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Archiv "Suchtmedizin: Evidenzbasierte Therapiestandards" (28.08.2006)

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ie Integration von Suchtforschung und Suchttherapie in die Medizin hat in den vergangenen zehn Jah- ren große Fortschritte erlebt. Durch Er- kenntnisse zur Interaktion neurobiologi- scher und psychosozialer Faktoren von Suchterkrankungen konnte eine prag- matische, an evidenzbasierten Kriterien orientierte Therapie etabliert werden, die nicht primär von traditionellen „the- rapeutischen Haltungen“, sondern von evidenzbasierten Konzepten getragen ist.

Dies wurde deutlich bei der 16. Wissen- schaftlichen Tagung der Deutschen Ge- sellschaft für Suchtforschung und Sucht- therapie (DG Sucht) Ende März in Regensburg, die unter dem Motto „Opti- mierung der Suchttherapie“ stand.

Auf Grundlage dieser Erkenntnisse konnten inzwischen für alle Bereiche der Suchtmedizin wissenschaftlich be- gründete Therapiestandards entwickelt werden. Die Behandlungsoptionen be- inhalten pharmakotherapeutische, psy- chotherapeutische und soziotherapeuti- sche Maßnahmen. Entscheidend ist, dass in den vergangenen Jahren die In- tegration vorher scheinbar gegensätzli- cher Behandlungsprinzipien gelungen ist und heute pharmakotherapeutische und psychosoziale Maßnahmen in ei- nem rationalen Therapieansatz in Kom- bination zur Anwendung kommen.

Auch die Suchtforschung, die neue Therapieinterventionen entwickeln und auf ihren Evidenzgrad prüfen kann, hat einen nachhaltigen Aufschwung erlebt.

Im vergangenen Jahrzehnt konnten sieben Professuren für Suchtforschung oder Suchttherapie an deutschen Uni- versitäten etabliert werden (Würzburg, Heidelberg/Mannheim, Essen, Dresden, Tübingen). Aktuelle Forschungsergeb- nisse erlauben eine klare Differen- zierung zwischen wirksamen, fraglich wirksamen und unwirksamen Therapie- maßnahmen. Die Aufgabe der Bewer- tung dieser Ergebnisse hat die DG Sucht im Auftrag der Arbeitsgemein- schaft der Wissenschaftlichen Medizi- nischen Fachgesellschaften (AWMF) in Kooperation mit der Deutschen Gesell- schaft für Psychiatrie und Psychothera- pie übernommen.

Die jüngst publizierten Ergebnisse der Leitlinienentwicklung wurden auf der Tagung vorgestellt (1), an der rund 200 Suchtexperten teilnahmen, um aktuelle Entwicklungen und Therapiestandards zu diskutieren. Der Herausgeber der in- ternationalen Fachzeitschrift „Addic- tion“, Robert West, charakterisierte in seinem Eröffnungsvortrag Sucht als sub- stanzinduzierte Störung des motivatio- nalen Systems. Damit ist die fehlende Abstinenzmotivation Kernsymptom je- der Suchterkrankung und indiziert eine

Behandlung. Sie kann nicht – wie häufig in der klinischen Praxis – zur Vorausset- zung für die Therapie gemacht werden.

Getragen von dieser Erkenntnis, beginnt die Suchttherapie heute zum frühstmög- lichen Zeitpunkt, häufig als motivationa- le Intervention, mit dem Ziel, eine Verän- derungs- und Behandlungsbereitschaft aufzubauen und zu stärken.

In den Vorträgen von Prof. Karl Mann, Mannheim, und Prof. Gerhard Bühringer, Dresden, wurde deutlich, dass die aktuelle diagnostische Klassifi- zierung der Abhängigkeitserkrankun- gen eine Einheitlichkeit suggeriert, die den unterschiedlichen suchtassoziier- ten Syndromen nicht gerecht wird. Ge- netische, neurobiologische und bildge- bende Forschungsergebnisse deuten auf differenzierbare Untergruppen Ab- hängigkeitserkrankter mit abgrenzbarer Vulnerabilität und Verlauf hin, die in Zukunft einer stärker individualisierten und an die Symptomatik angepassten Therapie bedürfen, wenn die bisherigen Behandlungsergebnisse optimiert wer- den sollen. Aber auch diese sind besser als oft angenommen: Nach leitlinien- gemäßer suchttherapeutischer Behand- lung sind 50 Prozent der alkoholabhän- gigen Patienten über mindestens fünf Jahre abstinent, wenn sie die Therapie- angebote der Akut- und Rehabilitati- onsbehandlung in Anspruch nehmen.

Prof. Mann, Ordinarius für Suchtfor- schung an der Universität Heidelberg und Ärztlicher Direktor der Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedi- zin am Zentralinstitut für Seelische Ge- sundheit, Mannheim, der zum neuen Präsidenten der DG Sucht gewählt wurde, will in seiner Amtszeit deutsch- landweit integrierte Versorgungsmo- delle sowie die dreiwöchige qualifi- zierte Entzugsbehandlung durchsetzen.

Weiter liegt ihm an einer besseren Ko- operation der verschiedenen wissen- schaftlichen Gesellschaften in Sucht- forschung und Suchtmedizin und an einem Ausbau der Forschung.

Literatur

1. Schmidt LG, Gastpar M, Falkai P, Gaebel W (Hrsg.): Evi- denzbasierte Suchtmedizin. Behandlungsleitlinie Sub- stanzbezogene Störungen. Deutscher Ärzte-Verlag 2006.

Prof. Dr. med. Falk Kiefer,

Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim P O L I T I K

A

A2220 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 34–35⏐⏐28. August 2006

Mit der Optimierung der Therapie Suchtkranker befasste sich eine Tagung der Deutschen Gesellschaft für Suchtforschung

und Suchttherapie.

Suchtmedizin

Evidenzbasierte Therapiestandards

Foto:Vario Images

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