r t , k r i t i s c h , s t a u n e n d o d e r a u c h a m ü ­ s i e r t k o m m e n t i e r t w i r d , e r s c h e i n e n d i e M e n s c h e n a u f d e m L a n d als I n b e g r i f f v o n S c h ö n h e i t , H a r m o n i e u n d g l ü c k l i c h e r B e d ü r f n i s l o s i g k e i t . Es w a r e n v o r a l l e m d e r H a b i ­ t u s u n d d i e m a l e r i s c h e K l e i d u n g d e r F r a u e n , d i e d a s v o n W i n c k e l m a n n g e p r ä g t e B i l d d e r s c h ö n e n M e n s c h e n d e s a n t i k e n G r i e c h e n l a n d s e v o z i e r t e n . D i e » T r a c h t d e s h i e s i g e n

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Frauenzimmers« inspiriert Moritz bei Fondi zu folgender Bemerkung: »Ihr Gewand ist unter der Brust gegürtet und läßt den ganzen Wuchs des Körpers durchschimmern. Ihr Haar ist mit Blumen durchflochten. Das Gewand ist gemeiniglich von roter Farbe, dies mag nun aber noch so grob und armselig sein, so macht es bei Alten und Jungen, und auch bei denen die barfuß gehen, immer einen schönen Anblick. Weil es keine förm­

liche Kleidung, sondern gleichsam nur nachläßig umgeworfen scheinet, so sieht man nicht sowohl auf die Güte und Schönheit des Gewandes, als vielmehr auf die Gestalt, welche es verdeckt. Bei dem Anblick der reizenden Tracht, der Rosenbüsche und der Myrthenwälder, von denen man umgeben ist, glaubt man sich wirklich unter grie­

chischen Himmel versetzt.«

8

" Armut und Arbeit steigern also die Wahrnehmung der Anmut, so dass sich die Frage nach den harten Lebensbedingungen dieser Landleute nicht stellt. Wie nahe das Stereotyp der anspruchslosen, vergnügten und schönen Land­

leute der Vorstellung vom griechischen Leben kam, zeigt die Skizze einer jungen Was- serträgerin von Karl Friedrich Schinkel, die am Brunnen von Citta Ducale am Rand der Abruzzen entstand (Abb. 12). Angeregt durch das Wassergefäß »im Stil der schönsten alten Form« projiziert Schinkel ein durch die Kunst der Renaissance geprägtes antikes Idealbild auf seine »donna della montagna del Terminillo«.

8

'

Die in der naiven menschlichen Gestalt beobachtete Übereinstimmung von Natur und Ideal konkretisierte sich für die Künstlergeneration der deutschen Romantik in den Staffierungen ihrer Landschaften. Zugrunde lagen ihnen Skizzen, die das ländliche und dörfliche Volk bei ihren alltäglichen Verrichtungen festhielt und denen genau wie der Landschaft der Schleier der Idealisierung übergeworfen wurde. Während man in den bildlichen Darstellungen vergeblich nach den Spuren der Realität sucht, tritt sie in den Texten des späteren 19. Jahrhunderts deutlicher zu Tage: »Wer jemals das armselige Civitella ob Olevano [...] besuchte, der fragt sich verwundert: Aber was thun die Leute hier oben? Wovon leben sie? Denn da ist nichts, auch gar nichts was der Boden böte.«"- Gregorovius, der den Kirchenstaat und besonders die Bergregionen um Rom aufmerk­

sam und jahrelang durchstreift hat, um Archive zu erforschen, Monumente zu studie­

ren und Kulturzeugnisse aufzunehmen, fand es zwar wunderbar, dass er in den »Vignen des heutigen Menschengeschlechts das Georgikon Virgils« lesen konnte, »das herr­

lichste Denkmal der lateinischen Poesie«, und erkannte in Genazzano, »daß alle seine Bemerkungen, Regeln und Lehren so durchaus gültig sind, dass sie für die heutige Bodenkultur der Campagna geschrieben zu sein scheinen«, aber er erlebte auch den Kontrast zwischen der Üppigkeit der Natur und der elenden Realität ihrer Bewohner:

»Überblickt man diese Natur, so scheint sie ein Eldorado glücklicher Bewohner zu sein;

aber lebt man mit diesen, so tritt uns aus dem Paradiese zu oft ein hungerleidender Mensch entgegen.« Als Historiker konnte er auch ihre Ursachen benennen: »Es ist der alte Fluch der Latifundien welcher das Volk verarmen läßt.«

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Auch wenn die Bevölke­

rung der Albaner Berge von Frascati bis Velletri im 19. Jahrhundert ökonomisch vom Tourismus und von der Nähe zu Rom profitierte, der Wohlstand kam für sie erst mit der Aufhebung der Abhängigkeit vom Grundherrn, die Gregorovius als Grund der Verar­

mung der Landbevölkerung bezeichnet hat.

Denn* MiU /Hr*<*

Abb, 12 Karl Friedrich Schinkel:

1803-1805, Stein Hiebe Museen zu stichkabinett

Wasserträgern!, Berlin, Kupfer-

Das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit zog im 20. Jahrhundert die ehemals länd­

liche Bevölkerung je nach Herkunft an den am schnellsten erreichbaren Stadtrand von Horn, was die Verstädterung der römischen Peripherie zur Folge hatte. Die römische Pe­

ripherie wuchs daher entlang der großen Verkehrswege der Konsularstraßen unkon­

trolliert und krakenartig in das Hügelland der Albaner Berge im Süden und der Tibur- tiner und Prenestiner Berge im Osten und Südosten hinein. Der in der Stadt von den

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(15)

I

y

Abb. 13 Julius Schnorr von Carolsfeld, Velletri, 1820, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich- Kabinett

Abb. 14 Ludwig Richter: Der Abend, 1827/28 Dresden, Gemäldegalerie Neue Meister

J '

IX. i

ij-'s

.\bb. is Nach Anton von Werner: Stella, römisches Modell (gest. von Adolf Closs), 1874, in: Italien 1876, S. 2 ( 6

Landflüchtigen erarbeitete Wohlstand floss teilweise in die familiären Ursprungs­

gebiete zurück u n d wurde in die »Modernisierung« und Beseitigung der malerischen Bausubstanz der »Bergnester« investiert, die wegen ihrer frischen Luft während der hei­

ßen S o m m e r m o n a t e sowie ihrer Gemüsegärten u n d Weinberge auch von den »Neu­

römern« nicht aufgegeben wurden. Die malerische Schönheit der vielen kleinen Orte in der Umgebung Roms, in denen die deutschen Romantiker ein verklärtes Bild v o n einer harmonischen Einheit von Natur u n d Mensch erlebt hatten, ging auf diese Weise ver­

loren. Der »Gürtel« u m Rom, der durch seine Mischung aus ungezähmter Natur, Rui­

nen, malerischer Folklore und geschichtlichen Erinnerungen für die Freiluftmaler und die Zeichner so faszinierend war, ist heute durch Straßen, Industrieansiedlungen u n d eine i m m e r noch w u c h e r n d e Zersiedelung teilweise bis zur Unkenntlichkeit dena­

turiert. Die von Papst Urban VIII. angelegte schattige Steineichenallee (»Galleria di sopra«), die der Wanderer einst bewundern konnte, w e n n er von Castel Gandolfo nach A l b a n e wanderte, u m d a n n weiter auf der Via Appia nach Ariccia und schließlich nach Velletri zu gelangen (Abb. 13), ist heute eine asphaltierte Fahrstraße. Begibt m a n sich an den Albaner See oder an den geheimnisvolleren Nemisee, so gelingt es kaum mehr, die verborgenen Nischen zu finden, in denen die ehemalige Schönheit noch ahn- und er­

lebbar ist. Auch der Besuch in d e m einst wegen der Wasserfälle und der Villa d'Este mit ihren Zypressen so malerischen Tivoli verursacht d e m Kenner und Liebhaber der alten Ansichten einen Schock, ebenso wie ein Ausflug nach Olevano Romano, oder nach Bellegra, d e m ehemaligen Civitella di Subiaco. Wer erwartet, in d e m von Ludwig Richter in seinem G e m ä l d e »Der Abend« idealisierten Bergnest noch etwas von der spröden Schönheit einer der m o n u m e n t a l e n Gebirgslandschaft abgetrotzten Architektur zu fin­

den (Abb. 14), muss sich mit durch grauen Zementbewurf verunstalteten alten Häusern zufrieden geben, u n d er wird sich mit Kopfschütteln von d e m durch die Neubebauung seit den 1960er Jahren entstandenen formlosen Gebilde der »Vorstadt« abwenden, das keinerlei Rücksicht auf die alte Struktur nimmt. Das Panorama, das m a n von d e n Baiko­

n e n dieser Mietpaläste genießen kann, die sich heute im gesamten Gürtel u m R o m fin­

den, ist nach wie vor atemberaubend und dies ist der Grund dafür, dass die Bauspekula­

tion gerade in dieser Region so erfolgreich war. Bei aufmerksamer Suche findet m a n die markanten Blicke und Plätze noch, wie das Kreuz auf d e m Belvedere von Bellegra, von w o aus viele Landschaftsstudien entstanden sind (Kat. 154), und auch m a n c h e verbor­

gene Schönheit wie die kleine Kirche Santa Lucia u n d das Stadttor, durch das m a n z u m Kloster San Francesco gelangt, dessen lauschiger Park zwar nicht zugänglich ist, der aber noch in seiner alten Schönheit existiert.

Man m a g es bedauern, dass ein großer Teil der landschaftlichen Schönheiten von R o m s Umgebung diesem Prozess der Verstädterung des Landes z u m Opfer fiel, die sozialen u n d politischen G r ü n d e dafür sind j e d o c h nachvollziehbar. Victor Hehns Betrachtung über den »dritten Lebensabschnitt Roms« sah diese Veränderungen schon klar voraus: »Er wird und m u ß also k o m m e n , der Tag der Trauer, w o der stille, elegische Zauberhauch, der die sieben Hügel u n d die von ihnen getragenen Säulen, Bogen und Giebel und das sich vor den Thoren ausbreitende einsame Gefilde umweht, d e m ge­

m e i n e n Lärm moderner Staatsverrichtungen weicht, w o befehlshaberische Civil- und Militäruniformen, grade Linien, Gesundheits- und Reinlichkeitspolizei, vielleicht gar rauchende Schlote die reizenden Scenen des Volkslebens und die idealen Landschafts­

bilder entheiligen.«84 Dass die »reizenden Scenen des Volkslebens« 1876 bereits tou­

ristische Attraktionen geworden waren, zeigen die Figuren von jungen Landfrauen und Hirten, die im Reisebuch von 1876 als »Römische Modelle« bezeichnet werden (Abb. 15). Wie lang jedoch das Elend der wirklichen Hirten in der bereits z u n e h m e n d

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urbanisierten und kultivierten Campagna romana andauerte,

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hält der Baedeker von 1927 fest: »Noch immer dient der größte Teil des Landes als Weide für Schafe, Rindvieh und Pferde, und wenn im Mai Hirt und Herden in das Gebirge ziehen, fristen die weni­

gen, die zurückbleiben, ein kümmerliches Leben.«

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Der Kontrast zwischen der heutigen Gestalt der römischen Campagna und den in Licht, Farben und Formen gebannten Stimmungen, die von den nordischen Künstlern des 19. Jahrhunderts hier gesehen, erlebt und festgehalten wurden, könnte größer nicht sein (Abb. 16). Ihre Landschaftsstudien sind damit Zeugen und Erinnerungsträger einer Vergangenheit, deren Verlust die heutigen Bewohner dieser Gegenden kaum bedauern dürften. In der künstlerischen Gestaltungskraft, die viele dieser materialisierten Augen­

erlebnisse ausstrahlen, lebt jedoch die Sehnsucht nach einem erträumten Paradies weiter.

Abb. 16 Carl Hol/mann: Aquädukt in der Campagna Romana, 1826/27, Privatbesitz

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